Finanzierung und Fördermittel

Ermittlung des Kapitalbedarfs

Jedes Unternehmen und jedes Projekt wird grundsätzlich so geplant und ausgeführt, dass die Einnahmen die Ausgaben decken und sogar überschreiten – Gewinnerzielung beabsichtigt. Die angestrebte Situation erfordert demnach kein Kapital und keine Finanzierung mehr.
Die zufließenden Gelder kommen im Regelfall von den Kunden; die Summe zufließender Gelder wird Umsatz, Erlös oder Einnahme genannt. Damit werden alle abfließenden Mittel gedeckt, deren Summe Kosten, Aufwand oder Ausgabe genannt wird. Die Differenz zwischen Zu- und abfließenden Mitteln heißt Gewinn, Ertrag oder Überschuss beziehungsweise – im negativen Fall – Verlust.

Finanzierung als zeitliche Überbrückung des Kapitalbedarfs


Die Realität zeigt, dass das eingangs als Ziel genannte Übergewicht der Zuflüsse gegenüber den Abflüssen, zum Start des Unternehmens oder Projektes häufig nicht gegeben ist. Häufig muss zuerst Geld ausgegeben werden (investment), um so erst die Bedingungen für einen Rückfluss (return on investment) zu schaffen. Dabei wird gleichzeitig der Unterschied zwischen Geld im Bestand (Bilanz) und Geld im Umlauf (Gewinn- und Verlust-Rechnung) deutlich.
Finanzplanung sichert Liquidität mit möglichst wenig gebundenem Kapital.
Dies bedeutet zeitliche und betragsmäßige Überbrückung von Zu- und Abflüsse durch
  • möglichst kurzer zeitlicher Abstand zwischen Abfluss und Rückfluss
  • möglichst kleine Geldmengen für jeden Mitteleinsatz
Zwei Beispiele, die jeweils beides nutzen:
  • Just in time-Zulieferung bedeutet: Zahlung bei Lieferung der Zulieferteile; kein Lager
  • Erfüllung Zug um Zug bedeutet: sofortige Bezahlung kleiner Einheiten (z. B. Tagelöhner)
Im besten Fall können die Zu- und Abflüsse nach Menge und zeitlicher Lage so abgestimmt werden, dass vom Start an keine Finanzierung erforderlich ist.
Die Branchen haben grundsätzlich unterschiedlichen Kapitalbedarf – hier in abnehmender Folge:
  • kapitalintensive Unternehmen
  • Produktionsunternehmen
  • Handelsunternehmen
  • Dienstleistungsunternehmen
  • wissensintensive Unternehmen
Kapitalbedarf – ermittelt aus der Angebots- und Kostenplanung
Die Planung eines Unternehmens ebenso wie die eines Projekts erfolgt zweckmäßigerweise zuerst von der Angebotsseite. Dabei gestaltet der Unternehmer das eigene Unternehmen ganz bewusst so, wie er es will. Dabei werden die Zusammenhänge zwischen den folgenden Größen erkennbar:
  • der Angebotsumfang bestimmt
  • den finanziellen Aufwand, der seinerseits
  • das Risiko bestimmt.
Daraus ergeben sich naheliegende Tipp für die Planung des eigenen Unternehmens oder Projekts:
  • Gestalten Sie Ihr Unternehmer so aufwändig wie nötig, aber auch so einfach wie möglich.
  • Möglicherweise entwickeln, gestalten und berechnen Sie alternative Konzepte, so genannte Szenarien: ein minimales - ein mittleres - ein maximales.
  • Das hilft Ihnen, bei der Planungsarbeit sicherer zu werden. Zudem verbessert es Ihre Entscheidungssicherheit.
1. Angebotsplanung – Produkte und Services
In der folgenden beispielhaften Darstellung wird gerade nicht das volle Produkt- und Serviceprogramm direkt angestrebt, sondern eine Vorgehensweise Schritt für Schritt. Eine solche Entwicklung vom Kleinen zum Großen dauert zwar länger, sie hat vor allem für die Absicherung der Entscheidungen, für die Finanzierbarkeit und die Risikobegrenzung entschiedene Vorteile.
2. Planung der Geschäftsprozesse – Entwicklung aus dem Kernbereich
Der Kernbereich einer Unternehmung nutzt die Arbeitsleistung von Personen.
Vier Beispiele:
  • Für eine Schule ist es der Lehrer, der Theorie und Praxis vermittelt.
  • Für ein IT-Dienstleistungsunternehmen ist es der Entwickler von Programmen.
  • Für ein Handelsunternehmen ist es der Verkäufer, der Kundenwünsche ermittelt und bedient.
  • Für ein Herstellungsunternehmen ist es der Mitarbeiter, der Teile fertigt und montiert.
Aus diesem Kernbereich können weitere Ausbauschritte folgen. Es entsteht eine Reihe verketteter Bereiche. Aus dem Kernbereich heraus können die Strukturen und Prozessabläufe nach ähnlichen Regeln für alle weiteren ergänzenden Teile des gesamten Geschäftsprogramms entwickelt werden. Das grundlegende Schema ist dabei immer wieder erkennbar.
Für jedes Unternehmen (wie für jeden Geschäftsbereich) gilt: Wenn entschieden ist, wie der Kernprozess aussieht, können alle Schritte davor und danach klar definiert werden. Kernprozess ist dabei immer das, was geschieht, wenn der externe Kunde (oder der interne Unternehmenskunde) den Auftrag erteilt hat - die eigentliche Leistung des Unternehmens(-bereichs). Der Kernprozess eines Unternehmens ist das, was beim Gewerbeamt als Geschäftszweck anzumelden ist.
Nach dem Kernprozess kommt immer der Bezahlvorgang. Er ist gewiss nicht unwichtig, weil jedes Unternehmen für seine Leistung / Produkte Geld will und auch Kunden dies akzeptiert haben. Wie alle Geschäftsprozesse soll auch der Bezahlvorgang nach Technik, Zeitpunkt und Ablauf auf die internen Möglichkeiten (zum Beispiel wenig Mitarbeiter; kein Platz; keine Sicherheit für Bargeld), die Kunden (zum Beispiel Jugendliche mit Internet-Affinität oder Senioren mit Entschleunigungswunsch) und die Leistungen / Produkte abgestimmt sein.
Produkte können Zug um Zug übergeben und bezahlt werden, für Dienstleitungen und immaterielle Leistungen braucht es Vereinbarungen und Kriterien, wann wie viel Geld zu zahlen ist und wer dies feststellt. Nicht immer ist die einfachste Form des Bezahlvorgangs machbar: die Barzahlung. Nicht immer kann man erwarten, dass die Kunden bereit, sind Vorkasse zu leisten. Nicht immer ist offensichtlich, wie der Realisierungsstand der Vertragserfüllung ist und wie viele Anteile der Leistung demnach zu zahlen sind. Nicht immer kann ein voll integriertes System wie ein Online-Shop realisiert werden.
Vor dem Kernprozess ist all das bereitzustellen, was erforderlich ist, um das Unternehmen funktionsfähig zu machen. Und dies kann nach Ihren Entscheidungen sehr wenig oder auch sehr viel sein und entsprechend viel oder wenig Kapital erfordern.
Tipp für die Gestaltung aller Geschäftsprozesse in Ihrem Unternehmen:
Sie haben die Freiheit, alle einzelnen Prozessschritte, von der Akquisition bis zum Bezahlvorgang optimal auf Ihre und die Bedingungen Ihrer Kunden abzustimmen. Nutzen Sie diese Möglichkeit gleich zu Beginn!
3. Kapitalbedarf zur Sicherung aller Geschäftsprozesse
Alles, was gleich zu Beginn für die Struktur und die wichtigsten Abläufe festgelegt wird, bedeutet auch Kapital, das in der Regel für die Lebensdauer des Unternehmens im Unternehmen fixiert wird. Solches Kapital legt damit im betriebswirtschaftlichen Sinne Fixkosten fest, weil sie fixiert sind und immer anfallen, ganz unabhängig davon, ob Sie viel oder wenig oder gar keinen Umsatz machen. Solche Kosten, die gleich von Beginn an für ein Unternehmen festgelegt werden, tauchen dem entsprechend auch in der Kalkulation als Ausgangs- und Bezugsgröße wieder auf. Zu diesen Bezugsgrößen werden die weiteren Kosten hinzugerechnet - eben kalkuliert.
Tipp für die Ermittlung des Kapitalbedarfs für Ihr Unternehmens:
Sie entscheiden selbst, was und wie viel Sie Ihrem Unternehmen an Struktur und Abläufen geben. Sie entscheiden damit selbst über alle Kosten oder Ausgaben. Nichts und niemand kann Sie zu Kosten zwingen. Wenn am Anfang Ihre Mittel knapp sind und Sie sich für oder gegen eine Ausgabe / Investition entscheiden müssen, dann hilft die einfache Frage: Bringt diese Ausgabe / Investition mehr Umsatz und mehr Gewinn oder nicht? Wenn ja, dann rechnen Sie genau weiter; wenn nein, dann unterlassen Sie die Ausgabe / Investition ganz. Auch solche Entscheidungen helfen Ihnen, bei der Planung sicher zu sein.
Beispiele
Im Folgenden werden die Daten für drei Auf- oder Ausbaustufen einer Bildungseinrichtung dargestellt. Dabei werden bewusst die kleinen, flexiblen Lösungen, die keine oder wenig Fixkosten haben, an den Anfang gestellt. Gleichzeitig wird damit die strukturelle Grundlage für das jeweils passende Kalkulationsverfahren gelegt.
3.1 Kapitalbedarf eines Trainers oder Lehrers mit Kooperationspartnern
Die erste Auf- oder Ausbaustufen einer Bildungseinrichtung kann der Kernbereich einer Schule sein, der nur aus der persönlichen Leistung des Unternehmers (Trainer oder Lehrer) gespeist wird. Um die kostenintensiven Investitionen auf eigene Rechnung zu vermeiden und doch alle benötigten Dinge zur Verfügung zu haben, wird mit anderen Unternehmen - mit Schulen - kooperiert. Dadurch reduzieren sich sowohl die Art des benötigten Kapitals als auch die Beträge dafür. Der Kapitalbedarf kann oft mit Sacheinlagen aus dem Privatvermögen gedeckt werden.
Dieser Betrieb ist ein Dienstleister ohne Investitionen und Abschreibung und ohne Zinsen. Hier kann die Kalkulation eines Dienstleistungsunternehmens ohne Fixkosten genutzt werden.
Kapitalbedarfsplan Betrag in Euro
Investitionen (Anschaffungen von Sachwerten bis zum Start)
Laptop (aus Privatvermögen)
1.000
Betriebsausstattung (Trainings-Ausrüstung für 5 Personen-Praxis)
Betriebsausstattung (Demo-Material, für die Theorie)
350
Summe Investitionen
1.350
Gründungskosten (einmalig)
Markteinführung
500
Summe Gründungskosten
500
Betriebsmittel (für die Laufzeit eines Kurses - dann wird alles bezahlt)
Bücher, Arbeitsunterlagen und Software-Tools
Kreide und Papier
50
Summe Betriebsmittelbedarf
50
Gesamtbedarf (Investitionen, Gründungskosten, Betriebsmittel)
1.900

3.2 Kapitalbedarf einer Schule mit eigener Ausstattung
Die zweite Ausbaustufe einer Bildungseinrichtung kann die Schule mit eigenen Räumen und Buchladen sein. Jetzt kommen mit der Schule Strukturen hinzu, die Fixkosten bedeuten. Auch der Betriebs­mittelbedarf des Buchladens kommt hinzu. Der Kapitalbedarf kann nicht mehr mit Sacheinlagen aus dem Privatvermögen und auch vielleicht auch nicht mit eigenen Geldmitteln allein gedeckt werden. Fremde Mittel (Fremdfinanzierung) wird erforderlich
Ab diesen Größenordnungen ist ein Investitions- und Abschreibungsplan zu empfehlen. Dieser Betrieb muss zudem die bereits erheblichen Fixkosten aus Investitionen und den Betriebsmitteln nämlich Abschreibung und Zinsen berücksichtigen und damit ähnlich wie ein Handelsunternehmen oder ein Herstellungsbetrieb kalkulieren.
Kapitalbedarfsplan
Betrag in Euro
Investitionen (Anschaffungen von Sachwerten bis zum Start)
Betriebsausstattung (Büro, Software ...)
1.500
Betriebsausstattung (Demo-Material, für die Theorie)
350
Renovierung / Ausstattung der Schulräume
13.000
Auto / Laptops
15.000
Summe Investitionen
29.850
Gründungskosten (einmalig)
Markteinführung
500
Werbung
1.000
Summe Gründungskosten
1.500
Betriebsmittel (für die Laufzeit eines Kurses - dann wird alles bezahlt)
Bücher, Arbeitsunterlagen und Software-Tools
500
Kreide und Papier
50
Erstausstattung mir Ware (zur Sicherung des Verkaufs bis die Hälfte der Ware verkauft ist und nachbestellt werden kann)
30.000
Summe Betriebsmittelbedarf
30.550
Gesamtbedarf (Investitionen, Gründungskosten, Betriebsmittel)
62.000

3.3 Kapitalbedarf einer Bildungseinrichtung
Die dritte Auf- oder Ausbaustufen soll eine Bildungseinrichtung mit Unterbringungsmöglichkeiten als volle Version sein. Dieser Betrieb muss mit erheblichen Fixkosten kalkulieren, wie es für ein Hotel oder einen Herstellungsbetrieb angemessen ist. Die umfangreichen Investitionen und die Betriebsmittel machen den Investitions- und Abschreibungsplan ebenso zwingend erforderlich wie den Liquiditätsplan.
Bildungseinrichtung
Kapitalbedarfsplan Betrag in Euro
Investitionen (Anschaffungen von Sachwerten bis zum Start)
Betriebsausstattung (Büro, Software ...)
1.500
Betriebsausstattung (Schulräume, Büro, Laden, Gasträume)
45.000
Renovierung / Umbau
15.000
Auto / Laptops
30.000
Kaufpreis; Franchisegebühr
Summe Investitionen
91.500
Gründungskosten (einmalig)
Markteinführung; Werbung
30.000
Beratung; Notar; Handelsregister
15.000
Mietkaution Lizenzen (themenspezifisch)
30.000
Summe Gründungskosten
75.000
Betriebsmittel (für die Laufzeit eines Kurses - dann wird alles bezahlt)
Bücher, Arbeitsunterlagen und Software-Tools
500
Kreide und Papier
50
Erstausstattung mir Ware (für die durchschnittliche Verweildauer - bis die Ware bezahlt ist)
100.000
Summe Betriebsmittelbedarf
100.550
Gesamtbedarf (Investitionen, Gründungskosten, Betriebsmittel)
267.050
Hier wird deutlich: Alle diese Entscheidung noch vor dem eigentlichen Start haben weitreichende Konsequenzen.
Positiv zählt:
  • Ihr volles Angebot aus einer Hand ist für Ihre Kunden schön und attraktiv.
  • Ihr Angebot, das Sie selbst erbringen, sichert Ihren Einfluss in diesem Bereich.
  • Ihre Gewinnmöglichkeiten erhöhen sich damit.
Kritisch kann sein:
  • Mit der Größe Ihres Unternehmens wächst der Kapitalbedarf und damit auch die Fixkosten.
  • Kooperation und Leistungsumfang erhöhen den Bedarf an Organisation und Abstimmung.
  • Mit Größe und Komplexität nimmt das Fehlerrisiko zu.