Vorgestellt: Modehaus Kressmann

"Wenn einer ´ne Idee hat, sage ich: Dann machen wir das!”, Carl Kressmann

Modegeschäfte haben seit jeher das Erscheinungsbild der Innenstädte beeinflusst und ziehen Menschen aus nah und fern an. In Schwerin gibt es seit über hundert Jahren ein Geschäft, das nach der Wiedervereinigung neuen Auftrieb erhielt und bis heute das Stadtbild der Landeshauptstadt mitgestaltet: das “Modehaus Kressmann”.

Von der Wiedervereinigung bis ins Heute

Kurz nach der Wiedervereinigung im Oktober 1990 ging es wieder los. In der heutigen Mecklenburgstraße, die bis 1991 noch nach dem SED-Funktionär Hermann Matern benannt war, eröffnete das Kaufhaus Kressmann seine Pforten. Der Standort war dabei kein Zufall, denn dort hatte die Familie bereits 1911 ein Kaufhaus errichten lassen, dessen Architektur noch heute einen besonderen Charme versprüht.

Historie des Hauses vor 1990

Als Geschäftsführer leitet er heute die Modehäuser in Schwerin und Wismar und kann von der wechselvollen Geschichte des Standortes berichten:
„Meine Familie ist 1945 über abenteuerliche Wege in den Westen geflohen, nachdem mein Großvater erfahren hatte, dass die Russen nach Schwerin kommen. Es gab dann noch einen Geschäftsführer in Schwerin, aber um 1951 ist der Betrieb enteignet worden und das Geschäft in der heutigen Mecklenburgstraße wurde verstaatlicht. Der politische Grund hieß damals: ‚Konzernzugehörigkeit zum Zwecke der Preistreiberei‘. Das war gleichbedeutend mit entschädigungsloser Enteignung.“
Obwohl selbst 1958 in Niedersachsen geboren und dort aufgewachsen, wo die Familie in Hildesheim ebenfalls bis heute ein Modehaus betreibt, erinnert sich Carl Kressmann, dass Schwerin in seiner Kindheit allgegenwärtig war:
„Schwerin war für uns zu Hause in Oldenburg wie das gelobte Land. Wir hatten Stiche vom Schloss hängen. Es war wie ein Sehnsuchtsort, über den man allerdings nicht reden durfte.“

Neustart nach der Wiedervereinigung

Die politische Wende in der DDR im Jahr 1989 veränderte auch das Leben von Kressmann, der zu dem Zeitpunkt gerade ein Wirtschaftsingenieur-Studium absolvierte. Denn sein Vater bemühte sich rasch nach dem Mauerfall darum, das Geschäft in Schwerin, das zu DDR-Zeiten als staatliches Magnet-Kaufhaus firmiert hatte, zurückzuerhalten. Und das war alles andere als leicht, denn der Standort war attraktiv und weckte Begehrlichkeiten, wie sich Carl Kressmann erinnert:
„Durch das Gebäude sind ja gleich alle möglichen Leute durchmarschiert mit Zollstock und haben vermessen – von Karstadt über Piek&Cloppenburg bis Kaufhof haben die gesagt: ‚Wir übernehmen jetzt dieses Haus.‘“
Dennoch gelang es der Familie im April 1990 ihr Stammhaus zurückzubekommen und für den gelernten Landwirt entstand die Möglichkeit, sich im Familienbetrieb zu beweisen. Zwar war das Gebäude in Schwerin in keinem schlechten Zustand, es war aber unter technischen Aspekten auch nicht mehr modern. Die Zeit des Umbaus hat Kressmann in lebendiger Erinnerung:
„Wir haben dann im April 1990 mit den Umbauten angefangen und am 4. Oktober 1990, einen Tag nach der Wiedervereinigung, eröffnet. Das klappte auch nur, weil wir sehr gute Handwerker hatten, mit denen wir zum Teil heute noch zusammenarbeiten. Es war eine Aufbruchsstimmung. Ich glaube, die Baugenehmigung haben wir zwei oder drei Tage vor der Eröffnung bekommen. Damals herrschte noch ein ganz anderer Pragmatismus.“
Nach dem Tod des Vaters übernahmen Carl V. und sein Bruder die Geschäftsleitung der Häuser in Hildesheim und Schwerin. Um das Jahr 2000 herum kam noch ein Standort in Wismar hinzu, der aufgrund seines maritimen Flairs laut Kressmann auch noch einmal ganz andere Kunden anspricht als das Schweriner Haus.
Wenn sich Carl Kressmann heute an die größten Herausforderungen der vergangenen Jahrzehnte seit der Wiedervereinigung erinnert, dann kommt ihm zunächst die etwas paradoxe Rolle des Modehauses in Schwerin in den 1990er Jahren in den Sinn:
„Die ersten Jahre waren wir ja das größte Modehaus in Schwerin. Aber es gab dann Stimmen, dass zum Beispiel eine Rolltreppe fehlt oder in Hamburg oder Lübeck alles viel billiger sei. Das Schwierige war tatsächlich, dass wir eigentlich zu wenig Konkurrenz hatten. Und erst mit dem Tag, als C&A hierherkam, änderte sich das. Da haben wir sogar noch in der ´Schweriner Volkszeitung´ (SVZ) eine ganze Seite inseriert mit einem riesigen Blumenstrauß und dem Slogan ´Herzlich Willkommen´.

Das war für uns eine gute Sache, denn das zog Menschen nach Schwerin und in die Innenstadt, weil die Einkaufsmöglichkeiten nun größer waren.“

Rückblick auf Herausforderungen seit 1990

Nicht unkritisch blickt Kressmann auf die Eröffnung des Schlosspark-Centers Ende der 1990er Jahre zurück, die für sein Haus zunächst Umsatzeinbußen von etwa 20 Prozent bedeuteten und unter dem auch Einkaufsstraßen wie die Mecklenburgstraße, die Puschkinstraße oder die Friedrichstraße in Schwerin merklich gelitten hätten. Wirklich schwer getroffen wurde das Modehaus jedoch durch die Corona-Pandemie im Jahr 2020 und deren Folgen, wie Kressmann eingesteht:
Corona war hart. Damals war es schon verdammt knapp. So ein Haus hat ja laufende Kosten. Wir mussten die Verwaltung aufrechterhalten, mussten in Vorleistung gehen.“

Wie brenzlig es damals war, zeigt auch diese Anekdote, von der Kressmann noch heute sichtlich emotional erzählt: „Ich habe dann irgendwann dagesessen und hatte festgestellt, dass ich das Geld nicht mehr habe, um Rechnungen zu bezahlen.“

Er musste sich eingestehen: „Wenn jetzt nichts passiert, kannst du in zwei Wochen Insolvenz anmelden. Die Überbrückungshilfen liefen damals über Hannover. Ich konnte telefonisch niemanden dort erreichen. Als mein Steuerberater dann dort doch noch durchkam und die zuständige Kollegin mitteilte, dass das Geld am Dienstag da ist, habe ich geheult vor Erleichterung.“
Glücklicherweise kann Kressmann aber auch von positiven Erfahrungen in den letzten 35 Jahren Geschäftstätigkeit berichten. So habe sich die Bundesgartenschau 2009 für die Stadt Schwerin und auch sein Geschäft nachhaltig positiv ausgewirkt:
„Das war wirklich ein Image-Schub und auch ein Schub im Selbstbewusstsein für diese Stadt. Das war eine richtig gute Entscheidung und es ist dann auch richtig gut gemacht worden. Ich kenne viele Leute, die haben das zum Anlass genommen, das erste Mal nach Schwerin zu kommen und waren dann wirklich begeistert.“
Außerdem habe sich auch der Bau der Marienplatz-Galerie mit der gleichzeitigen Durchwegung zu seinem Geschäft positiv ausgewirkt.
Seitdem sein Bruder und er sich die Geschäftsleitung zwischen Hildesheim und Schwerin aufgeteilt haben, habe sich das Haus zudem noch stärker regional ausgerichtet:
„Wir sind hier vor Ort und suchen Synergien, arbeiten mit der Designschule zusammen, mit dem Theater, mit dem Museum.

Wir sind genauso ein Teil dieser Stadt wie andere Institutionen auch und versuchen uns mit denen zu vernetzen, ´Ataraxia´ gestaltet bei uns zum Beispiel mit. Sowas tut uns sehr gut.“

Modehaus Kressmann heute und der Blick nach vorn

Durchaus selbstbewusst blickt Carl Kressmann auf das heutige Image seines Unternehmens und die Einzigartigkeit des Standortes:
„Allein die Architektur des Hauses ist so speziell. Wenn Sie bei uns stehen, dann wissen Sie, wo sie sind. So werbe das Modehaus auch anders. Wir investieren viel in Schaufenster.

Wo andere drei Figuren reinstellen, machen wir großes Bimborium und machen auch mal ein Schaufenster nur mit Steiff-Tieren zum Beispiel an Weihnachten.", so Kressmann, der nicht ohne Stolz erklärt:

„Wir sind ständig in Bewegung, gestalten um und wenn einer eine Idee hat, sage ich: ´Dann machen wir das.´ Ich glaube also, wir sind schon was Besonderes. Wir sind nicht austauschbar.“
Unterstützung beim Design und gestalterischen Fragen erhält Kressmann dabei von Evelyn Hoffmann, Filialleiterin der Geschäfte in Wismar und Schwerin mit einem sensiblen Gespür für besondere Deckenbeleuchtungen.
Auch Hoffmann ist im wahrsten Sinne des Wortes eng mit der Geschichte des Modehauses Kressmann verbunden, arbeitet sie doch bereits seit 1978 am Standort in der Mecklenburgstraße, wo sie damals ihre Ausbildung als Verkäuferin im “Magnet-Kaufhaus” begonnen hatte.
Mit Blick auf den bevorstehenden Tag der Deutschen Einheit und die bundesweite Feier in Schwerin findet Carl Kressmann Gelegenheit, jungen Menschen, die eine Geschäftsidee haben, eine Botschaft mit auf den Weg zu geben:
„Letztendlich sind es zwar Zahlen, die darüber entscheiden, ob man einen Kredit bekommt oder ähnliches. Aber im Vordergrund sollte doch die Frage stehen, wofür ich eine Leidenschaft habe. Was ist so gestrickt, dass ich morgens gerne hingehe und möglichst oft auch abends wieder gut gelaunt nach Hause. Meine Botschaft an junge Unternehmer: Informiert euch! Stellt euch darauf ein, dass das was heute gilt, morgen und übermorgen schon gar nicht mehr gilt.“
Nach der Entwicklung der Region Westmecklenburg gefragt, gibt sich Kressmann schließlich zugleich versöhnlich und nachdenklich:
„Ich würde mir wünschen, dass man das, was passiert, etwas mehr würdigt. Also wenn man heute durch Schwerin geht und man ruft sich ins Gedächtnis, wie es Anfang der 90er Jahre noch war, da sind ja heute vielleicht noch zwei oder drei Gebäude, die noch nicht gemacht wurden.“

Die aktuellen Debatten und Entwicklungen sieht Kressmann dabei nicht unkritisch, plädiert aber schließlich für einen differenzierten Blick:

„Man muss auch gucken: Wo ist denn eine Lösung und nicht nur, wo kann ich meinen Protest formulieren. Das hilft ja keinem weiter. Aber wenn man das eine und das andere nebeneinanderstellt, glaube ich, dass ein positiver Saldo drunter steht. Das sollte man würdigen.“

Kontakt

Kressmann Schwerin GmbH & Co. KG
Mecklenburgstraße 19 – 23
19053 Schwerin
Tel.: 0385 590 95–0
Fax: 0385 550 73 -14
E-Mail: info@kressmann-schwerin.de
Internetseite: Modehaus Kressmann