EU-Exportkontrollgesetz neu gefasst
Novelle der Dual-Use-Verordnung
Die EU hat das Gesetz zur Regelung der Ausfuhr von Dual-Use-Gütern novelliert. Die neue Verordnung (EU) 2021/821 ist seit 9. September 2021 in Kraft. Sie legt fest, wann und welche Güter, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden können, bei der Ausfuhr genehmigungspflichtig sind. Welche Regeln gelten?
1. Welche Erleichterungen bringt das reformierte Gesetz?
Neue Allgemeine Genehmigungen (AGG) erleichtern die Ausfuhr von genehmigungspflichtiger Software und Technologie im Konzernverbund (Nr. EU007) sowie die Ausfuhr von Gütern der Verschlüsselung (Encryption) (Nr. EU008). Voraussetzung für die Nutzung der AGG Nr. EU007 ist, dass der Ausführer ein innerbetriebliches Exportkontrollsystem (Internal Compliance System ICP) eingerichtet hat. Neu ist auch ein neuer Genehmigungstyp für Großprojekte mit einer längeren Laufzeit. Eine inhaltliche Neuerung ist, dass die Erbringung technischer Unterstützung jetzt EU-weit einheitlich geregelt ist, statt wie bisher national (Artikel 8).
2. Welche Verschärfungen bringt das reformierte Gesetz?
Besonderes Augenmerk erfordern zwei neue Catch-all-Regelungen, bei denen es um mögliche Beschränkungen bei ungelisteten Gütern geht. Die bisherigen kritischen Verwendungszwecke wurden ausgeweitet.
Artikel 5
Die reformierte Dual-Use-Verordnung sieht Beschränkungen für ungelistete Güter der digitalen Überwachung vor, wenn diese im Zusammenhang mit interner Repression und/oder schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen verwendet werden könnten.
Artikel 9 und 10
Ebenso regelt die Verordnung, dass jeder EU-Mitgliedsstaat für nicht in Anhang I gelistete Güter aus Gründen der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Verhinderung von Terroranschlägen, oder aus Menschenrechtserwägungen die Ausfuhr untersagen oder unter eine Genehmigungspflicht stellen kann. Solche nationalen Kontrolllisten werden im EU-Amtsblatt veröffentlicht. Die Ausfuhr solcher national gelisteten Güter ist genehmigungspflichtig, wenn das BAFA den Ausführer förmlich darüber unterrichtet hat, dass die Güter für kritische Verwendungen im Sinn von Artikel 9 (öffentliche Sicherheit, Menschenrechtserwägungen) bestimmt sind oder sein können.
3. Was ist unverändert geblieben?
Es ist nicht alles neu in der Verordnung. Hier finden Sie einige wichtige Punkte:
Definition des Ausführers
Ausführer ist weiterhin derjenige, der Vertragspartner des Empfängers der Waren im Drittland ist und der über die Versendung der Güter aus dem Zollgebiet der Union bestimmt (Artikel 2, Nr. 3). Somit kann es weiterhin zu Abweichungen zwischen dem zollrechtlichen Ausführer und dem außenwirtschaftsrechtlichen Ausführer kommen.
Catch-all-Regelung (Artikel 4)
Die bisherige Catch-all-Regelung aus Artikel 4, die regelt, dass nicht-gelistete Dual-Use-Güter bei sensitiven Verwendungszwecken genehmigungspflichtig sind, bleibt inhaltlich gleich. Der neue Artikel 4 wurde allerdings neu sortiert. Wenn innerbetriebliche Exportkontrollsysteme auf diesen Artikel verweisen, ist eine Anpassung der Nummerierung erforderlich.
Informationspflicht bei Verbringung von gelisteten Gütern innerhalb der EU
Unverändert bleibt die Pflicht, bei der Verbringung von in Anhang I gelisteten Gütern innerhalb der EU ausdrücklich vermerken zu müssen, dass diese Güter bei Ausfuhr aus der EU genehmigungspflichtig sind (Artikel 11, Absatz 9). Dieser Vermerk muss in den „einschlägigen Geschäftspapieren” erfolgen, zum Beispiel dem Kaufvertrag, der Auftragsbestätigung oder der Rechnung.
Anhang I und Anhang IV
Die Anhänge I und IV (diese enthalten die Güterlisten) bleiben bestehen. Anhang I listet diejenigen Dual-Use-Güter, deren Ausfuhr in Drittländer genehmigungspflichtig sind. Anhang IV ist eine Teilmenge von Anhang I und listet besonders sensible Güter, bei denen bereits eine Verbringung innerhalb der EU genehmigungspflichtig ist.
Allgemeine Genehmigungen (AGG)
Die bisherigen Allgemeinen Genehmigungen bleiben mit kleineren redaktionellen Änderungen bestehen, inhaltliche Änderungen gibt es keine. Weiterhin haben EU-AGG Vorrang vor nationalen AGG. Einzige Ausnahme: Unternehmen, für deren Ausfuhr von Verschlüsselungsgütern sowohl die neue EU008 als auch die AG Nr. 16 in Frage kommt, dürfen wählen.
4. Was müssen Unternehmen tun?
- Unternehmen müssen sich mit den Auflagen auseinandersetzen und ihre innerbetrieblichen Exportkontrollprozesse ggf. anpassen. Dabei kann Anhang V der Verordnung helfen, der in tabellarischer Form die Artikel der alten und der neuen Verordnung gegenüberstellt (Entsprechungstabelle).
- Da es erstmals eine Definition des Internal Compliance Programme (ICP) gibt und dieses als Voraussetzung für die Nutzung der AGG Nr. EU007 gilt, sollten Unternehmen, die noch nicht über ein ICP verfügen, eines installieren. Die Bedeutung des ICP nimmt zu.
5. Inkrafttreten der Verordnung
Die neue EU-Dual-Use-Verordnung ist seit 9. September 2021 in Kraft. Alle Anträge auf Ausfuhrgenehmigung, die ab diesem Datum gestellt wurden, bescheidet das BAFA nach der neuen Gesetzesgrundlage. Über Anträge, die vor dem 9. September 2021 gestellt wurden, entscheidet das BAFA jedoch nach der alten Verordnung (EG) 428/2009, auch wenn diese mit Inkrafttreten der neuen Verordnung aufgehoben wird.
Ausfuhrgenehmigungen, die das BAFA vor dem 9. September 2021 erteilt hat, sowie Auskünfte zur Güterliste gelten fort. Das gilt auch für Nullbescheide, es sei denn es handelt sich um ein Gut zum Zweck der digitalen Überwachung. In diesem Fall könnte eine erneute Prüfung des Ausfuhrvorhabens erforderlich werden.
6. Wo gibt es Informationen?
Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) informiert in zwei Merkblättern zur novellierten Verordnung: