China
Große Novelle des Gesellschaftsgesetzes der VR China
Am 29. Dezember 2023 hat der Ständige Ausschuss des Nationalen Volkskongresses der Volksrepublik China („VR China” oder „China”), zwei Jahre nach der Veröffentlichung des ersten Entwurfs zur Änderung und nach vier Lesungen, das novellierte Gesellschaftsgesetz der Volksrepublik China („GesellschaftsG”) verabschiedet.
Das 1993 erlassene und nun zum sechsten Mal überarbeitete GesellschaftsG wird in seiner aktuellen Fassung am 1. Juli 2024 in Kraft treten.
Im Vergleich zum 218 Artikel umfassenden Gesellschaftsgesetz von 2018, enthält das novellierte GesellschaftsG nun 266 Artikel, wobei mehr als 100 Artikel hinzugefügt oder geändert wurden. Es handelt sich hierbei um die erste größere Überarbeitung des Gesellschaftsgesetzes seit 2005, wobei einige der Änderungen eine Kodifizierung der bereits bestehenden Regelungen in der gerichtlichen und behördlichen Praxis darstellen. Die Neuerungen im GesellschaftsG betreffen alle Gesellschaften in China, einschließlich Tochtergesellschaften ausländischer Unternehmen. Das GesellschaftsG sieht, bis auf die in Art. 266 geregelte Übergangsregelung, selbst keine Übergangsfristen für die Umsetzung der neuen Vorschriften vor. Damit müssen Unternehmen grundsätzlich ab dem 1. Juli 2024 alle Änderungen und Neuerungen berücksichtigen. Investoren und Geschäftsführer von Gesellschaften in China sollten sich daher schon jetzt mit den zwingenden Neuerungen vertraut machen, um die notwendigen Änderungen in der Gesellschaftssatzung und -organisation rechtzeitig vornehmen zu können.
Dieser Artikel stellt in drei Teilen die für ausländische Investoren praxisrelevantesten Neuerungen des novellierten GesellschaftsG vor. Im Teil I des Artikels werden einige zwingende Regelungen erläutert, welche einen unmittelbaren Handlungsbedarf mit sich bringen können und daher zeitnah geprüft werden sollten. Teil II und Teil III dieses Artikels behandeln andere wichtige Neuerungen, die ausländische Investoren und Geschäftsführer kennen müssen. Da in China die Gesellschaft mit beschränkter Haftung die gängigste Rechtsform für ausländische Investitionen ist, werden im Folgenden nur solche Neuerungen besprochen, welche Gesellschaften mit beschränkter Haftung betreffen. Die Begriffe „Gesellschaft” und „Unternehmen” beziehen sich daher im Folgenden nur auf Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Jedem Abschnitt schließt sich eine Handlungsempfehlung an, welche insbesondere die Interessen ausländischer Investoren berücksichtigt.
Teil 1: Zwingende Regelungen mit Handlungsbedarf (Auswahl)
a) Fünfjährige Frist zur Erbringung vom Stammeinlagen (Art. 47)
Nach Art. 47 GesellschaftsG müssen Gesellschafter die durch sie gezeichnete Stammeinlage innerhalb von fünf Jahren nach der Gründung der Gesellschaft vollständig erbringen. Die fünfjährige Leistungsfrist1 gilt nach Art. 228 GesellschaftsG nicht nur bei der Gesellschaftsgründung, sondern auch bei einer späteren Erhöhung des Stammkapitals. Für Gesellschaften, die vor dem 1. Juli 2024 gegründet wurden, gilt die folgende Übergangsregelung: Haben deren Gesellschafter deren Stammeinlage zu diesem Zeitpunkt noch nicht vollständig geleistet und ist in der Satzung eine Leistungsfrist von mehr als fünf Jahren bestimmt, so muss diese Frist „allmählich” angepasst werden. Ist die Länge der Leistungsfrist oder die Höhe der Stammeinlage „eindeutig abnormal”, so dürfen die Behörden nach Art. 266 eine rechtzeitige Anpassung verlangen.
Am 6. Februar 2024 hat der Staatsrat einen Entwurf der Bestimmungen über die Regulierung der Eintragung von Stammkapital erlassen („Entwurf”), der eine Übergangsfrist für bestehende Unternehmen bestimmt. Nach dem Entwurf müssen die vor dem 1. Juli 2024 gegründeten Gesellschaften, deren Satzung eine Frist zur Einzahlung des Stammkapitals von mehr als fünf Jahren enthält, bis zum 30. Juni 2027 eine Fristanpassung vornehmen und eine Frist von weniger als fünf Jahren festlegen (siehe nachstehende Grafik). Als “eindeutig abnormal“ können nach dem Entwurf Fristen von mehr als 30 Jahren und ein Stammkapital von CNY 1 Milliarde (ca. EUR 128 Millionen) betrachtet werden.
Die Befristung der Erbringung von Stammeinlagen ist keine neue Regelung. Nach dem Gesellschaftsgesetz von 1993 musste das Stammkapital einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung bei der Gründung vollständig eingezahlt werden. Im Jahr 2005 wurde die Frist für die Kapitaleinlage auf zwei Jahre verlängert. 2014 wurde die zweijährige Leistungsfrist abgeschafft, mit der Folge, dass Investoren seitdem die Flexibilität hatten, deren Stammeinlagen entweder einmalig in voller Höhe oder in Raten gemäß der Satzung zu leisten. Die Gesellschafter mussten deren ausstehende Stammeinlage jedoch spätestens bei der Liquidation der Gesellschaft in voller Höhe einzahlen, wenn das Vermögen der Gesellschaft nicht ausreichte, um alle Schulden zu begleichen.
Diese bislang bestehende Zulässigkeit einer langen Leistungsfrist – die Betriebsdauer von Unternehmen beträgt regelmäßig zwischen 30 und 50 Jahren – gekoppelt mit den teilweise hohen Stammkapitalanforderungen von Industrie- und Entwicklungszonen als auch hohe Stammkapitalanforderungen im Rahmen von Ausschreibungen haben dazu geführt, dass einige ausländisch-investierte Unternehmen höheren Stammeinlagen zugestimmt haben als sie tatsächlich in der Lage oder bereit sind zu leisten.
Dies führte dazu, dass bei zahlreichen Unternehmen nur ein geringer Teil des Stammkapitals tatsächlich eingezahlt wurde. Dem sollen die neuen Regelungen – darunter auch die fünfjährige Frist zur Erbringung von Stammeinlagen – zukünftig entgegenwirken.
Unsere Empfehlung:
Bislang haben wir – auch wegen der Restriktionen bei Fremdwährungsdarlehen - empfohlen, auf Grundlage des vorab erstellten Geschäftsplans ein ausreichend hohes Stammkapital zu registrieren, um auch bei unvorhergesehenen Ausgaben und nicht planmäßiger Geschäftsentwicklung einer Unterfinanzierung und einer kostspieligen Stammkapitalerhöhung vorzubeugen.
Auch wenn dies weiterhin zu beachten ist, so sollte zukünftig zusätzlich geprüft werden, ob alle Gesellschafter in der Lage sind, deren Stammeinlagen in voller Höhe fristgemäß zu leisten.
Gesellschafter bestehender Gesellschaften sollten mit deren Mitgesellschaftern, welche deren Stammeinlage noch nicht vollständig erbracht haben, eine Vereinbarung zur Sicherung der Erbringung der Stammeinlage – bestenfalls bis zum 1. Juli 2024 – abschließen. Bei neu gegründeten Gesellschaften sollte eine solche Vereinbarung im Rahmen des Gesellschaftervertrags getroffen werden.
Gesellschafter von Unternehmen mit noch nicht voll eingezahltem Stammkapital, bei denen nach dem 1. Juli 2024 die Leistungsfrist fünf Jahre übersteigt, müssen die Unternehmenssatzung entsprechend anpassen und eine Änderung im Handelsregister beantragen. Sollten die Gesellschafter nicht in der Lage sein, das gezeichnete Stammkapital fristgemäß einzuzahlen oder dies nicht wollen, so können diese das Stammkapital um den noch ausstehenden Teil des Stammkapitals herabsetzen.
Bei der Gründung von neuen Gesellschaften sollten Investoren das Stammkapital unter Beachtung der für den zukünftigen Geschäftsbetrieb erforderlichen Finanzmittel sowie der fünf-jährigen Frist zur Leistung der Stammeinlagen berechnen. Sollte der Geschäftsplan nach den ersten fünf Jahren zusätzliches Kapital erfordern, kann dann eine entsprechende Kapitalerhöhung vorgenommen werden.
In Anbetracht der im Entwurf festgelegten Übergangsfrist bis zum 30. Juni 2027 und der Frist zur Einzahlung des Stammkapitals ist es für Investoren, die eine Unternehmensgründung planen, vorteilhafter, das Unternehmen noch vor dem 1. Juli 2024 zu gründen, da in diesem Fall das Stammkapital erst zum 29. Juni 2032 eingezahlt werden muss. Bei einer Gründung nach dem 1. Juli 2024 muss dieses hingegen spätestens bis zum 30. Juni 2029 eingezahlt werden.
In diesem Zusammenhang ist noch erwähnenswert, dass nach dem neuen GesellschaftsG neben Bargeld, Sacheinlagen, geistigen Eigentumsrechten, Landnutzungsrechten und anderen Formen von übertragbaren Sachwerten nun auch explizit Beteiligungen an Unternehmen und Gläubigerrechte für die Einzahlung der Stammeinlage verwendet werden dürfen.
Bislang haben wir – auch wegen der Restriktionen bei Fremdwährungsdarlehen - empfohlen, auf Grundlage des vorab erstellten Geschäftsplans ein ausreichend hohes Stammkapital zu registrieren, um auch bei unvorhergesehenen Ausgaben und nicht planmäßiger Geschäftsentwicklung einer Unterfinanzierung und einer kostspieligen Stammkapitalerhöhung vorzubeugen.
Auch wenn dies weiterhin zu beachten ist, so sollte zukünftig zusätzlich geprüft werden, ob alle Gesellschafter in der Lage sind, deren Stammeinlagen in voller Höhe fristgemäß zu leisten.
Gesellschafter bestehender Gesellschaften sollten mit deren Mitgesellschaftern, welche deren Stammeinlage noch nicht vollständig erbracht haben, eine Vereinbarung zur Sicherung der Erbringung der Stammeinlage – bestenfalls bis zum 1. Juli 2024 – abschließen. Bei neu gegründeten Gesellschaften sollte eine solche Vereinbarung im Rahmen des Gesellschaftervertrags getroffen werden.
Gesellschafter von Unternehmen mit noch nicht voll eingezahltem Stammkapital, bei denen nach dem 1. Juli 2024 die Leistungsfrist fünf Jahre übersteigt, müssen die Unternehmenssatzung entsprechend anpassen und eine Änderung im Handelsregister beantragen. Sollten die Gesellschafter nicht in der Lage sein, das gezeichnete Stammkapital fristgemäß einzuzahlen oder dies nicht wollen, so können diese das Stammkapital um den noch ausstehenden Teil des Stammkapitals herabsetzen.
Bei der Gründung von neuen Gesellschaften sollten Investoren das Stammkapital unter Beachtung der für den zukünftigen Geschäftsbetrieb erforderlichen Finanzmittel sowie der fünf-jährigen Frist zur Leistung der Stammeinlagen berechnen. Sollte der Geschäftsplan nach den ersten fünf Jahren zusätzliches Kapital erfordern, kann dann eine entsprechende Kapitalerhöhung vorgenommen werden.
In Anbetracht der im Entwurf festgelegten Übergangsfrist bis zum 30. Juni 2027 und der Frist zur Einzahlung des Stammkapitals ist es für Investoren, die eine Unternehmensgründung planen, vorteilhafter, das Unternehmen noch vor dem 1. Juli 2024 zu gründen, da in diesem Fall das Stammkapital erst zum 29. Juni 2032 eingezahlt werden muss. Bei einer Gründung nach dem 1. Juli 2024 muss dieses hingegen spätestens bis zum 30. Juni 2029 eingezahlt werden.
In diesem Zusammenhang ist noch erwähnenswert, dass nach dem neuen GesellschaftsG neben Bargeld, Sacheinlagen, geistigen Eigentumsrechten, Landnutzungsrechten und anderen Formen von übertragbaren Sachwerten nun auch explizit Beteiligungen an Unternehmen und Gläubigerrechte für die Einzahlung der Stammeinlage verwendet werden dürfen.
b) Arbeitnehmervertreter im Board of Directors (Art. 68)
Nach Art. 68 GesellschaftsG müssen Unternehmen mit mindestens 300 Beschäftigten einen Arbeitnehmervertreter im Board of Directors haben, es sei denn es sitzt bereits ein Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat des Unternehmens.
Letzteres bestimmt schon das Gesellschaftsgesetz von 2018, nach dem Gesellschaften mit beschränkter Haftung einen Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat haben müssen. Die Pflicht zur Bestellung des Arbeitnehmervertreters in den Aufsichtsrat gilt jedoch nicht, wenn kein – mindestens dreiköpfiger – Aufsichtsrat besteht, sondern nur eine oder zwei Personen als Aufsichtsrat bestellt wurden (Achtung: ab 1. Juli 2024 sind keine zwei, sondern nur noch eine Person als Aufsichtsrat zulässig). Dies war in der Vergangenheit gängige Praxis, um die Bestellung eines Arbeitnehmervertreters zu vermeiden.
Bislang mussten nur Staatsunternehmen und solche Unternehmen, die von zwei oder mehr Staatsunternehmen gegründet wurden, einen Arbeitnehmervertreter im Board of Directors haben.
Nunmehr gilt diese Pflicht auch für Gesellschaften mit beschränkter Haftung unter den vorstehend genannten Bedingungen. Folglich ist es bei Unternehmen mit 300 oder mehr Beschäftigten grundsätzlich nicht mehr möglich, die Bestellung eines Arbeitnehmervertreters in das Board of Directors bzw. in den Aufsichtsrat zu vermeiden.
Da die Bestellung eines Arbeitnehmervertreters bei Unternehmen mit mindestens 300 Beschäftigten grundsätzlich nicht vermieden werden kann, stellt sich die Frage, ob und wieweit Unternehmen auf die Bestellung eines Arbeitnehmervertreters rechtmäßig Einfluss nehmen können. Nach dem GesellschaftsG muss der Arbeitnehmervertreter durch die Arbeitnehmerversammlung, die Versammlung der Arbeitnehmervertreter, oder „auf andere demokratische Weise“ gewählt werden.
Man könnte zunächst darüber nachdenken, ob es rechtlich möglich ist, ein Mitglied der Geschäftsführung zum Arbeitnehmervertreter wählen zu lassen. Im Gegensatz zum deutschen Recht, wo Geschäftsführer nicht immer auch Arbeitnehmer sind, stehen der General Manager2 in China meistens auch in einem Arbeitsverhältnis mit dem Unternehmen. Somit ist der General Manager zumindest formal auch ein „Mitarbeiter” und sollte daher auch auf demokratische Weise als Arbeitnehmervertreter in das Board of Directors gewählt werden können. Da der General Manager jedoch den Beschlüssen und Weisungen des Board of Directors untersteht, vom Board of Directors bestellt und abberufen wird, würde sich der General Manager in seiner Funktion als Arbeitnehmervertreter und Mitglied des Board of Directors in einem Interessenkonflikt befinden.
Aus Art. 9 der Bestimmungen zur demokratischen Unternehmensführung, der bestimmt, dass Managementmitglieder nicht mehr als 20% der Gesamtzahl der Arbeitnehmervertreter ausmachen dürfen, lässt sich zumindest passives Wahlrecht für Manager ableiten. Aus Platzgründen wollen und können wir hier nicht auf die Einzelheiten eingehen. Da es sich hierbei jedoch um ein wichtiges Thema handelt, - Art. 1 Abs. I GesellschaftsG hat den Schutz von Mitarbeiterechten explizit als Gesetzeszweck neu aufgenommen – sollten sich betroffene Unternehmen entsprechenden Rechtsrat einholen.
Sollte ein Unternehmen weniger als 300 Mitarbeiter haben, so stellt sich weiterhin die Frage, ob auch Dienstleister, Teilzeitbeschäftigte, Praktikanten usw. in die Berechnung der Mitarbeiteranzahl einzubeziehen sind. Unseres Erachtens sind bei der Berechnung der Beschäftigten nur solche Personen zu berücksichtigen, die mit der Gesellschaft in einem Arbeitsverhältnis i.S.d. Arbeitsgesetzes stehen und in der Liste der Beschäftigten aufgeführt sind.
Da, wie vorstehend erläutert, Unternehmen mit 300 oder mehr Mitarbeitern einen Arbeitnehmervertreter bestellen müssen, ist fraglich, ob und wie der Arbeitnehmervertreter auf die Entscheidungsfindung im Board of Directors Einfluss nehmen kann.
Das Board of Directors muss aus mindestens drei Direktoren bestehen, wobei die bislang bestehende Obergrenze von 13 Direktoren in Art. 68 aufgehoben wurde. Das GesellschaftsG sieht vor, dass Beschlüsse des Board of Directors von mehr als der Hälfte aller Direktoren gefasst werden müssen. Vorausgesetzt, dass sich die durch den/die Gesellschafter bestellten Direktoren in der Beschlussfassung einig sind, wird der Arbeitnehmervertreter die Entscheidung des Boards of Directors nicht beeinflussen können, denn das GesellschaftsG sieht kein Vetorecht des Arbeitnehmervertreters vor. Sollten sich bei einem Board of Directors mit drei Direktoren die zwei durch den Gesellschafter bestellten Direktoren jedoch nicht einig sein, könnte die Stimme des Arbeitnehmervertreters das Zünglein an der Waage sein. Diese Situation kann insbesondere bei Gemeinschaftsunternehmen auftreten, wenn unterschiedliche Interessenlagen der Gesellschafter und damit auch der durch sie bestellten Direktoren vorliegen.
Allerdings, und das ist die gute Nachricht für mittelständische Unternehmen, dürfen „kleine“ Unternehmen oder Unternehmen mit einer „geringen Anzahl von Gesellschaftern“ nach Art. 75 GesellschaftsG anstatt eines Board of Directors nur einen Direktor (früher Executive Director oder Managing Director genannt) bestellen. Unklar ist jedoch, was unter „kleinen Unternehmen” zu verstehen ist, und ob Unternehmen mit nur einem oder zwei Gesellschaftern, welche 300 oder mehr Mitarbeiter und keinen Aufsichtsrat mit Mitarbeitervertreter haben, nur einen Direktor anstatt eines Board of Directors mit einem Mitarbeitervertreter haben dürfen.
Wie oben schon erwähnt, hat Art. 1 Abs. I GesellschaftsG den Schutz von Mitarbeiterechten explizit als Gesetzeszweck neu aufgenommen. Dies berücksichtigend kann man davon ausgehen, dass Unternehmen mit nur einem Gesellschafter mit mindestens 300 Mitarbeitern einen Board of Directors mit einem Mitarbeitervertreter haben müssen. Hier ist zu hoffen, dass zukünftige Durchführungsbestimmungen oder die Praxis Klarheit bringen.
Unsere Empfehlungen:
Unternehmen mit 300 oder mehr Mitarbeitern haben bis zum Stichtag am 1. Juli 2024 u.a. folgende Handlungsoptionen:
Option 1 - Arbeitnehmervertreter im Board of Directors: Wird der Arbeitnehmervertreter in das Board of Directors bestellt, sollten Unternehmen mit drei Direktoren im Board of Directors darauf achten, den Arbeitnehmervertreter als den vierten Direktor hinzufügen, da für den Fall, dass einer der drei aktuellen Direktoren durch den Arbeitnehmervertreter ersetzt wird, der Arbeitnehmervertreter bei Uneinigkeit der zwei durch den Gesellschafter bestellten Direktoren als Mehrheitsbeschaffer fungiert und somit maßgeblich die Unternehmensführung beeinflussen kann.
Joint Ventures, die aktuell vier Direktoren haben, wobei jeder Gesellschafter zwei Direktoren ernannt hat, sollten über Option 2 nachdenken, da auch in diesem Fall dem Arbeitnehmervertreter im Fall einer Pattsituation die entscheidende Stimme hätte und damit die Unternehmensführung beeinflussen könnte. Um dies zu verhindern könnte man bei allen wichtigen Angelegenheiten die Entscheidung per Satzung der Gesellschafterversammlung zuweisen. Sollte dies nicht möglich oder gewünscht sein, bleibt nur Option 2.
Option 2 – Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat: Alternativ können Unternehmen, die aus den vorstehenden Gründen den Arbeitnehmervertreter nicht im Board of Directors haben wollen, diesen in den Aufsichtsrat bestellen, da hier keine unternehmerischen Entscheidungen getroffen werden, sondern die Funktion des Aufsichtsrats auf die Überwachung der Gesellschaft und deren Organe beschränkt ist.
Bei der Überlegung, ob es für das Unternehmen vorteilhafter ist, einen Arbeitnehmervertreter in das Board of Directors oder in den Aufsichtsrat zu bestellen, ist auch zu beachten, dass es unabhängig von der Anzahl der Direktoren im Board of Directors ein einziger (!) Arbeitnehmervertreter die gesetzliche Anforderung erfüllt, wo hingegen im Aufsichtsrat ein Drittel (!) der Gesamtzahl der Aufsichtsräte aus Arbeitnehmervertretern bestehen muss.
Unternehmen mit 300 oder mehr Mitarbeitern haben bis zum Stichtag am 1. Juli 2024 u.a. folgende Handlungsoptionen:
Option 1 - Arbeitnehmervertreter im Board of Directors: Wird der Arbeitnehmervertreter in das Board of Directors bestellt, sollten Unternehmen mit drei Direktoren im Board of Directors darauf achten, den Arbeitnehmervertreter als den vierten Direktor hinzufügen, da für den Fall, dass einer der drei aktuellen Direktoren durch den Arbeitnehmervertreter ersetzt wird, der Arbeitnehmervertreter bei Uneinigkeit der zwei durch den Gesellschafter bestellten Direktoren als Mehrheitsbeschaffer fungiert und somit maßgeblich die Unternehmensführung beeinflussen kann.
Joint Ventures, die aktuell vier Direktoren haben, wobei jeder Gesellschafter zwei Direktoren ernannt hat, sollten über Option 2 nachdenken, da auch in diesem Fall dem Arbeitnehmervertreter im Fall einer Pattsituation die entscheidende Stimme hätte und damit die Unternehmensführung beeinflussen könnte. Um dies zu verhindern könnte man bei allen wichtigen Angelegenheiten die Entscheidung per Satzung der Gesellschafterversammlung zuweisen. Sollte dies nicht möglich oder gewünscht sein, bleibt nur Option 2.
Option 2 – Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat: Alternativ können Unternehmen, die aus den vorstehenden Gründen den Arbeitnehmervertreter nicht im Board of Directors haben wollen, diesen in den Aufsichtsrat bestellen, da hier keine unternehmerischen Entscheidungen getroffen werden, sondern die Funktion des Aufsichtsrats auf die Überwachung der Gesellschaft und deren Organe beschränkt ist.
Bei der Überlegung, ob es für das Unternehmen vorteilhafter ist, einen Arbeitnehmervertreter in das Board of Directors oder in den Aufsichtsrat zu bestellen, ist auch zu beachten, dass es unabhängig von der Anzahl der Direktoren im Board of Directors ein einziger (!) Arbeitnehmervertreter die gesetzliche Anforderung erfüllt, wo hingegen im Aufsichtsrat ein Drittel (!) der Gesamtzahl der Aufsichtsräte aus Arbeitnehmervertretern bestehen muss.
c) Stimmregeln für Gesellschafterversammlung (Art. 66) und Board of Directors (Art. 73)
In Art. 66 Abs. II GesellschaftsG werden neue Regeln zu Beschlussmehrheiten für die Gesellschafterversammlung festgelegt. Nach den neuen Regeln ist für alle Beschlüsse, welche nicht unter die „besonderen Beschlüsse” des Art. 66 Abs. III fallen, eine einfache Mehrheit erforderlich, d.h. „allgemeine Beschlüsse” der Gesellschafterversammlung müssen mit mehr als der 1/2 der Stimmrechte der Gesellschafter gefasst werden. Von dieser Regelung kann unseres Erachtens nicht abgewichen werden.
Für „besondere Beschlüsse” über wichtige Angelegenheiten, d.h. im Fall einer Satzungsänderung, Kapitalerhöhung oder -herabsetzung, Fusionen, Spaltung, Liquidation des Unternehmens oder Änderung der Rechtsform, gelten unverändert die Bestimmungen des Art. 66 Abs. III, nach denen „besondere Beschlüsse” 2/3 der Stimmrechte der Gesellschafter bedürfen.
Art. 66 Abs. II und Art. 66 Abs. III sind als vorrangige Regelungen zu Art. 66 Abs. I zu verstehen, nach dem die Versammlungs- und Stimmregeln für die Beschlussfassung grundsätzlich durch die Gesellschafter in der Satzung frei festgelegt werden dürfen. Mit der Folge, dass die Satzungsbestimmungen zur Beschlussfassung von den Mehrheitsbestimmungen nach Art. 66 Abs. II und Art. 66 Abs. III nicht abweichen dürfen.
Eine dem Art. 66 Abs. II vergleichbare Regelung zu Beschlussmehrheiten wurde in Art. 73 GesellschaftsG auch für das Board of Directors eingeführt. Art. 73 geht jedoch einen Schritt weiter und regelt neben den Beschlussmehrheiten auch die Anforderungen an die Beschlussfähigkeit (Quorum) des Board of Directors. Danach ist das Board of Directors nur dann beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte aller Direktoren anwesend ist.
Im Umkehrschluss ist das Board of Directors nicht beschlussfähig, wenn nur die Hälfte oder weniger der Direktoren an einer Versammlung des Board of Directors teilnimmt.
Weiter sieht das GesellschaftsG in Art. 73 explizit vor, dass Beschlüsse des Board of Directors durch einfache Mehrheit aller Direktoren gefasst werden, wobei jeder Direktor nur eine Stimme haben kann. Somit schränkt Art. 73 die bislang gegebene Flexibilität bei der Formulierung der Regeln zu Beschlussmehrheiten für das Board of Directors in der Satzung ein. Bemerkenswert ist, dass Art. 73 explizit von „allen“ Direktoren spricht, wo hingegen in Art. 66 von den „Gesellschaftern mit Stimmrechten“ die Rede ist.
Die für eine Beschlussfassung erforderlichen Stimmrechte nach Art. 66 werden daher auf Basis der Proportion von Geschäftsanteilen aller Gesellschafter berechnet.
Unsere Empfehlung:
Sollte die Satzung eines Unternehmens eine von Art. 66 Abs. II abweichende Regelung vorsehen, nach der für „allgemeine Beschlüsse” weniger oder mehr als eine einfache Mehrheit erforderlich ist, so müssen diese Unternehmen deren Satzung in Einklang mit dem neuen Art. 66 Abs. II GesellschaftsG bringen.
Da Art. 66 II im Gegensatz zu Art. 73 kein Quorum für die Gesellschafterversammlung bestimmt, ist abhängig von der individuellen Interessenlage und der Stimmrechte der Gesellschafter weiterhin zu überlegen, ob man ein Quorum nicht nur für das Board of Directors, sondern auch für die Gesellschafterversammlung individuell in der Satzung festlegt. Dies ist aufgrund von Art. 66 Abs. I zulässig.
Angesichts der vorstehenden Änderungen in Art. 66 Abs. II und Art. 73 sollten Gesellschafter die bestehenden Regelungen zur Beschlussfähigkeit bzw. Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung und des Board of Directors in der Satzung prüfen und, falls diese von den zwingenden Regeln des neuen GesellschaftsG abweichen, diese Regelungen bis zum 1. Juli 2024 an das neue GesellschaftsG anpassen.
Sollte die Satzung eines Unternehmens eine von Art. 66 Abs. II abweichende Regelung vorsehen, nach der für „allgemeine Beschlüsse” weniger oder mehr als eine einfache Mehrheit erforderlich ist, so müssen diese Unternehmen deren Satzung in Einklang mit dem neuen Art. 66 Abs. II GesellschaftsG bringen.
Da Art. 66 II im Gegensatz zu Art. 73 kein Quorum für die Gesellschafterversammlung bestimmt, ist abhängig von der individuellen Interessenlage und der Stimmrechte der Gesellschafter weiterhin zu überlegen, ob man ein Quorum nicht nur für das Board of Directors, sondern auch für die Gesellschafterversammlung individuell in der Satzung festlegt. Dies ist aufgrund von Art. 66 Abs. I zulässig.
Angesichts der vorstehenden Änderungen in Art. 66 Abs. II und Art. 73 sollten Gesellschafter die bestehenden Regelungen zur Beschlussfähigkeit bzw. Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung und des Board of Directors in der Satzung prüfen und, falls diese von den zwingenden Regeln des neuen GesellschaftsG abweichen, diese Regelungen bis zum 1. Juli 2024 an das neue GesellschaftsG anpassen.
d) Deregistrierung, Benennung und Abberufung des Legal Representative (Art. 35, 10, 46)
In der Vergangenheit gab es oft Probleme mit der Deregistrierung des Legal Representative. Dies war immer dann der Fall, wenn der General Manager, der meist einen chinesischen Arbeitsvertrag mit dem Tochterunternehmen hatte, oder der Chairman des Board of Directors, als Legal Representative fungierte und gekündigt wurde oder aus anderen Gründen nicht mehr kooperationswillig war und die zu dessen behördlichen Deregistrierung notwendigen Unterschriften nicht leistete. Um solche Situationen lösen zu können, haben die Behörden in den letzten Jahren vermehrt die Unterschrift des neuen Legal Representative akzeptiert. Nunmehr ist die Behördenpraxis in Art. 35 Abs. III GesellschaftsG kodifiziert, welcher vorsieht, dass es bei einem Wechsel des Legal Representative ausreicht, dass der neu benannte Legal Representative die entsprechenden behördlichen Anträge unterzeichnet. Damit schützt Art. 35 III vor allem die Interessen des Unternehmens.
Art. 10 Abs. II schützt hingegen die Interessen der Direktoren und General Manager, denn immer wieder kam es zu Situationen, in denen Unternehmen Direktoren und General Manager, welche gleichzeitig als Legal Representative fungierten, nicht aus deren Funktion als Legal Representative entlassen konnten, weil kein Nachfolgekandidat vorhanden war. Dies war dem Umstand geschuldet, dass Behörden den amtierenden Legal Representative nur dann de-registriert haben, wenn das Unternehmen gleichzeitig einen neuen Legal Representative eingetragen hat.
Nunmehr regelt das GesellschaftsG in Art. 10 Abs. II und III, dass wenn ein Direktor oder ein General Manager, der als Legal Representative fungiert, zurücktritt oder abberufen wird, im Rahmen einer gesetzlichen Fiktion davon ausgegangen wird, dass er gleichzeitig auch als Legal Representative zurückgetreten ist bzw. abberufen wurde.
Nach Art. 10 Abs. III GesellschaftsG muss die Gesellschaft innerhalb von 30 Tagen nach dem Rücktritt oder der Abberufung eines Legal Representative einen neuen Legal Representative ernennen.
Um den in der Vergangenheit oft problematischen Wechsel des Legal Representative zukünftig rechtssicherer zu gestalten, verlangt Art. 46, dass die Satzung u.a. auch das Verfahren für die Auswahl/ Benennung und die Abberufung bzw. den Wechsel des Legal Representative enthalten muss.
Unsere Empfehlung:
Für ein solches Verfahren nach Art. 46 bietet es sich an, eine feste Regelung in die Satzung aufzunehmen, die einen für die Benennung des Legal Representative grundsätzlich erforderlichen Gesellschafterbeschluss ersetzt. Hier könnte man beispielsweise für den Fall, dass der ursprüngliche Direktor und Legal Representative zurücktritt, in Erwägung ziehen, den zweiten Direktor oder den General Manager ohne Beschluss, sondern nur durch die Satzung zum Legal Representative zu benennen. Von der Nennung von Namen in der Satzung sollte abgesehen werden, da andernfalls eine Satzungsänderung erforderlich wäre.
Ein solches Verfahren sollte auch die neue Pflicht der Gesellschaft nach Art. 10 Abs. III GesellschaftsG berücksichtigen, einen neuen Legal Representative innerhalb von 30 Tagen nach Rücktritt des bisherigen Legal Representative zu benennen.
Für ein solches Verfahren nach Art. 46 bietet es sich an, eine feste Regelung in die Satzung aufzunehmen, die einen für die Benennung des Legal Representative grundsätzlich erforderlichen Gesellschafterbeschluss ersetzt. Hier könnte man beispielsweise für den Fall, dass der ursprüngliche Direktor und Legal Representative zurücktritt, in Erwägung ziehen, den zweiten Direktor oder den General Manager ohne Beschluss, sondern nur durch die Satzung zum Legal Representative zu benennen. Von der Nennung von Namen in der Satzung sollte abgesehen werden, da andernfalls eine Satzungsänderung erforderlich wäre.
Ein solches Verfahren sollte auch die neue Pflicht der Gesellschaft nach Art. 10 Abs. III GesellschaftsG berücksichtigen, einen neuen Legal Representative innerhalb von 30 Tagen nach Rücktritt des bisherigen Legal Representative zu benennen.
e) Haftung für Gesellschaftsgründung (Art. 44) und Gründungsvereinbarung (Art. 43)
Art. 44 Abs. I GesellschaftsG sieht vor, dass die Gesellschaft – nach deren Gründung - die Folgen der zivilrechtlichen Handlungen trägt, die die Gründungsgesellschafter – vor der Gründung - zum Zweck der Gründung der Gesellschaft vorgenommen haben.
Damit verstärkt das neue GesellschaftsG nicht nur den Schutz von Dritten, welche mit einem Gründungsgesellschafter zum Zweck der Gründung der Gesellschaft einen Vertrag abgeschlossen haben, sondern schützt auch die Gründungsgesellschafter, da diese bislang für die sich aus solchen Verträgen ergebenden Pflichten haften mussten.
Sollte ein Gründungsgesellschafter ein Geschäft mit einem Dritten im eigenen Namen zum Zwecke der Gründung der Gesellschaft abschließen, darf der Dritte nunmehr die Leistung bzw. den Schadensersatz wahlweise von der gegründeten Gesellschaft oder dem Gründungsgesellschafter verlangen. In der Praxis betrifft dies vor allem den Abschluss von Mietverträgen für Büro- oder Produktionsräumlichkeiten, da ein gültiger Mietvertrag von den Behörden als ein Teil der Gründungsunterlagen gefordert wird.
Wird die Gesellschaft entgegen der ursprünglichen Absicht aus welchen Gründen auch immer nicht gegründet, so haften die Gesellschaftern nach Art. 44 Abs. II für zur Zeit der Gründung der Gesellschaft abgeschlossene Rechtsgeschäfte (wie bspw. Mietverträge) gesamtschuldnerisch. D.h. Dritte dürfen auswählen, gegen welchen der Gründungsgesellschafter sie ihren Anspruch geltend machen, und sollte dieser nicht leisten, dann haften die übrigen Gründungsgesellschafter.
Nach dem Ersatz des Schadens durch einen Gesellschafter oder der Gesellschaft gegenüber dem Dritten kann – je nachdem wer gleistet hat – entweder die Gesellschaft oder der Gesellschafter den schadensverursachenden Gesellschafter auf Entschädigung in Regress nehmen.
Unsere Empfehlung:
Da sich die Höhe der Haftung der einzelnen Gesellschafter grundsätzlich nach einer zwischen den Gesellschaftern zu treffenden Haftungsvereinbarung oder der Verteilung der Gesellschaftsanteile richtet, ist es empfehlenswert eine entsprechende Vereinbarung abzuschließen, da andernfalls alle Gesellschafter zu gleichen Teilen haften.
Aufgrund der mit der Gesellschaftsgründung verbundenen Risiken und der drohenden gesamtschuldnerischen Haftung der Gesellschafter empfehlen wir, dass die Gesellschafter noch vor Einleitung der Schritte zur Gesellschaftsgründung eine solche Gründungsvereinbarung abschließen, welche den Gründungsablauf sowie die Rechte, Pflichten und Haftung der einzelnen Gründungsgesellschafter festschreibt. Somit können Aufgaben und Haftung der einzelnen Gründungsgesellschafter klar bestimmt und aufgeteilt, und bestenfalls Haftungsrisiken reduziert werden.
Da sich die Höhe der Haftung der einzelnen Gesellschafter grundsätzlich nach einer zwischen den Gesellschaftern zu treffenden Haftungsvereinbarung oder der Verteilung der Gesellschaftsanteile richtet, ist es empfehlenswert eine entsprechende Vereinbarung abzuschließen, da andernfalls alle Gesellschafter zu gleichen Teilen haften.
Aufgrund der mit der Gesellschaftsgründung verbundenen Risiken und der drohenden gesamtschuldnerischen Haftung der Gesellschafter empfehlen wir, dass die Gesellschafter noch vor Einleitung der Schritte zur Gesellschaftsgründung eine solche Gründungsvereinbarung abschließen, welche den Gründungsablauf sowie die Rechte, Pflichten und Haftung der einzelnen Gründungsgesellschafter festschreibt. Somit können Aufgaben und Haftung der einzelnen Gründungsgesellschafter klar bestimmt und aufgeteilt, und bestenfalls Haftungsrisiken reduziert werden.
Teil 2: Weitere wichtige Neuerungen, die Unternehmer kennen müssen
a) ESG-Verantwortung und CSR-Reporting (Art. 20 GesellschaftsG)
China hat seit Anfang des Jahrtausends einen bedeutenden Übergang von einem Fokus auf „BIP-Wachstum um jeden Preis“ zu einem nachhaltigeren und ESG-orientierten Ansatz vollzogen und diesen Richtungswechsel in seinem 14. Fünfjahresplan festgelegt. Die Zentralregierung hat – wegen schwerer Umweltschäden, sozialen Verwerfungen und Korruptionsskandalen in der Vergangenheit – erkannt, dass Umwelt-, Sozial- und Governance („ESG“) wichtige Themen sind, um die Gesellschaft zusammenzuhalten, und hat in den frühen 2000er Jahren begonnen, Maßnahmen zu ergreifen, um diese anzugehen. China hat sich u.a. dazu verpflichtet, seine CO2-Emissionen zu reduzieren und so bis 2060 CO2-neutral zu werden. Die Zentralregierung fördert derzeit massiv grüne Energiegewinnung, Wasserstoff als alternativen Energieträger und Rohstoff Recycling sowie den Aufbau einer „grünen Industrieproduktion“.
Chinas ESG-Ziele schlagen sich auch in Gesetzen und Verwaltungsvorschriften nieder, darunter auch im GesellschaftsG, welches zum ersten Mal allgemeine ESG-Pflichten von Unternehmen verankert.
Nach Art. 20 GesellschaftsG müssen Unternehmen bei der Ausübung deren Geschäftstätigkeit die Interessen der Mitarbeiter, der Verbraucher und anderer Interessengruppen sowie die öffentlichen Interessen der Gesellschaft, wie z. B. den Umwelt- und Naturschutz, berücksichtigen und soziale Verantwortung übernehmen.
Darüber hinaus soll der Staat Unternehmen ermutigen, sich an gemeinnützigen Aktivitäten zu beteiligen und Berichte zur Übernahme von sozialer Verantwortung (CSR) zu veröffentlichen.
Unsere Empfehlung:
Obwohl die in Art. 20 GesellschaftsG vorgesehenen Bestimmungen keine konkreten Pflichten enthalten, unterstreicht die Aufnahme von ESG und CSR relevanten Bestimmungen in das neue GesellschaftsG die Absicht Chinas, dessen Nachhaltigkeitsziele zeitnah umzusetzen. Da die Implementierung von ESG-Compliance und CSR-Berichterstattungssystemen zeitintensiv ist, empfehlen wir, die Zeit bis zur Einführung von konkreten Pflichten zu nutzen und schon jetzt mit dem Aufbau entsprechender ESG-Compliance und CSR-Berichterstattungssysteme zu beginnen. Durch die proaktive Umsetzung von ESG-Best-Practices können Unternehmen nicht nur regulatorische Anforderungen erfüllen, sondern auch einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Unternehmen erzielen, den eigenen Markenwert steigern und den Zugang zu Kapital verbessern.
Obwohl die in Art. 20 GesellschaftsG vorgesehenen Bestimmungen keine konkreten Pflichten enthalten, unterstreicht die Aufnahme von ESG und CSR relevanten Bestimmungen in das neue GesellschaftsG die Absicht Chinas, dessen Nachhaltigkeitsziele zeitnah umzusetzen. Da die Implementierung von ESG-Compliance und CSR-Berichterstattungssystemen zeitintensiv ist, empfehlen wir, die Zeit bis zur Einführung von konkreten Pflichten zu nutzen und schon jetzt mit dem Aufbau entsprechender ESG-Compliance und CSR-Berichterstattungssysteme zu beginnen. Durch die proaktive Umsetzung von ESG-Best-Practices können Unternehmen nicht nur regulatorische Anforderungen erfüllen, sondern auch einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Unternehmen erzielen, den eigenen Markenwert steigern und den Zugang zu Kapital verbessern.
b) Gesellschafter – Kapitalisierungsbezogene Haftung und Pflichten
aa) Gesamtschuldnerische Haftung der Gründungsgesellschafter infolge satzungswidriger Einbringung der Stammeinlage
Seit dem 1. Juli 2024 sind Gesellschafter verpflichtet, deren gezeichnete Stammeinlage im Rahmen der in der Satzung festgelegten Frist und in der dort festgelegten Höhe zu erbringen. Die Stammeinlage kann als Bar- oder als Sacheinlage erfolgen.
Um die Gesellschafter für minderwertige Sacheinlagen verantwortlich machen zu können, sah bereits das Gesellschaftsgesetz von 2018 die gesamtschuldnerische Haftung der Gesellschafter für die Überwertung von Sacheinlagen durch einen Gesellschafter vor.
Der neue Art. 50 GesellschaftsG erweitert die gesamtschuldnerische Haftung nun auf Fälle, in denen die Stammeinlage nicht oder nur teilweise erbracht wird. Erbringt ein Gesellschafter zum Zeitpunkt der Gesellschaftsgründung seine Stammeinlage nicht gemäß der Satzung oder liegt der tatsächliche Wert der Sacheinlage erheblich unter dem Betrag der in der Satzung gezeichneten Einlage, so haftet nicht nur der gesetzwidrig handelnde Gesellschafter, sondern auch die übrigen Gesellschafter gesamtschuldnerisch für den Fehlbetrag. Aufgrund der gesamtschuldnerischen Haftung darf die Gesellschaft von jedem Gesellschafter die ausstehende Erbringung verlangen, auch wenn der in Haftung genommene Gesellschafter seine Stammeinlage bereits vollständig erbracht hat.
Dem Wortlaut des Art. 50 GesellschaftsG ist zu entnehmen, dass die gesamtschuldnerische Haftung jedoch nur für die Gründungsgesellschafter gilt. Die zu einem späteren Zeitpunkt nach der Gesellschaftsgründung aufgenommenen Gesellschafter, sei es durch eine Stammkapitalerhöhung oder durch Anteilsübertragung, sind gem. Art. 50 von der gesamtschuldnerischen Haftung ausgenommen.
bb) Verlust der Gesellschafterrechte infolge der Nichterbringung der Stammeinlage
Das GesellschaftsG führt mit Art. 52 eine neue Regelung zum Verlust der Gesellschafterrechte ein.
Leistet ein Gesellschafter dessen gezeichnete Stammeinlage nicht rechtzeitig, so darf das Board of Directors nach Mahnung des säumigen Gesellschafters und nach dem Ablauf einer Nachfrist von mindestens 60 Tagen den Beschluss fassen, dass der säumige Gesellschafter seine Gesellschafterrechte verliert. Über den Verlust seiner Gesellschafterrechte muss der säumige Gesellschafter schriftlich informiert werden.
Nach Ablauf der 60-tägigen Nachfrist muss die Gesellschaft innerhalb von sechs Monaten die entsprechenden Geschäftsanteile an die verbleibenden Gesellschafter bzw. einen Dritten übertragen oder den Anteil des säumigen Gesellschafters de-registrieren lassen und das Stammkapital entsprechend herabsetzen. Sollte dies innerhalb von sechs Monaten nicht geschehen, müssen die verbleibenden Gesellschafter die noch ausstehende Kapitaleinlage im Verhältnis zu ihren jeweiligen Stammeinlagen leisten.
Um dem säumigen Gesellschafter Rechtsschutz zu gewähren, sieht Art. 52 Abs. III eine 30-tägige Frist vor, in deren Laufe der vom Verlust betroffene Gesellschafter nach Erhalt der Verlustmitteilung gegen den Rechtsverlust beim Volksgericht klagen darf.
Zu beachten ist, dass sich der Verlust der Gesellschafterrechte, auf den nicht eingezahlten Teil der Gesellschaftsanteile beschränkt und damit nicht zwangsläufig zum völligen Ausschluss des säumigen Gesellschafters führen muss. Hat ein Gesellschafter beispielsweise bereits 60 % seiner gezeichneten Stammeinlage satzungsgemäß erbracht, verliert er nur 40 % seiner Anteile an der Gesellschaft. Dies kann zukünftig zu schwerwiegenden Störungen zwischen den Gesellschaftern und deren Entscheidungsfindung führen.
cc) Vorfälligkeit der Pflicht zur Erbringung der Stammeinlagen (Art. 54 GesellschaftsG)
Grundsätzlich gilt, dass Gesellschafter deren Stammeinlage bis zum letzten Tag der in der Satzung hierfür vorgesehenen Frist einzahlen müssen. Wie in Teil 1 dieses Beitrags (siehe oben)
bereits ausgeführt, darf die in der Satzung vorgesehene Frist zur Einzahlung des Stammkapitals fünf Jahre nach der Gesellschaftsgründung oder einer Erhöhung des Stammkapitals nicht mehr überschreiten.
Das GesellschaftsG enthält in Art. 54 eine Ausnahmeregelung zur Vorfälligkeit der Pflicht zur Erbringung von Stammeinlagen, nach der die Gesellschaft oder ihre Gläubiger von den Gesellschaftern verlangen dürfen, die gezeichnete Stammeinlage schon vor deren in der Satzung bestimmten Fälligkeit zu leisten, wenn die Gesellschaft „fällige Verbindlichkeit nicht begleichen kann“.
Bisher konnten die Gesellschafter nur im Rahmen eines Liquidationsverfahrens durch Gläubiger der Gesellschaft bzw. eines Insolvenzverfahrens durch den Insolvenzverwalter zur Leistung ihrer ausstehenden Stammeinlage aufgefordert werden. Nach dem novellierten GesellschaftsG können Gesellschafter nunmehr auch ohne ein Insolvenzverfahren zur sofortigen Leistung ihrer in der Satzung festgelegten und noch ausstehenden Stammeinlagen aufgefordert werden. Hierfür reicht es aus, dass die Gesellschaft fällige Verbindlichkeiten nicht erfüllen kann.
Der Wortlaut des Art. 54 lässt jedoch offen, wann ein Unternehmen seine „fällige Verbindlichkeit nicht begleichen kann”, und ob für eine Vorfälligkeit der Pflicht zur Erbringung von Stammeinlagen jede noch so geringfügige Verbindlichkeit ausreicht oder unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit eine erhebliche Verbindlichkeit bestehen muss.
Hinweis: Die Interpretation des Obersten Volksgerichts zum Insolvenzrecht der VR China enthält drei Voraussetzungen für die Bestimmung, ob ein Unternehmen fällige Verbindlichkeit nicht begleichen kann: (1) Existenz eines Schuldverhältnisses; (2) Fälligkeit der Schuld; und (3) Verzug des Schuldners. Bei dem Verzug kommt es auf das „äußere objektive Verhalten des Schuldners“ und nicht auf den Zustand seines Vermögens an. D.h. es kommt darauf an, dass der Schuldner nicht zahlt und nicht darauf, ob er in der Lage ist zu zahlen.
Unsere Empfehlung:
Unter Berücksichtigung der vorstehenden Neuerungen sollte die Höhe des Stammkapitals bei der Gründung der Gesellschaft so festgelegt werden, dass auf der einen Seite die Gesellschaft über ausreichend Stammkapital verfügt, um die bis zum Break-even anfallenden Kosten zu decken, und andererseits die Gesellschafter in der Lage sind deren Einlage innerhalb der maximal fünfjährigen Einzahlungsfrist oder - im Fall einer Zahlungsunfähigkeit oder Liquidation der Gesellschaft, sofern das Vermögen der Gesellschaft nicht ausreicht, um die Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu begleichen - sofort leisten können.
Ausländischen Investoren, welche vor dem 1. Juli 2024 gegründet haben und die Stammeinlage noch nicht oder nicht vollständig erbracht haben, wird empfohlen, den aktuellen Status der Einzahlung der Stammeinlage zu prüfen, und – soweit notwendig ”–” die noch ausstehende Stammeinlage zu erbringen, oder – soweit nicht möglich – das Stammkapital angemessen herabzusetzen.
Investoren, die beabsichtigen, mit einem oder mehreren Gesellschaftern ein Joint Venture zu gründen, sollten vorab deren finanzielle Situation prüfen, um das Risiko einer gesamtschuldnerischen Haftung im Falle einer Nichterbringung ihrer Stammeinlage zu minimieren.
Unter Berücksichtigung der vorstehenden Neuerungen sollte die Höhe des Stammkapitals bei der Gründung der Gesellschaft so festgelegt werden, dass auf der einen Seite die Gesellschaft über ausreichend Stammkapital verfügt, um die bis zum Break-even anfallenden Kosten zu decken, und andererseits die Gesellschafter in der Lage sind deren Einlage innerhalb der maximal fünfjährigen Einzahlungsfrist oder - im Fall einer Zahlungsunfähigkeit oder Liquidation der Gesellschaft, sofern das Vermögen der Gesellschaft nicht ausreicht, um die Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu begleichen - sofort leisten können.
Ausländischen Investoren, welche vor dem 1. Juli 2024 gegründet haben und die Stammeinlage noch nicht oder nicht vollständig erbracht haben, wird empfohlen, den aktuellen Status der Einzahlung der Stammeinlage zu prüfen, und – soweit notwendig ”–” die noch ausstehende Stammeinlage zu erbringen, oder – soweit nicht möglich – das Stammkapital angemessen herabzusetzen.
Investoren, die beabsichtigen, mit einem oder mehreren Gesellschaftern ein Joint Venture zu gründen, sollten vorab deren finanzielle Situation prüfen, um das Risiko einer gesamtschuldnerischen Haftung im Falle einer Nichterbringung ihrer Stammeinlage zu minimieren.
c) Legal Representative – Erweiterung des qualifizierten Personenkreises (Art. 10 GesellschaftsG)
Alle Gesellschaften in China müssen einen sog. Legal Representative haben. Der Legal Representative ist die Person, welche die Gesellschaft bei der Ausübung zivilrechtlicher Handlungen nach außen vertritt. In der Praxis betrifft dies insbesondere die Vertretung der Gesellschaft in Bank-, Behörden- und Gerichtsangelegenheiten.
Der Kreis der für die Position des Legal Representatives qualifizierten Personen ist im GesellschaftsG festgelegt. Nach dem Gesellschaftsgesetz von 2018 durften nur der General Manager, der Vorsitzende (Chairman) des Board of Directors oder der Geschäftsführende Direktor (Managing Director) als Legal Representative fungieren.
Seit dem 1. Juli 2024 darf gemäß Art. 10 Abs. I GesellschaftsG nun jedes Mitglied des Board of Directors und alle “Manager”, welche die „Angelegenheiten der Gesellschaft im Namen der Gesellschaft ausführen“, als Legal Representative bestellt werden (die Definition des “Managers” umfasst neben dem General Manager auch die anderen Mitglieder der Geschäftsführung wie bspw. CEO, CFO usw.).
Der Kreis der für die Ausübung der Funktion des Legal Representatives qualifizierten Personen ist zwar somit auf aktiv im Namen der Gesellschaft handelenden Personen eingeschränkt aber gegenüber dem Gesellschaftsgesetz von 2018 um alle Direktoren und Manager erweitert worden.
Dies sollte den Gesellschaftern die Auswahl erleichtern, wirft aber ein neues Problem auf: Aufgrund der weitreichenden Befugnisse, die der Legal Representative in China hat, und um eine effektive Kontrolle der Vertretung der Gesellschaft durch den Legal Representative zu gewährleisten, bestellen viele ausländische Investoren ein Mitglied der Geschäftsführung der ausländischen Muttergesellschaft als Legal Representative der chinesischen Tochtergesellschaft. Da diese jedoch in der Regel nicht vor Ort in China sind, stellt sich nunmehr die Frage, ob im Ausland befindliche Legal Representative die neu geschaffene Voraussetzung des „Ausführens der Angelegenheiten im Namen der Gesellschaft” nach dem neuen GesellschaftsG erfüllen, um sich somit als Legal Representative zu qualifizieren.
Unseres Erachtens sollte ein Direktor, der als Legal Representative bestellt werden soll, neben der bloßen Position als Direktor auch für andere Angelegenheiten des Unternehmens, sei es für das Management, Investitionen, Finanzen oder Rechtsangelegenheiten, zuständig sein, um die Qualifikationsanforderung nach Art. 10 Abs. I zu erfüllen. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie streng die Behörden diese Voraussetzung auslegen und deren Erfüllung prüfen werden.
Unsere Empfehlung:
Aufgrund der Tatsache, dass der Legal Representative in der Vergangenheit bei seiner Abberufung aktiv mitwirken musste und sich die Gesellschafter im Fall nicht einverständlichen Abberufung dadurch erpressbar gemacht haben, haben sich viele Gesellschafter in der Vergangenheit entschieden, die Funktion des Legal Representatives selbst zu übernehmen, auch wenn sie aufgrund des gesteigerten Haftungsrisikos und der oft fehlenden Kontrollmöglichkeiten diese Funktion oft nicht wahrnehmen wollten.
Die Erweiterung des Kreises der qualifizierten Personen in Verbindung mit der Fiktion nach Art. 10 Abs. III GesellschaftsG (siehe Teil 1 unseres Beitrages), bietet nunmehr solchen Gesellschaftern, die sich in der Vergangenheit nur deshalb als Legal Representative haben registrieren lassen, um sich nicht erpressbar zu machen, die Funktion des Legal Representatives mit dem damit einhergehenden Haftungsrisiko auf einen lokalen Manager zu übertragen.
Trotzdem sollten ausländische Investoren den Legal Representative aufgrund der Wichtigkeit, der Befugnisse sowie der potenziellen zivil-, verwaltungs- und strafrechtlichen Haftungsrisiken, die die Position als Legal Representative mit sich bringt, sorgfältig auswählen.
Aufgrund der Tatsache, dass der Legal Representative in der Vergangenheit bei seiner Abberufung aktiv mitwirken musste und sich die Gesellschafter im Fall nicht einverständlichen Abberufung dadurch erpressbar gemacht haben, haben sich viele Gesellschafter in der Vergangenheit entschieden, die Funktion des Legal Representatives selbst zu übernehmen, auch wenn sie aufgrund des gesteigerten Haftungsrisikos und der oft fehlenden Kontrollmöglichkeiten diese Funktion oft nicht wahrnehmen wollten.
Die Erweiterung des Kreises der qualifizierten Personen in Verbindung mit der Fiktion nach Art. 10 Abs. III GesellschaftsG (siehe Teil 1 unseres Beitrages), bietet nunmehr solchen Gesellschaftern, die sich in der Vergangenheit nur deshalb als Legal Representative haben registrieren lassen, um sich nicht erpressbar zu machen, die Funktion des Legal Representatives mit dem damit einhergehenden Haftungsrisiko auf einen lokalen Manager zu übertragen.
Trotzdem sollten ausländische Investoren den Legal Representative aufgrund der Wichtigkeit, der Befugnisse sowie der potenziellen zivil-, verwaltungs- und strafrechtlichen Haftungsrisiken, die die Position als Legal Representative mit sich bringt, sorgfältig auswählen.
d) Direktoren – Entschädigung der Direktoren bei Abberufung (Art. 71 GesellschaftsG)
Im Unterschied zum General Manager, der in der Regel seine Funktion auf der Grundlage eines mit der Gesellschaft abgeschlossenen Arbeitsvertrages erfüllt und für die Ausübung seiner Funktion einen Arbeitslohn erhält, haben Direktoren regelmäßig kein arbeitsvertragliches Verhältnis mit dem Unternehmen, für welches sie als Direktor fungieren.
Das GesellschaftsG sieht nunmehr in Art. 71 vor, dass für den Fall, dass die Gesellschafterversammlung einen Direktor vor Ablauf seiner Amtszeit ohne triftigen Grund durch einen Beschluss abruft, der grundlos abgerufene Direktor von der Gesellschaft eine Entschädigung verlangen kann.
Eine solche Abberufung ist nach Art. 71 GesellschaftsG an dem Tag wirksam, an dem der Beschluss gefasst wurde. Die rechtliche Wirkung der Abberufung des Direktors tritt daher mit der Beschlussfassung ein, und nicht erst mit der wirksamen Zustellung des Abberufungsbeschlusses an den abberufenen Direktor. Eine wirksame Zustellung des Abberufungsbeschlusses, welche in der Praxis oft an der Zurückweisung durch den Empfänger scheitert, ist daher nicht mehr erforderlich.
Nach den auf das Rechtsverhältnis zwischen der Gesellschaft und dem Direktor allgemein anwendbaren Bestimmungen zum Auftragsvertrag im Zivilgesetzbuch der VR China gilt, dass beide Parteien des Auftragsvertrages das Recht haben, den Vertrag jederzeit zu kündigen. Wenn jedoch eine Partei den Vertrag kündigt und dadurch der anderen Partei Schaden zufügt, so muss die kündigende Partei den durch die Kündigung verursachten unmittelbaren Schaden ersetzen. Bei einem entgeltlichen Auftragsvertrag muss die kündigende Partei der gekündigten anderen Partei neben dem unmittelbaren Schaden auch die Vorteile, die aus der Erfüllung des Vertrags hätten gezogen werden können, ersetzen.
Der Umfang der Entschädigung, die der Direktor von der Gesellschaft verlangen kann, besteht somit aus dem durch die Kündigung des Direktors unmittelbar erlittenen Verlust und, sollte sich um einen entgeltlichen Vertrag handeln, den Vorteilen, die der Direktor durch die Fortsetzung seiner Tätigkeit als Direktor hätte erzielen können.
Es stellt sich allerdings die Frage, welche Gründe als „triftig“ anzusehen sind und wie die Höhe der Entschädigung konkret zu berechnen ist, insbesondere wenn keine entsprechende Vereinbarung zwischen der Gesellschaft und dem Direktor getroffen wurde.
Unsere Empfehlung:
Um im Fall einer vorzeitigen Vertragsauflösung eventuelle Streitigkeiten mit Direktoren über deren Anspruch und die Höhe der Entschädigung vorzubeugen, empfehlen wir Unternehmen, mit den zu bestellenden Direktoren eine Vereinbarung abzuschließen, die zumindest die „triftigen” Abberufungsgründe, die Höhe der Entschädigung bzw. Kriterien für die Bestimmung der Höhe der Entschädigung vorsieht.
Alternativ können Unternehmen mit den Direktoren eine Vereinbarung über den Verzicht auf den Anspruch auf die Zahlung einer Entschädigung abschließen oder deren Höhe limitieren. Ob solche Vereinbarung von den Volksgerichten als wirksam anerkannt werden, bleibt jedoch abzuwarten.
Bei der Abberufung von Direktoren ist es weiter ratsam, eine schriftliche Erklärung von den Direktoren einzuholen, die bestätigt, dass es keine anhängigen Streitigkeiten oder Entschädigungsansprüche gegen die Gesellschaft gibt.
Um im Fall einer vorzeitigen Vertragsauflösung eventuelle Streitigkeiten mit Direktoren über deren Anspruch und die Höhe der Entschädigung vorzubeugen, empfehlen wir Unternehmen, mit den zu bestellenden Direktoren eine Vereinbarung abzuschließen, die zumindest die „triftigen” Abberufungsgründe, die Höhe der Entschädigung bzw. Kriterien für die Bestimmung der Höhe der Entschädigung vorsieht.
Alternativ können Unternehmen mit den Direktoren eine Vereinbarung über den Verzicht auf den Anspruch auf die Zahlung einer Entschädigung abschließen oder deren Höhe limitieren. Ob solche Vereinbarung von den Volksgerichten als wirksam anerkannt werden, bleibt jedoch abzuwarten.
Bei der Abberufung von Direktoren ist es weiter ratsam, eine schriftliche Erklärung von den Direktoren einzuholen, die bestätigt, dass es keine anhängigen Streitigkeiten oder Entschädigungsansprüche gegen die Gesellschaft gibt.
e) Aufsichtsrat – Ausnahmen von der Pflicht zur Einrichtung eines Aufsichtsrats
Das GesellschaftsG von 2018 sah für Gesellschaften mit beschränkter Haftung zwingend eine zweistufige Organstruktur vor, die u.a. ein Board of Directors und einen Aufsichtsrat beinhaltet. Der Aufsichtsrat wird dabei durch die Gesellschafter ernannt und hat unter anderem die Aufgabe, die Direktoren und das Management auf Basis der Gesellschaftssatzung und der allgemeinen Gesetze bei der Ausübung ihrer Pflichten zu überwachen, diese im Fall eines Verstoßes zur Korrektur aufzufordern und für den Fall, dass eine Korrektur trotz mehrfacher Aufforderung unterbleibt, den Gesellschaftern die Abberufung der rechtswidrig handelnden Direktoren vorzuschlagen.
Das neue GesellschaftsG weicht von dem Prinzip der zweistufigen Organstruktur ab und sieht in Art. 69 und Art. 83 zwei Ausnahmen vor, die es Unternehmen erlauben, eine einstufige Organstruktur einzuführen.
aa) Prüfungsausschuss im Board of Directors (Art. GesellschaftsG)
Art. 69 GesellschaftsG ermöglicht Unternehmen, als Alternative zum Aufsichtsrat einen sog. „Prüfungsausschuss“ („审计委员会“) innerhalb des Board of Directors einzurichten, der Aufgaben des Aufsichtsrates ausübt. Unternehmen, die einen „Prüfungsausschuss“ eingerichtet haben, dürfen daher auf die Ernennung eines gesonderten Aufsichtsrats verzichten.
Das Prinzip der zweistufigen Organstruktur beruht auf dem Gedanken, dass zusätzlich zum Board of Directors ein unabhängiges Kontrollorgan eingerichtet wird, welches direkt von den Gesellschaftern mit dem Ziel ernannt wird, das Direktorium und die Geschäftsleitung zu überwachen und die Interessen der Gesellschafter zu wahren. Da der Prüfungsausschuss nach Art. 69 GesellschaftsG jedoch selbst aus Direktoren besteht und u.a. die Aufgabe hat, das Board of Directors zu überwachen, stellt sich neben der Frage, ob Direktoren als Mitglieder des Prüfungsausschusses nicht in einen Interessenkonflikt geraten, insbesondere die Frage der Wirksamkeit einer solchen “Selbstüberwachung“.
bb) Ausnahme von der Pflicht zur Einrichtung des Aufsichtsrats für kleine Unternehmen (Art. 83 GesellschaftsG)
Eine weitere Ausnahme wurde in Art. 83 GesellschaftsG für „kleine“ Unternehmen oder Unternehmen mit einer „geringen Anzahl von Gesellschaftern“ (nachfolgend „Kleine Unternehmen“) eingeführt.
Nach dem Gesellschaftsgesetz von 2018 konnten Kleine Unternehmen anstatt der Einrichtung eines dreiköpfigen Aufsichtsrats einen Aufsichtsrat mit nur einem oder zwei Aufsichtsräten bestellen. Dies hatte – aus unternehmerischer Sicht – den Vorteil, dass kein Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat bestellt werden musste. Nunmehr dürfen Kleine Unternehmen nach Art. 83 GesellschaftsG anstatt eines dreiköpfigen Aufsichtsrats entweder einen (nicht jedoch zwei) Aufsichtsratsperson bestellen oder, soweit dies alle Gesellschafter einstimmig beschließen, auf einen Aufsichtsrat ganz verzichten.
Da Art. 75 GesellschaftsG Kleinen Unternehmen erlaubt, anstatt eines dreiköpfigen Board of Directors nur einen Direktor zu bestellen, ist nach dem Wortlaut des GesellschaftsG nicht klar, ob Kleine Unternehmen gleichzeitig auch von den Ausnahmen nach Art. 75 und Art. 83 GesellschaftsG Gebrauch machen dürfen. Bejahendenfalls dürften Kleine Unternehmen, die weniger als 300 Mitarbeiter haben, den Aufsichtsrat abberufen, ohne dafür einen Prüfungsausschuss einrichten zu müssen, und statt eines dreiköpfigen Board of Directors nur einen (Executive) Director bestellen. Somit wäre es Kleinen Unternehmen erlaubt, neben der Gesellschafterversammlung einen (Executive) Director als einziges Organ zu bestellen.
Unsere Empfehlung:
Obwohl der Zwang zu einer „zweistufigen“ Struktur durch das neue GesellschaftsG abgeschafft und den Unternehmen damit mehr Freiheit bei der Ausgestaltung der Organstruktur gewährt wurde, ist es aufgrund eines möglichen Interessenkonflikts im Fall eines Prüfungsausschusses überlegenswert, zumindest eine Aufsichtsratsperson beizubehalten, um eine effiziente Überwachung des Board of Directors und des Managements bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu gewährleisten.
Für Joint Ventures, die aktuell zwei Personen als Aufsichtsräte bestellt haben, von denen jeder die Interessen des JV-Partners wahrnimmt, durch den er ernannt wurde, stellt sich die Frage, wie der Aufsichtsrat zu besetzen ist, wenn nach dem neuen GesellschaftsG zwei Personen als Aufsichtsrat nicht mehr erlaubt sind. Eine Option ist, mit dem JV-Partner zu vereinbaren, dass nur ein Aufsichtsrat bestellt wird, wobei dieser wechselweise von einer der Parteien ernannt werden könnte. Die zweite Option ist, einen dritten Aufsichtsrat zu bestellen. Diese Option erachten wir jedoch als suboptimal, da der dritte Aufsichtsrat ein Arbeitnehmervertreter sein muss.
f) (General) Manager – Löschung des Befugniskatalogs (Art. 74 GesellschaftsG)
Gesellschaften in China haben optional einen (General) Manager, der durch das Board of Directors bestellt und abberufen wird und welcher sich dem gegenüber dem Board of Directors verantworten muss.
Das Gesellschaftsgesetz von 2018 sah in Art. 49 eine beispielhafte Aufzählung der Aufgaben und Befugnissen des (General) Managers vor, einschließlich der Pflicht zur Organisation der Umsetzung der Beschlüsse des Board of Directors, der Umsetzung des jährlichen Geschäfts- und Investitionsplans der Gesellschaft, der Ausarbeitung des Managementsystems und der Ausarbeitung der internen Regelungen der Gesellschaft.
Dieser Befugniskatalog mit der Aufzählung von Aufgaben und Befugnissen des (General) Managers wurde durch das GesellschaftsG ersatzlos abgeschafft. Art. 74 bestimmt nun lediglich, dass Manager ihre Aufgaben und Befugnisse gemäß der Satzung oder der Bevollmächtigung durch das Board of Directors ausüben müssen.
Der Grund für diese Änderung mag die Redundanz der beispielhaften Auflistung von Aufgaben und Befugnissen sein, die in der Praxis eher als Leitfaden für Unternehmen oder als eine Basisregelung im Falle von fehlender „Selbstregulierung“ durch das Unternehmen galt.
Das Gesellschaftsgesetz von 2018 sah in Art. 49 vor, dass nicht in der Aufzählung enthaltene Aufgaben und Befugnisse per Board Beschluss auf den (General) Manager übertragen werden durften. Darüber hinaus galt der Anwendungsvorrang der Satzung der Gesellschaft vor dem in Art. 49 Gesellschaftsgesetz von 2018 verankerten Befugniskatalog, wenn die Satzung eine davon abweichende oder darüberhinausgehende Regelung der Aufgaben und Befugnisse des (General) Managers vorsah.
Unsere Empfehlung:
Aufgrund der Abschaffung des Befugniskatalogs für den (General) Manager sollten die Aufgaben und Befugnisse des General Managers in dem mit dem (General) Manager abgeschlossenen Arbeitsvertrag und/oder der Gesellschaftssatzung ausformuliert werden. Alternativ oder bei aktuellem Bedarf können diese durch einen entsprechenden Beschluss des Board of Directors bestimmt oder ergänzt werden.
Es ist zu beachten, dass eine eventuelle Anpassung der im Arbeitsvertrag festgelegten Befugnisse des General Managers einer Zustimmung des General Managers bedarf. Eine Anpassung der Satzung ist durch den Beschluss der Gesellschafter und die Eintragung im Unternehmensregister möglich. Daher erscheint die Festlegung der Befugnisse des (General) Managers durch einen Beschluss des Board of Directors als die flexiblere Lösung.
Aufgrund der Abschaffung des Befugniskatalogs für den (General) Manager sollten die Aufgaben und Befugnisse des General Managers in dem mit dem (General) Manager abgeschlossenen Arbeitsvertrag und/oder der Gesellschaftssatzung ausformuliert werden. Alternativ oder bei aktuellem Bedarf können diese durch einen entsprechenden Beschluss des Board of Directors bestimmt oder ergänzt werden.
Es ist zu beachten, dass eine eventuelle Anpassung der im Arbeitsvertrag festgelegten Befugnisse des General Managers einer Zustimmung des General Managers bedarf. Eine Anpassung der Satzung ist durch den Beschluss der Gesellschafter und die Eintragung im Unternehmensregister möglich. Daher erscheint die Festlegung der Befugnisse des (General) Managers durch einen Beschluss des Board of Directors als die flexiblere Lösung.
g) Übertragung von Gesellschaftsanteilen
aa) Vereinfachung der Voraussetzungen für die Anteilsübertragung an Dritte (Art. 84 ff GesellschaftsG)
Nach dem Gesellschaftsgesetz von 2018 mussten Gesellschafter, die deren Gesellschaftsanteile an einen Dritten (Nicht-Gesellschafter) übertragen wollten, zunächst deren Mitgesellschafter über die geplante Übertragung schriftlich informieren und die Zustimmung von mehr als der ½ der Mitgesellschafter einholen. Die Mitgesellschafter hatten zu gleichen Bedingungen ein Vorkaufsrecht an den zu übertragenden Anteilen. Die Gesellschafter, die der Anteilsübertragung an Dritte nicht zustimmten, waren zum Erwerb der Anteile verpflichtet. Dieser Mechanismus stellte – soweit eine einfache Mehrheit der Gesellschafter der Anteilsübertragung zugestimmt hat – sicher, dass eine Anteilsübertragung nicht durch einen oder mehrere Gesellschafter blockiert werden konnte.
Das neue GesellschaftsG hat nun die Zustimmungserfordernis abgeschafft, wobei die Mitteilungspflicht und das Vorkaufsrecht beibehalten wurden. Nach Art. 84 GesellschaftsG muss nunmehr der seine Anteile veräußernde Gesellschafter seine Mitgesellschafter schriftlich über die Anzahl der zu übertragenden Anteile, deren Veräußerungspreis, die Zahlungskonditionen und den Zeitplan der geplanten Anteilsübertragung informieren.
Die verbleibenden Gesellschafter dürfen innerhalb von 30 Tagen nach Erhalt der schriftlichen Mitteilung des veräußernden Mitgesellschafters ihr Vorkaufsrecht ausüben. Reagieren die verbleibenden Gesellschafter innerhalb dieser Frist nicht, gilt dies als Verzicht auf ihr Vorkaufsrecht. Die Abschaffung des Zustimmungserfordernisses stellt eine weitere Vereinfachung der Anteilsübertragung durch einen Gesellschafter dar.
Art. 84 Abs. III GesellschaftsG erlaubt es jedoch den Gesellschaftern, die Voraussetzungen für die Anteilsübertragung in der Satzung abweichend zu vereinbaren. So können Gesellschafter die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anteilsübertragung in der Satzung bzw. dem Gesellschaftervertrag je nach Interessenlage entweder herabsetzen oder verschärfen, in demzusätzliche oder strengere Anforderungen für die Anteilsübertragung vereinbart werden.
bb) Gesamtschuldnerische Haftung des Veräußerers und des Erwerbers der Geschäftsanteile (Art. 88 GesellschaftsG)
Die vorstehend beschriebene Übertragung von Gesellschaftsanteilen ist eine gängige Methode, die Gesellschafterstellung aufzugeben, wenn nicht alle, sondern nur ein oder einige Gesellschafter die Gesellschaft nicht weiter fortführen möchten.
Für diesen Fall sieht das novellierte GesellschaftsG in Art. 88 Abs. I die gesamtschuldnerische Haftung des seine Gesellschaftsanteile veräußernden Gesellschafters und des Erwerbers für den Fall einer Anteilsübertragung bei noch nicht voll eingezahlter Stammeinlage vor. Das GesellschaftsG unterscheidet dabei zwischen zwei Szenarien abhängig davon, ob die Leistung der Stammeinlage zum Zeitpunkt der Anteilsübertragung fällig war oder nicht.
Übertragung vor Fälligkeit:
Überträgt ein Gesellschafter seinen Geschäftsanteil, für den die Leistung der Stammeinlage noch nicht fällig ist, übernimmt der Erwerber nach Art. 88 Abs. I GesellschaftsG die Verpflichtung zur Erbringung der Stammeinlage innerhalb der satzungsmäßigen Frist. Sollte der Erwerber die ausstehende Stammeinlage nicht satzungsgemäß, d.h. in voller Höhe zum Fälligkeitstermin, leisten, so trifft den veräußernden Gesellschafter eine Nachhaftung für den ausstehenden Betrag.
In diesem Fall haftet zunächst der Erwerber der Geschäftsanteile der Gesellschaft. Sollte der Erwerber nicht in der Lage sein, die ausstehende Stammeinlage in voller Höhe fristgemäß zu leisten, so haftet dann der veräußernde Gesellschafter für den Teil der fälligen Stammeinlage, den der Erwerber nicht geleistet hat.
Hierbei ist zu beachten, dass Art. 88 Abs. I GesellschaftsG keine Einschränkung der Nachhaftungspflicht für den Fall der mehrfachen Anteilsübertragungen vorsieht. D.h., sollte der Ersterwerber seinen Geschäftsanteil mit der ausstehenden Stammeinlage weiterveräußern, so darf die Gesellschaft oder die Gläubiger der Gesellschaft von den nachfolgenden Zweit- und Dritterwerbern die Übernahme der Nachhaftung in der Reihenfolge der Übertragung der Geschäftsanteile verlangen.
Übertragung nach Fälligkeit:
Überträgt ein Gesellschafter seinen Geschäftsanteil, für den die Stammeinlage bereits fällig ist, aber noch nicht fristgemäß geleistet wurde, so haftet der veräußernde Gesellschafter nach Art. 88 Abs. II GesellschaftsG gleichzeitig mit dem Erwerber gesamtschuldnerisch für den ausstehenden Betrag. Dies bedeutet, dass die Gesellschaft oder die Gläubiger der Gesellschaft ein Wahlrecht haben und die Leistung nach Belieben vom veräußernden Gesellschafter oder dem Erwerber verlangen dürfen.
Die gesamtschuldnerische Haftung nach Art. 88 Abs. II GesellschaftsG gilt auch für den Fall, dass die Stammeinlage in Form einer Sacheinlage bereits geleistet wurde, der tatsächliche Wert der Sacheinlage aber erheblich unter dem Betrag der gezeichneten Stammeinlage liegt.
Art. 88 Abs. II GesellschaftsG befreit jedoch den gutgläubigen Erwerber von dessen Haftung. Demnach haftet der Erwerber für den ausstehenden Betrag nicht, wenn der Erwerber beweisen kann, dass er zum Zeitpunkt des Erwerbs nicht wusste oder nicht hätte wissen müssen, dass die Stammeinlage nicht zu der in der Satzung vorgesehenen Frist in Gänze geleistet wurde oder nicht wusste oder nicht hätte wissen müssen, dass der tatsächliche Wert der als Stammeinlage geleisteten Sacheinlage erheblich unter dem Betrag der gezeichneten Stammeinlage lag.
Unsere Empfehlung:
Erwerber der Anteile an einer bestehenden Gesellschaft sollten darauf achten, dass der veräußernde Gesellschafter alle gesetzlichen und sich aus der Gesellschaftssatzung ergebende Vorgaben vor der Anteilsübertragung erfüllt hat. Insbesondere sollte darauf geachtet werden, dass die Benachrichtigung der verbleibenden Gesellschafter alle gesetzlich geforderten Informationen enthalten hat und diese den verbleibenden Gesellschaftern wirksam zugestellt wurde.
Durch die Abschaffung des Zustimmungserfordernisses in Art. 84 GesellschaftsG wurden die gesetzlichen Voraussetzungen für die Übertragung von Gesellschaftsanteilen an Dritte zugunsten des Veräußerers von Geschäftsanteilen, vereinfacht. Für die verbleibenden Gesellschafter als auch für den Erwerber kann diese Änderung einen Nachteil darstellen.
Da das GesellschaftsG den Gesellschaftern weiterhin Freiheit bei der Gestaltung der Voraussetzungen für die Anteilsübertragung gewährt, sollten Gesellschafter von Joint-Venture-Gesellschaften je nach Interessenlage deren Gesellschaftervereinbarung prüfen und, falls erforderlich, mit ihrem Joint-Venture-Partner einen für alle Parteien akzeptablen Mechanismus für die Anteilübertragung vereinbaren.
Eine Herabsetzung der gesetzlichen Voraussetzungen – die, wie wir finden, einen guten Interessenausgleich darstellen – sollte gut überlegt sein, da die verbleibenden Gesellschafter anderenfalls Gefahr laufen, einen ungewollten Mitgesellschafter aufgezwungen zu bekommen. Auf der anderen Seite sollte man die Hürden für eine Anteilsübertragung nicht zu hoch setzen, um im Fall eines Falles selbst die Möglichkeit einer Anteilsübertragung zu haben.
Im Hinblick auf Art. 88 GesellschaftsG sollte der ausscheidende Gesellschafter im Idealfall dessen Stammeinlage noch vor der Anteilsübertragung vollständig geleistet haben, um das Risiko der späteren Haftung für einen noch ausstehenden Betrag zu vermeiden. Andernfalls ist dem ausscheidenden Gesellschafter eine Prüfung der Zahlungsfähigkeit des Erwerbers anzuraten als auch die Aufnahme von entsprechenden Haftungs- und Schadenersatzklauseln im Anteilsübertragungsvertrag.
Der Erwerber von Gesellschaftsanteilen sollte hingegen prüfen, ob die Stammeinlage für den zu erwerbenden Geschäftsanteil vollständig und satzungsgemäß geleistet wurde. Zu diesem Zweck kann der Erwerber Einsicht in das chinesische Unternehmensregister nehmen. Darüber hinaus sollte der Erwerber von Gesellschaftsanteilen mit dem veräußernden Gesellschafter entsprechende Vertragsklauseln zum Schutz seiner Rechte festlegen.
Erwerber der Anteile an einer bestehenden Gesellschaft sollten darauf achten, dass der veräußernde Gesellschafter alle gesetzlichen und sich aus der Gesellschaftssatzung ergebende Vorgaben vor der Anteilsübertragung erfüllt hat. Insbesondere sollte darauf geachtet werden, dass die Benachrichtigung der verbleibenden Gesellschafter alle gesetzlich geforderten Informationen enthalten hat und diese den verbleibenden Gesellschaftern wirksam zugestellt wurde.
Durch die Abschaffung des Zustimmungserfordernisses in Art. 84 GesellschaftsG wurden die gesetzlichen Voraussetzungen für die Übertragung von Gesellschaftsanteilen an Dritte zugunsten des Veräußerers von Geschäftsanteilen, vereinfacht. Für die verbleibenden Gesellschafter als auch für den Erwerber kann diese Änderung einen Nachteil darstellen.
Da das GesellschaftsG den Gesellschaftern weiterhin Freiheit bei der Gestaltung der Voraussetzungen für die Anteilsübertragung gewährt, sollten Gesellschafter von Joint-Venture-Gesellschaften je nach Interessenlage deren Gesellschaftervereinbarung prüfen und, falls erforderlich, mit ihrem Joint-Venture-Partner einen für alle Parteien akzeptablen Mechanismus für die Anteilübertragung vereinbaren.
Eine Herabsetzung der gesetzlichen Voraussetzungen – die, wie wir finden, einen guten Interessenausgleich darstellen – sollte gut überlegt sein, da die verbleibenden Gesellschafter anderenfalls Gefahr laufen, einen ungewollten Mitgesellschafter aufgezwungen zu bekommen. Auf der anderen Seite sollte man die Hürden für eine Anteilsübertragung nicht zu hoch setzen, um im Fall eines Falles selbst die Möglichkeit einer Anteilsübertragung zu haben.
Im Hinblick auf Art. 88 GesellschaftsG sollte der ausscheidende Gesellschafter im Idealfall dessen Stammeinlage noch vor der Anteilsübertragung vollständig geleistet haben, um das Risiko der späteren Haftung für einen noch ausstehenden Betrag zu vermeiden. Andernfalls ist dem ausscheidenden Gesellschafter eine Prüfung der Zahlungsfähigkeit des Erwerbers anzuraten als auch die Aufnahme von entsprechenden Haftungs- und Schadenersatzklauseln im Anteilsübertragungsvertrag.
Der Erwerber von Gesellschaftsanteilen sollte hingegen prüfen, ob die Stammeinlage für den zu erwerbenden Geschäftsanteil vollständig und satzungsgemäß geleistet wurde. Zu diesem Zweck kann der Erwerber Einsicht in das chinesische Unternehmensregister nehmen. Darüber hinaus sollte der Erwerber von Gesellschaftsanteilen mit dem veräußernden Gesellschafter entsprechende Vertragsklauseln zum Schutz seiner Rechte festlegen.
h) Schutz und Austrittsrecht von Minderheitsgesellschaftern (Art. 89 GesellschaftsG)
Grundsätzlich dürfen die Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nicht beliebig aus der Gesellschaft ausscheiden. In der Praxis kann es jedoch leicht zu Interessenkonflikten zwischen den Gesellschaftern kommen, die zu einer Patsituation bei Abstimmungen führen, welche sich negativ auf den Unternehmensbetrieb auswirken können.
Das Gesellschaftsgesetz von 2018 sah in Art. 74 daher drei Umstände vor, im Rahmen derer Gesellschafter den Austritt aus der Gesellschaft geltend machen und die Gesellschaft verpflichten durften, den Anteil des ausscheidenden Gesellschafters zu einem angemessenen Preis zurückzukaufen. Ein Austrittsgrund bestand beispielsweise bei einem Beschluss zum Zusammenschluss mit einer anderen Gesellschaft, dem Beschluss zur Übertragung von wichtigem Vermögen, oder dem Beschluss zum Fortbestehen der Gesellschaft, obwohl einer der in der Satzung festgelegten Liquidationsgründe eingetreten ist. Das „Austrittsrecht“ konnte nach Art. 74 des Gesellschaftsgesetz von 2018 jedoch nur dann rechtmäßig geltend gemacht werden, wenn der austretende Gesellschafter gegen den jeweiligen Beschluss gestimmt hat. Die vorstehend beschriebenen Regelungen gelten nach Art. 89 Abs. I des novellierten GesellschaftsG weiter.
Neben den in Art. 89 Abs. I GesellschaftsG vorstehend aufgeführten Rechten hat ein Minderheitsgesellschafter nach Art. 89 Abs. III GesellschaftsG nunmehr zusätzlich das Recht, von der Gesellschaft zu verlangen, dass diese dessen Gesellschaftsanteile zu einem angemessenen Preis erwirbt, wenn der Mehrheitsgesellschafter seine Gesellschafterrechte missbraucht und damit die Interessen des Unternehmens oder anderer Gesellschafter ernsthaft beeinträchtigt hat. Dem Wortlaut des Art. 89 Abs. III GesellschaftsG zufolge muss eine Kausalität zwischen Missbrauch und Interessensbeeinträchtigung vorliegen.
Die von der Gesellschaft erworbenen Anteile sind dann innerhalb von sechs Monaten zu übertragen oder zu de-registrieren.
Unsere Empfehlung:
Das GesellschaftsG definiert nicht, welche Falle einen „Missbrauch von Gesellschafterrechten” und eine „ernsthafte Beeinträchtigung der Interessen des Unternehmens oder anderer Gesellschafter“ darstellen. Es empfiehlt sich daher bereits bei der Gesellschaftsgründung im Rahmen des Gesellschaftervertrages die Voraussetzungen für den Ausstieg aus der Gesellschaft präzise zu formulieren. Darüber hinaus sollten Methoden für die Berechnung einer angemessenen Abfindung festgelegt werden, um potenziellen Streitigkeiten über die Höhe der Abfindung vorzubeugen.
Das GesellschaftsG definiert nicht, welche Falle einen „Missbrauch von Gesellschafterrechten” und eine „ernsthafte Beeinträchtigung der Interessen des Unternehmens oder anderer Gesellschafter“ darstellen. Es empfiehlt sich daher bereits bei der Gesellschaftsgründung im Rahmen des Gesellschaftervertrages die Voraussetzungen für den Ausstieg aus der Gesellschaft präzise zu formulieren. Darüber hinaus sollten Methoden für die Berechnung einer angemessenen Abfindung festgelegt werden, um potenziellen Streitigkeiten über die Höhe der Abfindung vorzubeugen.
Autoren:
Rainer Burkardt, Managing Director, Burkardt & Partner, Shanghai, VR China
Ondřej Zapletal, Rechtsberater, Burkardt & Partner, Shanghai, VR China
Hinweis auf Fortsetzung:
In Kürze wird dieser Artikel um den folgenden Beitrag ergänzt werden:
- Teil 3 “Andere wichtige Neuerungen, die Unternehmen kennen müssen (B)“