Wachstumsstrategie der EU

Der Green Deal im Überblick

Der Green Deal wurde von der EU-Kommission am 11. Dezember 2019 als „neue Wachstumsstrategie“ verkündet, mit der ein Übergang zu einer modernen, ressourceneffizienten und wettbewerbsfähigen Wirtschaft erreicht werden soll.

Was ist der Green Deal?

Der Green Deal ist eine umfassende Strategie, um Wirtschaftswachstum von der Ressourcennutzung – worunter auch das verbleibende CO2-Budget zur Begrenzung der Erderwärmung fällt – abzukoppeln. Die EU soll damit international eine Vorreiterrolle einnehmen und zeigen, dass sich wirtschaftlicher Wohlstand mit ambitionierten Klimaschutzzielen vereinbaren lässt. Übergeordnetes Ziel der Green Deals ist die Klimaneutralität der EU spätestens im Jahr 2050. Aber auch für 2030 wird ein deutlich höheres CO2-Einsparziel angestrebt als bisher, nämlich eine Reduzierung der Treib­hausgasemissionen um mindestens 55 % gegenüber 1990 statt bisher 40%.
Der Green Deal wird als weitreichendes Konzept für mehr Klima- und Umweltschutz auf Jahre hinaus die europäische Politik bestimmen und wirkt mit seinen Maßnahmen deutlich über die „klassische“ Umweltpoli­tik hinaus. Viele mit dem Green Deal verbundene legislative und nicht-legislative Initiativen werden direkt oder indirekt auf alle Bereiche der Wirtschaft einwirken.

Welche Politikfelder betrifft der Green Deal?

Die EU-Kommission selbst ordnet ihre Maßnahmen den folgenden acht Dimensio­nen zu:
  • Klima
  • Energie
  • Verkehr
  • Umwelt und Ozeane
  • Industrie
  • Landwirtschaft
  • Finanzen und regionale Entwicklung
  • Forschung und Innovation.
Das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 wurde inzwischen im Europäischen Klimagesetz verankert, ebenso das neue Zwischenziel für 2030 mit einer Senkung der Treibhausgasemissionen um mindestens 55% (bisher 40%) gegenüber dem Stand von 1990.
Wesentliche Beiträge dazu sollen der Energie- und der Verkehrssektor leisten. Dafür will die EU die erneuerbaren Energien schneller ausbauen und die Energieeffizienz steigern. Die Marktdurchdringung mit Elektrofahrzeugen soll durch einen schnelleren Ausbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe beschleunigt werden. Ab 2035 werden neue Pkw und leichte Nutzfahr­zeuge nur noch zugelassen, wenn sie keine Emissionen ausstoßen. Eine Ausnahmeregelung könnte es allenfalls noch für Fahrzeuge, die ausschließlich mit CO₂-neutralen Kraftstoffen betrieben werden, geben. Auch im Luft- und Seeverkehr sollen mehr erneuerbare und kohlenstoffarme Treibstoffe ein­gesetzt werden.
Maßnahmen zum Schutz von Gewässern, Wäldern und Ökosystemen sind vorgesehen, um natürliche CO2-Senken zu stärken oder wiederherzustellen. Dazu sollen mehr Schutzgebiete ausgewiesen werden, Bäume gepflanzt und Schadstoffgrenzwerte gesenkt werden.
Die Industrie ist vom Green Deal in Gänze betroffen. Der Aktionsplan Kreislaufwirtschaft wird zu tiefgreifenden Änderungen beim Produktdesign und Herstellungsverfahren führen.
„Vom Hof auf den Tisch“ heißt die Strategie für mehr Bioproduktion und Regionalität in der Landwirtschaft. Geplante Anforderungen für mehr Nachhaltigkeit in der Versorgungskette und neue Kennzeichnungspflichten adressieren jedoch nicht nur die Landwirtschaft, sondern auch die Lebensmittelverarbeitung und den Lebensmittelhandel.
Auch die EU-Kommission geht nicht davon aus, dass die nachhaltige Transformation der Wirtschaft „zum Nulltarif“ erfolgen kann. Sie will daher erhebliche finanzielle Mittel für die Forschung und Entwicklung grüner Technologien und insbesondere für grüne Investitionen bereitstellen. Darüber hinaus sollen private Investitionen in nachhaltige Technologien und Unternehmen „gelenkt“ werden.

Wie wird der Green Deal umgesetzt?

Der Green Deal wird Schritt für Schritt durch entsprechende Rechtsakte der EU-Kommission umgesetzt. Oft startet sie mit der Verkündung von Strategien oder Aktionsplänen, die selbst noch keine legislative Wirkung entfalten, aber konkrete Gesetzesinitiativen ankündigen. Vom Aktionsplan Kreislaufwirtschaft bis zur Wasserstoff-Strategie liegen inzwischen für alle wesentlichen Aspekte des Green Deals entsprechende Dossiers vor.
Das erste große Gesetzespaket, genannt „Fit for 55“, wurde von der EU-Kommission im Juli 2021 vorgestellt, u. a. mit Vorschlägen zur Neuordnung des europäischen Emissionshandels, einschließlich neuer Instrumente zur Vermeidung von Carbon Leakage, den Reformen der Erneuerbare Energien Richtlinie und der Energieeffizienz-Richtlinie sowie der Anpassung der CO2-Flottengrenzwerte. Die „Fit for 55“-Rechtsakte sind mittlerweile weitestgehend final verabschiedet, die meisten davon bereits im EU-Amtsblatt erschienen und damit rechtskräftig.
In anderen Bereichen, wie z. B. der Kreislaufwirtschaft und im Chemikalienrecht, sind die Gesetzgebungsverfahren noch nicht so weit fortgeschritten. Einige Rechtsakte, etwa die neue Ökodesign-Verordnung und die neue Verpackungsverordnung, sind zwischen Kommission, Parlament und Rat bereits “ausverhandelt” und die formale Verabschiedung steht kurz bevor. Andere Vorschläge der EU-Kommission stehen noch zur Diskussion oder wurden bisher lediglich angekündigt.

Was kommt auf Unternehmen zu?

Die Gesetzesinitiativen des Green Deal betreffen Produkte über den gesamten Lebenszyklus – vom Produktdesign bis zur Entsorgung. Auch für Dienstleistungen werden “grüne” Anforderungen steigen. In Summe sind folgende Auswirkungen in großer Breite absehbar:
  • Der Anstieg in der Bepreisung von CO2-Emissionen wird sowohl auf die Energie­preise als auch auf die Herstellungskosten CO2-intensiver Produktionsverfahren durchschlagen – Kosten, die in der Lieferkette weitergegeben und branchenübergrei­fende Preisanstiege zur Folge haben könnten.
  • Anforderungen im Rahmen des nachhaltigen Produktdesigns, erweiterte Regulierun­gen im Bereich von Luftqualität, Boden- und Gewässerschutz und mögliche weitere Beschränkungen des Einsatzes von Stoffen aus dem Chemikalienrecht führen zu ei­nem erheblichem Anpassungsbedarf bei der Gestaltung und Herstellung von Produk­ten.
  • Neue Informationspflichten, sei es im Rahmen von Produktpässen zur Förderung der Kreislaufwirtschaft oder aufgrund erweiterter CSR-Berichtspflichten, führen zu zusätz­lichem administrativem Aufwand von Unternehmen. Da davon auszugehen ist, dass große Unternehmen die neuen Anforderungen in der Berichtspflicht in der Lieferkette weitergeben, werden davon mittelbar auch zahlreiche KMU betroffen sein.
Detailliertere Analysen für einzelne Branchen finden Sie in unserer Übersicht.

Was können Unternehmen tun?

Unternehmen werden unterschiedlich betroffen sein. Unternehmen aus ressourcen- und energieintensiven Sektoren stehen vor einer gewaltigen Transformationsaufgabe. GreenTec-Firmen oder Anbieter von Umwelt- oder Energiedienstleistungen können dagegen stark vom Green Deal profitieren. Wichtig ist, sich schon jetzt einen Überblick zu verschaffen, welche Anforderungen in den kommenden Jahren auf das eigene Unternehmen zukommen. Nur so kann die Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells beurteilt werden.
Die neuen EU-Verordnungen und Richtlinien treten überwiegend erst mit einem zeitlichen Vorlauf in Kraft und viele neue Anforderungen werden zudem stufenweise eingeführt. Zeit, die genutzt werden kann, um notwendige Veränderungen einzuleiten.
Schon jetzt gibt es auf Bundes- und Landesebene Förderprogramme, mit denen Unternehmen bei der Steigerung der Ressourcen- und Energieeffizienz unterstützt werden. Gerade für kleinere Unternehmen werden auch Beratungen gefördert. Für die kommenden Jahren sind weitere Förderprogramme zu erwarten, die Unternehmen in der grünen Transformation unterstützen. Bei anstehende Investitionsvorhaben sollte daher rechtzeitig geprüft werden, ob Zuschüsse oder zinsgünstige Darlehen in Anspruch genommen werden können, da Förderanträge i. d. R. vor Beginn eines Vorhabens gestellt werden müssen.
Weitere Informationen finden Sie auch auf der Website der DIHK.