Internationale Handelsgeschäfte
Unterbrechungen in der Lieferkette
Im Hinblick auf internationale Geschäftsaktivitäten haben wir für Sie relevante Fragen und Informationen mit Bezug zu Unterbrechungen bei der Lieferkette zusammengestellt. In dem sich ständig wandelnden Umfeld kann diese Zusammenstellung jedoch nur eine erste Hilfe sein, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit, Richtigkeit und letzte Aktualität erhebt und insbesondere nicht die konkrete rechtliche Beratung ersetzen kann. Wir bitten um Ihr Verständnis.
Handlungsleitfaden für Unternehmen bei Unterbrechungen in der Lieferkette
- Bei internationalen Geschäftsaktivitäten ist zunächst insbesondere zu klären, welche Lieferanten welche Produkte aus welchen Ländern und auf welchem Weg liefern.
- Prüfen Sie dann die bestehenden Verträge, die Sie mit Lieferanten, Kunden oder Dienstleistern geschlossen haben in Bezug auf vertragsrechtliche Risiken. Achten Sie hierbei besonders auf die Rechtswahl, Force Majeure-Klauseln, Vertragsstrafen, Vertrags- und Preisanpassungsklauseln, Verzug, Mitteilungs- und Kündigungsanforderungen, auf die Art der Ware und darauf, ob Sie an einen bestimmten Lieferanten fest gebunden sind oder diesen möglicherweise frei wählen können.
- Analysieren Sie auch mögliche INCOTERMS-Klauseln. Hieraus ergibt sich regelmäßig, wer für die Lieferung verantwortlich ist. Dies kann auch der Kunde sein.
- Prüfen Sie, ob deutsches oder ausländisches Recht zur Anwendung kommt und wo gegebenenfalls Rechtsstreitigkeiten zu verhandeln sind.
- Handelt es sich um einen Warenkauf und ist deutsches Recht zwischen den Vertragsparteien vereinbart, die ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten haben und sind diese Staaten zugleich Vertragsstaaten des Übereinkommens der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (United Nations Convention on Contracts for the international Sale of Goods – „CISG“ / „UN-Kaufrecht“), sollten Sie beachten, dass das UN-Kaufrecht Teil der deutschen Rechtsordnung ist und somit gegebenenfalls zur Anwendung kommt, sofern es nicht explizit ausgeschlossen wurde.
- Nehmen Sie frühzeitig Kontakt mit dem jeweiligen Vertragspartner auf und informieren diesen unter Beachtung von Anzeigepflichten und -voraussetzungen (Form, Frist und Inhalt) über die eigene Leistungsstörung, den Einwand der Höheren Gewalt etc. Diese frühzeitige Mitteilung an den Vertragspartner soll diesen in die Lage versetzen ebenfalls rechtzeitig schadensmindernde Maßnahmen ergreifen zu können.
- Dokumentieren Sie unbedingt die Beeinträchtigungen, die zu den Schwierigkeiten geführt haben. So sind Sie beispielsweise darlegungs- und beweispflichtig für die Voraussetzungen der Höheren Gewalt, auf die Sie sich berufen.
- Versuchen Sie eine einvernehmliche Lösung mit Ihrem Vertragspartner zu finden und dokumentieren Sie diese Vereinbarung. Möglicherweise vereinbaren Sie eine Stundung mit Lieferanten, um zahlungsfähig zu bleiben oder liefern nur noch gegen Vorkasse, sofern die Bonität des Kunden gefährdet ist.
Waren werden nicht geliefert und der Lieferant beruft sich auf Höhere Gewalt. Was tun?
Als Vertragspartner muss auch der Lieferant seinen Anzeigepflichten nachkommen und nur so können Schäden minimiert werden. Zunächst ist zu prüfen, ob der Vertrag überhaupt eine Klausel zur Höheren Gewalt enthält, welches Recht zur Anwendung kommt und ob zum jeweiligen Zeitpunkt ein Fall der Höheren Gewalt im Sinne der vertraglichen Klausel vorliegt. Da der Lieferant sich auf die Höhere Gewalt als Leistungshindernis beruft, muss dieser beweisen, was genau passiert ist und wie genau es ursächlich für die Leistungsstörung wurde. Ein bloßer Verweis auf Höhere Gewalt ist nicht ausreichend.
Bescheinigungen im Zusammenhang mit Höherer Gewalt haben zudem allenfalls Indiz-Wirkung, begründen aber nicht von sich aus einen Fall Höherer Gewalt. Aus diesem Grund sollten solche Bescheinigungen nicht ohne Prüfung der Sach- und Rechtslage anerkannt werden.
Zudem sind Vertragsklauseln in Bezug auf Unmöglichkeit oder Wegfall der Geschäftsgrundlage zu prüfen. Gegebenenfalls ist der Lieferant zur Vertragserfüllung mit Fristsetzung aufzufordern.