Pressemitteilung, 25. September 2024
Susanne Herre: Bürokratiebelastung – Juristentag muss Reformen diskutieren
Deutscher Juristentag in Stuttgart
Insbesondere die Rolle der Rechtsprechung ist längst zu einem relevanten Faktor bei der Bürokratiebelastung geworden – und gehört für IHK-Hauptgeschäftsführerin Susanne Herre daher ins Zentrum der Diskussionen beim Deutschen Juristentag. „Wir sind bei einer maßlosen Überregulierung angekommen, nicht nur wegen viel zu viel Gesetzen“. Gerade auch die vielen Gerichtsurteile machten den Betrieben und auch der Verwaltung zu schaffen. „Die Justiz ist vielfach bestrebt, jegliches Lebens- und Unternehmensrisiko auf ein persönliches Verschulden zurückzuführen.“ Für Unternehmen sei es kaum mehr möglich, ohne die Inanspruchnahme juristischer Expertise sämtlichen rechtlichen Vorgaben gerecht zu werden und sich gegenüber zahllosen Haftungsrisiken abzusichern, so Herre. „Diese Entwicklung hemmt unternehmerische Innovation und Effizienz.“
Die IHK-Chefin plädiert daher für den massiven Abbau bürokratischer Belastungen, etwa von Schriftformerfordernissen oder Berichts- und Dokumentationspflichten. Bei Haftungsfragen sei zudem ein generelles Umdenken notwendig, beispielsweise hin zu einer Beschränkung der Haftung auf grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz. Nur so könne der Handlungsspielraum der Unternehmen – und auch der behördlichen oder gerichtlichen Entscheidungsträger – wieder erweitert werden. „Wir alle sind gefragt und müssen gegensteuern“, so Herre. Sonst würden Behörden weiter nur streng nach Vorschrift die juristisch abgesichertste Entscheidung suchen. Und Unternehmen müssten weiterhin, statt sich auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren, zu viel Zeit und Geld investieren, um seitenweise Berichte und Dokumentationen, Haftungsausschlüsse und Disclaimer zu formulieren oder sie von Juristen formulieren zu lassen. „Der Abbau von Bürokratie kann so nicht gelingen“, mahnt Herre. „Für die Unternehmen ist es essenziell, dass erreichte bürokratische Entlastungen nicht an anderer Stelle durch neue Belastungen wieder hinzukommen. Hierfür brauchen wir einen Wandel in den Köpfen und ein neues Verständnis für eine bessere Rechtsetzung und eine pragmatische Rechtsanwendung.“
Ein Großteil der in Deutschland geltenden Gesetze und Verordnungen betreffe die Wirtschaft, so Herre. Der Deutsche Juristentag biete eine einzigartige Plattform, um das Thema Bürokratieabbau durch bessere Rechtssetzung zu platzieren und über zukunftsweisende Lösungen zu diskutieren. „Rechtspolitik ist nicht nur für Juristinnen und Juristen von Bedeutung, sondern spielt auch eine entscheidende Rolle als Standortfaktor für Unternehmen. Transparente und effiziente Rechtsstrukturen sowie der Abbau übermäßiger Bürokratie sind essenziell für eine florierende innovative Wirtschaft.“
Hintergrundinformationen:
Vom 25. bis 27. September 2024 findet der 74. Deutsche Juristentag (djt.de) in Stuttgart statt. Erwartet werden – neben Bundesjustizminister Buschmann – bis zu 2.500 Juristinnen und Juristen aus der ganzen Republik. Neben Vertreterinnen und Vertretern aus Justiz- und Staatsministerium, der Stadt Stuttgart, der Gerichtsbarkeit und der Universitäten ist auch die IHK Region Stuttgart Teil des Ortsausschusses zur Organisation der Veranstaltung.