IHK-Auftragsberatungsstelle Baden-Württemberg
Ihr Ansprechpartner:
Auftragswesen Aktuell Februar 2025
- Besondere Anforderungen an die Totalvergabe auch bei Durchführung eines wettbewerblichen Dialogs
- Einführung neues Programm „Innovation Procurement Hubs” in Europa
- Sachsen: Beschaffungsrelevante Aussagen aus dem Koalitionsvertrag
- Bayern: Neue Feuerwehr-Zuwendungsrichtlinie - Aufstockung der Fördermittel
- Bundesweiter Fachdialog zur E-Mobilität und nachhaltigen Batteriebeschaffung
Besondere Anforderungen an die Totalvergabe auch bei Durchführung eines wettbewerblichen Dialogs
Sachverhalt:
Der Antragsgegner (AG) schrieb Totalunternehmerleistungen für den Bau von Feuerwehrhäusern für Freiwillige Feuerwehren im Land Mecklenburg-Vorpommern als Rahmenvertrag im wettbewerblichen Dialog aus. Geplant werden sollten zwei Varianten von Feuerwehrhäusern (bezeichnet als Langhaus und Kompakthaus), welche durch den Totalunternehmer ggf. mit Nachunternehmen selbst errichtet werden sollen. Die Leistungsbeschreibung wurde hinsichtlich der Bauart systemoffen gehalten. Im wettbewerblichen Dialog hatten die beteiligten Bieter die Möglichkeit, eigene Entwürfe vorzustellen. Der Zuschlag sollte auf den wirtschaftlichsten Vorschlag erteilt werden. Beabsichtigt war die Durchführung des Vergabeverfahrens durch das Land. Städte und Gemeinden konnten nach Zuschlagserteilung selbständig entscheiden, ob sie die Leistungen des bezuschlagten Bieters in Anspruch nehmen.
Der Antragsgegner (AG) schrieb Totalunternehmerleistungen für den Bau von Feuerwehrhäusern für Freiwillige Feuerwehren im Land Mecklenburg-Vorpommern als Rahmenvertrag im wettbewerblichen Dialog aus. Geplant werden sollten zwei Varianten von Feuerwehrhäusern (bezeichnet als Langhaus und Kompakthaus), welche durch den Totalunternehmer ggf. mit Nachunternehmen selbst errichtet werden sollen. Die Leistungsbeschreibung wurde hinsichtlich der Bauart systemoffen gehalten. Im wettbewerblichen Dialog hatten die beteiligten Bieter die Möglichkeit, eigene Entwürfe vorzustellen. Der Zuschlag sollte auf den wirtschaftlichsten Vorschlag erteilt werden. Beabsichtigt war die Durchführung des Vergabeverfahrens durch das Land. Städte und Gemeinden konnten nach Zuschlagserteilung selbständig entscheiden, ob sie die Leistungen des bezuschlagten Bieters in Anspruch nehmen.
Die Dokumentation enthielt als Begründung für das Absehen von einer Losaufteilung den Verweis auf ein Gutachten vom 23.11.2023. Dazu wurde u.a. ausgeführt, dass das Land keinen konkreten Weg zur Lösung der Beschaffungsaufgabe verfolge, lediglich das Ergebnis stehe fest. Daher solle im wettbewerblichen Dialog eine wirtschaftliche Lösung ermittelt werden. Es wurde weiter begründet, dass hinsichtlich der Planung und Bauausführung der Feuerwehrhäuser keine konkreten Vorgaben bestehen würden und bewusst eine Systemoffenheit gelassen werden solle. Die ausgeschriebene Leistung könne nach Ansicht des AG nicht eindeutig und erschöpfend beschrieben werden. Der wettbewerbliche Dialog erscheine zudem sinnvoll, um im Rahmen des Vergabeverfahrens wirtschaftliche Lösungen zu erarbeiten und im Anschluss die beste Lösung zu bezuschlagen.
Die Antragstellerin (ASt) ließ verschiedene Punkte rügen. Insb. die Totalunternehmervergabe verstoße gegen § 97 Abs. 4 GWB. Der AG half der Rüge nicht ab. Daher stellte die ASt einen Nachprüfungsantrag. Dabei teilte die ASt mit, dass sie nur hinsichtlich der Planungsleistungen Interesse am Auftrage habe. Eine besondere Komplexität der Leistung liege nicht vor, so dass die Ausschreibung von Totalunternehmerleistungen für Planung und Bau gegen § 97 Abs. 4 GWB verstoße. Der AG machte geltend, der Nachprüfungsantrag sei unzulässig, weil ein Beschaffungsbedarf nur bei Gesamtvergabe bestehe. Bei Trennung von Planungs- und Bauleistungen sei das Beschaffungsziel nicht erreichbar.
Mit Beschluss vom 20.09.2024 hat die Vergabekammer dem AG aufgegeben, das Verfahren in den Stand vor der Auftragsbekanntmachung zurückzuversetzen und unter Beachtung ihrer Rechtsauffassung neu bekannt zu machen. Es sei nicht dokumentiert worden, dass die im Gutachten des Beraters vom 23.11.2023 vorgeschlagene Entscheidung zur Gesamtvergabe selbst getroffen wurde. Eine Nachholung sei nicht möglich. Die Abwägung hätte neben dem Ziel der Innovation auch Ziele der Verhältnismäßigkeit, von Umweltaspekten und Mittelstandsschutz berücksichtigen müssen. Es fehle eine fundierte Wirtschaftlichkeitsbetrachtung einschließlich einer Risikobetrachtung.
Gegen diesen Beschluss der Vergabekammer wandte sich der AG mit sofortiger Beschwerde an das OLG Rostock.
Beschluss:
Ohne Erfolg! Der Nachprüfungsantrag war zulässig. Dem stand insb. nicht entgegen, dass der AG erklärt hat, außerhalb einer Gesamtvergabe kein Beschaffungsinteresse zu haben. Die Vergabekammer habe bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass das Gutachten vom 23.11.2023 inhaltlich keine Entscheidung über die Gesamtvergabe darstelle. Berater dürften zwar in die Entscheidungsfindung eingebunden werden, diese aber selbst nicht treffen. Die dort angegebenen Begründungen erforderten zudem keine Gesamtvergabe.
Ohne Erfolg! Der Nachprüfungsantrag war zulässig. Dem stand insb. nicht entgegen, dass der AG erklärt hat, außerhalb einer Gesamtvergabe kein Beschaffungsinteresse zu haben. Die Vergabekammer habe bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass das Gutachten vom 23.11.2023 inhaltlich keine Entscheidung über die Gesamtvergabe darstelle. Berater dürften zwar in die Entscheidungsfindung eingebunden werden, diese aber selbst nicht treffen. Die dort angegebenen Begründungen erforderten zudem keine Gesamtvergabe.
Die Planung sei gegenüber der Bauleistung grundsätzlich fachlosgeeignet. Dieser Teil der Leistung – und nur darauf kommt es dem Gericht an – werde von speziellen Fachkräften erbracht, des Weiteren existiere für Planungsleistungen ein eigener Markt und sie würden regelmäßig auch gesondert beauftragt. Es sei in diesem Fall unbeachtlich, ob sich für die Gesamtleistung „Integrale Planung und Bau“ (also für Totalunternehmerleistungen) bereits ein eigener Markt etabliert hat. Qualifiziere man die Ausschreibung hier nicht als zusammenfassende Vergabe einzelner Lose einer einheitlichen Leistung, sondern als Zusammenlegung eigenständiger Planungs- und Bauleistungen gelte erst recht der Grundsatz der getrennten Vergabe mit den dazu bestehenden Ausnahmen. Leistungen seien nach § 97 Abs. 4 S. 1-3 GWB – wiederholt in § 5 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 bis 3 EU VOB/A – in Losen zu vergeben. Ein Absehen hiervon sei nur zulässig, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Die Aufteilung von Aufträgen in Teil- und Fachlose sei bereits vor Inkrafttreten zum Schutz des Mittelstandes vorgesehen gewesen. Eine Gesamtvergabe dürfe überhaupt nur bei Vorliegen eines objektiv zwingenden Grundes erfolgen. Neben der Wirtschaftlichkeit der Beschaffung seien auch die weiteren Grundsätze der Vergaberechts zu berücksichtigen (Wettbewerb, Transparenz, Gleichbehandlung, Verhältnismäßigkeit). Auch auf normierte strategische Ziele wie Qualität, Innovation, soziale und umweltbezogene Aspekte ist zu achten.
Ein anderer Maßstab seit auch nicht anzusetzen, weil § 3 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1 BwBBG eine Gesamtvergabe in Abweichung von § 97 Abs. 4 GWB bereits dann zulasse, wenn wirtschaftliche, technische oder zeitliche Gründe die (nur) „rechtfertigen“. Dies entspräche der einheitlichen Linie der Rechtsprechung.
Die Überprüfung der Einhaltung des Beurteilungsspielraum des AG setze voraus, dass die Nachprüfungsinstanzen die Argumentation des Auftraggebers zumindest nachzuvollziehen vermögen. Dies gelte auch, wenn sie sie nicht teilen würden.
Praxistipp:
Eine Entscheidung über eine Gesamtvergabe ist detailliert zu dokumentieren und fundiert zu begründen. Neben den wirtschaftlichen Aspekten sollten auch die Vergabegrundsätze, wie Transparenz und Verhältnismäßigkeit, sorgfältig abgewogen werden. Es empfiehlt sich, eine umfassende Risikobetrachtung und eine klare Wirtschaftlichkeitsanalyse durchzuführen, um die Entscheidung vor möglichen rechtlichen Prüfungen abzusichern.
Eine Entscheidung über eine Gesamtvergabe ist detailliert zu dokumentieren und fundiert zu begründen. Neben den wirtschaftlichen Aspekten sollten auch die Vergabegrundsätze, wie Transparenz und Verhältnismäßigkeit, sorgfältig abgewogen werden. Es empfiehlt sich, eine umfassende Risikobetrachtung und eine klare Wirtschaftlichkeitsanalyse durchzuführen, um die Entscheidung vor möglichen rechtlichen Prüfungen abzusichern.
Ihr Ansprechpartner:
Einführung neues Programm „Innovation Procurement Hubs” in Europa
Das Programm zielt darauf ab, öffentliche Einrichtungen besser mit Innovationsanbietern wie KMU und Start-ups zu vernetzen. Dies geschieht durch einen Support-Service für öffentliche Verwaltungen, die eine Variante eines Innovationsbeschaffungszentrums implementieren (mit der Einführung einer Innovationsherausforderung experimentieren) oder ein Innovationsbeschaffungsprogramm aufsetzen möchten.
Die Hubs dienen als Labore, in denen die Bedürfnisse öffentlicher Stellen mit möglichen innovativen Lösungen von Innovationsanbietern zusammengeführt werden. Ziel ist es, Innovatoren und öffentliche Verwaltung in Bereichen wie Mobilität, grüner und digitaler Wandel, Gesundheit, Bildung zu vernetzen und neue Einkaufspraktiken zu entwickeln, die zur Entwicklung zukünftiger Märkte für KMU und Start-ups beitragen. Die Initiative startet am Dienstag, den 18. März, in der Zeit vom 10:00 bis 11:30 Uhr mit einem Webinar. Mitarbeiter öffentlicher Einrichtungen erhalten in dem Webinar nähere Informationen zum Programm und können sich mit Kollegen und Experten vernetzen.
Ihr Ansprechpartner:
Steffen Müller, Tel. 089 5116-3172, muellers@abz-bayern.de
Sachsen: Beschaffungsrelevante Aussagen aus dem Koalitionsvertrag
In Sachsen haben CDU und SPD ihren Koalitionsvertrag „Mutig neue Wege gehen. In Verantwortung für Sachsen.“ für die 8. Legislaturperiode des Sächsischen Landtags von 2024 bis 2029 unterzeichnet, der einige beschaffungsrelevante Aussagen enthält.
Allgemein beschaffungsrelevante Aussagen:
- Angestrebt wird ein bürokratiearmes sächsisches Vergabegesetz.
- Die Regelungen sollen für Vergaben auf Landesebene gelten und werden der kommunalen Ebene lediglich zur Anwendung empfohlen.
- Die Bagatell-Schwellwerte sollen erhöht und dynamisiert werden: für Bauleistungen auf 155.000 Euro und für Liefer- und Dienstleistungen auf 102.000 Euro.
- Die Nachweiserbringung durch Eigenerklärungen soll gestärkt werden.
- Es soll zum 01.01.2027 ein Vergabemindestlohn im sächsischen Vergabegesetz eingeführt werden i. H. v. 15 Prozent über dem gesetzlichen Mindestlohn.
- Unternehmen, die ausbilden, sollen bei der Vergabe künftig stärker berücksichtigt werden.
- Auf „weitere vergabefremde Kriterien“ soll verzichtet werden.
- Die Bestimmungen des Gesetzes sollen wirksam kontrolliert und bei Verstößen sanktioniert werden.
- Unternehmen und kommunale Vergabestellen sollen mit Informations- und Schulungsangeboten durch Angebote der Auftragsberatungsstelle Sachsen e. V. unterstützt werden.
Spezifische Aussagen für einzelne Beschaffungsbereiche wurden ebenfalls getroffen:
- Vergaben im Bereich SPNV/ÖPNV sollen auch auf kommunaler Ebene an Löhne und Arbeitsbedingungen geknüpft werden, die den geltenden Tarifbedingungen entsprechen. Dies gilt auch für länderübergreifende Verkehre. Bei einem Betreiberwechsel muss eine Übernahme der Beschäftigten garantiert werden.
- Die Koalitionspartner haben sich außerdem bis Ende 2027 vorgenommen, die Ergebnisse der vergaberechtlichen Erleichterungen für den bodengebundenen Rettungsdienst zu evaluieren.
- Im Bereich Brand- und Katastrophenschutz wird angekündigt, zusätzlich zur Einzel- und Sammelbeschaffung die Möglichkeit einer Zentralbeschaffung für standardisierte Fahrzeuge anzubieten.
Ihre Ansprechpartnerin:
Bayern: Neue Feuerwehr-Zuwendungsrichtlinie - Aufstockung der Fördermittel
Die inhaltlich überarbeitete und bis zum 31. Dezember 2027 verlängerte Feuerwehr-Zuwendungsrichtlinie gewährt zukünftig eine finanzielle Unterstützung neben Feuerwehrhaus-Neubauten auch für -Umbauten und fördert die Beschaffung von Spezialfahrzeugen.
Das von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann am 16. Januar 2025 vorgestellte Maßnahmenpaket zur Förderung der bayerischen Feuerwehren hat ein jährliches Volumen von mehr als 22 Millionen Euro.
Die neue Förderung von Feuerwehrhaus-Umbauten setzt einen Anreiz, Bestandsbauten weiter zu nutzen und dient der Nachhaltigkeit. Insbesondere Gemeinden im ländlichen Raum profitieren von der Anhebung des Festbetrag für den ersten und zweiten Stellplatz bei einem Neubau oder einer Generalsanierung eines Feuerwehrhauses auf jetzt 160.000 Euro. Die Förderfestbeträge für vier Standardfahrzeugtypen werden um 25 Prozent erhöht. Feuerwehren mit einem Autobahnabschnitt oder einer mehrspurig ausgebauten Schnellstraße erhalten für die Beschaffung von notwendigen Spezialfahrzeugen eine um 25 Prozent erhöhte Förderung der Festbeträge. Die Feuerwehrausbildung soll zukünftig mit der Förderung von 250.00 Euro für die Errichtung eines Übungshauses gestärkt werden.
Die Feuerwehr-Zuwendungsrichtlinie finden Sie finden Sie auf der Internetseite der Bayrischen Staatskanzlei.
Ihr Ansprechpartner:
Steffen Müller, Tel. 089 5116-3172, muellers@abz-bayern.de
Bundesweiter Fachdialog zur E-Mobilität und nachhaltigen Batteriebeschaffung
Seminarort: | online |
Termin: | 26.03.30325, 09:00 bis 12:30 Uhr |
Referent/in: | verschiedene Experten |
Teilnahmeentgelt: | Die Veranstaltung ist kostenfrei. |
Anmeldung/Informationen: | Die Durchführung des Webinars erfolgt über die Semiarplattform “MS Teams”. |
Weitere Informationen und die Möglichkeit zur Anmeldung finden Sie auf der Internetseite der Abst Sachsen.
Die Kompetenzstellen für Nachhaltige und Faire Beschaffung aus Berlin, Bremerhaven, Ludwigsburg, Sachsen und Stuttgart laden Sie herzlich zu einem bundesweiten Fachdialog zum Thema „E-Mobilität und nachhaltige Beschaffung von Batterien“ ein.
Der Fachdialog konzentriert sich auf die aktuellen Herausforderungen der Batteriebeschaffung im Bereich der E-Mobilität, wobei der Schwerpunkt auf Nachhaltigkeitskriterien und der Verfügbarkeit von Rohstoffen liegt.
Die Veranstaltung bietet eine wertvolle Plattform für den Austausch von Fachwissen zwischen Vertretern öffentlicher Verwaltungen, Experten und Branchenkollegen. Zu den Zielen gehören die Förderung der Nachhaltigkeit in der Batterieproduktion durch gezielte Maßnahmen der öffentlichen Hand, der Wissenstransfer zwischen den Teilnehmenden, die Identifizierung von Best Practices sowie die Erarbeitung von Handlungsempfehlungen für die öffentliche Beschaffung.
Die Veranstaltung richtet sich insbesondere an Mitarbeiter aus öffentlichen Verwaltungen, speziell aus Vergabe- und Bedarfsstellen, sowie an Fachleute aus der nachhaltigen Beschaffung, darunter Automobilhersteller, Nachhaltigkeitsbeauftragte und Vertreter von NGOs.
Praxisnahe Seminare gehören zu den Kerndienstleistungen der Auftragsberatungsstellen. Zielgruppe der Schulungsangebote sind öffentliche Auftraggeber und Unternehmen. Die Auftragsberatungsstellen bieten Basisseminare für Einsteiger ebenso an wie Spezialkurse, in denen Detailfragen zum Vergaberecht erläutert werden.
Sofern Sie ein für Sie interessantes Thema vermissen, wären wir Ihnen für einen Hinweis an die Auftragsberatungsstelle Ihres Bundeslandes sehr dankbar.