Internationales Steuerrecht

Quellensteuereinbehalt bei Lizenzvergütungen aus dem Ausland

Stand: April 2024

1. Ausgangssituation

Überträgt ein inländisches Unternehmen Rechte an einen im Ausland ansässigen Auftraggeber, sieht es sich häufig mit einem Quellensteuereinbehalt des ausländischen Auftraggebers konfrontiert. Fünf, zehn oder 15 Prozent Quellensteuer sind hier keine Seltenheit. Besonders betroffen hiervon sind Unternehmen der Softwarebranche, die ausländischen Auftraggebern Lizenzen einräumen. Aber auch Unternehmen anderer Branchen, wie Ingenieurbüros, die Pläne erstellen, sowie sonstige Formen des Know-how-Transfers sind hiervon maßgeblich betroffen. Fälle dieser Art sind oftmals ärgerlich, da sie den Rechnungsbetrag in Höhe der Quellensteuer schmälern. Das gilt um so mehr, wenn man auf die Problematik erst mehr oder minder unvorbereitet bei der Rechnungsstellung trifft und hierfür weder bei der Kalkulation noch bei Vertragsschluss Vorsorge getroffen hat.

2. Quellensteuer – Was steckt dahinter?

In den oben genannten Fällen werden Lizenzgebühren beziehungsweise ähnliche Vergütungen als Gegenleistung für die Gestattung der Ausübung oder der Verwertung von Rechten gezahlt. Das bedeutet, dass das deutsche Unternehmen aus Sicht des ausländischen Fiskus über eine dortige, das heißt im Ausland gelegene Einkunftsquelle verfügt. Hier setzt die beschränkte Steuerpflicht an. Der ausländische Staat erhebt hierauf seinen Steueranspruch. Technisch erfolgt dies regelmäßig über einen Steuerabzug an der Quelle, eine sogenannte Quellen- bzw. Abzugsteuer (sog. withholding tax). Dieser funktioniert so, dass der ausländische Vertragspartner nach dem nationalen ausländischen Recht verpflichtet wird, direkt einen prozentual festgelegten Abzug vom Rechnungsbetrag vorzunehmen und diesen Betrag an den ausländischen Fiskus abzuführen. Die Quellensteuersätze richten sich dabei in erster Linie nach dem nationalen ausländischen Recht und können unterschiedlich hoch sein.
Im umgekehrten Fall, also wenn z.B. ein ausländisches Unternehmen einem Inländer eine Lizenz gegen Entgelt einräumt, ordnet das deutsche Einkommensteuergesetz (EStG) ebenfalls grundsätzlich einen Quellensteuereinbehalt in Höhe von 15 Prozent zzgl. Solidaritätszuschlag an. Hierzu hat das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) umfangreiche Informationsmaterialien und Anträge auf seiner Homepage eingestellt.
Seit dem 1. Januar 2022 besteht in Fällen von geringer steuerliche Bedeutung eine Freistellungsoption. Die Freistellungsoption besteht in Fällen der Vergütungen für Rechteüberlassungen, die nach dem 31. Dezember 2021 gezahlt werden. Ein gesonderter Antrag ist nicht erforderlich. Die Vereinfachung besteht im Wesentlichen darin, dass kein Freistellungsantrag des ausländischen Vergütungsgläubigers erforderlich ist, sondern der Vergütungsschuldner den Steuerabzug insoweit nicht vornehmen muss oder nach einem niedrigeren Steuersatz vorzunehmen hat. Letzteres ist der Fall, wenn das betroffene Doppelbesteuerungsabkommen in seinem Lizenzartikel einen sogenannten Reststeuersatz enthält. Die Freistellungsoption unterliegt einer Freigrenze iHv. 10.000 Euro (eingeführt mit dem Wachstumschancengesetz seit 1. Januar 2024; zuvor 5.000 Euro) je Vergütungsgläubiger und Kalenderjahr. Die Einzelheiten sind auf der Seite des BZSt zu finden.

3. Was folgt daraus für Staaten ohne Doppelbesteuerungsabkommen?

Soweit zwischen Deutschland und dem betreffenden ausländischen Staat kein Doppelbesteuerungsabkommen existiert (vgl. dazu Punkt 4 und 5), besteht für das deutsche Unternehmen die Möglichkeit, die abgezogene Quellensteuer – vereinfacht ausgedrückt – auf die deutsche Steuerschuld anzurechnen. Grundlage hierfür ist § 34c EStG. Danach können festgesetzte und bezahlte ausländische Steuern auf Einkünfte aus einem ausländischen Staat bis zur Höhe der auf diese Einkünfte anfallenden deutschen Steuer angerechnet werden. Der Steuerpflichtige hat hierzu den Nachweis über die Höhe der ausländischen Einkünfte und über die Festsetzung und Zahlung der ausländischen Steuern durch Vorlage entsprechender Urkunden zu führen (zum Beispiel Steuerbescheid, Quittung über die Zahlung). Sind die Urkunden in ausländischer Sprache abgefasst, kann die deutsche Finanzbehörde gegebenenfalls eine beglaubigte Übersetzung in die deutsche Sprache verlangen. Insoweit dürfte auch ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) vom 14. Mai 1997 (Aktenzeichen IV C 5 - S 1301 Gri - 8/97) von Bedeutung sein, in dem ausgeführt wird, dass bei fremdsprachigen Vordrucken Übersetzungen nur dann eingefordert werden sollen, wenn es sich um längere fremdsprachige Texte, Verträge usw. handelt und/oder weniger gängige Sprachen verwendet werden. Alternativ kann der deutsche Unternehmer beantragen, dass statt der Anrechnung die ausländische Steuer bei der Ermittlung der Einkünfte abgezogen wird.

4. Was gilt im Verhältnis zu Staaten mit Doppelbesteuerungsabkommen?

Soweit zwischen Deutschland und dem betreffenden Quellenstaat ein Doppelbesteuerungsabkommen besteht, gelten Besonderheiten. Grund hierfür ist, dass die entsprechenden Doppelbesteuerungsabkommen Sonderregelungen zur Besteuerung von Lizenzeinkünften enthalten, oftmals in Art. 12 eines Abkommens. Je nachdem, ob das jeweilige Abkommen dem OECD-Musterabkommen folgt, sehen diese vor, dass
  • entweder das Besteuerungsrecht dem Quellenstaat gänzlich entzogen und dem Ansässigkeitsstaat des Lizenzgebers (also Deutschland) zugewiesen wird
  • oder zumindest die Besteuerung im Quellenstaat der Höhe nach beschränkt ist.

4.1. Gänzliche Freistellung von der Quellensteuer

Liegt der aus Sicht des deutschen Lizenzgebers günstige Fall vor, dass nach dem Doppelbesteuerungsabkommen kein Besteuerungsrecht des Quellenstaats besteht, heißt dies, dass keine Besteuerung im Quellenstaat erfolgen darf. Soweit der Quellenstaat jedoch nach lokalem Recht einen Steuerabzug geregelt hat, bedarf es spezieller Verfahren, um die Besteuerung zu vermeiden. Diese sind wiederum im ausländischen nationalen Recht geregelt: Entweder unterbleibt in diesen Fällen von vornherein der Steuerabzug oder der deutsche Unternehmer kann die Steuer bei der ausländischen Behörde zur Erstattung beantragen.
Soweit der Abzug unterbleiben kann, muss regelmäßig vom deutschen Unternehmen die Ansässigkeit in Deutschland nachgewiesen werden. Hierzu wird in der Regel eine Ansässigkeitsbescheinigung verlangt. Diese wird vom zuständigen inländischen Betriebsstättenfinanzamt ausgestellt und beinhaltet die Bestätigung der Ansässigkeit und unbeschränkten Steuerpflicht des Unternehmens in Deutschland.
Über das BZSt kann ein Antrag auf Erteilung einer Ansässigkeitsbescheinigung in mehreren Sprachen abgerufen werden.

4.2. Der Höhe nach beschränkte Quellensteuer

Liegt kein Fall der gänzlichen Zuweisung des Besteuerungsrechts an den Ansässigkeitsstaat vor, ist im betreffenden Doppelbesteuerungsabkommen regelmäßig vorgesehen, dass der Quellenstaat zwar ein Besteuerungsrecht behält, das jedoch der Höhe nach begrenzt ist. Die zu erwartenden Sätze liegen hier bei fünf, zehn oder 15 Prozent. Es können aber auch abweichende Sätze geregelt sein. Die konkrete Regelung ergibt sich aus dem jeweiligen Abkommen (in der Regel in Artikel 12 eines DBA).
Liegt ein solcher Fall vor, ist zu beachten, dass nach dem ausländischen nationalen Recht häufig andere und höhere Quellensteuersätze als im Doppelbesteuerungsabkommen vorgesehen sind. Für die Durchführung des dann notwendigen Verfahrens auf Ermäßigung der Quellensteuer ist wiederum das ausländische nationale Recht zu beachten. Auch hier kann entweder bereits der Abzug auf die abkommenskonforme Höhe begrenzt sein oder ein Erstattungsverfahren vorgesehen sein.
Auf der Seite des BZSt sind – sofern vorhanden – Formulare ausländischer Steuerbehörden zur Entlastung von Quellensteuer bereitgestellt. Auch in diesem Fall wird regelmäßig eine Ansässigkeitsbescheinigung zum Nachweis benötigt, dass es sich beim Lizenzgeber um ein in Deutschland ansässiges Unternehmen handelt.
Soweit vom Vertragspartner auf Basis des betreffenden Doppelbesteuerungsabkommens zwar eine der Höhe nach begrenzte Quellensteuer, aber doch eine Quellensteuer einbehalten wird, sehen die Doppelbesteuerungsabkommen zugleich die Berücksichtigung dieses Betrags in der nationalen Steuer vor. Regelmäßig gilt hier, dass die insoweit festgesetzte und bezahlte ausländische Steuern bis zur Höhe der auf diese Einkünfte anfallenden deutschen Steuer angerechnet wird. Der Steuerpflichtige hat hierzu den Nachweis über die Höhe der ausländischen Einkünfte und über die Festsetzung und Zahlung der ausländischen Steuern durch Vorlage entsprechender Urkunden zu führen (zum Beispiel Steuerbescheid, Quittung über die Zahlung). Sind die Urkunden in ausländischer Sprache abgefasst, kann die deutsche Finanzbehörde gegebenenfalls eine beglaubigte Übersetzung in die deutsche Sprache verlangen. Auch hier dürfte wieder das unter Ziffer 3 genannte Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 14. Mai 1997 von Bedeutung sein.

5. Wie kann man feststellen, ob ein Doppelbesteuerungsabkommen besteht und wie die konkrete Regelung aussieht?

Das BMF veröffentlicht jährlich eine Übersicht der Länder, mit denen Doppelbesteuerungsabkommen bestehen beziehungsweise mit denen Verhandlungen geführt werden. Ebenso hat das BMF von sehr vielen der geltenden Doppelbesteuerungsabkommen die Texte auf seiner Homepage veröffentlicht.
Die Regelung zur Besteuerung der Lizenzen findet sich dort regelmäßig in Artikel 12 (Lizenzgebühren), die Regelung zur Freistellung oder Anrechnung ausländischer Steuer in den Artikeln 22 ff. (Vermeidung der Doppelbesteuerung).