Wirtschaftspolitische Position der IHK Region Stuttgart

Erneuerbare Energien (EEG / Sektorenkopplung)

Positionen:
  • Eine EU-weite Harmonisierung der Vermarktung und Förderung der erneuerbaren Energien sollte konsequent verfolgt und dabei der Wettbewerb zwischen den besten Technologien und Standorten genutzt werden.

  • Erneuerbare Energien sollten rasch in den Wettbewerb überführt werden, indem ihnen eine Perspektive im Markt z. B. über Grünstromzertifikate eröffnet wird. Mit einem EU-weit harmonisierten, koordinierten, marktnahen Fördersystem könnte ein stufenweises Auslaufen der Förderung angestrebt werden. Ein Teil der Unternehmen der Region spricht sich für ein sofortiges Ende der Förderung neuer Anlagen aus, weil sie die Kostenbelastung bereits jetzt als zu hoch für die Wettbewerbsfähigkeit einstuft. Gleichzeitig stehen insbesondere Unternehmen aus dem Bereich der erneuerbaren Energien einer umfassenden Änderung der Rahmenbedingungen kritisch gegenüber, da sie Planungsunsicherheiten befürchten.

  • Um eine Reduzierung der EEG-Umlage zu erreichen, sollte zudem über die Notwendigkeit und Ausgestaltung alternativer Formen der Finanzierung der EEG-Umlage nachgedacht werden.

  • Neben der Förderung sollte auch die Vermarktung erneuerbarer Energien harmonisiert werden, um einen kosteneffizienten Ausbau erneuerbarer Energien zu erreichen. Nur so kann die von der EU verfolgte weltweite Spitzenstellung Europas bei Entwicklung und Anwendung erneuerbarer Energien erhalten bleiben.

  • Um erneuerbaren Energien eine Perspektive ohne Förderung zu eröffnen, sollte ihnen der Zugang zum Termin- sowie Regelenergiemarkt erleichtert und Hürden der Eigenerzeugung abgebaut werden.

  • Eigenerzeugung sollte wieder von EEG-Umlage freigestellt werden. Damit würden auch Investitionen in (gewerbliche) KWK-Anlagen wieder attraktiver.

  • Alle Erzeugungstechnologien sollten zu gleichen Wettbewerbsbedingungen, das heißt ohne Förderung, miteinander konkurrieren.

  • Grundsätzlich sollte angestrebt werden, technologieoffen ohne regionale Komponenten auszuschreiben, um einen Wettbewerb zwischen den verschiedenen erneuerbaren Technologien anzukurbeln und die besten Standorte zu nutzen. Davon sollte nur bei gesamtwirtschaftlichen Vorteilen für die Versorgungssicherheit abgewichen werden.

  • Die Länder sollten sich im Sinne ihrer Gesamtverantwortung mit dem Bund auf eine gemeinsame Ausbaustrategie bei den erneuerbaren Energien verständigen.

  • Der Windkraftausbau ist auch für Baden-Württemberg weiter denkbar. Aber ein ambitionierter Windkraftausbau in Baden-Württemberg macht nur dann Sinn, wenn die Standorte dabei im Kontext der Wirtschaftlichkeit gewählt werden.

  • Kleine Photovoltaik-Batteriespeicher-Systeme gewinnen an Ausbaudynamik, ebenso wie größere Anlagen (> 100 kWh), wie sie zunehmend von der Industrie und EVUs eingesetzt werden. Dies könnte in Baden-Württemberg zur Versorgungssicherheit beitragen. Speichertechnologien sind ein wichtiger Baustein der Flexibilisierung des Energiesystems. Für sie besteht derzeit eine Vielzahl von teilweise nicht konsistenten Einzelregelungen.

  • Energiespeicher sollten daher in den Gesetzen einheitlich definiert werden, um ihren Einsatz zu erleichtern und rechtliche Unsicherheiten zu beseitigen.

  • Betreibermodelle für dezentrale Batteriespeicher mit Photovoltaik erscheinen wirtschaftlich sinnvoller als ein unbedingter Ausbau der Windkraft im Land.

  • Es sollten weitere Fördermöglichkeiten von Batteriespeichern im industriellen Umfeld bereitgestellt werden.

  • Im Interesse der international vernetzten deutschen Wirtschaft sollten Sofortmaßnahmen zur Senkung der EEG-Umlage ergriffen werden und gegebenenfalls geprüft werden ob Teile der EEG-Umlage aus Haushaltsmitteln finanziert werden können.

  • In der konkreten Umsetzung sollte eine politische Übereinkunft über die Verwendung des Stromsteueraufkommens für das EEG-Konto hergestellt werden, damit jedes Jahr nur noch formal über die Verwendung der Mittel entschieden werden muss. Generell sollte sich eine Teilfinanzierung des EEG-Kontos aus Steuermitteln in die steuerpolitische Gesamtlandschaft einfügen und darf nicht zu Verwerfungen im Haushalt führen.

  • Eine Teilverlagerung von EEG-Kosten in den Bundeshaushalt darf nicht zu Mehrbelastungen an anderer Stelle führen. Eine Fondslösung im Sinne einer Verschiebung von Belastungen in die Zukunft ist ordnungspolitisch bedenklich und könnte ggf. eine ergänzende Maßnahme sein.

  • Es wäre wünschenswert, das Problem der Höhe der EEG-Umlage in eine gesamtheitliche Betrachtung der Strompreise einzuordnen mit dem Ziel die staatlichen Zusatzbelastungen insgesamt zu reduzieren.

  • Eine Ausweitung der EEG-Umlage auf andere Sektoren (Sektorenkopplung) kann die EEG-Umlage erheblich reduzieren. Sie muss jedoch hinsichtlich möglicher Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und der politischen Durchsetz-barkeit differenziert betrachtet werden. Die IHK empfiehlt deshalb, diese Option hinsichtlich der wirtschaftlichen, politischen und rechtlichen Konsequenzen ausführlich und in Ergänzung zu anderen Maßnahmen zu prüfen.

  • Überschüssiger Grünstrom sollte auch im Wärme- und Verkehrssektor genutzt werden.

  • Die Verbindung von Strom-, Wärme- und Verkehrssektor sollte verbessert werden. Dafür bedarf es einer Weiterentwicklung des regulatorischen Rahmens.

  • Darüber hinaus sollte das Ziel ein gemeinsamer Energiemarkt sein, der Sektorenübergreifend den Einsatz der Energieträger im Wettbewerb steuert und ihre spezifischen Stärken und Schwächen berücksichtigt.

  • Nicht zielführend - da nicht verursachungsgerecht - wäre eine weitgehende Entlastung neuer strombasierter Wärme- und Verkehrstechnologien wie (etwa der Elektromobilität) von Steuern, Abgaben und Entgelten, weil diese ansonsten gegenüber anderen Stromanwendungen einen Wettbewerbsvorteil hätten. Solche Anlagen sollten hinsichtlich Steuern, Abgaben und Entgelten in gleicher Weise wie andere Stromverbraucher behandelt werden.

  • Sektorenkopplung sollte technologieoffen und kosteneffizient verfolgt werden.

  • Anschluss- und Benutzungszwänge, z. B. bei Wärmenetzen sind sehr fragwürdig und sollten unterbleiben. Auch Wärmenetze sollten sich im Wettbewerb behaupten.

  • Das Land sollte eine Vorreiterrolle bei der Wärmewende spielen, so könnten beispielsweise durch Übernahme der Kosten diverse Wärmepläne der Kommunen gefördert und umgesetzt werden.

  • Bei der Versorgungsoptimierung mehrerer Gebäude ist das Denken in ganzheitlichen Energiekonzepten (Wärme, Kälte, Strom) ratsam (Quartierslösungen).

  • Industrielle Abwärme sollte verstärkt zur Wärmeversorgung durch kommunale Wärmeversorgungen genutzt werden können.

Hintergrund

Erneuerbare Energien, Stromerzeugung und Stromexport waren in 2015 auf einem Höchststand. So lieferten Erneuerbare Energien 2015 mehr Strom als jemals ein anderer Energieträger in Deutschland: Jede dritte Kilowattstunde (32,5 Prozent), die hierzulande verbraucht wurde, stammte aus Wind-, Solar, Wasser und Bioenergiekraftwerken. Somit entstand ein Zuwachs von mehr als fünf Prozentpunkten der erneuerbaren Energien am Strommix. Häufig wird im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien die EEG Umlage als Strompreiskostentreiber angeführt. Fakt ist, dass seit dem Jahr 2013 die Hälfte des Strompreises aus Steuern und Abgaben besteht. Den größten Einzelposten hiervon nimmt dabei die EEG-Umlage ein, die von 3,5 Cent pro Kilowattstunde im Jahr 2012 auf 6,79 Cent/kWh im Jahr 2018 angestiegen ist. Die Kosten der EEG-Umlage müssen prinzipiell von allen Stromverbrauchern, egal ob privat oder gewerblich, bezahlt werden. Insofern ist es sinnvoll sich im Rahmen des Einsatzes der erneuerbaren Energien über alternative Finanzierungskonzepte Gedanken zu machen; zumal dies auch nur für Deutschland gilt. Wird für die erneuerbaren Energien EU-weit ein vollständig koordiniertes, marktnahes Fördersystem eingerichtet und besteht langfristig die Möglichkeit die Förderung stufenweise auslaufen zu lassen. Ein Teil der Unternehmen der Region spricht sich für ein sofortiges Ende der Förderung neuer Anlagen aus, weil sie die Kostenbelastung bereits jetzt als zu hoch für die Wettbewerbsfähigkeit einstuft. Gleichzeitig stehen insbesondere Unternehmen aus dem Bereich der erneuerbaren Energien einer umfassenden Änderung der Rahmenbedingungen kritisch gegenüber, da sie Planungsunsicherheiten befürchten oder sogar die Energiewende in Gefahr sehen. In Baden-Württemberg werden vor allem Ausbaupotenziale in den Bereichen Photovoltaik, Windenergie und Geothermie gesehen. Ein Ausbau von Photovoltaik und Windenergie erfolgt hier seit einiger Zeit sukzessive. Hierbei ist zu beachten, dass die geographischen Gegebenheiten, in punkto Sonneneinstrahlung und Windertrag, Grenzen der Wirtschaftlichkeit und Rentabilität setzen. Das Potenzial der Geothermie ist zwar gerade für Baden-Württemberg beträchtlich. Allerdings hat die Bereitschaft zu ihrem Ausbau seit den Vorfällen in der Stadt Staufen in der Politik und bei der Bevölkerung massiv gelitten.
Die Belastung der selbst erzeugten und verbrauchten Kilowattstunden mit EEG-Umlage ist nicht verursachergerecht. Bei der Eigenerzeugung steht kein Nutzen in Form von bezogenem EEG-gefördertem Strom gegenüber; anders als beim Fremdstrombezug. Eigenerzeugung sollte auch deshalb attraktiv für die Unternehmen sein, um eine Flexibilisierung der Nachfrage zu erreichen. Abhilfe für die Energieversorger kann eher eine Senkung der Abgaben auf bezogenen Strom leisten.
Sektorenkopplung: Zur Energiewende gehört auch die Wärmewende, so ist die Sektorenkopplung ist in aller Munde und als Leitgedanke politisch unumstritten. Es fehlen jedoch konkrete Maßnahmenvorschläge und ein Fahrplan, der den Marktakteuren eine Richtschnur liefert. Ein zwischen den Sektoren Strom, Wärme, Mobilität und Industrie gekoppeltes Energiesystem bietet diverse Lösungen, die gesellschaftlich angestrebte Treibhausgasminderung volkswirtschaftlich sinnvoll und ressourceneffizient zu erreichen. Ein auf Wind und Sonne basierendes Stromsystem weist Zeiten mit hohen Stromüberschüssen auf, die im Bereich Wärme oder Mobilität genutzt werden könnten. Hierfür Strom zu nutzen, ist derzeit aber teurer im Vergleich zur direkten Nutzung fossiler Brennstoffe. Ein Grund sind die unterschiedlich hohen Belastungen des Energieverbrauchs mit Steuern und Abgaben in den Bereichen Strom, Wärme und Mobilität.