Ideen für den Handel:

Stadtluft macht erfolgreich

Märchen gehören zu einem ­Kinderleben einfach dazu. Darum gehen Familien so gern in den Märchenpark im Blühenden ­Barock, liebevoll Blüba genannt. Als Erinnerung hat man dann schöne Fotos für sich – aber für die Kinder? Bislang gab es für sie kaum Souvenirs.
Das hat sich zur neuen Saison geändert. Neuerdings gibt es einen Merchandising-Stand mit Dingen, die Kinderherzen ­höherschlagen lassen, zum Beispiel Plüschkronen, Froschprinzessinkissen oder Capes für Rotkäppchen – alles genäht aus nachhaltigen Stoffen. Möglich ist das dank der neuen Kooperation zwischen dem Blüba und der Priebes GmbH.
Priebes, das sind Jens und Joanna. Joanna stammt aus Polen, wo ihre Eltern eine Lohnnäherei betreiben, spezialisiert auf Orthopädieartikel und Baby- und Kinderausstattung. 2010 fingen sie an, sich Gedanken über die Zukunft ihrer Firma zu machen. Tochter und Schwiegersohn beschlossen daraufhin, einen Großhandel für die dort genähten Kinderartikel zu gründen.
Jobs gekündigt und als Selbständige durchgestartet
Joanna Priebe leitete damals das Bild- und Theater Zentrum an der PH Ludwigsburg, ihr Mann stattete als Mediengestalter zum Beispiel Festivals mit Merchandising-Produkten aus. Die beiden Ludwigsburger kündigten ihre Jobs und mieteten eine ­Lagerhalle in Neckarweihingen. Von dort aus besuchten sie Messen und Fach­geschäfte in der ge­samten DACH-Region.
„Wir ­haben bei null angefangen und ­unsere Kunden durch Kaltakquise gefunden“, erzählt Jens Priebe stolz. Seine Frau entwickelte parallel dazu die Produkte weiter, entwarf Kleidungsstücke und zeichnete die Schnitte dafür. Star-Produkt waren Sitzauflagen für ­Kinderwagen. „Damals waren wir die einzigen, die die im Sortiment hatten“, er­innert sich Joanna Priebe.
„Die Endkunden müssen uns direkt ­kennenlernen“
Doch der Strukturwandel im Einzel­handel ging an den Fachgeschäften nicht vorbei. „Eins nach dem anderen schloss, und wir mussten uns überlegen, wie es weitergeht“, erinnert sich Jens Priebe. Und dann war da ja auch noch das Internet....
„Die Endkunden müssen uns direkt ­kennenlernen“, erkannten Priebes. Als Glücksfall erwies sich der Popup-Store, für den sie sich 2022 erfolgreich bei Luis, dem Ludwigsburger Innenstadtverein beworben hatten. „Es hat uns so gut in der Stadt gefallen, dass wir sofort nach einem dauerhaften Ladenlokal gesucht haben“, erzählt das Ehepaar.
Schnell wurde klar, dass das Sortiment nicht nur aus praktischen Produkten wie den Sitzauflagen bestehen darf, sondern dass es auch Waren geben muss, die ein ­Einkaufserlebnis vermitteln. Nach und nach kamen darum Plüschtiere, Spielzeuge und insbesondere Bekleidung ins Sortiment – ­alles weiterhin aus der Produktion in Polen.
Polen ist inzwischen auch ein Hochlohnland
„Weil Polen inzwischen auch ein Hochlohnland ist, können wir die Höschen und Jäckchen vorher nicht an den Einzelhandel weiterverkaufen, aber im Direktverkauf sind die Preise konkurrenzfähig“, erklärt die Gründerin.
Das Konzept kommt an: Die ­Kunden schätzen, dass sie etwas Individuelles bekommen, das es sonst nirgends gibt. Toll finden viele auch, dass sie mit den Herstellern persönlich reden ­können. Besonders Großeltern oder Verwandte, die ein Geschenk ­suchen, schätzen den Laden.
Die Miete ist unsere Investition in die Zukunft.
Auch für Priebes ist der direkte Kundenkontakt ein Gewinn: „Das bringt uns auf immer neue Ideen, die wir direkt um­setzen können, weil wir nicht immer gleich einen ganzen Container bestellen müssen, sondern erst einmal kleine Mengen“, freut sich Joanna Priebe. Eine Kuschel-­Brezel zum Beispiel oder die „Wetbags“ sind so entstanden. Das sind Beutel, in denen Kindergartenkinder nach einem Malheur nasse Höschen ­heimtragen können. Priebes haben aber auch ­Regale eingerichtet, wo kleine regionale Firmen ­thematisch passende Produkte verkaufen können, zum Beispiel Babyschühchen.
Der Laden in der City eröffnet vielfältige Kooperationsmöglichkeiten
Die Lage in der Innenstadt hat nicht nur den Vorteil, dass „Liebes von Priebes“ nun für Endkunden sichtbar und erreichbar ist, sondern eröffnet auch vielfältigen ­Kooperationsmöglichkeiten: „so viel ­Connection dank Luis! Schon allein deshalb hat sich der Umzug gelohnt“, meint Jens Priebe. So kam auch die Zusammenarbeit mit dem Blüba zustande.
Den Großhandel, der Fachhändler in der DACH-Region beliefert, gibt es weiterhin. Aber der Laden in der Seestraße macht Priebes glücklich: „Eigentlich ­hätten wir das schon drei, vier Jahre ­früher machen ­sollen. Die Märkte sind so in Be­wegung, das hatten wir unterschätzt“, ­resumiert der Gründer. Allerdings müsse „man jetzt viel mehr Gas geben“. Und die Miete in der ­Innenstadlage? Die ist natürlich viel teurer als die Lagerhalle, aber „das ist unsere ­Investition in die ­Zukunft“, ist Jens Priebe überzeugt.
Dr. Annja Maga, Redaktion Magazin Wirtschaft für Rubrik Menschen&Ideen