Praxisbeispiele

Wie Unternehmer von der Forschung profitieren können

Die Universitäten, Hochschulen und anwendungsorientierten Forschungseinrichtungen in der Region Stuttgart sind wichtige strategische Partner für die Technologietransfermanger der IHK Region Stuttgart. Sie unterstützen sie in ihrem Vorhaben kleine und mittelgroße Unternehmen noch stärker mit neuen Impulsen aus der Forschung zu versorgen. Wie erfolgreiche und unternehmensorientierte Kooperationen zwischen Unternehmen und solchen Forschungseinrichtungen aussehen können, sollen folgende drei Beispiele verdeutlichen:

Mit höherer Produktivität durch den Motorblock: Modulare Bohrstange mit geringem Gewicht


Kooperation: Hartmetall-Werkzeugfabrik Paul Horn GmbH und Universität Stuttgart/Institut für Werkzeugmaschinen
Die Hartmetall-Werkzeugfabrik Paul Horn GmbH aus Tübingen stellt Werkzeuge, unter anderem für die Metallverarbeitung, her. Dazu gehören auch Bohr-Werkzeuge für die Automobilindustrie. Gerade für die Bohrung innerhalb von Motorblöcken benötigt man Bohrer, die mit höchster Präzision arbeiten und qualitativ hochwertigste Ergebnisse erzielen. Dies ist kein leichtes Unterfangen, wenn man sich vorstellt, dass für die Herstellung von Lkw-Motorblöcken die Bohrstangen zwischen 3 und 4,5 Meter lang sind und bis zu 40 Kilogramm wiegen.
Die Firma überlegte sich also, dass es sinnvoll wäre, das Gewicht dieser Bohrstangen zu reduzieren, um den Kundennutzen zu erhöhen. Mit leichteren Bohrstangen könnten die Kunden schließlich schneller, präziser und damit kostengünstiger arbeiten. Den Kunden würden vor allem auch Vorteile beim Werkzeugwechsel entstehen, welcher durch eine Gewichtsminimierung vereinfacht werden könnte. Durch die Kooperation mit dem Institut für Werkzeugmaschinen der Universität Stuttgart konnte das Unternehmen ein Leichtbaukonzept realisieren: Der Schaft der Bohrstange wurde von den Wissenschaftlern neu konstruiert: Statt Stahl kommt seither CFK (kohlenstoffverstärkter Kunststoff) zum Einsatz, wodurch das Gewicht von ursprünglich rund 34 Kilogramm auf rund 12 Kilogramm reduziert werden konnte, was eine Gewichtseinsparung von rund 64 % bedeutet. Das Projekt hatte eine Laufzeit von 2 Jahren und wurde durch das Bundesministerium für Wirtschaft über das „Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand“ gefördert. Anlass für das Kennenlernen und die Zusammenarbeit der beiden Kooperationspartner war ein Innovationsworkshop der IHK Reutlingen.

Grüne Energie zum Mitnehmen: Das portable Brennstoffzellensystem „MobilE-Pack“

Die Brennstoffzellentechnologie wird in der Luft- und Raumfahrt seit langem eingesetzt und kontinuierlich weiterentwickelt. Aufgrund der Größe, des Gewichts und nicht zuletzt der hohen Kosten waren die Brennstoffzellen in der Vergangenheit für viele andere Anwendungen und Branchen nicht einsetzbar. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. hat in den letzten Jahren versucht, die über Jahrzehnte hinweg gesammelte Erfahrung in der Brennstoffzellenentwicklung für alternative Verwendungszwecke zu nutzen. Neben der Einsatzmöglichkeit als alternativer Antrieb für das Auto wurden auch Konzepte für die Nutzung als mobile Energiequelle erstellt.
Im Jahr 2007 wurde die erste Generation eines mobilen Brennstoffzellen-Hybridsystems („Powerpack“) entwickelt. Hiervon ausgehend entstand bei der Firma DMTpe aus Nofringen im Jahr 2009 die Entwicklungsidee des „MobilE-Pack“ für unterschiedlichste Outdoor-Einsatzzwecke, wie zum Beispiel Werkzeuge, Scheinwerfer, Lautsprecher, Campingkocher, etc. Die Anfrage der Firma DMTpe an das DLR gemeinsam solch ein Produkt zu entwickeln, war nicht nur aus technischer Perspektive eine große Herausforderung für die Wissenschaftler des DLR, sondern auch aus zeitlicher Sicht. Denn die Vorgabe des Unternehmens lautete, dass das fertige Produkt auf der kommenden Hannover Messe vorgestellt werden sollte. Dies bedeutete, dass nur eine extrem kurze Entwicklungszeit von sechs Monaten zur Verfügung stand. Aber der Erfolg beweist, dass auch Forschungsinstitute unternehmensorientiert, flexibel und zeitplankonform agieren können, wenn der Rahmen stimmt und die richtigen Partner Hand in Hand arbeiten.

Serviettenfalten im Akkord: Die Faltmaschine „Rofobox“


Kooperation: Rofobox GmbH und Hochschule Esslingen
Das Falten von Stoffservietten in der Hotellerie ist ein zeit- und personalintensiver Prozess. Zwar benötigt das Personal für die Tätigkeit keine spezielle Qualifizierung, jedoch ist die durchführende Person von der monotonen Tätigkeit schnell unterfordert und gelangweilt. Die Idee, diesen wenig produktiven und stupiden Vorgang zu automatisieren und die freiwerdenden personellen Kapazitäten für höherwertige Aufgaben zu nutzen, war Ausgangspunkt für ein erstes Studentenprojekt an der Hochschule Esslingen. Dieses wurde durch die Förderung des Landes Baden-Württemberg über einen „Innovationsgutschein“ weiter professionalisiert und mündete in einem Forschungsprojekt.

Bemerkenswert ist, dass hierbei trotz der simplen Grundidee – nämlich Servietten durch einen Roboter falten zu lassen – technologisches Neuland betreten wurde. Denn bisher interagierten Roboter und deren Greifwergzeuge eigentlich nur mit starren Objekten. Für die Bearbeitung eines „biegeschlaffen Körpers“, als welcher die Stoffserviette wissenschaftlich charakterisiert wird, sind bestehende Robotersysteme nicht ausgelegt. Zum jetzigen Zeitpunkt kann das entwickelte System acht verschiedene, dreidimensionale Serviettenformen falten und dies unter hygienisch einwandfreien Bedingungen. Nach fast drei Jahren und einem langen Atem des Unternehmensgründers ist die Technologie mittlerweile serienreif und die erste Anlage wurde kürzlich verkauft.