Berufsbildungskongress Jakobb

Umdenken zu Gunsten der beruflichen Bildung

Nicht Druck ausüben, sondern den richtigen Umgang mit Fehlern lernen – so sieht nach Ansicht des ehemaligen Nationaltorhüters Timo Hildebrand eine zeitgemäße Ausbildungsphilosophie aus. Hildebrand war einer der Gastredner beim Jahreskongress Berufliche Bildung (Jakobb) im IHK-Haus.
Seit fast zehn Jahren bringt der Berufsbildungskongress Ausbilderinnen und Ausbilder, Lehrkräfte und Schulträger mit führenden Expertinnen und Experten aus der Forschung, den Kammern, der Schule und Politik zusammen. Die IHK ist Partner seit der ersten Stunde. Das diesjährige Kongress-Motto war: „Zusammen wachsen – zusammen wirken: Routenplanung zur zukunftsfähigen Berufsausbildung“.
„Der Dialog ist wichtig, denn wir buhlen um die jungen Menschen“, verwies IHK-Hauptgeschäftsführerin Susanne Herre in ihrer Begrüßungsrede auf die Wichtigkeit des Jakobb-Kongresses. Dr. Benny Pock, Geschäftsführer der Klett MEX GmbH; fügte hinzu, dass die duale Ausbildung zu wenig Lobby habe. Es gebe aber auch Positivbeispiele guter Zusammenarbeit in der Berufsorientierung, meinte Prof. Michael Heister, Abteilungsleiter beim Bundesinstitut für Berufliche Bildung, in Bezug auf das diesjährige Motto.
Gesprächsrunde mit IHK-Hauptgeschäftsführerin Herre
Auch andere Aspekte wurden in der Begrüßungsrunde aufgegriffen. So müsse laut Thomas Speck, Landesvorsitzender Berufsschullehrerverband Baden-Württemberg, die Selbstkompetenz der Berufsschülerinnen und -schüler im Vordergrund stehen, also zu erkennen, wo noch Bedarf ist, etwas zu lernen. Einen anderen Blickwinkel eröffnete noch der Geschäftsführer des Didacta Verbands e.V., Dr. Norbert Völker: „Die Geschwindigkeit, mit der die Unternehmen nach vorne gehen, muss in die berufliche Bildung gebracht werden.“
Theresa Schopper
Theresa Schopper © IHK Region Stuttgart
Theresa Schopper, Ministerin für Kultus, Jugend und Sport des Landes Baden-Württemberg, ist Schirmherrin des Kongresses und sprach ein Grußwort. Die duale Ausbildung sei eine Perspektive, die man jungen Menschen aufmachen müsse. Zudem betonte sie im Hinblick auf die Kooperation mit der IHK: „Die Zahlen zeigen, dass sich die Praktikumswochen gut herumgesprochen haben.“ Es sei eine tolle Chance, dass an fünf Tagen fünf verschiedene Unternehmen besucht werden können. Dass eine duale Ausbildung und der akademische Bildungsweg als gleichwertig angesehen werden, könne nicht per Gesetz oder Verordnung veranlasst werden, dafür müsse ein Umdenken stattfinden.
Celine Joergensen
Bei der Keynote von Celine Joergens, Senior Leader bei Microsoft, Bereiche New Work und Employee Transformation DE, ging es um Künstliche Intelligenz. Diese sei auch ein Treiber im Bereich duale Ausbildung. Der Anteil der Menschen, die bei ihrer Arbeit KI einsetzen, läge bei 75 Prozent. Sie ermutigte dazu, die Chancen des Einsatzes von KI zu sehen. Denn KI würde Einzug in jedes Geschäft und jede Industrie erlangen.
Im Gespräch mit Timo Hildebrand, dem ehemaligen Profifußballer, war das kontinuierliche Lernen im Fokus. In seiner Karriere als Torwart habe er gelernt, dass man Fehler schnell abhaken und sich mit einfachen Aktionen wieder Selbstvertrauen holen müsse. Das gelte nicht nur als Torwart, sondern auch in anderen Lebensbereichen, wie dem Beruf. Zudem betonte er, dass heutzutage mit reinem Druck ausüben nicht viel gewonnen werden könne. Im Gegenteil, laut Hildebrand solle man sich in der Ausbildung individuell mit den jungen Leuten auseinandersetzen. Hildebrand, mittlerweile Besitzer eines veganen Restaurants, sieht die Kommunikation als Schlüssel an, auch für Situationen, in denen Fehler unterlaufen.
Eine weitere Keynote beleuchtete Youtube als Bildungsplattform für junge Menschen. Mirko Drotschmann alias MrWissen2go erstellt seit 2012 Videos, hauptsächlich zum Thema Geschichte, mit denen sich Schülerinnen und Schüler informieren können. „Youtube ist für viele eine Art Bibliothek“, so Drotschmann. Er sehe diese Art der Bildung als Art Nachhilfemöglichkeit, die so in Anspruch genommen werden kann, wie es die Schülerinnen und Schüler brauchen. Drotschmann empfehle diese Art der Weiterbildung nicht zu ignorieren, sondern sie auch mal bewusst in den Unterricht einzubauen.