Einzelhandel

Einzelhandelskennziffern im Landkreis Böblingen 2024

Die wichtigsten Ergebnisse in Kürze

  • Unter den Landkreisen der Region Stuttgart verfügt der Landkreis Böblingen über die wohlhabendsten Einwohner; die Bewohner aller Gemeinden liegen über dem Bundesdurchschnitt
  • Bei den Umsätzen der stationären Einzelhändler pro Einwohner liegt der Landkreis hinter der Landeshauptstadt vor allen anderen Landkreisen
  • Unter den Standorten im Kreis ragt bei den Umsätzen pro Einwohner Sindelfingen heraus; Böblingen folgt mit etwas Abstand
  • Dennoch ist die Situation für einen großen Teil der stationären Einzelhändler in der Region existenzbedrohend
  • Die Innenstädte stehen vor großen Herausforderungen, die von allen Akteuren gemeinsam gemeistert werden müssen

Grundsituation im Einzelhandel

Neben den Nachwirkungen der Corona-Pandemie (aufgezehrte finanzielle Polster der Unternehmen) beschäftigt vor allem ein Thema die Handelsbetriebe: Die Kaufzurückhaltung der Kunden. Der Konjunkturbericht der IHK Region Stuttgart vom Frühsommer 2024 zeigt, dass der Konsum noch immer nicht das gewohnte Niveau erreicht. Fast drei Viertel aller Einzelhändler sehen in der schwachen Nachfrage ein geschäftliches Risiko.
Die Kundinnen und Kunden sind verunsichert, was ihre Einkommenssituation angeht. Die Inflation, Mitte 2024 zwar wieder in überschaubareren Größenordnungen, aber immer noch mit Unsicherheit verbunden, und die immer noch hohen Energiepreise schüren Ängste, die sich in Kaufzurückhaltung, vor allem beim mittel- und langfristigen Bedarf, ausprägt. Anschaffungen werden zurückgestellt. Gerade innenstadtrelevante Sortimente sind davon überproportional betroffen.

Einzelhandelsrelevante Kaufkraft

Auch 2024 ist der Landkreis Böblingen derjenige in der Region, der über die wohlhabendsten Bürger verfügt. Insgesamt sind es gut 3,3 Milliarden Euro an einzelhandelsrelevanter Kaufkraft, über die die Einwohner im Landkreis verfügen. Mit 8.289 Euro pro Kopf bzw. einer Kennziffer von 109,8 (Bundesdurchschnitt = 100) liegt der Landkreis bei diesem Indikator in der Region vorn, vor der Landeshauptstadt und den Landkreisen Ludwigsburg und Esslingen.
Unter den Gemeinden liegen erwartungsgemäß die großen vorne: Sindelfingen (knapp 510 Millionen Euro), Leonberg und Böblingen (434 Millionen Euro beziehungsweise 429 Millionen Euro) führen die 26 Kommunen an. Die Einwohner der drei kleinsten Gemeinden (Deckenpfronn, Hildrizhausen und Mötzingen) verfügen jeweils immerhin auch noch über knapp 30 Millionen Euro an einzelhandelsrelevanter Kaufkraft.
Pro Einwohner liegt nun Ehningen (mit 8.921 Euro bzw. Kennziffer 118,2) auf dem ersten Rang; Leonberg (8.698 Euro bzw. Kennziffer 115,3) und Grafenau (8.689 Euro bzw. Kennziffer 115,1) folgen. Auch die Bewohner der Gemeinde mit der durchschnittlich geringsten einzelhandelsrelevanten Kaufkraft pro Kopf, Mötzingen, verfügen mit 7.625 Euro bzw. 101,0 noch über mehr Nachfragepotenzial als im Bundesdurchschnitt.

Umsatz im stationären Einzelhandel 

Im gesamten Landkreis setzen die stationären Einzelhändler gut 2,7 Milliarden Euro um. Pro Einwohner sind das etwa 6.787 Euro, was gut drei Prozent über dem Bundesdurchschnitt liegt. Nur Stuttgart als Konsummagnet liegt in der Region noch vor dem Landkreis, die anderen Kreise dahinter, etwas unter dem Bundesschnitt.
Zwar liegen auch beim Umsatz im stationären Einzelhandel die großen Kommunen vorn, aber die Streubreite der Werte ist erheblich größer. Die Lücke nach Sindelfingen (etwa 754 Millionen Euro) ist deutlich, denn auf Platz zwei folgt Böblingen mit etwa 486 Millionen Euro vor Leonberg mit rund 327 Millionen Euro. In Mötzingen und Deckenpfronn müssen sich die Einzelhändler mit jeweils gut 12 Millionen Euro an Umsatz begnügen. Auffällig ist, dass in den Kassen der Händler des kleineren Jettingens (knapp 8.300 Einwohner) trotz der Schließung des Real-Marktes immer noch mehr Geld (nämlich 60,3 Millionen Euro) landet als in denen des Gärtringer Einzelhandels (rund 56,3 Millionen Euro), obwohl dort 12.900 Einwohner für Umsatz sorgen könnten.
Die Erklärung ist in den Pro-Kopf-Werten zu finden: In Sindelfingen kann der Einzelhandel beinahe 75 Prozent mehr Umsatz verbuchen, als allein nach der eigenen Einwohnerzahl zu erwarten wäre; gut 11.500 Euro pro Einwohner beträgt der Umsatz der Händler hier (Kennziffer 175,2). Auch die Händler in Böblingen (etwa 9.400 Euro bzw. 142,7) können viel Umsatz von Kunden von außerhalb anziehen. Verantwortlich dafür sind großflächige Einzelhandelsbetriebe - allesamt nicht in der Innenstadt, sondern außerhalb in Gewerbegebieten. Auch Jettingen (Kennziffer 110,9) und Rutesheim (Kennziffer 106,4)schneiden hier gut ab. Sie ziehen Kaufkraft von anderen Gemeinden (und den eigenen Innenstädten) ab.
Am unteren Ende des Rankings liegen Aidlingen (2.483 Euro bzw. 37,8) und Magstadt (2.260 Euro bzw. 34,4).

Zentralität 

Ähnlich sieht das Bild aus, wenn man die Umsätze nicht nur ins Verhältnis zur Einwohnerzahl setzt, sondern dabei auch die Kaufkraft der ansässigen Bevölkerung berücksichtigt. Deshalb gibt es leichte Verschiebungen in der Rangfolge gegenüber derjenigen beim Pro-Kopf-Umsatz. Sindelfingen bleibt mit einer Kennziffer von 169,7 das Maß aller Dinge im Landkreis; wieder liegt Böblingen (129,9) dahinter –vor Jettingen mit 107,6. Rutesheim liegt mit 94,5 noch fast auf dem Bundesschnitt. Herrenbergs und Leonbergs stationäre Einzelhändler erzielen einen Umsatz, der etwa dem deutschen Durchschnitt pro Einwohner entspricht und zumindest von der Größenordnung her noch mit der einheimischen Kaufkraft erklärt werden kann (88,8 bzw. 86,5). Ähnlich liegen die Dinge noch in Weil der Stadt, Steinenbronn und Bondorf. Alle anderen Gemeinden des Landkreises jedoch verlieren per saldo spürbar ansässige Kaufkraft an die Händler in anderen Gemeinden und vor allem in den Online-Handel. Die Werte von Aidlingen, Magstadt und Weissach zeigen, dass nur etwa ein Drittel der Kaufkraft ihrer Einwohner im Ort ausgegeben wird, der größere Teil fließt ans Umland und ins Internet.

Allgemeine Situation im Einzelhandel

An vielen Standorten fallen die Kennzahlen nicht ermutigend aus. Aber auch an Standorten mit scheinbar guten Kennziffern liegt einiges im Argen, und die Situation vieler stationärer Einzelhandelsbetriebe hat sich im Verlauf der letzten Jahre zugespitzt. Teils mussten auch namhafte Traditionsbetriebe aufgeben, was an diesen Standorten zu spürbaren Lücken im Handelsbesatz geführt hat.
Die IHK bemüht sich - neben zahlreichen anderen Aktivitäten - insbesondere durch die Umsetzung des Landes-Förderprogramms ”Innenstadtberatung”, gemeinsam mit den Akteuren vor Ort diesem Trend entgegenzuwirken.
Alle Zahlen der Landkreis-Gemeinden sowie Definitionen und Berechnungsmethoden finden Sie in der Tabelle Einzelhandelskennziffern im Landkreis Böblingen 2024. (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 96 KB)