Bedingungen und Möglichkeiten

Leitfaden für zeitgemäßes Mitarbeiter-Wohnen

Bezahlbarer Wohnraum für Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen ist in weiten Teilen der Region Stuttgart knapp. Zwei Hauptgründe für den Anstieg der Immobilien- und Mietpreise sind der fortwährende Zuzug und der begrenzte Zugang zu Bauland. Eine Entspannung der Situation ist mittelfristig nicht absehbar.
Die Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum ist entscheidend, um Fachkräfte anzuziehen und zu halten. Aus diesem Grund sind viele Unternehmen bereits aktiv geworden und unterstützen ihre Mitarbeiter bei der Wohnungssuche. Die Vorgehensweise variiert je nach Branche und Unternehmensgröße erheblich.
In unserem Leitfaden haben wir umfassende Informationen zum Thema Mitarbeiter-Wohnen zusammengestellt.

Moderne Formen des Mitarbeiterwohnens

Im heutigen Arbeitsumfeld unterstützen viele Unternehmen ihre Mitarbeiter aktiv bei der Wohnungssuche. Dabei kommen verschiedene Ansätze zum Einsatz. Einige Unternehmen bieten direkte Unterstützungsleistungen an, wie beispielsweise die Bereitstellung von Wohnraum, während andere eher indirekte Unterstützung bieten, wie etwa Beratungsdienste oder die Vermittlung von Kontakten zu Immobilienmaklern.
Direkte Unterstützungsleistungen können wie folgt aussehen:

Klassischer Werkswohnungsbau

Unternehmen bauen Wohnraum auf ihrem eigenen Gelände für ihre Mitarbeiter. Diese modernen Wohnungen stehen vor allem den Angestellten des Betriebs zur Verfügung.

Partnerschaften mit der Wohnungswirtschaft

Einige Unternehmen kooperieren mit privaten oder kommerziellen Partnern in der Wohnungswirtschaft. Das kann die Anmietung von Unterkünften in Boardinghäusern oder von privaten Vermietern umfassen. Oft werden auch Immobilien als Investition erworben und an Mitarbeiter vermietet.

Zusammenarbeit mit kommunalen Wohnungsbaugesellschaften

Kommunale Wohnungsbaugesellschaften bieten Unternehmen die Möglichkeit, Wohnraum für ihre Mitarbeiter anzumieten. Häufig geht dies mit befristeten Belegungsrechten einher.

Miet- und arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen

Als Mittel zur Fachkräftegewinnung könnte die Bereitstellung von Unternehmenswohnungen diskutiert werden. Dabei wird dem Arbeitnehmer, der aufgrund eines Umzugs die Arbeitsstätte wechseln müsste, der Übergang zur neuen Beschäftigung erleichtert und dem Arbeitgeber eine reibungslose Weiterbeschäftigung garantiert.
Im Folgenden werden die miet- und arbeitsrechtlichen Aspekte der Vermietung von Unternehmenswohnungen beleuchtet.
Auch für Werkwohnungen gelten grundsätzlich die allgemeinen Vorschriften des Mietrechts. Aus dem Zusammenspiel mit dem Arbeitsvertrag können sich aber Besonderheiten ergeben. Welche besonderen Vorschriften insbesondere bei der Beendigung eines Vertrages über eine Werkwohnung zur Anwendung kommen, hängt vom jeweiligen Vertragstyp ab. Es wird zwischen den Begrifflichkeiten „Werkmietwohnung“ und „Werkdienstwohnung“ unterschieden.

Werkmietwohnung

Von einer Werkmietwohnung spricht man dann, wenn der Arbeitsvertrag zwar der Anlass für den Abschluss des Mietvertrages ist, aber zwei getrennte Verträge (Arbeits- und Mietvertrag) bestehen. Vermieter der Wohnung muss nicht notwendigerweise der Arbeitgeber selbst sein, es kann sich auch um einen Dritten handeln. Während des bestehenden Arbeitsverhältnisses genießt der Arbeitnehmer und Mieter dieselben Schutzrechte wie ein normaler Wohnraum-Mieter. Nach Beendigung des Arbeitsvertrages gilt allerdings bei Mietverhältnissen von weniger als 10 Jahren eine Kündigungsfrist von lediglich drei Monaten, wenn die Kündigung erfolgt, weil der Vermieter die Wohnung für einen anderen Arbeitnehmer benötigt. Die Kündigungsfrist verkürzt sich sogar auf einen Monat, wenn es sich um eine Wohnung handelt, deren Überlassung in unmittelbarer Nähe zum Arbeitsplatz für das Arbeitsverhältnis erforderlich ist.
Existiert im Unternehmen ein Betriebsrat, sind auch Mitbestimmungsrechte zu beachten. Der Betriebsrat hat im Rahmen der vorgegebenen finanziellen Dotierung durch den Arbeitgeber ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 9 BetrVG bei der Zuweisung und Kündigung der Wohnung, dem Entwurf von Mustermietverträgen, der Erstellung der Hausordnung sowie der Festsetzung der Berechnungsfaktoren für den Mietzins.

Werden die Werkmietwohnungen als Sozialeinrichtungen betrieben, hat der Betriebsrat zusätzlich ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht bei Form, Ausgestaltung und Verwaltung gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG.

Werkdienstwohnung

Bei einer Werkdienstwohnung liegt hingegen nur ein Vertrag vor, nämlich der Arbeitsvertrag, in dessen Rahmen Wohnraum überlassen wird. Werkdienstwohnungen werden zur besseren Erfüllung der Arbeitsleistung überlassen und zeichnen sich häufig durch die konkrete Nähe der Arbeitsstätte zur Wohnung aus, bspw. bei einem Hausmeister oder Concierge. Bei einer Werkdienstwohnung stellt die Überlassung des Wohnraums häufig einen Teil der Gegenleistung für die Arbeitsleistung dar. Da es nur einen einheitlichen Vertrag gibt, nämlich den Arbeitsvertrag, endet grundsätzlich mit dem Ende des Arbeitsvertrages auch die Wohnungsüberlassung. Eine explizite Kündigung der Werkdienstwohnung ist daher grundsätzlich nicht notwendig.
Allerdings gilt dies nicht für solche Wohnungen, die der Arbeitnehmer überwiegend mit Einrichtungsgegenständen ausgestattet hat oder in der er mit seiner Familie lebt: Für solche Werkdienstwohnungen gelten die gleichen Regelungen wie für Werkmietwohnungen. Ziel vieler Arbeitgeber ist es, Arbeits- und Mietverhältnis zeitgleich zu beenden. Ist das Arbeitsverhältnis von vorneherein nur auf kurze Dauer angelegt, wie bei Mitarbeitern während der Ausbildung, während der Probezeit oder bei Saisonarbeitern, kann auch das Mietverhältnis entsprechend befristet werden. Bei der Überlassung einer Werkdienstwohnung steht dem Betriebsrat – anders als bei der Werkmietwohnung – grundsätzlich kein erzwingbares Mitbestimmungsrecht zu. Allenfalls hinsichtlich der Festsetzung der Vergütung für die Werkdienstwohnung kommt ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG in Betracht.
Überlegenswert wäre auch die Möglichkeit einer Vermietung zur vorübergehenden Gebrauchsüberüberlassung, da mit einem Umzug des Arbeitnehmers zumeist auch der seiner Familie verbunden ist. Hierbei kann unter der Begründung der vorübergehenden Gebrauchsüberlassung bspw. die Einhaltung der Probezeit angeführt werden, um dem Arbeitnehmer genügend Zeit zu geben für sich und seiner Familie vor Ort eine entsprechende Wohnung sich zu verschaffen, aber auch gleichzeitig dem Arbeitgeber das Instrument zu verschaffen sich vereinfacht zeitnahe wieder vom Mietverhältnis zu lösen.
Als wirtschaftlichen Risikofaktor sind Werkswohnungen für den Arbeitgeber dennoch zu sehen, da dies eine gewerbliche Weitervermietung darstellt, auch wenn keine Gewinnerzielungsabsicht sich dahinter verbirgt. Hierzu müssen Faktoren wie Leerstand zwischen den Mieten oder Außenstände der Mietzahlungen berücksichtigt werden. Zusammengefasst muss im Sinne des Gesamtinteresses des Unternehmens eine jeweilige Abwägung des Kosten-/Nutzenrisikos erfolgen.

Steuerrechtliche Rahmenbedingungen

Dem Arbeitnehmer entsteht ein geldwerter Vorteil gemäß § 8 EStG, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Wohnraum zu einem Preis unterhalb der ortsüblichen Miete überlässt. Für den Mitarbeiter bedeutet dies, dass die Differenz zwischen ortsüblicher und vergünstigter Miete als zusätzlicher Gehaltsbestandteil gesehen wird und somit der Einkommensteuer unterliegt. Zur Berechnung der ortsüblichen Miete werden regelmäßig Mietspiegel, Gutachten oder Vergleichswohnungen herangezogen.
Seit 1.1.2020 gibt es einen Bewertungsabschlag, der vom maßgebenden örtlichen Mietwert abzuziehen ist. Voraussetzung ist, dass die Nettokaltmiete für die Wohnung 25 Euro/m² nicht übersteigt. In diesem Fall ist kein (lohn-)steuer- und sozialversicherungspflichtiger Vorteil mehr anzusetzen, soweit der Mitarbeiter mindestens zwei Drittel der ortsüblichen Vergleichsmiete zahlt.

Weitere Informationen und Studien

Eine aktuelle Studie "Wohnungsnot und die Folgen für den Arbeitsmarkt" von PwC (PricewaterhouseCoopers) enthält die neuesten Erkenntnisse über die Wohnungsnot in deutschen Großstädten und ihre Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Die Befragung unter 4.200 Berufstätigen aus zwölf deutschen Metropolen zeigt, wie angespannt die Lage bereits ist und vor welchen Herausforderungen Arbeitgeber, vor allem in Ballungsräumen, in Zukunft stehen. Die komplette Studie ist unter dem oben angegebenen Link als Download auf den Seiten von PricewaterhouseCoopers verfügbar.
Quelle: IHK München und Oberbayern