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China, Indien oder Russland? Auslandsdienstreisen kraft Direktionsrecht

Manche Arbeitnehmer freuen sich über Auslandsdienstreisen und die Abwechslung vom Arbeitsalltag, andere versuchen Dienstreisen möglichst zu vermeiden. Aufgrund der sich ständig ausweitenden Internationalisierung von Wirtschaftsverkehr und Arbeitsleben, stehen Arbeitgeber häufig vor der Herausforderung zu entscheiden, ob ihr Direktionsrecht die einseitige Anordnung einer Dienstreise umfasst, oder nicht.

1. Weisungsrecht

Klarheit konnte eine arbeitsrechtliche Leitentscheidung bringen. Im September 2017 hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (LAG) einen Fall zugunsten des Arbeitgebers entschieden (Az. 4 Sa 3/17). Das LAG hatte – vereinfacht dargestellt – darüber zu entscheiden, ob die beklagte Arbeitgeberin berechtigt ist, den klagenden Arbeitnehmer auf eine dreitägige Dienstreise nach China zu schicken. Der Kläger war seit 1980 als Projekt- und Konstruktionsingenieur im Werk W. der Beklagten beschäftigt, die weltweit Maschinen entwickelt und verkauft. Die Erstattung durch Dienstreisen verursachter Reisekosten war im Arbeitsvertrag vorgesehen. Weitere Regelungen zu Arbeitsort oder Direktionsrecht gab es nicht. Der Kläger empfand die zuletzt angetretene Dienstreise nach China durch Umstände vor Ort als schikanös und befürchtete weitere unangenehme Dienstreisen, um ihn letztendlich aus dem Betrieb zu drängen. Daher sollte das LAG feststellen, dass der Kläger weder durch Arbeitsvertrag noch Direktionsrecht (§ 106 GewO) der Arbeitgeberin dazu verpflichtet ist, Auslandsdienstreisen anzutreten.
Das LAG bestätigte jedoch das Recht der Arbeitgeberin, die Auslandsdienstreise einseitig anzuordnen. Entscheidend sei, ob die im Arbeitsvertrag „versprochenen Dienste“ ihrer Natur nach mit gelegentlichen Auslandseinsätzen verbunden sein können. Im amtlichen Leitsatz führte das LAG aus, dass das angesichts der zunehmenden Internationalisierung im Wirtschaftsleben für einen Großteil der Berufsbilder zutreffen dürfte. Anknüpfungspunkt seien dabei das Berufsbild und das Tätigkeitsprofil. Im konkreten Fall war hierfür ausreichend, dass die Maschinen der Beklagten weltweit entwickelt und ausgeliefert werden. Damit beinhalte auch das konkrete Berufsbild des Projekt- und Konstruktionsingenieurs gelegentliche Auslandsdienstreisen zur qualifizierten Betreuung der Maschinen.
Für Arbeitgeber ein erfreuliches Urteil, denn viele Unternehmen agieren heutzutage in einem internationalisierten wirtschaftlichen Umfeld mit der Folge, dass sich auch für einen Großteil der Beschäftigten das Berufsbild gewandelt haben dürfte, hin zu mehr Flexibilität und internationaler Ausrichtung.

2. Arbeitszeit

Was die Reisezeit betrifft, so gilt diese grundsätzlich nur dann als Arbeitszeit, wenn der Arbeitnehmer konkrete Vorgaben vom Arbeitgeber erhält. Eine Ausnahme von dieser Grundregel gilt jedoch für Außendienstmitarbeiter: Nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom September 2015 zählt bei Mitarbeitern im Außendienst die Anreise zum ersten Termin sowie die Rückreise vom letzten Termin zur Arbeitszeit. In der Leitentscheidung wurde vorgebracht, dass Außendienstmitarbeiter nämlich während dieser Fahrzeit dem Arbeitgeber zur Verfügung stehen und dessen möglicherweise kurzfristige Anweisungen zur Reihenfolge der Termine befolgen müssen – folglich muss diese Zeit als “Arbeitszeit” eingestuft werden.
Weitergehende Informationen zur Frage, wann die Reisezeit bei Auslandsentsendungen vergütet werden muss, finden Sie in unserem Artikel “Vergütung von Auslandsdienstreisen”.