Magazin Wirtschaft

„Diese US-Wahl wird eine der wichtigsten und folgenreichsten“

Rund 300 Gäste waren am 26. Juni zur IHK-Veranstaltung „Im Gespräch mit… Ingo Zamperoni“ gekommen, um zu hören, wie der versierte Journalist und Moderator auf die bevorstehende US-Wahl am 5. November blickt. Gespannt schauten die Gäste in Richtung Rednerpodest, auf dem Zamperoni von IHK-Hauptgeschäftsführerin Susanne Herre begrüßt wurde.
Claus Paal, Ingo Zamperoni, Dr. Susanne Herre (von links).
Ingo Zamperoni, deutsch-italienischer Journalist und Moderator, war drei Jahre als Korrespondent in den USA tätig. Als Ehemann einer Amerikanerin gibt es auch den persönlichen US-Bezug: „Emotionen, die durch die Familie gehen“, so Herre in ihrer Anmoderation. Denn die Lager Biden und Trump spalten das Land, sogar bis in die Familien hinein.
Für den Journalisten ist klar: „Diese US-Wahl ist eine der wichtigsten und folgenreichsten.“ Die Kolleginnen und Kollegen von CNN, die das TV-Duell zwischen Biden und Trump moderieren, beneide er nicht, sagte Zamperoni. „Am offiziellen Prozedere vorbei gab es eine Einigung auf das TV-Duell, das außergewöhnlich früh stattfindet.“

Die beiden ältesten und unbeliebtesten Kandidaten

Biden (81) und Trump (78) seien mit Abstand die ältesten Kandidaten einer US-Präsidentschaftswahl und zugleich die unbeliebtesten. „Es ist mehr eine Wahl gegen den einen oder anderen als für einen der beiden“, skizziert Zamperoni die Lage. In den USA wird der Präsident vom Volk direkt gewählt, erklärte der US-Experte. Nach dem „the winner takes it all“-Prinzip bekomme man mit der Mehrheit in einem Bundestaat dort alle Wahlmänner. Dementsprechend seien die „Swing states“ entscheidend, also jene, bei denen mal die Demokraten und mal die Republikaner die Oberhand haben.
„Rund 43 Millionen Amerikaner haben deutsche Wurzeln, dennoch sind die Unterschiede zu uns riesig“, meinte Zamperoni. Aber in Deutschland gebe es auch eine gewisse Vertrauensillusion hinsichtlich Amerika. Wenn die Wahl entgegen deutschen bzw. europäischen Vorstellungen ausgehe, falle man dann aus allen Wolken. Deutschland und die USA seien zwar beides demokratische Länder und pflegen starke Außenhandelsbeziehungen. Letzten Endes gelte aber nicht nur bei Trump „Make America great again“, sondern auch bei Biden „America first“.

Für Biden sieht es gut aus – auf dem Papier

Auf dem Papier sehe es für Biden gut aus, erklärte Zamperoni. So hat er Erfolge wie den Inflation Reduction Act (IRA) vorzuweisen: „Das ist ein massives Subventionspaket für den US- amerikanischen Binnenmarkt und zugleich eines der größten Investitionen in ein grüneres Amerika, was beispielsweise Energiegewinnung angeht.“ Aber die gefühlte Lage ist eine andere. Bei Straßenbefragungen in den USA habe er gehört, wie unter Trumps Regierung vermeintlich manches besser gewesen sei – etwa die Benzinpreise.
Europa hat laufen gelernt, muss aber ohne die USA erwachsen werden
„There now, we have the salad“, fasste Zamperoni ironisch zusammen. Sollte Trump nicht den Einzug ins Weiße Haus schaffen, befürchte er innerhalb der USA Gewaltausschreitungen. „The stolen election“ sei dabei unter anderem ein Narrativ der MAGAs (Make America Great Again), sprich der Trump Anhänger.

Deutschland muss seine Hausaufgaben machen

IHK-Präsident Claus Paal sorgt sich um Europa, sollte Trump erneut Präsident werden. Andererseits zwinge diese Aussicht Deutschland und Europa, ihre Hausaufgaben zu machen. „Deutschland hat das zwei-Prozent-Ziel in Sachen Sicherheitspolitik verfehlt“, so IHK-Präsident Claus Paal im Dialog mit Ingo Zamperoni. „Zurecht verweisen die Amerikaner darauf, dass auch wir den Vorgaben nachkommen müssen.“ Für den IHK-Präsidenten ist klar: „Europa hat laufen gelernt, muss aber ohne die USA erwachsen werden und sich auf die Kernthemen wie Außenhandel und Sicherheitspolitik konzentrieren, anstatt sich in überbordender Bürokratie zu verlieren.“