DIHK-Sonderumfrage nach 1 Jahr Brexit

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hat eine Sonderauswertung zum Brexit auf Basis des AHK World Business Outlook veröffentlicht. Die Untersuchung zeigt Herausforderungen deutscher Firmen im Vereinigten Königreich auf, darunter Fachkräftemangel, Handelsbarrieren, und Lieferkettenprobleme.
Die Sonderauswertung des AHK World Business Outlook basiert auf knapp 80 Antworten der im Vereinigten Königreich vertretenen Unternehmen. Von diesen Betrieben in Großbritannien rechnen nur noch 29 Prozent mit einer besseren konjunkturellen Entwicklung vor Ort. In der Eurozone traf dies in der Gesamtumfrage dagegen für 43 Prozent der Unternehmen zu.
Es berichten 43 Prozent der deutschen Unternehmen in UK von Handelsbarrieren oder der Bevorzugung einheimischer Mitbewerber. Zum Vergleich: Weltweit sind 22 Prozent von solchen Diskriminierungen auf ihren Märkten betroffen.
Hinzu kommt, dass Großbritannien seit 1. Januar 2022 Zollkontrollen an den Grenzen verstärkt, wobei viele Inlandszollstellen noch nicht an das europaweite elektronische System für das Versandverfahren angeschlossen sind. Das Versandverfahren ermöglicht Betriebe eigentlich, die Zollverfahren überall und dezentral an britischen Inlandszollstellen abzuwickeln – was vielerorts noch nicht klappt.
Auch die Rechtssicherheit wird am britischen Standort deutlich kritischer beurteilt (30 Prozent) als im globalen Schnitt (18 Prozent).

Unternehmen wollen Lieferketten anpassen

In der Folge liegt der Anteil der Unternehmen, die von Problemen bei Lieferketten und Logistik berichten, im Vereinigten Königreich mit 85 Prozent deutlich höher als im weltweiten Durchschnitt (54 Prozent) – eine deutliche Diskrepanz, die sich nicht nur durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie erklärt.
Und das hat Konsequenzen: Insgesamt 77 Prozent der deutschen Unternehmen im Vereinigten Königreich haben vor, ihre Lieferketten anzupassen (weltweit sind es 54 Prozent). Davon planen sogar 93 Prozent eine Veränderung von Lieferwegen.

Personalengpässe verschärfen die Probleme

Darüber hinaus berichten aktuell 55 Prozent der deutschen Unternehmen im Vereinigten Königreich, zu wenig Fachkräfte vor Ort zu finden; im weltweiten Durchschnitt sind es 37 Prozent. In Großbritannien zeigte sich dies etwa zuletzt am Fehlen von LKW-Fahrern. Gleichzeitig stoßen auch Betriebe, die eigene Fachkräfte nach Großbritannien entsenden wollen, auf große Hürden, was auch durch die neue Einwanderungspolitik des VK bedingt ist.
Die deutschen Exporte ins VK und Investitionen auf der Insel sind seit dem Brexit-Referendum rückläufig. Während Großbritannien im Jahr 2016 noch drittwichtigster Exportmarkt Deutschlands war, ist das Land 2021 auf Platz acht abgerutscht. Als Handelspartner hat das Königreich in diesem Zeitraum sogar noch mehr an Bedeutung verloren: Nahm es vor fünf Jahren noch Platz fünf ein, rangiert es nunmehr nur noch auf Platz zehn.
Platz in den Top 10 der deutschen Handelspartner wackelt
Aufgrund der Entwicklung und der bestehenden Herausforderungen erwartet der DIHK für das kommende Jahr einen weiteren Rückgang der Im- und Exporte. Dann könnte das Vereinigte Königreich in der Liste Deutschlands wichtigster Handelspartner sogar ganz aus den Top 10 herausfallen.