Internationales Wirtschaftsrecht
Suezkanal: Haftung bei Lieferverzögerungen
Nach fünftägiger Blockade durch ein auf Grund gelaufenes Containerschiff ist der für internationale Liefergeschäfte enorm wichtige Suezkanal wieder für den Schiffsverkehr befahrbar. Doch hat die Störung die internationalen Lieferketten nachhaltig beeinträchtigt– und kommt zur Unzeit: Bereits jetzt sind die weltweiten Lieferketten wegen der Auswirkungen der Corona-Pandemie stark belastet. Hunderte wartende Containerschiffe und die Inanspruchnahme der Ausweichroute über das die Südspitze Afrikas haben zu enormen Verzögerungen und Kostensteigerungen geführt. Und es wird noch einige Zeit dauern, bis die Lieferketten wieder im Takt sind.
Konkrete Auswirkungen sind nun, dass zugesagte Liefertermine nicht eingehalten werden können, Schadensersatzansprüche wegen Verzugs drohen und im Einzelfall auch der Rücktritt von Lieferverträgen möglich ist.
Unternehmen, die aus begründetem Anlass die Befürchtung haben, wegen ausbleibender oder sich verzögernder Lieferungen Ihrerseits nicht lieferfähig zu sein, sollten ihren Kunden unverzüglich eine „Force-Majeure-Anzeige” machen. Dabei müssen die Unternehmen konkret informieren, welche Leistungen betroffen sind, welche Abhilfemaßnahmen geplant sind und welche Verzögerungen zu erwarten sind. Rechtsfolge der ordungsgemäßen Erklärung ist dann grundsätzlich eine Anpassung des Vertrages und eine angemessene Verlängerung der Lieferfristen. Etwaige Schadensersatzansprüche hat grundsätzlich jede Partei selbst zu tragen. Der Rücktritt vom Vertrag ist nur im Einzelfall möglich.
Möglicherweise treffen die Unternehmen auch Schadenminderungspflichten oder die Verpflichtung, eine Sonderlieferung zu veranlassen. Zur Ermittlung der Pflichten ist jedoch eine genaue Analyse des Vertrages notwendig. Insbesondere die Verwendung von Standardlieferklauseln, wie den Incoterms® 2020 ist von zentraler Bedeutung.
Im Grundsatz ähnelt die Situation dem Beginn der Corona-Pandemie, als im ersten Quartal 2020 Lieferketten rissen und zeitweilig keine Ware mehr aus Asien importiert werden konnte. Im gesonderten Artikel „Das Coronavirus bei internationalen Handelsgeschäften – (K)ein Fall Höherer Gewalt” haben wir die rechtlichen Auswirkungen ausführlich beleuchtet.