Wirtschaftspolitische Position der IHK Region Stuttgart

Solvency II-Richtlinie: Regulierung mit Augenmaß weiterentwickeln

Positionen:
  • Die Einführung von Solvency II (Richtlinie 2009/138/EG) stellt eine wegweisende und wichtige Weiterentwicklung des Aufsichtssysteme für Versicherungsunternehmen dar.

  • Nach einer Entwicklungszeit von 10 Jahren sollte Solvency II aber nicht bereits 2 Jahre nach Inkrafttreten weiter verschärft werden. Stabilität und Entschlackung im Regelungswerk und den Bewertungsansätzen sollten nun im Mittelpunkt stehen. Starke Schwankungen der Solvabilitätsquoten infolge von regulatorischen Änderungen – selbst wenn die Risikosituation unverändert ist – sind für die Öffentlichkeit schwer nachzuvollziehen und schaffen Verunsicherung.

  • Solvency II belastet die Versicherungsunternehmen mit hohem Umsetzungsaufwand. Nicht immer stehen Kosten und Nutzen in einem angemessenen Verhältnis. Möglichkeiten zur sinnvollen Verschlankung der Anforderungen sollten daher geprüft und umgesetzt werden. Zugleich sollte der Grundsatz der Proportionalität stärker akzentuiert und gelebt werden. Abhängig von Umfang und Risikogeneigtheit des vom einzelnen Versicherungsunternehmen gezeichneten Geschäfts können über die Anwendung des Proportionalitätsgrundsatzes sinnvolle Erleichterungen in der Umsetzung gewährt werden, ohne dass dies zu Lasten der Sicherheit geht.


Hintergrund:

Mit Solvency II gilt seit 01.01.2016 für die europäischen Versicherer eines der modernsten Aufsichtssysteme der Welt. Die drei Säulen von Solvency II decken das Spektrum von der Risikoquantifizierung bis hin zum qualitativen Risikomanagement und der Berichterstattung gegenüber Aufsicht und Öffentlichkeit umfassend ab. Insbesondere gelten seit Einführung von Solvency II weiterentwickelte Solvabilitätsanforderungen, denen eine ganzheitliche Risikobetrachtung zugrunde liegt. Vermögenswerte und Verbindlichkeiten sind in diesem Kontext mit Marktwerten anzusetzen. In Teilen ist Solvency II jedoch zu konservativ und zu bürokratisch geraten. Ziel muss es daher sein, zu konservative Ansätze in den Bewertungen von Verbindlichkeiten und Vermögenswerten zu korrigieren bzw. nicht nochmals zu verschärfen sowie bürokratische Hürden abzubauen.