Praxistipps und Kontakte
Vereinbarkeit von Beruf und Pflege
Immer mehr Beschäftigte müssen Beruf und Pflege kranker Angehöriger miteinander vereinbaren. Was können Unternehmen tun, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darin unterstützen wollen? Auf dieser Seite finden Sie eine erste Übersicht, wichtige Kontaktadressen, Informationsmaterialien und weiterführende Links.
In Baden-Württemberg leben rund 540.000 Pflegebedürftige im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes (Stand: 2021). Die Zahl hat sich zwischen 2001 und 2021 mehr als verdoppelt – Tendenz weiter steigend. Mehr als die Hälfte der pflegebedürftigen Menschen wird zu Hause ausschließlich von Angehörigen betreut, von denen rund die Hälfte gleichzeitig erwerbstätig ist. Rund 60 Prozent der pflegenden Erwerbstätigen sind Frauen.
(Quelle: Statistisches Landesamt, Gesellschaftsmonitoring 2023)
(Quelle: Statistisches Landesamt, Gesellschaftsmonitoring 2023)
Erste Schritte
Falls ein/e Beschäftigte/r von einem Pflegefall betroffen ist, prüfen Sie
- welche Maßnahmen bereits eingeleitet wurden
- welche Herausforderungen für den Beschäftigten entstehen
- wie die zeitliche Belastung aussieht
- ob und inwieweit die Arbeitszeit reduziert werden soll
- welche Auswirkungen auf das Team zu erwarten sind
- ob die Arbeitsprozesse im Team entsprechend geändert/umverteilt werden können
Sind diese ersten Fragen geklärt, geht es daran, die für den/die Betroffene/n individuell passenden Maßnahmen festzulegen.
Maßnahmen für den Arbeitgeber (Übersicht)
Arbeitszeit und -organisation
- Flexible Arbeitszeiten, Teilzeit, komprimierte Arbeitszeit (z. B. Vollzeit in vier statt in fünf Tagen)
- Einzelmaßnahmen wie individuell vereinbarter späterer Arbeitsbeginn, individuell vereinbarte Ausgestaltung der Arbeitswoche (insbesondere bei Teilzeit), längere Mittagspause, vermehrte (Kurz-)Pausen im Verlauf des Arbeitstages, lange Planungshorizonte bei Dienstplangestaltung etc.
- Kurzfristig gewährte Freistellung/Sonderurlaub (auch über den gesetzlichen Anspruch hinaus)
- Alternierende Heim- und Telearbeit
- Rücksichtnahme bei Urlaubsplanung, Überstunden, Geschäftsreisen
- Teamarbeit (Arbeitsteilung im Team, Vertretungsregelungen)
- Arbeitsplatzausstattung (Zugang zu Telefon, PC, Intra-/Internet auch in Bereichen, in denen das nicht wie bei Büroberufen Standard ist, z. B. in der Produktion)
Beschäftigte haben Anspruch auf verschiedenen Freistellungsmöglichkeiten nach dem Pflegezeitgesetz bzw. Familienpflegezeitgesetz. Diese gehen von einer kurzzeitigen vollständigen Freistellung bei plötzlich auftretender Pflegesituation bis hin zu längeren teilweisen Freistellungen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Pflege von Familienangehörigen.
Kommunikation und Personalentwicklung
- Interne Kommunikation des Themas Beruf & Pflege (Intranet, Schwarzes Brett, Gesundheitstage), Bekanntmachen der vorhanden Maßnahmen, Bereitstellen von Informationsmaterial
- Akzeptanz und Anerkennung der Pflegeleistung, Sensibilisierung der Belegschaft (Engagement der Geschäftsführung)
- Interner Ansprechpartner für das Thema Beruf & Pflege, Pflegelotse
- Trainings für Führungskräfte
- Einbinden der Führungskräfte in die Maßnahmenkonzeption
- Mitarbeitergespräche (Fragen zur Pflegesituation verbindlich integrieren)
- Abstimmung bei Fort- und Weiterbildungen
- Kontakthalten und Know-how Erhalt bei Freistellungen
Entgeltbestandteile und geldwerte Leistungen
- Zuschuss für haushaltsnahe Dienstleistungen
- Umwandlung von Sonderzahlungen (z. B. Weihnachtsgeld) in Freizeit
Service für die pflegenden Beschäftigten
- Seminare, Schulungen, psychosoziale Beratung
- Notfallmanagement, Unterstützung bei der Organisation von Pflege wie Beratung zum Pflegearrangement, Vermittlung externer Dienstleister
- Freiwilligen-Pool aus ehemaligen Betriebsangehörigen als Betreuungsdienst
- Belegplätze für eine Kurzzeitpflege
Pflegeberatung Kontaktadressen
Pflegestützpunkte
In den Stadt- und Landkreisen Baden-Wüttembergs bieten die Pflegestützpunkte (Kooperation der Landesverbände der Krankenkassen, der Ersatzkassen sowie der Kommunalen Landesverbände) Hilfe an: Ihre Aufgabe ist es, Pflegebedürftige und deren Angehörige neutral, unabhängig und kostenlos zu beraten und zum Beispiel bei der Antragstellung zu unterstützen. Auch Unternehmen können sich an die Pflegestützpunkte wenden. In der Region Stuttgart befinden sich Pflegestützpunkte in Stuttgart, Böblingen, Esslingen, Göppingen, Ludwigsburg und Waiblingen. Weitere Informationen sowie die Kontaktadressen unter www.bw-pflegestuetzpunkt.de.
Eine Übersicht über die Pflegestützpunkte in Stuttgart finden Sie auf der Website der Landeshauptstadt. Dort gibt es auch die Broschüre „22 Fragen zum Thema Pflege“ (pdf)
Pflegeberatung der Pflegekassen/-versicherungen
Seit 2009 gibt es den gesetzlichen Anspruch auf Pflegeberatung. Die Beratung erfolgt durch Pflegeberaterinnen und Pflegeberater bei den Pflegekassen/-versicherungen. Wenden Sie sich an die Pflegekasse des Pflegebedürftigen. Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen sind automatisch Mitglied der Pflegekasse ihrer Krankenkasse. Privat Krankenversicherte müssen eine Pflegeversicherung mit ihrer Krankenversicherung abschließen. Den gesetzlichen Anspruch auf Pflegeberatung für alle privat Versicherten und ihre Angehörigen stellt die compass private pflegeberatung GmbH sicher: www.compass-pflegeberatung.de
Service-Telefon des Bundesfamilienministeriums
Das Servicetelefon „Wege zur Pflege“ ist montags bis donnerstags von 9 Uhr bis 18 Uhr unter 030 201 791 31 zu erreichen. Informationen zu rechtlichen Regelungen und gesetzlichen Ansprüchen, zur staatlichen Unterstützung und zur Familienpflegezeit finden Sie zudem im Internet auf dem Informationsportal www.wege-zur-pflege.de. Dort finden Sie auch die Broschüre „Bessere Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf“ (pdf).
Internetangebote und Publikationen
- Das Unternehmensnetzwerk Erfolgsfaktor Familie hält eine Reihe praktischer Materialien, Checklisten und weiterführende Links bereit, u. a.:
- Die Seiten von berufundfamilie bieten Hilfestellungen und Materialien zum Thema Pflege, u. a.:
- Das Bundesgesundheitsministerium bietet auf seiner Internetseite Informationen zur aktuellen Gesetzeslage, zu Pflegeleistungen und Pflegeversicherung sowie Online-Ratgeber und Publikationen zum Thema Pflege.
- Der Online-Pflegelotse des Vereins deutscher Ersatzkassen (VDEK) hilft bei der Suche nach einer geeigneten ambulanten oder stationären Pflegeeinrichtung im gesamten Bundesgebiet.
- Das Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) führt eine Online-Datenbank, die eine themen- und regionsbezogene Suche nach Beratungsangeboten rund um die Pflege ermöglicht. Außerdem stellt das ZQP eine Checkliste (pdf) mit den zehn wichtigsten Merkmalen guter Pflegeberatung zur Verfügung.
(Diese Seite wird laufend aktualisiert bzw. erweitert. Wenn Sie Angebote kennen, die hier ebenfalls aufgeführt sein sollten, können Sie sich gerne an uns wenden.)