Wirtschaftspolitische Position der IHK Region Stuttgart
EU: Novelliertes Vergaberecht weiter vereinfachen
Positionen:
- Das Vergaberecht sollte vereinfacht werden.
- Einheitliche Regeln führen zu mehr Wettbewerb im EU-Raum. Die Online-Datenbank ECertis führt die Bescheinigungen/Nachweise auf, die Unternehmen bei Ausschreibungen in den EU-Mitgliedsländern benötigen. Vergabestellen sollten diese verbindlich nutzen.
- Vor allem für mittelständische Unternehmen müssen die Hürden so niedrig wie möglich sein. Öffentliche Aufträge sollten vorrangig privatwirtschaftlichen Bietern offenstehen. Daher sollte der Umgang mit den neuen Regeln zu Inhouse-Vergaben evaluiert werden.
- Strategische Ziele wie Nachhaltigkeit, Sozialpolitik oder Innovationsförderung sollten das Vergaberecht nicht überfrachten und wenn gewünscht, sich dann direkt auf den Auftragsgegenstand beziehen. Die öffentliche Beschaffung sollte sich allein an dem Maßstab „bestvalueformoney“ ausrichten.
- Transparenz, Rechtssicherheit, Wettbewerb und Gleichbehandlung sollten gewahrt bleiben. Qualität und Preis der Leistung sollten entscheiden.
- Die Wirtschaft setzt sich für einen mittelstandsfreundlichen Ausbau der eVergabe in Bezug auf elektronische Signaturen sowie Schnittstellen zu nationalen Vergabeplattformen ein. Im Idealfall sind zukünftig alle öffentlichen Ausschreibungen über eine einzige Veröffentlichungsplattform abrufbar.
- Das Rechtsschutzsystem bei europaweiten Ausschreibungen sollte beibehalten werden.
Hintergrund:
2014 wurde das EU-Vergaberecht reformiert mit der Zielsetzung, ab 2016 in den EU-Mitgliedsländern einheitliche Ausschreibungsregularien zu bieten. In den neuen EU-Richtlinien wurden Erkenntnisse aus der Rechtsprechung der vergangenen Jahre manifestiert. Erstmalig geregelt wurden die interkommunale Zusammenarbeit und Inhouse-Vergaben. Die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen erfolgt nun wie die von Baukonzessionen. Die EU geht weg von der rein betriebswirtschaftlichen Betrachtung einer Beschaffung durch das Stärken strategischer Ziele. Die Verankerung der Markterkundung im Vorfeld von Ausschreibungen dient dazu, einen Überblick über den Markt zu verschaffen und die Vergabereife zu erhöhen.
Die EU hat einen Zeitplan vorgelegt für die eVergabe. Bis Oktober 2018 müssen europaweite Ausschreibungen durchgängig elektronisch durchgeführt werden. Bieter sollen online Bekanntmachungen finden und an die Vergabeunterlagen kostenfrei und ohne vorherige Registrierung gelangen. Verfahren laufen dadurch sowie durch die neuen, sehr kurzen Mindestfristen, schneller ab. Für Unternehmen soll sich die Teilnahme durch die Einheitliche Europäische Eigenerklärung (EEE) vereinfachen, zumal wenn das Unternehmen präqualifiziert und in dem seit Herbst 2017 geltenden amtlichen Verzeichnis der IHK-Auftragsberatungsstellen gelistet ist.
Die weitere Vereinfachung des Vergaberechts ist für die zahlreichen international orientierten KMUs in der Region Stuttgart von Bedeutung.