Investitionen in China
Arbeitsrecht in China
Das chinesische Arbeitsrecht im Überblick
Wer in China unternehmerisch tätig wird, muss sich bei der Beschäftigung von Mitarbeitern mit dem chinesischen Arbeitsrecht auseinandersetzen. China hat sich durch zahlreiche politische Maßnahmen längst von der „Werkbank der Welt“ fortentwickelt. Dennoch wird von Arbeitgebern oftmals unterschätzt, dass in diesem Zusammenhang auch das chinesische Arbeitsrecht durch grundlegende Reformen arbeitnehmerfreundliche Tendenzen aufweist. So hat das chinesische Arbeitsvertragsgesetz den Hauptzweck, den Schutz der Arbeitnehmer zu verbessern.
Bereits bei der Neueinstellung von Mitarbeitern in China sollten deshalb die arbeitsrechtlichen Vorschriften sowie Gestaltungsmöglichkeiten bekannt sein, um später mühsame und kostspielige Arbeitsrechtsstreitigkeiten zu vermeiden.
Bei der Einstellung ausländischer Mitarbeiter sind dabei stets die das chinesische Arbeitsrecht ergänzenden oder abändernden Vorschriften zu beachten. Zudem benötigt der ausländische Mitarbeiter eine Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis, sodass dessen Einsatz im Voraus gut geplant werden muss.
In diesem Artikel möchten wir einen Überblick über die wichtigsten arbeitsrechtlichen Aspekte für die Einstellung eines Mitarbeiters in China geben.
Einstellung von Ausländern
Ausländer benötigen für ihre Tätigkeit in China grundsätzlich eine Arbeitsgenehmigung.
Für die Erlangung einer solchen muss zunächst der Arbeitgeber eine Vorgenehmigung (Alien Employment Licence) bei einer lokalen Behörde des Ministry of Human Resources and Social Security einholen, damit der Mitarbeiter ein sog. Z-Visum bei einer chinesischen Auslandsvertretung ausgestellt erhält. Nach seiner Einreise kann der Arbeitnehmer vor Ort eine Arbeitserlaubnis (Work Permit) sowie einen sich darauf beziehenden Aufenthaltstitel beantragen.
Seit April 2017 ist eine einheitliche Behörde für die Erlangung der Arbeitserlaubnis zuständig. Es dreht sich dabei um ein Punktesystem, welches die Antragssteller in Kategorien einordnet und sich auf die Bearbeitungsmodalitäten auswirkt. So unterliegen beispielsweise Anträge, die in die Kategorie A („Top talent“) fallen, geringeren Beschränkungen als solche der Kategorien B („Professional talent“) oder C („unskilled worker or in the service industry“).
Bei einem Arbeitsaufenthalt von weniger als drei Monaten kann der Arbeitnehmer mit einem F-Visum („Geschäftsvisum“) einreisen. Eine Arbeitserlaubnis kann damit aber grundsätzlich nicht beantragt werden. Wer voraussichtlich über drei Monate in China beschäftigt werden soll, benötigt eine Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis.
Arbeitsvertrag
Sowohl für chinesische als auch für ausländische Arbeitnehmer gilt, dass der Arbeitsvertrag dem chinesischen Arbeitsrecht entsprechen muss.
Demnach muss der Arbeitsvertrag innerhalb eines Monats nach Beschäftigungsaufnahme schriftlich abgeschlossen werden. Bei Verstoß gegen das Schriftformerfordernis hat der Arbeitnehmer ab dem zweiten Monat bis zum Zeitpunkt des schriftlichen Vertragsabschlusses - maximal bis zum Ende des ersten Arbeitsjahres - einen Anspruch auf doppelte Gehaltszahlung. Anschließend besteht ein Anspruch auf Abschluss eines schriftlichen unbefristeten Vertrags.
Im Arbeitsvertrag sind die wesentlichen Vertragsinhalte aufzunehmen. Nach dem chinesischen Arbeitsgesetz sind dies u.a.:
- Bezeichnung, Sitz und gesetzlicher Vertreter oder Hauptverantwortlicher des Arbeitgebers
- Name und Adresse des Mitarbeiters sowie die Nummer seines Personalausweises oder eines anderen gültigen Nachweises seiner Identität
- Vertragsdauer
- Tätigkeit und Arbeitsort
- Arbeits-, Ruhe- und Urlaubszeiten
- Lohn
- Sozialversicherung.
Für die Wirksamkeit des Vertrages muss die Vertragssprache zumindest auch Chinesisch sein.
Befristung
Das Arbeitsverhältnis kann durch den Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags oder eines Vertrags über die Fertigstellung eines Projekts zeitlich begrenzt werden.
Nach chinesischem Recht darf das Arbeitsverhältnis nur zweimal hintereinander befristet werden, d.h. die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses ist nur einmal möglich. Soll der Arbeitnehmer danach weiterbeschäftigt werden, hat er einen Anspruch auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags.
Ein befristeter Arbeitsvertrag mit einem ausländischen Arbeitnehmer darf nicht für einen längeren Zeitraum als fünf Jahre abgeschlossen werden (“Verwaltungsvorschriften über die Beschäftigung von Ausländern”). Die Verlängerung des befristeten Vertrags und der Arbeitserlaubnis ist spätestens 30 Tage vor Vertragsablauf vorzunehmen.
In der chinesischen Praxis werden Arbeitsverträge für maximal 3 Jahre ausgestellt; unbefristete Arbeitsverträge sind aber auch nicht unüblich – insbesondere bei sogenannten lokalen Verträgen. Vermeiden Sie es unbedingt, eine Verlängerung des befristeten Arbeitsvertrags zu “vergessen”, der Arbeitnehmer hat nämlich für den "vertraglosen" Zeitraum Anspruch auf das doppelte Gehalt.
Probezeit
Im Arbeitsvertrag kann eine einmalige Probezeit vereinbart werden. Die Dauer der Probezeit hängt von der Vertragslaufzeit ab. Bei einer Vertragslaufzeit von drei Monaten bis zu einem Jahr darf die Probezeit maximal einen Monat betragen. Wird ein Arbeitsvertrag auf unbestimmte Dauer abgeschlossen, darf die Probezeit maximal sechs Monate andauern.
Erweist sich der Mitarbeiter als ungeeignet für die Stelle und soll ihm deshalb gekündigt werden, gilt ein abgeschwächter Kündigungsschutz. Der Arbeitgeber muss jedoch die sachlichen Gründe bzgl. der Ungeeignetheit des Mitarbeiters darlegen und nachweisen können.
Arbeitszeit
Die Regelarbeitszeit beträgt in China 8 Stunden am Tag und 40 Stunden pro Woche. Dabei sind maximal 3 Überstunden pro Arbeitstag erlaubt. Insgesamt dürfen nicht mehr als 36 Überstunden pro Monat anfallen. Am Wochenende darf grundsätzlich gearbeitet werden. Der Arbeitgeber muss allerdings sicherstellen, dass der Arbeitnehmer mindestens einen Ruhetag pro Woche hat.
Alle Überstunden sind durch entgeltliche Zahlung oder Ausgleichstage abzugelten. Die Überstundenvergütung beträgt werktags 150%, an Wochenenden 200% und an gesetzlichen Feiertagen 300% des regelmäßigen Arbeitsentgelts.
In Ausnahmefällen kann aus betrieblichen Gründen für bestimmte Branchen oder Personengruppen im Arbeitsvertrag eine flexible oder gemischte Arbeitszeit vereinbart werden. Solche Ausnahmefälle liegen z.B. bei Führungspositionen im Management oder bei Fahrern und Vertriebsmitarbeitern im Außendienst vor. Die Vereinbarung der flexiblen Arbeitszeit bedarf jedoch der Genehmigung durch die zuständige Arbeitsbehörde. Diese Genehmigungsverfahren sind von Region zu Region unterschiedlich.
Die in der Tech-Branche in einzelnen Betrieben praktizierte “9/9/6”-Überstundenpraxis (Arbeit von 9 Uhr morgens bis 9 Uhr abends an sechs Tagen pro Woche, womit Beschäftigte auf 72 Wochenarbeitsstunden kommen) wurde im August 2021 vom Volksgerichtshof als Verstoß gegen das chinesische Arbeitsrecht eingestuft und ist somit nicht mehr zulässig.
Mindestlohn
In China besteht ein Mindestlohn, welcher sich je nach Provinz hinsichtlich seiner Höhe unterscheidet. Die Tendenz für die Mindestlöhne ist seit den vergangenen Jahren steigend. Aktuell gilt z.B. für Shanghai ein Mindeststundenlohn von 22 RMB/Stunde und 2480 RMB/Monat; für Beijing ein Mindeststundenlohn von 24 RMB/Stunde und 2200 RMB/Monat.
Urlaub
Seit 2008 gibt es eine gesetzliche Regelung zum Urlaubsrecht. Diese sieht vor, dass Arbeitnehmer, die kontinuierlich zwischen einem und 10 Jahren gearbeitet haben (egal bei welchem Arbeitgeber), Anspruch auf fünf bezahlte Urlaubstage pro Jahr haben (vorausgesetzt, dass das Arbeitsverhältnis mit dem gegenwärtigen Arbeitgeber mindestens ein Jahr besteht). Der Urlaubsanspruch erhöht sich nach zehn Arbeitsjahren auf 10 Tage und auf 15 Tage nach 20 Jahren ununterbrochener Beschäftigung.
Davon unbesehen ist natürlich eine günstigere Regelung im konkreten Arbeitsvertrag.
Sozialversicherung
Arbeitnehmer sind in China sozialversicherungspflichtig, wenn sie ihrer tatsächlichen Beschäftigung in China nachgehen.
Dies gilt seit 2011 auch für ausländische Arbeitnehmer. Die Umsetzung der entsprechenden nationalen Regelung auf lokaler Ebene sowie die Beitragssatzhöhe unterscheiden sich landesweit, sodass man sich bei der jeweils zuständigen Behörde über die örtlichen Durchführungsvorschriften erkundigen sollte.
Die Sozialversicherung in China besteht grundsätzlich aus Renten-, Arbeitslosen-, Berufsunfall-, Kranken- und Mutterschaftsversicherung. Die Beiträge werden bei der Gehaltszahlung vom Arbeitgeber einbehalten und an die jeweiligen Kassen abgeführt.
Zu beachten ist, dass in China ein gesetzliches Renteneintrittsalter von 60 Jahren gilt. Mit Erreichen der Altersgrenze ist eine Beschäftigung als Angestellter grundsätzlich nicht mehr möglich. Bereits bestehende Arbeitsverträge werden mit Erreichen des Renteneintrittsalters von Gesetzes wegen beendet. Auf Antrag bei den lokalen Verwaltungsbehörden erlauben gewisse Regionen, beispielsweise Shanghai, jedoch eine Beschäftigung auch nach dieser Altersgrenze.
Durch das bereits 1985 zwischen Deutschland und China abgeschlossenen Sozialversicherungsabkommen besteht für deutsche Mitarbeiter die Möglichkeit, während ihres Auslandsaufenthalts im deutschen Sozialversicherungssystem zu bleiben. Allerdings werden hiervon nur die Renten- und Arbeitslosenversicherung umfasst, sodass die anderen Zweige der Sozialversicherung in China in jedem Fall noch bedient werden müssen.
Eine Weiterversicherung in Deutschland erfolgt bei einer Arbeitnehmerentsendung (s.u.) automatisch, soweit die Entsendung maximal 48 Monate dauert und ein Entsendungsvertrag vorliegt. Andernfalls ist eine Ausnahmevereinbarung mit dem Sozialversicherungsträger in Deutschland notwendig. Der Arbeitnehmer muss hierfür einen Antrag beim GKV-Spitzenverband stellen und sein berechtigtes Interesse an der Weitergeltung der deutschen Rechtsvorschriften darlegen.
Einkommensteuer
In China erzieltes Einkommen, dessen wirtschaftlicher Kostenträger ein chinesisches Unternehmen ist, unterliegt grundsätzlich der chinesischen Einkommensteuerpflicht.
Ausnahmen ergeben sich aber z.B. aus dem zwischen Deutschland und China existierenden Doppelbesteuerungsabkommen (DBA). Das neue DBA ist ab 1. Januar 2017 in Kraft getreten. Dieses sieht für einen nach China entsandten Arbeitnehmer die Befreiung von der Einkommensteuerpflicht vor, wenn sich dieser nicht länger als 183 Tage innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten in China aufhält und das Gehalt weiterhin aus Deutschland bezogen wird.
Andererseits sind ausländische Arbeitnehmer, die länger als fünf Jahre in China leben, unbeschränkt steuerpflichtig und müssen ihr Welteinkommen in China versteuern.
Wie in Deutschland ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Einkommensteuer vom Bruttogehalt einzubehalten und abzuführen.
Für das Einkommen aus nicht-selbstständiger Arbeit gelten dabei die folgenden Steuersätze:
Monatliches steuerpflichtiges Einkommen in RMB*
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Steuersatz in %
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0 - 1.500
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3
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1.501 – 4.500
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10
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4.501 – 9.000
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20
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9.001 – 35.000
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25
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35.001 – 55.000
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30
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55.001 – 80.000
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35
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über 80.000
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45
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* Monatliches steuerpflichtiges Einkommen sind die monatlichen Bruttoeinkünfte abzüglich eines Freibetrags von 3.500 RMB sowie des Arbeitnehmeranteils an der Sozialversicherung. Für ausländische Arbeitnehmer besteht ein zusätzlicher monatlicher Freibetrag i.H.v. 1.300 RMB.
Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Liegt ein erster befristeter Arbeitsvertrag vor, so hat der Arbeitgeber das Recht, den Vertrag nach Ablauf nicht zu erneuern und damit das Arbeitsverhältnis zu beenden. Dem Arbeitnehmer steht dann die Zahlung einer Abfindung zu.
Bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch einseitige Kündigung, sind gesetzliche Vorgaben und Fristen einzuhalten.
Für jede Kündigung seitens des Arbeitgebers verlangt das chinesische Arbeitsrecht das Vorliegen eines bestimmten gesetzlichen Kündigungsgrunds. Zudem gibt es grundsätzlich eine Kündigungsfrist von 30 Tagen.
Im Falle, dass einer der nachstehenden Gründe vorliegt, kann der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag kündigen, wenn er dies dem Arbeitnehmer 30 Tage vorher schriftlich mitteilt oder ihm einen zusätzlichen Monatslohn bezahlt.
Gründe für die fristgerechte Kündigung:
- Der Arbeitnehmer erkrankt oder erleidet durch einen nicht mit seiner Berufsausübung in Zusammenhang stehenden Unfall Verletzungen und ist nach der vorgeschriebenen Behandlungszeit dadurch nicht in der Lage, seine ursprüngliche oder eine andere Tätigkeit beim Arbeitgeber auszuüben.
- Selbst nach Schulung oder Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes bewältigt der Arbeitnehmer seine Arbeit nicht und wird als inkompetent eingestuft.
- Der Arbeitsvertrag kann nicht erfüllt werden, weil sich die dem Vertragsschluss zugrunde liegenden objektiven Bedingungen grundlegend verändert haben und auch keine Vertragsänderung erzielt werden kann.
- Es finden wesentliche Änderungen bzgl. des Geschäftsbetriebs des Arbeitgebers statt (Bsp. Umstrukturierung).
Eine Kündigung wegen Minderleistung ist für Arbeitgeber an kaum zu erbringende Beweispflichten geknüpft. Daher ist es einerseits wichtig, schon im Arbeitsvertrag und Mitarbeiterhandbuch klare Vorgaben zu Arbeitsdisziplin, Disziplinarmaßnahmen und Kündigungsgründen aufzuführen.
Der entlassene Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf eine Abfindungszahlung. Diese muss nur dann nicht gezahlt werden, wenn eine Kündigung durch den Arbeitnehmer vorliegt und wenn diese Kündigung ohne “Verschulden” des Arbeitgebers ausgesprochen wurde. In der Praxis wird hier eine Einzelfallbetrachtung vorgenommen und geprüft, ob die Kündigung in der Sphäre des Arbeitgebers zu verorten ist. Eine im branchenvergleich zu niedrige Entlohnung kann beispielsweise als “Verschulden” gewertet werden. Im Grundsatz gilt, dass das chinesische Arbeitsrecht recht arbeitnehmerfreundlich gestaltet ist und im Zweifelswahl von einem Verschulden des Arbeitgebers ausgegangen wird. Wenn Sie sich auf eine Versagung der Abfindung berufen möchte, sollten Sie also ausgesprochen substantiierten Sachvortrag liefern können.
Zudem listet das Arbeitsvertragsgesetz folgende zulässige Situationen für eine fristlose Kündigung auf:
- In der Probezeit wird nachgewiesen, dass der Arbeitnehmer nicht den Einstellungsvoraussetzungen entspricht.
- Der Arbeitnehmer verstößt in erheblichem Maße gegen betriebsinterne Regelungen
- Der Arbeitnehmer hat seine Aufgaben erheblich vernachlässigt oder sich unredlich Vorteile verschafft und damit den Interessen des Arbeitgebers substantiell geschadet.
- Der Arbeitnehmer hat ein weiteres Arbeitsverhältnis mit einem anderen Arbeitgeber aufgenommen, welches seine Tätigkeitsausübung beim ursprünglichen Arbeitgeber beeinträchtigt und er weigert sich, dies auf Verlangen zu korrigieren.
- Der Arbeitnehmer hat sich strafbar gemacht.
Bei der fristlosen Kündigung hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf eine Abfindungszahlung.
Bei gesetzwidriger Kündigung hat der Arbeitnehmer ein Wahlrecht zwischen der Klage auf Wiedereinstellung oder auf die verdoppelte gesetzliche Abfindung. Überdies kann der Arbeitnehmer Gehaltszahlungen für den Zeitraum, in denen er keiner Beschäftigung nachgehen kann, einfordern.
Für eine Kündigung seitens des Arbeitnehmers gilt: Der Arbeitnehmer darf grundlos mit einer Frist von 30 Tagen kündigen. Eine anderweitige Vereinbarung im Arbeitsvertrag, welche den Arbeitnehmer durch längere Kündigungsfristen benachteiligt, ist unwirksam. Zu beachten ist dies insbesondere, wenn eine dreimonatige Kündigungsfrist aus einem deutschen Vertrag übernommen wird. Erfolgt eine Arbeitnehmerkündigung während der Probezeit, gilt eine Kündigungsfrist von drei Tagen.
Vorzugswürdig ist die Auflösung des Arbeitsvertrags durch Aufhebungsvereinbarung. Das Einvernehmen des Arbeitnehmers wird in der Regel durch eine Abfindung erwirkt. Die Parteien können die Höhe der Abfindung, den Zeitpunkt der Freistellung sowie sonstige Details aushandeln. Um die Anerkennung der Abfindung durch die chinesischen Gerichte sicherzustellen, empfiehlt es sich, die Abfindungszahlung bereits im Arbeitsvertrag festzulegen. Die Höhe der vereinbarten Abfindungszahlung sollte sich zwischen der gesetzlichen Mindestabfindung und der gesetzlichen Höchstgrenze befinden.
Berechnung der Abfindung
Die Höhe der Abfindungszahlung ist von der Länge der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers abhängig. Für jedes vollendete Beschäftigungsjahr ist ein monatlicher Arbeitslohn zu bezahlen. Bei einer Beschäftigungsdauer von länger als sechs Monaten, aber weniger als einem Jahr, wird auf ein volles Jahr als Berechnungsgrundlage gerundet. Bei einer Beschäftigungsdauer unter sechs Monaten, beträgt die Abfindung ein halbes Monatsgehalt. Hat also ein Arbeitnehmer beispielsweise für fünf Jahre bei einem Arbeitgeber gearbeitet, so hat er einen Anspruch auf eine Abfindungszahlung i.H.v. fünf Monatsgehältern.
Berechnungsgrundlage für die Abfindungszahlung ist der Durchschnittslohn des Arbeitnehmers während der letzten 12 Monate. Die Abfindung darf aber max. 300% des lokalen durchschnittlichen Monatsgehalts betragen. Dies betrifft insbesondere überdurchschnittlich gut verdienende Arbeitnehmer. Zudem darf die Abfindung eine Berechnungsgrundlage von 12 Jahren nicht überschreiten.
Entsendung
Will ein deutscher Arbeitgeber einen Mitarbeiter nur vorübergehend bei einem verbundenen chinesischen Unternehmen (z.B. chinesische Tochtergesellschaft) beschäftigen, kommt anstelle des Abschlusses eines lokalen chinesischen Arbeitsvertrages die Entsendung in Betracht.
Eine Entsendung liegt vor, wenn sich der Arbeitnehmer auf Weisung des deutschen Arbeitgebers für eine festgelegte, vorübergehende Dauer vom Inland ins Ausland begibt, um dort eine Beschäftigung für diesen Arbeitgeber auszuüben. Dabei muss der Arbeitsvertrag mit dem entsendenden Unternehmen bestehen bleiben bzw. durch einen Entsendungsvertrag die Modalitäten wie Dauer der Entsendung, Einsatzbereich, sozial- und steuerrechtliche Fragen geregelt werden.
Der entsandte Mitarbeiter wird faktisch zwar für das chinesische Unternehmen tätig, jedoch nicht als dessen Arbeitnehmer. Entsprechend ist zu vermeiden, dass Dokumente vom chinesischen Unternehmen an den deutschen Arbeitnehmer ausgestellt werden, die als Nachweis für die Begründung eines Arbeitsverhältnisses herangezogen werden könnten. Im Streitfall könnte dies ein fiktives Arbeitsverhältnis begründen und mangels formgerechten Arbeitsvertrages unter Umständen zu einer Vertragsstrafe in Höhe eines doppelten Gehalts führen.
Hinsichtlich der Sozialversicherung und steuerrechtlichen Aspekten gelten Sondervorschriften. Von besonderer Relevanz ist zum einen das deutsch-chinesische Sozialversicherungsabkommen. Auf Antrag kann der Arbeitnehmer bezüglich der Arbeitslosen- und Rentenversicherung von der chinesischen Beitragspflicht freigestellt werden. Des Weiteren ermöglicht das zwischen Deutschland und China existierende Doppelbesteuerungsabkommen die Befreiung von der Einkommenssteuerpflicht, wenn sich der ausländische Arbeitnehmer nicht länger als 183 Tage in China aufhält und das Gehalt weiterhin aus Deutschland bezogen wird.
Rechtslage in Zeiten des Coronavirus
Aufgrund von Betriebsschließungen, dem Fernbleiben von Arbeitnehmern, Umsatz- und Produktionsrückgängen sowie der allgemein schwierigen wirtschaftlichen Lage stellt sich für viele Unternehmen die Frage, ob Lohnkürzungen oder gar die Kündigung von Mitarbeitern möglich ist.
In einer behördlichen Bekanntmachung hat das chinesische Arbeitsministerium bereits im Januar 2020 klargestellt, dass aufgrund des Coronavirus grundsätzlich keine Sonderregelungen gelten. An Lohnkürzungen und (Änderungs-)kündigungen sind immernoch die gleichen Voraussetzungen zu stellen wie vor dem Ausbrauch der Pandemie. Nur im Falle einer kompletten Stilllegung des Betriebs kann ein Unternehmen einseitig (nach Ende des Gehaltszyklus) Lohnkürzungen vornehmen, wobei die Frage, ob ein solcher Fall vorliegt, sorgfältig geprüft werden muss.
Um arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden, empfiehlt es sich Maßnahmen wie Lohnkürzungen, Kurzarbeit und Freistellungen wenn möglich im direkten Einvernehmen mit der Belegschaft zu treffen.