Wirtschaftspolitische Position der IHK Region Stuttgart
Gründungen erleichtern, für Unternehmertum werben
Positionen:
- Um potenziellen Gründern den Start in die Selbstständigkeit zu erleichtern und die Zahl nachhaltiger Gründungen in Baden-Württemberg zu erhöhen, sollte der Abbau bürokratischer Hürden für Existenzgründer weitergeführt werden. Der Aufbau von Doppelstrukturen sollte vermieden werden. So bieten die Industrie- und Handelskammern (IHKs) beispielsweise bereits heute einen Gründerservice im Sinne eines One-Stop-Shops an – von Erstauskunft über Businessplancheck bis hin zu Hilfen bei Finanzierung und Förderanträgen. Als letzter Baustein für einen umfassenden, kundenorientierten Service fehlt bislang noch die Möglichkeit, wie in anderen Bundesländern Gewerbemeldungen rechtswirksam entgegennehmen zu können. Die Einbeziehung der IHKs bietet sich nicht zuletzt aufgrund der den Kammern vom Land übertragenen Funktion als „Einheitlicher Ansprechpartner“ an.
- Die IHKs sollten bei der Beratungsförderung des Landes in der Vorgründungsphase als echte Erstanlaufstellen fungieren können. Damit wird eine bessere Verzahnung der Angebote von Land, Bund und IHKs erreicht, zumal die Kammern bei der Förderung des Bundes in der Nachgründungsphase seit vielen Jahren Regionalpartner sind. Gleichzeitig würde Existenzgründern schon frühzeitig ein zentraler Ansprechpartner zur Verfügung stehen, auf den sie auch in allen weiteren Phasen im Lebenszyklus des Unternehmens zugreifen können. Im Sinne der Unternehmen sollten die Industrie- und Handelskammern in künftige Überlegungen zur Weiterentwicklung der Beratungsförderung frühzeitig eingebunden werden.
- Um Förderprogramme noch wirksamer zu gestalten, plant das Land die Nutzung eines Fördercontrollings. Dies ist zu begrüßen, allerdings sollte dies Antragstellungen und Förderabwicklung nicht bürokratisieren.
- Es wäre wünschenswert, dass Schulen und Hochschulen stärker zur Selbständigkeit ermuntern und zu einem positiven Unternehmerbild – auch im Hinblick auf das Thema Unternehmensnachfolge – beitragen. Das neue Fach Wirtschaft/Berufs- und Studienorientierung geht in die richtige Richtung. Allerdings muss sichergestellt sein, dass hierfür eine ausreichende Zahl an Lehrkräften mit entsprechender Qualifikation zur Verfügung steht.
Hintergrund:
Das Land Baden-Württemberg, und hier insbesondere die Region Stuttgart, gehört zu den innovativsten und wirtschaftsstärksten Standorten Europas. Die Zukunft unseres Landes braucht die Ideen und die Begeisterung der Gründer als Treiber von Erneuerung und Wandel. Und doch weist Baden-Württemberg im Vergleich zu anderen Bundesländern seit Jahren weniger Gründungen im gewerblich-technischen Bereich auf. Aufwändige Genehmigungsverfahren und viele unterschiedliche Anlaufstellen verzögern häufig den Start von Unternehmen.
Mit der Einführung der Gründungsgutscheine wollte das Land die eigene Vorgründungsberatung besser mit dem umfangreichen Leistungsangebot der Kammern und der vom Bund geförderten Nachgründungsberatung verzahnen. Tatsächlich können sich Gründungsinteressierte jedoch direkt an die vom Land ausgewählten Träger der Beratungsförderung wenden. Die Chance, Existenzgründer gleich beim Start in die Selbstständigkeit mit ihrer IHK als zentralem Ansprechpartner für den gesamten Lebenszyklus des Unternehmens in Kontakt zu bringen, wurde vertan. Zudem ist eine direkte Nachfrage von Beratungsleistungen bei Beratern am freien Markt ausgeschlossen.
Die Themen Unternehmertum und Selbständigkeit sind im Bildungssystem in Baden-Württemberg bisher eher schwach ausgeprägt. So sind wirtschaftliche Themen in den Unterrichtsplänen – trotz ersten Fortschritten – kaum anzutreffen. Dies hat zur Folge, dass Schüler und Hochschüler bisher wenig Wissen über wirtschaftliche Zusammenhänge haben und Selbständigkeit als Berufsperspektive kaum wahrnehmen. Zugleich gestaltet sich die Suche nach einem geeigneten Nachfolger für Senior-Unternehmer zunehmend schwieriger.