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"Mr. President-elect, wie halten Sie's mit der Wirtschaftspolitik?"
Donald Trump zieht erneut ins Weiße Haus ein. Nach einem harten und polarisierten Wahlkampf steht nun die Entscheidung fest: die US-Bürger wählen den 45. auch zum 47. Präsidenten. Damit ist Donald Trump kein einmaliges Phänomen mehr, sondern prägt eine ganze Dynastie der US-Politik. Diese US-Wahl hat besondere Bedeutung für die deutsche Wirtschaft.
Ein Beitrag von Patrick McCown, Policy Manager, Representative of German Industry and Trade (RGIT), Washington, DC, USA.
Ein Beitrag von Patrick McCown, Policy Manager, Representative of German Industry and Trade (RGIT), Washington, DC, USA.
Die politische Lage
© René DeAnda auf Unsplash
Deutschland und die USA verbinden Gemeinsamkeiten, die über geteilte Geschichte hinausgehen. Beide Länder einen das liberale demokratische Selbstverständnis, geteilte Werte und Kultur sowie tiefgreifende wirtschaftliche Beziehungen. Gerade deshalb verwundert es wenig, dass in Deutschland die US-Wahlen nicht bloß im politischen Berlin aufmerksam verfolgt wurden, sondern auch am Küchentisch, in der Schule und beim mittelständischen Unternehmen in der Region Stuttgart.
Donald Trumps Wahlkampf überzeugte die US-Wähler bei den Themen Wirtschaft, Inflation, Sicherheit und Einwanderung mehr als die Ideen von Harris. Dabei hatten konkrete politische Inhalte bei der Wahlentscheidung vieler Wähler wohl nur bedingt Einfluss. Vielmehr war die Wahl für viele eine Personenwahl, dominiert von wirtschaftlichen Abstiegsängsten.
Trumps Ankündigungen verraten zwar etwas über die politischen Ziele seiner Amtszeit, doch stellt sich nun erneut die Gretchenfrage: wie hat Donald Trump es mit der Wirtschaftspolitik? Und welche Konsequenzen ergeben sich für die deutsche Wirtschaft?
Trumps Ankündigungen verraten zwar etwas über die politischen Ziele seiner Amtszeit, doch stellt sich nun erneut die Gretchenfrage: wie hat Donald Trump es mit der Wirtschaftspolitik? Und welche Konsequenzen ergeben sich für die deutsche Wirtschaft?
Lektionen aus Trumps erster Amtszeit und eine Reihe an Wahlversprechen zeichnen ein durchwachsenes Bild. In Washington geht man längst davon aus, dass Trumps zweite Amtszeit anders als die erste wird: koordinierter, schneller, entschiedener.
Welche Folgen wird Trumps Wirtschaftspolitik für den transatlantischen Handel haben und was bedeutet es für die deutschen Investitionen in den USA?
Die Wirtschaftspolitik von Donald Trump
© Gerd Altmann auf Pixabay
Donald Trumps Wirtschaftspolitik in der ersten Amtszeit war charakterisiert durch Steuersenkungen für Unternehmen und Privatpersonen, Deregulierung in der Energie- und Finanzpolitik und eine eher protektionistische Handelspolitik (vor allem vis-à-vis China). In der Technologiepolitik verschärfte seine Administration Exportkontrollen von kritischen Technologien wie Halbleitern. Im Wahlkampf 2016 war Trump noch ein Befürworter des Schuldenabbaus in den USA, allerdings wuchs in seiner ersten Amtszeit durch Steuersenkungen und die Corona-Hilfsgelder die Verschuldung der USA auf Rekordniveau seit dem Zweiten Weltkrieg an. Vor dem Beginn der Corona-Pandemie prägten niedrige Arbeitslosigkeit und wachsende Realeinkommen seine Präsidentschaft. Auch dieser Kontrast zur höheren Inflation während Joe Bidens Amtszeit verstärkte bei vielen US-Amerikanern das Gefühl eines gesellschaftlichen Abstiegs, obwohl die Wirtschaft wächst.
In seiner anstehenden zweiten Amtszeit dürfte es einige Abweichungen von der Politik seiner ersten Amtszeit geben. Das Steuersenkungspaket aus seiner ersten Amtszeit läuft 2025 aus. Trump steht nach wie vor hinter seinem Steuerpaket und möchte viele Provisionen permanent umsetzen, die Unternehmenssteuer erneut absenken, auf 15 bis 20 Prozent. Einen Plan zur Finanzierung legte er bisher nicht vor, erklärte aber in anderen Kontexten, Einnahmen mit neuen und erhöhten Zöllen zu generieren. Die Deregulierung in der Energiewirtschaft dürfte er auch in einer zweiten Amtszeit verfolgen. Trump spricht in diesem Zusammenhang von einer „Entfesselung“ der US-Öl- und Gasindustrie, obwohl diese während Bidens Präsidentschaft Rekordniveaus in der Förderung erreichte. In der Realität kann er den Unternehmen kaum diktieren die Fördermengen zu erhöhen, wohl aber kann er mehr Flächen für potenzielle Bohrungen ausweisen und Umweltauflagen reduzieren. Generell möchte Trump Bidens Umwelt- und Klimapolitik rückabwickeln. Ein Prozess, der bis zu zwei oder mehr Jahre in Anspruch nehmen könnte, weil geordnete Regulierungsverfahren durchlaufen werden müssten. Inwiefern es ihm möglich sein wird, den gesamten oder (sehr viel wahrscheinlicher) Teile von Bidens Klimainvestitionspaket, dem Inflation Reduction Act, zurückzunehmen, hängt von den Mehrheiten im Kongress ab (zum Redaktionsschluss des Artikels stand das Mehrheitsverhältnis im Repräsentantenhaus noch nicht fest). Generell gilt es aber als unwahrscheinlich, dass der Kongress ein von ihm verabschiedetes Gesetz vollständig zurücknimmt, in diesem Fall, auch weil republikanische Landkreise vom Gesetz profitieren.
Höhere Zölle auf Importe
Trumps protektionistische Handelsagenda könnte verschärft werden. Sein ehemaliger Handelsrepräsentant Robert Lighthizer könnte in derselben oder anderer Funktion zurückkehren. Das Ziel, amerikanische Arbeitsplätze zu schützen, will Trump mit höheren Zöllen, nicht nur gegen China, sondern auf alle Importe in die USA erreichen. Dabei muss sich auch die EU auf Zölle von 10 bis 20 oder gar 50 Prozent einstellen. Diese sieht Trump als Verhandlungsmasse für durch ihn verhandelte Abkommen, auch wenn der Raum dafür mit der EU klein sein dürfte. Instrumente zur Wirtschaftssicherheit, wie Exportkontrollen oder Outbound-Investitionskontrollen dürften verschärft und die Liste an betroffenen kritischen Sektoren ausgeweitet werden. Auch JD Vance befürwortete in der Vergangenheit mehrfach eine verschärfte Anwendung der US-Antimonopolgesetze und kritisierte (wie Biden übrigens auch) öffentlichkeitswirksam die geplante Übernahme des US-Stahlkonzerns US Steel durch die japanische Nippon Steel Corporation. Beim Thema KI und digitale Währungen streben Trump und Vance ebenfalls eine Deregulierung an.
Der Ausblick für deutsche Unternehmen
Donald Trumps Wiederwahl stellt die deutsche Wirtschaft vor eine Herausforderung: die Rückkehr des Protektionismus, nicht nur gegenüber China, sondern auch gegenüber Verbündeten. Handelsbilanzüberschüsse könnten bald wieder als Gefährdung der nationalen Sicherheit der USA bewertet und Deutschland als Währungsmanipulator bezeichnet werden. Dass die Währungspolitik der EU nicht aus Berlin gesteuert wird, ist Trumps Handelsberatern egal. Die Konsequenzen dieser Politik werden allerdings die US-Bürger ebenso treffen wie die deutsche Exportwirtschaft und ihre Arbeitsplätze.
Zweifelsfrei ist die politische Lage in den USA angespannt. Die Attraktivität der US-Wirtschaft, beziehungsweise den US-Binnenmarkt, betrifft das jedoch wenig. Dieser tritt als Konstante auf in Zeiten politischer Verwerfungen und großer Transformationen. Seit der Erholung nach der Finanzkrise von 2007/08 wuchs die US-Wirtschaft im Durchschnitt jährlich über zwei Prozent. Wachstum, an dem auch deutsche Tochterunternehmen und Exporteure beteiligt sind, denn die wirtschaftlichen Verflechtungen reichen tief. Deutschland ist in den USA Stand 2023 mit 658 Milliarden US-Dollar investiert. Das Handelsvolumen zwischen den beiden Ländern betrug 2023 252,6 Milliarden Euro. Damit haben die USA China als Deutschlands wichtigsten Handelspartner abgelöst. Selbst als in Trumps erster Amtszeit die deutsch-amerikanischen Beziehungen öffentlich angespannt waren, zeichneten die deutschen Investitionen in den USA ein Bild der Stabilität. Der US-Markt ist resilient und dynamisch, steht aber vor großen Herausforderungen. Die politischen Differenzen innerhalb der US-Politik ändern an der Attraktivität des US-Markts jedoch nichts.
Trotz der Skepsis in der deutschen Wirtschaft gegenüber Donald Trump gab es unter ihm starkes Wachstum und niedrige Arbeitslosigkeit in den USA. Während seiner ersten Amtszeit (2017 bis 2020) stiegen die deutschen Direktinvestitionen in die USA um circa 57 Prozent im Vergleich zu 2016, ein Trend, der sich unter der Biden-Administration fortgesetzt hat. Deutsche Unternehmen sind der drittgrößte ausländische Investor in den USA. Die optimistische Stimmung mit Blick auf den US-Markt belegt auch die GABO-Umfrage der AHKs. Dort gaben 96 Prozent der deutschen Tochterunternehmen an, in den kommenden drei Jahren weiter in den USA investieren zu wollen, 40 Prozent der Befragten mit mehr als fünf Millionen Euro, 30 Prozent mit mehr als zehn. Die Chancen im US-Markt sind eine Konstante, auch für deutsche Firmen.
Die zunehmend stärker auf das Inland gerichtete Wirtschaftspolitik der USA wird unter Präsident Trump nochmal zunehmen. Historisch kam und ging die Unterstützung für Freihandel in den USA in Wellen. Zurzeit dominieren die Sorgen um die Konkurrenz aus China, nicht nur zum Leid der deutschen Exportwirtschaft, sondern auch der US-Exporteure und Konsumenten. Der Appetit für neue Freihandelsabkommen ist insgesamt niedrig, Marktzugang spielt keine Rolle. Trotzdem besteht auch nach der Wahl die Chance, an den Wachstumspotenzialen des US-Marktes teilzuhaben.
Nicht-tarifäre Handelshemmnisse bestehen oft im Geschäft mit der US-Regierung und staatlichen Anreizprogrammen, seltener im freien Markt. Mit einem Standort in den USA und einer sorgsamen Gestaltung von Lieferketten lassen sich viele Hürden im US-Geschäft umgehen. Die Auslandshandelskammern in den USA bieten hier Beratungsmöglichkeiten für den Einstieg.
RGIT monatliche Washington News:
RGIT, das Gemeinschaftsbüro der Wirtschaftsverbände DIHK und BDI berichtet in regelmäßigen Newslettern über Entwicklungen im politischen Washington. RGITs monatliche Washington News können hier abonniert werden: https://www.rgit-usa.com/publications.
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Patrick McCown ist Policy Manager für Energie- und Klimapolitik bei RGIT, dem Verbindungsbüro der DIHK und des BDI in Washington, DC. Vorher sammelte er Erfahrung im Consulting deutscher Unternehmen bei der AHK Atlanta, in der Arbeitsmarktforschung am IWAK in Frankfurt und in der lokalen Wirtschaftspolitik bei der IHK Osnabrück. Seinen Masterabschluss in Politikwissenschaft erhielt er von der Goethe Universität Frankfurt und einen Bachelorabschluss von der Universität Freiburg, mit einem Aufenthalt am UCL London. Als Kind eines US-amerikanischen Vaters und einer deutschen Mutter fühlt sich Patrick an der Schnittstelle beider Kulturen beheimatet.
Veranstaltungshinweise:
19.11.2024 Baden-Württembergischer Internationaler Beratungstag (IBT) in der IHK Region Stuttgart
Veranstaltungsort: IHK Region Stuttgart
Am IBT ist unter anderen die AHK USA vor Ort in Stuttgart und bietet aktuelle Einschätzungen und Beratungen für am amerikanischen Markt interessierte Unternehmen. Registrieren Sie sich noch heute für exklusive Beratungsgespräche mit unseren Länderexpertinnen und -experten aus den Vereinigten Staaten.
20.11.2024: GlobalConnect Konferenz – Globalization at stake? Diversification under growing protectionism
Veranstaltungsort: Haus der Wirtschaft, Stuttgart
Unter dem Motto Globalization at stake? Diversification under growing protectionism finden Vorträge und Podiumsdiskussionen zu geopolitischen Themen und dem internationalen Geschäft im Haus der Wirtschaft statt. Freuen Sie sich auf hochkarätige Sprecher wie Winfried Kretschmann, Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg und Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg.
Es erwarten Sie Beiträge zu den Chancenmärkten in Asien, Künstliche Intelligenz in der Außenwirtschaft, Arbeitseinsätze von Mitarbeitenden im Ausland und vieles mehr.
Weitere Informationen zum Programm und zur Registrierung finden Sie auf der Veranstaltungsseite.
19.11.2024 Baden-Württembergischer Internationaler Beratungstag (IBT) in der IHK Region Stuttgart
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20.11.2024: GlobalConnect Konferenz – Globalization at stake? Diversification under growing protectionism
Veranstaltungsort: Haus der Wirtschaft, Stuttgart
Unter dem Motto Globalization at stake? Diversification under growing protectionism finden Vorträge und Podiumsdiskussionen zu geopolitischen Themen und dem internationalen Geschäft im Haus der Wirtschaft statt. Freuen Sie sich auf hochkarätige Sprecher wie Winfried Kretschmann, Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg und Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg.
Es erwarten Sie Beiträge zu den Chancenmärkten in Asien, Künstliche Intelligenz in der Außenwirtschaft, Arbeitseinsätze von Mitarbeitenden im Ausland und vieles mehr.
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Dagmar Jost