Wirtschaftspolitische Position der IHK Region Stuttgart
Werberecht unternehmensfreundlich gestalten
Positionen:
- Werbung darf nach Meinung der Wirtschaft nicht mit dem Argument des Gesundheits- oder Verbraucherschutzes übermäßig beschränkt werden. Ist ein Produkt legal, muss auch Werbung dafür legal sein.
- Auf europäischer Ebene darf das Werberecht nicht als Vehikel für Kompetenzüberschreitungen etwa aus gesundheitspolitischen Motiven dienen. Werberestriktionen, die letztlich immer in eine Bevormundung des Verbrauchers münden, sollten stets an ihrer Vereinbarkeit mit dem modernen Verbraucherleitbild des EuGH zu gemessen werden.
- Zahlreiche Pflichtwarnhinweise, Informationspflichten und ein extrem ausgeweiteter Verbraucherschutz dürfen nicht dazu führen, dass Werbung unangemessen unattraktiv, unübersichtlich oder nahezu unmöglich wird. Informationen sind wichtig, dürfen den Verbraucher aber nicht durch ihren Umfang überfordern und Unternehmen nicht unangemessen belasten. Hier ist eine ausgewogene Gesetzgebung erforderlich, bei der das Verbraucherleitbild des vernünftigen und durchschnittlich informierten Verbrauchers entsprechend den EuGH-Vorgaben zugrunde gelegt werden sollte.
- Auf die Abmahnmissbrauchsproblematik muss effektiv reagiert werden. Nach wie vor ist daher der deutsche Gesetzgeber gefordert, über geeignete Maßnahmen wirksame Mechanismen einzuführen, die verhindern, dass die Intention des Wettbewerbsrechts zunehmend konterkariert wird.
Diese Maßnahmen können sein:
a) eine Verschärfung der Anforderungen an Abmahn- und Klagebefugnis von Vereinen und Mitbewerbern (Aktivlegitimation),
b) verschiedene Maßnahmen zur Reduzierung der finanziellen Anreize, um das Abmahnwesen als Geschäftsmodell aus reinem Gewinninteresse betriebswirtschaftlich uninteressant zu machen,
c) verfahrensrechtliche Änderungen, die ein Kräftegleichgewicht herstellen und den abgemahnten Unternehmen ermöglichen sollen, sich auch bei finanzieller und personeller Überlegenheit des Abmahners gegen Abmahnmissbrauch verteidigen zu können.
Hintergrund:
Im Bereich des nationalen Werberechts sind zahlreiche Vorschriften und eine inzwischen kaum noch zu überschauende Anzahl von Informationspflichten zu beachten. Bereits bei Kleinstverstößen drohen kostspielige Abmahnungen. Erschwerend kommt hinzu, dass missbräuchliche Abmahnungen noch immer ein lukratives Geschäftsfeld sind, womit der Sinn des Wettbewerbsrechts zunehmend konterkariert wird. Die bestehende Gesetzeslage bietet noch immer keine ausreichende Lösung dieses Problems. Das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken mag teilweise ein Schritt in die richtige Richtung gewesen sein; es lässt aber auch viele Probleme ungelöst.
Zu beobachten ist auch eine Tendenz, dass von der EU aus gesundheits- oder verbraucherschutzpolitischen Motiven gänzliche Werbeverbote ausgesprochen werden. Alternativ wird Werbung durch europäische Vorgaben teilweise so unattraktiv gemacht, dass sie fast schon wie Anti-Werbung wirkt.