IHK-Auftragsberatungsstelle Baden-Württemberg

Auftragswesen Aktuell Oktober 2024

Vergabetransformationspaket

Das BMWK hat den Referentenentwurf zum Vergabetransformationspaket am 30.09.2024 an die Bundesressorts versandt.
Der Entwurf enthält etwa 200 Einzelvorschläge zur Reform des Vergaberechts im Ober- und Unterschwellenbereich.
Die Ziele des Vergabetransformationspakets umfassen die Vereinfachung, Beschleunigung und Digitalisierung der Vergabeverfahren.
Der Vorschlag des BMWK sieht hierzu u. a. vor, dass
  • Nachweispflichten für Unternehmen gesenkt und
  • Vergabe- und Nachprüfungsverfahren weiter digitalisiert werden.
Des Weiteren soll die nachhaltige Beschaffung gestärkt werden, indem u. a. die Berücksichtigung von sozialen und umweltbezogenen Aspekten in Vergabeverfahren rechtlich verbindlicher ausgestaltet wird.
Weitere Maßnahmen im Vergabetransformationspaket umfassen u. a.
  • die Ermöglichung von Direktaufträgen u. a. für innovative Leistungen von Start-ups und gemeinwohlorientierten Unternehmen,
  • eine zentrale elektronische Bekanntmachungsplattform,
  • Änderungen zur Berücksichtigung von jungen, kleinen und mittleren Unternehmen,
  • die Möglichkeit zum Ausschluss von Unternehmen aus bestimmten Drittstaaten (in kritischen Bereichen) und
  • eine höhere Flexibilität hinsichtlich der Losaufteilungspflicht.
Die Dokumente zur Vergabetransformation stellen wir Ihnen auf unserer Internetseite unter „Aktuelle Informationen“ zum Download zur Verfügung. ABSt Sachsen e.V.
Ihre Ansprechpartnerin:
Kristina Franke, kristinafranke@abstsachsen.de; 0351 – 2802 400

Fristen im Vergabeverfahren über Liefer- und Dienstleistungen

Während die Vergabeverordnung (VgV) für Vergaben von Liefer- und Dienstleistungen im Oberschwellenbereich klare Mindestfristen u.a. für das Einreichen von Teilnahmeanträgen und Angeboten vorgibt, heißt es im Unterschwellenbereich in der VOL/A lediglich, dass ausreichende Fristen zu gewähren sind:
§ 10 VOL/A - Fristen
(1) Für die Bearbeitung und Abgabe der Teilnahmeanträge und der Angebote sowie für die Geltung der Angebote sind ausreichende Fristen (Teilnahme-, Angebots- und Bindefristen) vorzusehen.
Auch die UVgO formuliert nur, dass der Auftraggeber angemessene Fristen festzulegen hat:
§ 13 UVgO - Angemessene Fristsetzung; Pflicht zur Fristverlängerung
(1) Der Auftraggeber legt angemessene Fristen für den Eingang der Teilnahmeanträge (Teilnahmefrist) und Angebote (Angebotsfrist) nach den §§ 9 bis 12 sowie für die Geltung der Angebote (Bindefrist) fest.
Über all diesen Formulierungen stehen und schweben einheitlich der Vergabegrundsatz der Gleichbehandlung, Transparenz und auch der Verhältnismäßigkeit. Die Einhaltung der Mindestfristen stellt daher nicht zwangsläufig auch eine ausreichende oder angemessene Frist dar. Der Auftraggeber sollte daher in jedem Falle bei der Festlegung der Fristen folgende Kriterien berücksichtigen, um eine zielführende Vergabe mit bestmöglichem Ergebnis (qualitative und zuschlagsfähige Angebote erhalten) zu erreichen:
  • die Komplexität der ausgeschriebenen Leistung,
  • Art und Menge der beizubringenden Erklärungen und Nachweise (Unterlagen),
  • die Zeit für die Ausarbeitung der Teilnahmeanträge und Angebote,
  • ob für die Leistungserbringung ggf. Nachunternehmerleistungen erforderlich werden
  • die gewählten Kommunikationsmittel
  • aktuelle Auslastung des relevanten Marktes
Ihre Ansprechpartnerin:
Kristina Franke, kristinafranke@abstsachsen.de; 0351 – 2802 400

Gastbeitrag von Norbert Dippel & Carsten Klipstein: Der steinige Weg zur medienbruchfreien Vergabe: Unterschrift auf Auftrags­schreiben erforderlich?

Quelle: cosinex Blog. URL: https://csx.de/6WL9O
Welche Vorschriften gelten in den Bundesländern bei der medienbruchfreien Vergabe? In diesem Beitrag geben wir einen Überblick über die Regelungen und ergänzen diesen um praxistaugliche Hinweise zum Umgang mit den divergierenden Anforderungen.
Bei der papiergebundenen Abwicklung von Vergabeverfahren kam Formularen und Unterschriften eine entscheidende Bedeutung zu. Die Formulare dienten der strukturierten Erfassung von Informationen, die Unterschriften unter den jeweiligen Dokumenten begründeten die Rechtsverbindlichkeit.
Im Zuge der Digitalisierung trat die Bedeutung der Formulare zurück, da die entsprechenden Softwarelösungen informationsgetrieben und kontextabhängig Daten erfassen und gerade nicht nach Formularfeldern funktionieren. Die Unterschrift wurde durch die Textform nach § 126 b BGB abgelöst.
Allerdings ist die E-Vergabe eingebettet in vor- und nachgelagerte Prozesse. Sie können anderen Formvorschriften unterliegen, die bislang nicht mit den Bestimmungen zur E-Vergabe synchronisiert wurden, nach der für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren grundsätzlich elektronische Mittel zu verwenden sind. Selbst für die Form des Vergabevermerks genügt die Textform.
Darüber hinaus können aber kommunalrechtliche oder haushaltsrechtliche Formvorgaben greifen. Das wohl praxisrelevanteste Beispiel ist der Zuschlag bzw. das Auftragsschreiben, welches im Hinblick auf die Formvorschriften unter vergabe- wie kommunalrechtlichen Gesichtspunkten bewertet werden kann.

I. Vergaberechtliche Formvorschriften bei Auftragsschreiben

Beschaffungsverträge kommen – wie andere Verträge auch – durch Angebot und Annahme zustande. Der öffentliche Auftraggeber muss das Angebot des Bieters annehmen. Juristisch betrachtet ist die Annahme eine empfangsbedürftige Willenserklärung, in der die vorbehaltlose Akzeptanz des Angebots ausgesprochen werden muss. In der Vergabepraxis erfolgt dies, indem dem Bieter die Erteilung des Zuschlags mit einem Zuschlags- oder Auftragsschreiben übermittelt wird.
Zivilrechtlich betrachtet ist das „Auftragsschreiben“ eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Sie wird erst zu dem Zeitpunkt wirksam, in dem sie dem Bieter zugeht (§ 130 Abs. 1 Satz 1 BGB). Zugegangen ist eine Willenserklärung erst, wenn sie so in den Bereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen und wenn damit zu rechnen ist, dass er tatsächlich Kenntnis erlangen wird. Dies ist bei Nutzung einer Vergabeplattform regelmäßig dann der Fall, wenn der öffentliche Auftraggeber die Zuschlagsmitteilung abgesandt hat und sie dergestalt im digitalen Projektraum oder Postfach des Bieters auf der Vergabeplattform eingegangen ist, dass der Bieter sie abrufen kann (vgl. hierzu auch Spruchpraxis zum Absenden nach § 134 GWB über Vergabeplattformen verdichtet sich).
Anders als die inzwischen überholte Regelung nach § 21 EG Abs. 2 und Abs. 3 VOL/A sieht die VgV keine bestimmte Form der Zuschlagserteilung vor. Während also nach altem Recht im Fall des elektronischen Zuschlags noch eine qualifizierte elektronische Signatur gefordert war, schreiben die heute gültigen vergaberechtlichen Spezialregelungen für elektronische Angebote, Interessenbekundungen und Teilnahmeanträge lediglich die Textform explizit vor (vgl. § 53 VgV, 38 UVgO).
In Ermangelung einer heute gültigen Spezialregelung finden die grundlegenden Bestimmungen des § 9 VgV Anwendung. Demnach sind für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren grundsätzlich elektronische Mittel zu verwenden. Eine mündliche Zuschlagserteilung ist nach § 9 Abs. 2 UVgO ausgeschlossen. Darüber hinausgehende Vorgaben an das Zuschlagsschreiben bestehen in vergaberechtlicher Hinsicht nicht.

II. Kommunalrechtliche und haushaltsrechtliche Formvorschriften bei Auftragsschreiben

Über die vergaberechtlichen Vorgaben hinausgehende Formvorschriften können sich hingegen aus kommunalrechtlichen Vorgaben ergeben. Vor dem Hintergrund der föderalen Struktur der Bundesrepublik Deutschland verwundert es nicht, dass diese ausgesprochen heterogen sind.
Aufgrund der Unterschiedlichkeit fällt schon eine Bildung von fachgerechten Fallgruppen schwer. Beispielsweise gibt es in Bayern eine Sonderregelung für die Vergabe öffentlicher Aufträge, und in Berlin erfasst die Sonderregelung der LHO explizit den Zuschlag. In anderen Bundesländern dürfte die übliche Differenzierung in Geschäfte der laufenden Verwaltung und darüber hinausgehende Geschäfte von Bedeutung sein (bspw. Brandenburg). In Mecklenburg-Vorpommern bedürfen entsprechende Verpflichtungen einer Gemeinde der eigenhändigen Unterschrift des Bürgermeisters und eines Dienstsiegels, wobei Ausnahmen nach Wertgrenzen festgelegt werden können.
Die ganze Bandbreite der Regelungen ergibt sich aus der folgenden, nicht abschließenden Übersicht:

Baden-Württemberg

Gemeindeordnung für Baden-Württemberg (Gemeindeordnung – GemO) in der Fassung vom 24. Juli 2000
§ 54 Verpflichtungserklärungen
(1) Erklärungen, durch welche die Gemeinde verpflichtet werden soll, bedürfen der Schriftform oder müssen in elektronischer Form mit einer dauerhaft überprüfbaren Signatur versehen sein. Sie sind vom Bürgermeister zu unterzeichnen.
(2) Im Fall der Vertretung des Bürgermeisters müssen Erklärungen durch dessen Stellvertreter, den vertretungsberechtigten Beigeordneten oder durch zwei vertretungsberechtigte Gemeindebedienstete unterzeichnet werden.
(3) Den Unterschriften soll die Amtsbezeichnung und im Fall des Absatzes 2 ein das Vertretungsverhältnis kennzeichnender Zusatz beigefügt werden.
(4) Die Formvorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für Erklärungen in Geschäften der laufenden Verwaltung oder auf Grund einer in der Form der Absätze 1 bis 3 ausgestellten Vollmacht.

Bayern

Gemeindeordnung (GO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. August 1998 (GVBl. S. 796, BayRS 2020-1-1-I), die zuletzt durch die §§ 2, 3 des Gesetzes vom 24. Juli 2023 (GVBl. S. 385, 586) geändert worden ist
Art. 38 Verpflichtungsgeschäfte; Vertretung der Gemeinde nach außen
(1) Die erste Bürgermeisterin oder der erste Bürgermeister vertritt die Gemeinde nach außen. Der Umfang der Vertretungsmacht ist auf ihre Befugnisse beschränkt.
(2) Erklärungen, durch welche die Gemeinde verpflichtet werden soll, bedürfen der Schriftform; das gilt nicht für ständig wiederkehrende Geschäfte des täglichen Lebens, die finanziell von unerheblicher Bedeutung sind. Die Erklärungen sind durch die erste Bürgermeisterin oder den ersten Bürgermeister oder ihre Stellvertretung unter Angabe der Amtsbezeichnung zu unterzeichnen. Sie können auf Grund einer den vorstehenden Erfordernissen entsprechenden Vollmacht auch von Gemeindebediensteten unterzeichnet werden. Bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen genügt die Textform, soweit eine andere Rechtsvorschrift nichts Abweichendes bestimmt.

Berlin

Ausführungsvorschriften zur Landeshaushaltsordnung (AV LHO) in der Fassung vom 9. Februar 2023
11 Auftragserteilung
11.1 Der Inhalt der Verträge sowie der Inhalt der mit anderen Stellen der unmittelbaren oder mittelbaren Landesverwaltung über entgeltliche Lieferungen und Leistungen getroffenen Vereinbarungen sind schriftlich oder elektronisch in Textform gemäß § 126b BGB festzulegen. Dies gilt auch bei unveränderter Annahme eines Angebots (Zuschlag). Bei voraussichtlichen Kosten bis zu 150 Euro können Aufträge mündlich vereinbart werden. Lässt sich bei voraussichtlichen Kosten von mehr als 150 Euro ein mündlicher Auftrag nicht vermeiden, so ist er unverzüglich schriftlich oder elektronisch in Textform gemäß § 126b BGB zu bestätigen. Die Verfügung über einen schriftlichen, mündlichen oder elektronisch in Textform erteilten Auftrag muss alle Angaben enthalten, die für die Eintragung der Festlegung in der Haushaltsüberwachungsliste nach den Nrn. 2.4 oder 3.4 Anlage 1 AV § 34 erforderlich sind.

Brandenburg

Kommunalverfassung des Landes Brandenburg (Brandenburgische Kommunalverfassung – BbgKVerf) vom 5. März 2024
§ 57 Abgabe von Erklärungen
(1) Der Hauptverwaltungsbeamte vertritt die Gemeinde in Rechts- und Verwaltungsgeschäften.
(2) Erklärungen, durch die die Gemeinde verpflichtet werden soll, bedürfen der Schriftform. Sie sind vom Hauptverwaltungsbeamten und einem seiner Stellvertreter nach § 56 abzugeben.
(3) Absatz 2 gilt nicht für Geschäfte der laufenden Verwaltung.
(4) Geschäfte, die ein für ein bestimmtes Geschäft oder einen Kreis von Geschäften ausdrücklich Bevollmächtigter abschließt, bedürfen nicht der Form nach Absatz 2, wenn die Vollmacht in dieser Form erteilt worden ist.
(5) Erklärungen, die nicht den Absätzen 2 und 4 entsprechen, sind schwebend unwirksam.

Bremen

Haushaltsordnung der Freien Hansestadt Bremen (Landeshaushaltsordnung – LHO) zuletzt geändert 13.07,2021
§ 55 Öffentliche Ausschreibung
(2) Für das Verfahren beim Abschluss von Verträgen kann der Senator für Finanzen einheitliche Richtlinien aufstellen.

Hamburg

Hamburgische Vergaberichtlinie (HmbVgRL) Stand 7/2024
7.1 Zuschlag (§ 43 UVgO bzw. § 58 VgV)
Der Zuschlag bewirkt den Vertragsschluss (Annahme des Angebots nach den §§ 147 ff. BGB: Der Zuschlag ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung und wird nach § 130 Abs. 1 BGB mit dem Zugang des Vordrucks Zuschlag beim Bieter innerhalb der Bindefrist wirksam). (…) Im Übrigen erfolgt eine Zuschlagsmitteilung an den Bestbieter in Schriftform, per Telefax oder in Textform mithilfe elektronischer Mittel wie folgt:
  • Bei Verhandlungsvergaben bis 100.000 Euro Gesamtauftragswert im elektronischen Bestellwesen der FHH oder anderen elektronischen Bestellanwendungen kann eine Zuschlagsmitteilung durch einfache E-Mail ergehen, aus der die Auftraggeberin (Absenderin) eindeutig hervorgeht (d.h. mindestens Textform nach § 126b BGB). Die haushalts- und kassenrechtlichen Vorgaben bleiben unberührt.
    (…)
Verwaltungs-, Kassen- und Haushaltsrecht
Neben den vergaberechtlichen Vorgaben muss eine Vergabestelle stets auch die geltenden verwaltungs-, kassen- und haushaltsrechtlichen Vorgaben beachten. Im Rahmen dieser Richtlinie wird nur auf zwei für Vergabeverfahren besonders relevante Vorgaben hingewiesen:
Zeichnungsberechtigungen und etwaige Schriftform: Mit der Mitteilung über den Zuschlag entsteht ein privatrechtlicher Vertrag. Ab einem Auftragswert von 20.000 Euro inklusive Umsatzsteuer bedarf es daher der Unterzeichnung zweier zur Vertretung der Freien und Hansestadt Hamburg befugten Personen, vgl. Abschnitt V der Anordnung über die Befugnis zur Vertretung der Freien und Hansestadt Hamburg vom 19. April 2001, zuletzt geändert am 7. September 2021. Bei Verwendung des E-Vergabesystems bedarf es hingegen keiner gesonderten Unterzeichnung (vgl. Hinweise in den Vordrucken Zuschlag und Auftragsschein).

Hessen

Hessische Gemeindeordnung (HGO)
in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. März 2005
§ 71 Vertretung der Gemeinde
(1) Der Gemeindevorstand vertritt die Gemeinde. Erklärungen der Gemeinde werden in seinem Namen durch den Bürgermeister oder dessen allgemeinen Vertreter, innerhalb der einzelnen Arbeitsgebiete durch die dafür eingesetzten Beigeordneten abgegeben. Der Gemeindevorstand kann auch andere Gemeindebedienstete mit der Abgabe von Erklärungen beauftragen.
(2) Erklärungen, durch die die Gemeinde verpflichtet werden soll, bedürfen der Schriftform oder müssen in elektronischer Form mit einer dauerhaft überprüfbaren qualifizierten elektronischen Signatur versehen sein. Sie sind nur rechtsverbindlich, wenn sie vom Bürgermeister oder seinem allgemeinen Vertreter sowie von einem weiteren Mitglied des Gemeindevorstands unterzeichnet sind. Dies gilt nicht für Geschäfte der laufenden Verwaltung, die für die Gemeinde von nicht erheblicher Bedeutung sind, sowie für Erklärungen, die ein für das Geschäft oder für den Kreis von Geschäften ausdrücklich Beauftragter abgibt, wenn die Vollmacht in der Form nach Satz 1 und 2 erteilt ist.
(3) Bei der Vollziehung von Erklärungen sollen Mitglieder des Gemeindevorstands ihre Amtsbezeichnung, die übrigen mit der Abgabe von Erklärungen beauftragten Gemeindebediensteten einen das Auftragsverhältnis kennzeichnenden Zusatz beifügen.

Mecklenburg-Vorpommern

Kommunalverfassung für das Land Mecklenburg-Vorpommern (Kommunalverfassung – KV M-V)
§ 38 Hauptamtlicher Bürgermeister
(6) Erklärungen, durch die die Gemeinde verpflichtet werden soll oder mit denen eine Vollmacht erteilt wird, bedürfen der Schriftform. Sie sind vom Bürgermeister sowie einem seiner Stellvertreter handschriftlich zu unterzeichnen und mit dem Dienstsiegel zu versehen. Die Hauptsatzung kann Wertgrenzen bestimmen, bis zu denen es dieser Formvorschriften ganz oder teilweise nicht bedarf. Satz 2 gilt auch für die Ausfertigung von Urkunden nach beamtenrechtlichen Vorschriften und für den Abschluss von Arbeitsverträgen. Erklärungen, die diesen Formvorschriften nicht genügen, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung durch die Gemeindevertretung. Verträge der Gemeinde mit Mitgliedern der Gemeindevertretung und der Ausschüsse sowie mit dem Bürgermeister und leitenden Bediensteten der Gemeinde bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung durch die Gemeindevertretung. Gleiches gilt für Verträge der Gemeinde mit natürlichen oder juristischen Personen oder Vereinigungen, die durch die in Satz 6 genannten Personen vertreten werden.

§ 173a Elektronische Kommunikation
(1) Für Erklärungen, durch die Gemeinden, Landkreise, Ämter oder Zweckverbände verpflichtet werden, kann die Haupt- oder Verbandssatzung vorsehen, dass neben der Schriftform auch die elektronische Form zulässig ist. In elektronischer Form müssen diese Erklärungen mit einer dauerhaft überprüfbaren qualifizierten Signatur versehen sein. Die handschriftliche Unterzeichnung sowie die Beifügung des Dienstsiegels entfallen.
(2) Für Einwohneranträge, Bürgerbegehren und Bürgerentscheide der Gemeinden und Landkreise findet § 3a des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes keine Anwendung.

Niedersachsen

Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG) vom 17. Dezember 2010, zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 8. Februar 2024.
§ 86 Repräsentative Vertretung, Rechts- und Verwaltungsgeschäfte
(1) Die repräsentative Vertretung der Kommune obliegt der Hauptverwaltungsbeamtin oder dem Hauptverwaltungsbeamten, bei ihrer oder seiner Abwesenheit den ehrenamtlichen Stellvertreterinnen oder Stellvertretern (§ 81 Abs. 2). Sie oder er vertritt die Kommune nach außen in allen Rechts- und Verwaltungsgeschäften sowie in gerichtlichen Verfahren. Die Vertretung der Kommune in Organen und sonstigen Gremien von juristischen Personen und Personenvereinigungen gilt nicht als Vertretung der Kommune im Sinne des Satzes 2.
(2) Soweit Erklärungen, durch die die Kommune verpflichtet werden soll, nicht gerichtlich oder notariell beurkundet werden, sind sie nur dann rechtsverbindlich, wenn sie von der Hauptverwaltungsbeamtin oder dem Hauptverwaltungsbeamten handschriftlich unterzeichnet wurden oder von ihr oder ihm in elektronischer Form mit der dauerhaft überprüfbaren qualifizierten elektronischen Signatur versehen sind.
(3) Wird für ein Geschäft oder eine bestimmte Art von Geschäften eine Bevollmächtigte oder ein Bevollmächtigter bestellt, so gelten für die Bevollmächtigung die Vorschriften für Verpflichtungserklärungen entsprechend. 2Soweit die im Rahmen dieser Vollmachten abgegebenen Erklärungen nicht gerichtlich oder notariell zu beurkunden sind, müssen sie die Schriftform aufweisen oder in elektronischer Form mit einer dauerhaft überprüfbaren qualifizierten elektronischen Signatur versehen sein.
(4) Die Absätze 2 und 3 gelten nicht für Geschäfte der laufenden Verwaltung.
(5) Ist nach Beginn der neuen Wahlperiode der Vertretung das Amt der Hauptverwaltungsbeamtin oder des Hauptverwaltungsbeamten nicht besetzt oder ist sie oder er daran gehindert, das Amt auszuüben, so obliegt die repräsentative Vertretung der Kommune vor der ersten Sitzung der Vertretung der oder dem ältesten der bisherigen Stellvertreterinnen oder Stellvertreter nach § 81 Abs. 2 Satz 1.

Nordrhein-Westfalen

Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Juli 1994 (GV. NRW. S. 666)
Zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 5. März 2024 (GV. NRW. S. 136)
§ 64 Abgabe von Erklärungen
(1) Erklärungen, durch welche die Gemeinde verpflichtet werden soll, bedürfen der Schriftform. Sie sind vom Bürgermeister oder dem allgemeinen Vertreter zu unterzeichnen, soweit nicht dieses Gesetz etwas anderes bestimmt.
(2) Absatz 1 gilt nicht für Geschäfte der laufenden Verwaltung.
(3) Geschäfte, die ein für ein bestimmtes Geschäft oder einen Kreis von Geschäften ausdrücklich Bevollmächtigter abschließt, bedürfen nicht der Form des Absatzes 1, wenn die Vollmacht in der Form dieses Absatzes erteilt ist.
(4) Erklärungen, die nicht den Formvorschriften dieses Gesetzes entsprechen, binden die Gemeinde nicht.

Rheinland-Pfalz

Gemeindeordnung (GemO) in der Fassung vom 31. Januar 1994
§ 49 Verpflichtungserklärungen
(1) Erklärungen, durch die die Gemeinde verpflichtet werden soll, bedürfen der Schriftform. Sie sind nur rechtsverbindlich, wenn sie vom Bürgermeister oder dem zur allgemeinen Vertretung berufenen Beigeordneten oder einem ständigen Vertreter unter Beifügung der Amtsbezeichnung handschriftlich unterzeichnet oder in elektronischer Form mit einer dauerhaft überprüfbaren qualifizierten elektronischen Signatur versehen sind. Wird eine Verpflichtungserklärung gerichtlich oder notariell beurkundet, so braucht die Amtsbezeichnung nicht beigefügt zu werden.
(2) Verpflichtungserklärungen eines Bevollmächtigten sind nur rechtsverbindlich, wenn sie schriftlich abgegeben werden und die Vollmacht in der Form des Absatzes 1 Satz 2 erteilt worden ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für Erklärungen in Geschäften der laufenden Verwaltung, die für die Gemeinde finanziell unerheblich sind.

Saarland

Kommunalselbstverwaltungsgesetz (KSVG) In der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Juni 1997 (Amtsbl. S. 682)
Zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. Dezember 2023 (Amtsbl. I S. 1119)
§ 62 KSVG – Verpflichtungserklärungen
(1) Erklärungen, durch die die Gemeinde verpflichtet werden soll, sowie Erklärungen, durch die die Gemeinde auf Rechte verzichtet, müssen schriftlich oder elektronisch erfolgen. Erklärungen in Schriftform sind nur rechtsverbindlich, wenn sie von der Bürgermeisterin oder vom Bürgermeister oder der allgemeinen Vertreterin oder dem allgemeinen Vertreter unter Beifügung der Amtsbezeichnung und des Dienstsiegels handschriftlich unterzeichnet sind. Erklärungen in elektronischer Form sind nur rechtsverbindlich, wenn sie mit einer dauerhaft überprüfbaren Signatur und dem elektronischen Dienstsiegel versehen sind.
(2) Wird für ein Geschäft oder einen Kreis von Geschäften eine Bevollmächtigte oder ein Bevollmächtigter bestellt, so bedarf die Vollmacht der Form des Absatzes 1. Die im Rahmen dieser Vollmacht abgegebenen Erklärungen müssen schriftlich oder elektronisch erfolgen.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für Erklärungen in den Geschäften der laufenden Verwaltung.

Sachsen

Sächsische Gemeindeordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. März 2018 (SächsGVBl. S. 62), die zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 28. November 2023 (SächsGVBl. S. 870) geändert worden ist
§ 60 Verpflichtungserklärungen
(1) Erklärungen, durch welche die Gemeinde verpflichtet werden soll, bedürfen der Schriftform und sind vom Bürgermeister handschriftlich zu unterzeichnen. Erklärungen nach Satz 1 sind auch in elektronischer Form zulässig, sofern sie mit einer dauerhaft überprüfbaren elektronischen Signatur des Bürgermeisters versehen sind.
(2) Im Falle der Vertretung des Bürgermeisters müssen Erklärungen durch dessen Stellvertreter, den vertretungsberechtigten Beigeordneten oder durch zwei vertretungsberechtigte Bedienstete unterzeichnet werden.
(3) Den Unterschriften soll die Amtsbezeichnung und im Falle des Absatzes 2 ein das Vertretungsverhältnis kennzeichnender Zusatz beigefügt werden.
(4) Die Formvorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für Erklärungen in Geschäften der laufenden Verwaltung oder aufgrund einer in der Form der Absätze 1 bis 3 ausgestellten Vollmacht.

Sachsen-Anhalt

Kommunalverfassungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt
(Kommunalverfassungsgesetz – KVG LSA) vom 17. Juni 2014
§ 73 Verpflichtungsgeschäfte
(1) Erklärungen, durch welche die Kommune verpflichtet werden soll, bedürfen der Schriftform. Sie sind, sofern sie nicht gerichtlich oder notariell beurkundet werden, nur rechtsverbindlich, wenn sie vom Hauptverwaltungsbeamten handschriftlich unterzeichnet wurden oder von ihm in elektronischer Form mit der dauerhaften qualifizierten elektronischen Signatur versehen sind.
(2) Im Fall der Vertretung des Hauptverwaltungsbeamten müssen Erklärungen durch dessen Stellvertreter, den vertretungsberechtigten Beigeordneten oder durch zwei vertretungsberechtigte Beschäftigte handschriftlich unterzeichnet werden oder von ihnen in elektronischer Form mit der dauerhaften qualifizierten elektronischen Signatur versehen sein.
(3) Den Unterschriften soll die Amtsbezeichnung und im Fall des Absatzes 2 ein das Vertretungsverhältnis kennzeichnender Zusatz beigefügt werden.
(4) Die Formvorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für Erklärungen in Geschäften der laufenden Verwaltung oder aufgrund einer in der Form der Absätze 1 bis 3 ausgestellten Vollmacht.

Schleswig-Holstein

Gemeindeordnung für Schleswig-Holstein (Gemeindeordnung – GO -)
in der Fassung vom 28. Februar 2003
§ 51 Gesetzliche Vertretung
(1) Die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister ist gesetzliche Vertreterin oder gesetzlicher Vertreter der Gemeinde.
(2) Erklärungen, durch die die Gemeinde verpflichtet werden soll, bedürfen der Schriftform. Sie sind von der Bürgermeisterin oder vom Bürgermeister, für deren oder dessen Vertretung § 52 a Abs. 1 gilt, handschriftlich zu unterzeichnen.
(3) Wird für ein Geschäft oder für einen Kreis von Geschäften eine Bevollmächtigte oder ein Bevollmächtigter bestellt, so bedarf die Vollmacht der Form des Absatzes 2. Die im Rahmen dieser Vollmacht abgegebenen Erklärungen bedürfen der Schriftform.
(4) Die Absätze 2 und 3 gelten nicht, wenn der Wert der Leistung der Gemeinde einen in der Hauptsatzung bestimmten Betrag nicht übersteigt.

Thüringen

Thüringer Gemeinde- und Landkreisordnung (Thüringer Kommunalordnung – ThürKO -) in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. Januar 2003
§ 31 Vertretung der Gemeinde
(1) Der Bürgermeister vertritt die Gemeinde nach außen.
(2) Erklärungen, durch welche die Gemeinde verpflichtet werden soll, binden sie nur, wenn sie in schriftlicher Form abgegeben werden. Die Erklärungen sind durch den Bürgermeister oder seinen Stellvertreter unter Angabe der Amtsbezeichnung handschriftlich zu unterzeichnen. Sie können aufgrund einer den vorstehenden Erfordernissen entsprechenden Vollmacht auch von Beigeordneten oder Bediensteten der Gemeinde unterzeichnet werden.

III. Hinweise für die Praxis

Die Regelungen in Bayern und Berlin scheinen besonders anwenderfreundlich, da sie klarstellen, dass die Auftragserteilung bei öffentlichen Aufträgen in Textform gem. § 126 b BGB erfolgen kann. In Hamburg findet sich eine entsprechende Sonderregelung für Aufträge, die über eine E-Vergabeplattform abgewickelt werden. Es wäre zu begrüßen, würden weitere Bundesländer diesem Beispiel folgen und die erforderlichen Klarstellungen vornehmen. Letztlich würde dies eine klare Grundlage für die medienbruchfreie digitale Abwicklung von Vergabeverfahren schaffen.
In den meisten anderen Bundesländern mag sich eine praxistaugliche Lösung über die „Geschäfte der laufenden Verwaltung“ anbieten, die das Schriftformerfordernis in vielen Ländern entbehrlich machen. Unter solche werden Routineangelegenheiten gefasst, die für die betreffende Selbstverwaltungskörperschaft sachlich, politisch und insbesondere finanziell nicht von grundsätzlicher Bedeutung sind und die daher im Regelfall von der Verwaltung nach feststehenden Regeln erledigt werden können, ohne dass sich ein Kollegialorgan wie etwa der Rat gesondert befassen muss. Der finanzielle Umfang zur Einordnung eines Geschäfts der laufenden Verwaltung hängt von der Finanzkraft und somit indirekt von der Größe beziehungsweise der Einwohnerzahl der jeweiligen Gebietskörperschaft ab.
Eine andere Variante für Erklärungen ohne Schriftform bilden die etwa in Nordrhein-Westfalen vorgesehenen Bevollmächtigten. Für deren Erklärungen gilt nicht das Schriftformerfordernis, soweit sie für entsprechende Geschäfte im Innenverhältnis schriftlich bevollmächtigt wurden.

IV. Fazit

Jedenfalls bei Geschäften der laufenden Verwaltung steht das kommunale Haushaltsrecht einer medienbruchfreien Vergabe im Regelfall nicht entgegen.
Gleichwohl werden damit, jedenfalls außerhalb von Bayern und Berlin, Aufträge verbleiben, für die aus haushaltsrechtlichen Gründen beim Auftragsschreiben bzw. Zuschlag die Schriftform angezeigt ist.
Organisatorisch muss sich jeder öffentliche Auftraggeber die Frage stellen, ob er für gegebenenfalls sehr wenige Ausnahmen generell alle Aufträge mit der Schriftform versieht oder die Vorteile der vollelektronischen Vergabe bis zum Zuschlag nutzt und nur in Ausnahmefällen ein Auftragsschreiben postalisch mit einer Unterschrift oder elektronisch mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versieht.

Konsequenz bei unvollständiger Referenz

Unvollständige Angaben auf einer Referenz können zum Ausschluss des Angebots führen.
Sachverhalt:
Hinsichtlich der vorzulegenden Referenzen hatte der Auftraggeber verlangt, dass darin Ansprechpartner, Telefonnummer und E-Mail-Adresse des Referenzgebers anzugeben sind. Der Bieter trägt mit Hinweis auf die Datenschutzgrundverordung (DSGVO) vor, dass er diese Angaben nicht angeben kann.
Beschluss:
Der Ausschluss des Bieters war geboten. Die vorgelegte Referenz war unvollständig. In diesem Fall ist das Nachfordern unzulässig. Inhaltliche Abweichungen können nicht nachgefordert werden.
Praxistipp:
Eigenerklärungen müssen richtig und vollständig sein. Ausnahme: Nur (körperlich) fehlende Referenzen können nachgefordert werden.
OLG Dü, Beschl. vom 07.11.2018 – Verg 39/18 „Wärmebildkameras“; vgl.: OLG Dü, Beschl. vom 14.11.2018 – VII-Verg 31/18 „Dolmetscherleistungen“

Anonymisierte Referenzen

Die fehlende Angabe des Auftraggebers bei einer Referenz kann zum Ausschluss führen.
Sachverhalt:
Der Auftraggeber sah in den Teilnahmebedingungen vor, dass die vorzulegenden Referenzen neben der Beschreibung der erbrachten Leistung auch Angaben zum Auftraggeber, Ansprechpartner, das Jahresauftragsvolumen und den Leistungszeitrum beinhalten. Der Bewerber rügt insbesondere die geforderte Angabe zum Auftraggeber als rechtswidrig aufgrund einer besonderen Vertrauensstellung als Berater des Referenzgebers.
Beschluss:
Anonymisierte Beschreibungen des Beratungsumfangs lassen ohne Angabe des Auftraggebers keine Beurteilung zu. Sie sind zentrale Daten für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit. Auch der Datenschutz gem. DSGVO rechtfertigt keine andere Entscheidung, zumal dieser nur gegenüber natürlichen Personen besteht, nicht bei Unternehmen.
Praxistipp:
Auftraggeber sollten immer eine personalisierte Referenz verlangen, Bieter sich solche ausstellen lassen.
VK Bund Beschl. vom 01.06.2023 – VK1-37/23

Konkrete Anforderungen des Auftraggebers in der Ausschreibung müssen immer beachtet werden

Bei präqualifizierten Unternehmen müssen die hinterlegten Nachweise mit den konkreten Anforderungen an die Eignungsnachweise im Bekanntmachungstext abgeglichen werden.
Sachverhalt:
Zur Vergabe von Bauleistungen verwies der Auftraggeber (AG) mit Link in der Bekanntmachung auf zu erbringende Nachweise. Ein Bieter reichte sein Angebot unter Angabe seiner PQ-Nummer ein. Der AG akzeptierte eine im Register PQ-VOB hinterlegte Referenz zur technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit mangels inhaltlicher Vergleichbarkeit nicht.
Da der Bieter damit die geforderte Mindestanzahl der Referenzen nicht nachgewiesen hatte, schloss der AG dieses Angebot aus. Der ausgeschlossene Bieter leitete das Nachprüfungsverfahren gem. §160 GWB, anschließend die sofortige Beschwerde gem. §171 GWB beim OLG Düsseldorf ein.
Beschluss:
Der Ausschluss des Bieters erfolgte zu Recht! Zunächst bestätigt das OLG, dass der AG zur Prüfung der Vergleichbarkeit der im PQ-Register hinterlegten Nachweise verpflichtet ist. Der Bieter ist im Gegenzug zur Prüfung verpflichtet, ob seine hinterlegten PQ-Referenzen für das konkrete Verfahren inhaltlich und von der geforderten Anzahl ausreichen. Kommt der AG zu dem Ergebnis, dass die geforderte Anzahl vergleichbarer Nachweise nicht im PQ-Register hinterlegt ist, darf er dennoch keine weiteren Nachweise vom Bieter nachfordern, dies wäre sogar unzulässig. Der AG musste das Angebot daher ausschließen.
Praxistipp:
Eine Präqualifizierung kann nur dann vor einem Ausschluss schützen, wenn das präqualifizierte Unternehmen regelmäßig seine hinterlegten Nachweise mit den Anforderungen des AG im konkreten Vergabeverfahren abgleicht. Weiterhin sollte nicht nur die Mindestanzahl vergleichbarer Referenzen hinterlegt werden, die der AG üblicherweise verlangt. Das reduziert die Gefahr eines Ausschlusses mangels erforderlicher Anzahl vergleichbarer Referenzen.
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.06.2022 - Verg 19/22
Ihre Ansprechpartnerin:
Brigitta Trutzel, info@absthessen.de, 0611 / 974588-0

Kein Rechtsschutz im Unterschwellenbereich bei Dienstleistungskonzessionen!

Sachverhalt:
Im Rahmen einer Dienstleistungskonzession mit eingeschränkten Teilnahmewettbewerb in Anlehnung an die UVgO wurde das Catering für eine Eventlocation ausgeschrieben. Die vier Bewerber, welche sich am nicht öffentlichen Teilnahmewettbewerb beteiligt hatten, wurden zur Angebotsabgabe aufgefordert. Drei der vier Bewerber gaben ihr Angebot ab. Die drei Bieter wurden über die vom öAG verwendete eVergabeplattform über das Ergebnis der Ausschreibung informiert und der Zuschlag erteilt. Durch den Bieter B, dessen Angebot auf dem 3. Rang lag, wurde gerügt, dass Verstöße gegen den Transparenzgrundsatz sowie § 134 GWB vorlägen. Einen Tag später stellte B einen Antrag bei der Vergabekammer gemäß § 19 TVergG LSA, der sich aus seiner Sicht an einer Verhandlungsvergabe ohne Teilnahmewettbewerb nach UVgO beteiligt habe. Mit dem Nachprüfungsantrag monierte B vor allem weiter das Bewertungsverfahren (Bewertungsmatrix, Punktevergabe). Der öAG wendete diesbezüglich ein, dass es sich um eine Dienstleistungskonzession handele, welche nicht vom Anwendungsbereich des Tariftreue- und Vergabegesetzes des Landes Sachsen-Anhalt erfasst sei. Die UVgO beinhalte ebenfalls keine Konzessionen. Darüber hinaus sei die Einholung eines Primärrechtsschutzverfahrens auch deshalb nicht möglich, weil der Zuschlag bereits erteilt worden sei. Komme die Regelung des § 19 TVergG LSA nicht zur Anwendung, bestehe auch keine Vorabinformations- und Wartepflicht.
Beschluss:
Der Nachprüfungsantrag des B ist unzulässig. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 TVergG LSA gilt das Gesetz für öffentliche Aufträge i.S.d. §§ 103 bis 105 GWB, deren geschätzter Auftragswert die Schwellenwerte nach § 106 Abs. 2 GWB nicht erreicht, so dass grundsätzlich auch Konzessionen in den Anwendungsbereich des Tariftreue- und Vergabegesetzes Sachsen-Anhalt fallen. Die Vergabekammer geht im Ergebnis der Ausschreibung von einer Dienstleistungskonzession aus. Ein Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer können jedoch nur Vergabeverfahren unterzogen werden, die in den Anwendungsbereich einzuhaltender Regularien durch den Gesetz- und Verordnungsgeber fallen. Während die VOB/A in § 23 Abs. 2 für die Vergabe von Baukonzessionen die §§ 1 bis 22 VOB/A für sinngemäß anwendbar erklärt, sieht die UVgO gerade keine entsprechende Anwendungsvorschrift für Dienstleistungskonzessionen vor. Daher ist der Rechtsweg für ein Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer nicht eröffnet.
Ferner gilt auch im Unterschwellenbereich, dass ohne eine rechtzeitige Rüge der Antragsteller mit Einwendungen, die er bis zur Angebotsabgabe hätte, geltend machen können, ausgeschlossen ist.
Praxistipp:
Die Vergabekammer hat hier grundlegend entschieden, dass, auch wenn im § 1 Abs. 1 Satz 1 TVergG LSA der Geltungsbereich für das Gesetz über öffentliche Aufträge i.S.d. §§ 103 bis 105 GWB eröffnet wird, das TVerG LSA im vorliegenden Fall nicht anzuwenden ist. Mangels konkreter Anwendungsvorschrift in der UVgO, ist hinsichtlich der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen kein Nachprüfungsverfahren eröffnet.
3. VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16.09.2024, Az.: 3 VK LSA 25/24
Ihre Ansprechpartnerin:
Andrea Broll, broll@sachsen-anhalt.abst.de; 0391 – 62 30 446

Viel Austausch und praxisnahe Einblicke beim 3. Vergaberechtstag MV

Am 19. September 2024 fand in Rostock der 3. Vergaberechtstag Mecklenburg-Vorpommern statt. Zahlreiche Experten und Anwender aus den Bereichen Recht, Verwaltung und Wirtschaft kamen zusammen, um sich über die neuesten Entwicklungen im Vergaberecht auszutauschen. Die Veranstaltung bot eine Plattform für angeregte Diskussionen und den Ausbau wertvoller Netzwerke.
Aktuelle Themen und Herausforderungen
Besondere Aufmerksamkeit wurde den rechtlichen Neuerungen gewidmet, die für öffentliche Auftraggeber und Unternehmen im Bereich der öffentlichen Ausschreibungen von Bedeutung sind. Die Expertinnen und Experten betonten die Notwendigkeit, Vergabeverfahren effizienter und transparenter zu gestalten, um sowohl die Rechtssicherheit als auch den Wettbewerb zu fördern.

Fachkundige und praxisnahe Vorträge
Der 3. Vergaberechtstag MV bot den Teilnehmerinnen und Teilnehmern eine spannende und aktuelle Auseinandersetzung mit den neuesten Entwicklungen im Vergaberecht. Hochkarätige Referenten gewährten praxisnahe Einblicke in unterschiedliche Themenbereiche:
  • Richter am OLG Hauke Schäfer beleuchtete die aktuelle Rechtsprechung des Vergabesenats am OLG Rostock.
  • Daniel Zielke, Direktor für strategische Partnerschaften bei OpenTalk GmbH, stellte die Frage, ob Open Source, digitale Souveränität und Vergabe vereinbar sind, und lieferte wertvolle Einblicke in dieses zukunftsweisende Thema.
  • Rechtsanwältin Prof. Dr. Susanne Mertens behandelte die Risiken und Nebenwirkungen von Aufhebung und Rückversetzung in Vergabeverfahren.
  • Rechtsanwalt Norbert Dippel bot einen umfassenden Überblick über die neueren Entwicklungen in der Rechtsprechung, mit besonderem Fokus auf die E-Vergabe.
  • Rechtsanwalt Alik Dörn widmete sich den Dos and Don’ts bei Referenzen & Co. auf Basis der aktuellen Rechtsprechung.
  • Rechtsanwalt Fritz Stöcklein thematisierte die Herausforderungen und Möglichkeiten von Interimsvergaben.
Die Vorträge trugen wesentlich zum Austausch bei und boten den Teilnehmern wertvolle Impulse für ihre tägliche Arbeit im Bereich des Vergaberechts.
Stimmen aus der Praxis
In den Interviews mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern wurde deutlich, wie wichtig der Vergaberechtstag als Austauschplattform für Fachleute ist.
„Eine Veranstaltung wie den Vergaberechtstag finde ich wichtig. Hier kommen Menschen aus unterschiedlichen Vergabestellen zusammen. Da hatte jemand vielleicht „mein Problem“ erst vor drei Wochen. Und im Netzwerken und im Gespräch habe ich dann schon eine Lösung, die ich mit nach Hause nehmen kann. Dann hat sich der Tag doppelt gelohnt.“, so Frau Prof. Dr. Susanne Mertens.
„Ich bin sehr froh hier sein zu können, weil ich bis jetzt sehr viele Impulse bekommen habe, die für meine Arbeit beim Bauverband unerlässlich sind und mich einfach wirklich gut auf den aktuellen Stand bringen“, so Frau Ramona Leutschaft.
Fazit und Ausblick
Der 3. Vergaberechtstag Mecklenburg-Vorpommern war erneut ein voller Erfolg und hat deutlich gemacht, dass der Austausch zwischen Theorie und Praxis entscheidend für die Weiterentwicklung des Vergaberechts ist. Die Veranstaltung bot den Teilnehmern nicht nur wertvolle Einblicke in aktuelle rechtliche Entwicklungen, sondern auch praktische Lösungsansätze, die sie in ihrer täglichen Arbeit unterstützen können.
Mit Blick auf die kommenden Jahre wird deutlich, dass das Vergaberecht vor allem in den Bereichen Nachhaltigkeit und Digitalisierung weiterhin im Wandel steht. Der Vergaberechtstag bleibt somit ein wichtiger Termin im Kalender aller, die in diesem Bereich tätig sind.
Save the Date
Wir freuen uns, Ihnen bereits heute den Termin für den 4. Vergaberechtstag Mecklenburg-Vorpommern ankündigen zu können:

📅 30. September 2025 📍Hotel Sonne, Rostock
Bitte merken Sie sich dieses Datum bereits vor. Weitere Informationen und die offizielle Einladung folgen.
Wir freuen uns darauf, Sie auch im nächsten Jahr wieder begrüßen zu dürfen!
Das Seminar findet online statt!
Referent: Dipl.-Verwaltungswirt Hans-Peter Müller
Teilnahmeentgelt: 190,,00 € für Mitgliedsunternehmen/Büros/Vergabestellen

13. November und 10. Dezember 2024: Die Vergabe von Rahmenvereinbarungen und die Vergabe von IT-Leistungen ­ Zwei Themenkomplexe. Praxisrelevante Themen der aktuellen Rechtsprechung für Auftraggeber und Bieter, die ihr Wissen vertiefen wollen

Das Seminar wird empfohlen für Teilnehmer mit Praxiserfahrung und geht zum Thema Rahmenvereinbarungen übergreifend auf die Vergabeverfahren sowie die Angebotserstellung ein. Das Thema Vergabe von IT-Leistungen hat zum Ziel, Auftraggebern und Bietern ein differenziertes Wissen zu ausgewählten Themenkomplexen anhand neuester Entscheidungen der Vergabekammern und Gerichte zu vermitteln.
Auftraggeber erfahren, welche Kardinalfehler im Verfahren unbedingt zu vermeiden sind und unter welchen Voraussetzungen ein fehlerhaftes Verfahren wieder rechtskonform fortzusetzen ist. Den Bietern werden Strategien erläutert, wie sie alle nötigen Informationen zur Angebotsabgabe erhalten und einen Angebotsausschluss vermeiden können. Bei beiden Themenschwerpunkten wird auf Unterschiede zwischen EU-Verfahren und Verfahren nach nationalem Vergaberecht eingegangen.
Bringen Sie Ihre Praxiserfahrungen und -probleme in die Diskussion ein. Das Seminar strebt einen Austausch zu allen angesprochenen Fragen zwischen Unternehmen, Auftraggebern und Referenten an.
auf der Internetseite der Abst Hessen finden Sie weitere Infos zum Seminarinhalt und können sich direkt online anmelden
Termin 1: 13. November 2024, 9:00 - 13:30 Uhr Das Seminar findet online statt!
Termin 2: 10. Dezember 2024, 9:00 - 13:30 Uhr Das Seminar findet online statt!
Referenten: Dipl.-Verwaltungswirt Hans-Peter Müller
RA Dr. Andreas Ziegler, Partner der Kanzlei Kunz Rechtsanwälte
Teilnahmeentgelt: 190,00 € für Mitgliedsunternehmen/Büros/Vergabestellen

1. Vergabekonferenz Cottbus für Unternehmen am 14. November 2024

Cottbus ist der Hotspot des Lausitzer Wandels – binnen weniger Jahre fließen Milliardeninvestitionen in neue Infrastruktur und unzählige Projekte. Davon soll insbesondere die lokale Wirtschaft profitieren.
Die kommunalen Wirtschaftsförderung EGC Cottbus veranstaltet daher in Zusammenarbeit mit der IHK Cottbus und der HWK Cottbus sowie der Wirtschaftsförderung des Landes Brandenburg die 1. Vergabekonferenz Cottbus.
Auf dieser geben die Stadt Cottbus und ihre Tochtergesellschaften einen Ausblick über für das Jahr 2025 geplante Ausschreibungen – sowohl für Bauleistungen als auch für Liefer- und Dienstleistungen. Auch die Auftragsberatungsstelle Brandenburg wird dort vertreten sein.
Die 1. Vergabekonferenz findet statt am 14.11.2024, von 9:00 bis 13:00 Uhr im Cottbuser Gründungszentrum Startblock B2 (Siemens-Halske-Ring 2, 03046 Cottbus).
Die Zahl der Teilnehmer ist aus Kapazitätsgründen auf 200 für Bauleistungen und auf 80 für Liefer- und Dienstleistungen begrenzt. Eine Anmeldung ist bis zum 05.11.2024 möglich.
Weitere Informationen – auch zur Anmeldung – erhalten Sie auf der Internetseite der Wirtschaftsförderung Cottbus.

21. Symposium für Vergaberecht am Mittwoch, 4. Dezember 2024

Seminarort: IHK Region Stuttgart
Termin: 4. Dezember 2024, 10:30 Uhr bis 17:00 Uhr
Referent/in: verschiedene
Teilnahmeentgelt: kostenfrei
Anmeldung/ 21. Symposium für Vergaberecht - IHK Region Stuttgart
Informationen
Der Wunsch nach einer Vereinfachung, Professionalisierung, Digitalisierung und Beschleunigung bei gleichzeitiger sozialer, ökologischer und innovativer Ausrichtung des Vergaberechts führt derzeit auf Bundes- und Landesebene zu einer permanenten Weiterentwicklung des Vergaberechts. Wer hier am Ball bleiben will, muss Schritt halten und sich regelmäßig informieren.
Dazu will die IHK-Auftragsberatungsstelle Baden-Württemberg mit freundlicher Unterstützung des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg praxisorientierte Fortbildungsinhalte bieten.
Bei unserem 21. Symposium für Vergaberecht – zudem wir Sie herzlich einladen möchten – erhalten Sie einen Überblick zu den vorgesehenen Weiterentwicklungen des Vergaberechts durch den Bund und durch das Land Baden-Württemberg. Darüber hinaus bietet die Veranstaltung den öffentlichen Auftraggebern und Bieterunternehmen gleichermaßen aktuelle Expertentipps und wichtige Impulse zum Vergabeverfahren.
Nicht zuletzt besteht die Möglichkeit zum gemeinsamen Austausch und Networking in angenehmer Atmosphäre.
Wir würden uns freuen, wenn Sie dabei sind!