Gesetz gegen Abmahnmissbrauch
Mit den Änderungen durch das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs (auch als “Gesetz gegen Abmahnmissbrauch” oder “Anti-Abmahngesetz” bekannt) bleiben Abmahnung gegen Wettbewerbsverstöße wie bisher möglich. Die Anforderungen an Abmahnungen werden allerdings strenger.
Im Einzelnen gibt es folgende Neuerungen:
Regelungen zum Rechtsmissbrauch
Gesetzliche Merkmale für eine rechtsmissbräuchliche Abmahnung sind beispielsweise, dass ein zu hoher Gegenstandswert und damit zu hohe Abmahnkosten festgesetzt werden. Oder es wird eine offensichtlich überhöhte Vertragsstrafe oder eine zu weit gehenden Unterlassungserklärung verlangt. Im Fall einer rechtsmissbräuchlichen Abmahnung kann der Abgemahnte die für die Rechtsverteidigung erforderlichen Kosten erstattet verlangen. Es handelt sich bei Vorliegen eines Merkmals nicht automatisch um eine rechtsmissbräuchliche Abmahnung, sondern dies muss vom Gericht festgestellt werden. Wie damit vor Gericht umgegangen werden wird, bleibt abzuwarten. Rechtsprechung zum Anti-Abmahngesetz liegt bislang nicht vor. Die IHK Region Stuttgart wird bei bekannten Neuerungen zur gegebenen Zeit über den Newsletter informieren.
Qualifizierte Wirtschaftsverbände
Wirtschaftsverbände und Wettbewerbsvereine dürfen- wie bisher auch - abmahnen, müssen sich aber als qualifizierter Verband beim Bundesamt für Justiz registrieren lassen und bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Diese Voraussetzungen können in § 8b Abs. 2 UWG nachgelesen werden.
Teilweises Verbot und Deckelung von Vertragsstrafen
Im Rahmen einer Unterlassung- oder Verpflichtungserklärung erkennt der Abgemahnte in der Regel eine Vertragsstrafe an. Diese ist zu zahlen, wenn er dem abgemahnten Verstoß zuwiderhandelt. Vertragsstrafen fallen künftig nicht ganz weg, sondern es müssen bestimmte Bedingungen dafür eintreten.
Mitbewerber dürfen künftig keine Vertragsstrafe vereinbaren, wenn erstmalig eine Abmahnung ausgesprochen wird, gegen Informations- und Kennzeichnungspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien (dies meint den Webshop oder die Unternehmenswebseite) verstoßen wurde und wenn der Abgemahnte in der Regel weniger als 100 Mitarbeiter beschäftigt. Die genannten Voraussetzungen müssen alle zusammen vorliegen, damit die Vertragsstrafe nicht wirksam wird. Verbände sind hiervon ausgenommen und dürfen eine Vertragsstrafe fordern.
Bei geringfügigen Verstößen und wenn das abgemahnte Unternehmen weniger als 100 Mitarbeiter hat, darf die Vertragsstrafe 1.000 Euro nicht überschreiten.
Keine Erstattung von Abmahnnkosten
Die mit der Abmahnung verbundenen Anwaltskosten darf ein Mitbewerber (z.B. ein konkurrierender Händler) in folgenden Fällen nicht erstattet verlangen:
- Es handelt sich um einen Verstoß gegen eine Pflicht zur Kennzeichnung und Information auf Webseiten, Social-Media-Profilen oder Webshops (z.B. das Impressum, die Widerrufsbelehrung, Informationen in Fernabsatzverträgen). Dies gilt allerdings nicht für Warnhinweise (z.B bei Chemieprodukten, Spielzeugen, CE-Kennzeichnung). Auch Werbung muss weiterhin als solche gekennzeichnet sein.
- Der Verstoß betrifft die DSGVO (im Internet dürfte hier am häufigsten die Datenschutzerklärung betroffen sein), sofern das Unternehmen nicht mehr als 250 Mitarbeiter beschäftigt .
Achtung: Nur Mitbewerber sind nicht zur Kostenerstattung berechtigt. Abmahnberechtigte Verbände können nach wie vor eine Kostenerstattung geltend machen.
Formelle Anforderungen an Abmahungen
Abmahnungen müssen konkrete Anforderungen an Inhalt und Form enthalten (z.B. das vorgeworfene Verhalten und die Rechtsverletzung ist zu benennen, und wie sich die Abmahnkosten berechnen). Andernfalls kann der Abmahnende seine Abmahnkosten nicht erstattet verlangen.
Abschaffung des sog. "fliegenden Gerichtsstands"
Grundsätzlich ist bei Wettbewerbsverstößen das Gericht zuständig, in dessen Ort der Verstoß begangen worden ist. Bei Verstößen im Internet (z.B. durch Webshops), konnte der Kläger vor jedem deutschen Gericht klagen. Diese Möglichkeit ist nun weggefallen. Künftig muss am Sitz des beklagten Unternehmens geklagt werden.
Fazit
Die Regelungen gegen Abmahnmissbrauch dürften insbesondere Onlinehändler entlasten. Abmahnende Mitbewerber und Verbände müssen nunmehr genauer prüfen, ob sie ihre Abmahnung realisieren können. Abmahnungen sind aber durch das Anti-Abmahngesetz nicht per se verboten, sondern in den oben genannten Bereichen sind Abmahnungen unter Umständen unzulässig beziehungsweise dürfen keine Kosten oder Vertragsstrafen geltend gemacht werden. Wie sich die Bestimmungen in der Praxis auswirken, bleibt abzuwarten.
Wenn Sie eine Abmahnung erhalten, sollten Sie diese daher nicht ignorieren. Auch eine als ungerechtfertigte angesehene Abmahnung kann vor Gericht gehen und Kosten verursachen. Es gilt für wettbewerbsrechtliche Abmahnung wie bisher auch, dass Sie diese nicht ohne rechtliche Beratung unterschreiben und auch keine Zahlungen vornehmen sollten.