EU-Indien Partnerschaft wird ausgebaut
Die EU richtet derzeit verstärkt ihr Augenmerk auf Süd- und Südostasien. Dabei gewinnen auch die Beziehungen zwischen Indien und der Europäischen Union an Bedeutung. Bei dem EU-Indien-Gipfel am 8. Mai 2021 wurde eine bilaterale Partnerschaft für nachhaltige Konnektivität vorgestellt sowie die Wiederaufnahme der Verhandlungen über eine Freihandelsabkommen verkündet. Am 6.Februar 2023 wurde zudem ein bilateraler Handels- und Technologierat ins Leben gerufen, um den digitalen Wandel, grüne Technologien sowie den Handel zu befördern.
EU-Indien Konnektivitätspartnerschaft
Hintergrund
Nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Aufstiegs Chinas vertieft die Europäische Union (EU) ihre Partnerschaften mit den Ländern der Indo-Pazifik-Region. Bei dem bilateralen Gipfel präsentierte die EU gemeinsam mit Indien nun eine neue Konnektivitätspartnerschaft. Allianzen wie diese sind als Element in der EU-Asien-Konnektivitätsstrategie vorgesehen. Sie zielen darauf ab, Ländern mit großem Infrastrukturbedarf eine finanziell und ökologisch nachhaltigere Alternative zu Projekten der chinesischen Belt and Road Initiative zu bieten.
Inhalte der Konnektivitätspartnerschaft
Im Vergleich zur ersten EU-Konnektivitätspartnerschaft, die die EU im Herbst 2019 mit Japan unterzeichnet hat, ist das neue Abkommen mit Indien umfangreicher. Es erwähnt zusätzlich etwa Kooperationen auch bei technischen Standards, dem 5G-Netzausbau und der Vereinfachung des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs. Für Indien, das in großem Umfang Heimatüberweisungen von Auslandsindern aus Europa empfängt, ein wichtiges Anliegen.
Die vier thematischen Schwerpunkte des neuen Abkommens sind wie auch in der EU-Asien-Konnektivitätsstrategie die Bereiche
- Transportinfrastruktur,
- Energiekonnektivität,
- Digitalisierung
- sowie eine menschliche Komponente, die eine vertiefte wissenschaftliche Kooperation und den kulturellen Austausch beschreibt.
Konkrete Projekte vorgestellt
Mit Ankündigung der Partnerschaft hat Brüssel eine Liste mit Projekten veröffentlicht, die sich teilweise bereits in der Umsetzung befinden und die Möglichkeiten für weitere Kooperationen aufzeigen. Dort sticht der erstmals inkludierte sogenannte Team-Europe-Ansatz heraus.
Zwei Finanzierungen wurden als Beispiele für die künftige Zusammenarbeit zugesagt: Die Europäische Investitionsbank (EIB) wird mit 300 Millionen Euro U-Bahn-Projekte in den indischen Städten Pune und Kanpur unterstützen. Außerdem wird sich die Bank mit 25 Millionen Euro am Investitionsfonds NEEV II beteiligen, der in Zusammenarbeit mit der indischen Staatsbank globale Klimaschutzmaßnahmen fördern soll. Weitere Projekte sind geplant.
Wiederaufnahme der Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen
Ebenso kündigten die EU und Indien auf dem gemeinsamen Gipfel an, dass sie die Verhandlungen über ein bilaterales Freihandelsabkommen wiederaufnehmen wollen. Die Gespräche waren 2013 nach sechs Jahren geplatzt. Dies lag unter anderem daran, dass Indien sich weigerte, seinen Automobilsektor und den Markt für landwirtschaftliche Erzeugnisse zu öffnen. Daher ist nicht mit schnellen Ergebnissen zu rechnen. Allerdings ist der neue Vorstoß ein Zeichen dafür, dass es auch in den umstrittenen Bereichen auf beiden Seiten eine neue Gesprächsbereitschaft gibt.
Relevanz der bilateralen Beziehungen
Die EU ist Indiens drittgrößter Handelspartner und Indien ist der zehntgrößte Handelspartner der EU. Das Handelsvolumen betrug im Jahr 2020 insgesamt 110,4 Milliarden Euro. Gegenüber 2010 hat der Austausch von Waren und Dienstleistungen um 50% zugenommen. Laut einer Studie des wissenschaftlichen Dienstes des Europaparlaments aus dem Jahr 2020 könnten mit einem Abkommen die europäischen Exporte nach Indien um 52 bis 56 Prozent und die Importe aus Indien um 33 bis 35 Prozent ansteigen.
Quelle: GTAI
Ausführliche Informationen sowie weiterführende Links sind abrufbar → Webseite der GTAI.
Handels- und Technologierat
In einem sich rasch wandelnden geopolitischen Umfeld haben die EU und Indien gemeinsames Interesse daran, Sicherheit, Wohlstand und nachhaltige Entwicklung auf der Grundlage gemeinsamer Werte zu gewährleisten. Der Handels- und Technologierat wird die politische Steuerung und die notwendige Struktur zur Koordinierung der Ansätze und zur Förderung der technischen Arbeit bereitstellen. Die EU und Indien haben vereinbart, an kritischen Bereichen wie Konnektivität, grüne Technologien und widerstandsfähige Lieferketten zu arbeiten. Dazu gibt es drei Arbeitsgruppen:
- Strategische Technologien, digitale Governance und digitale Konnektivität: Diese Gruppe wird gemeinsam in Bereichen von beiderseitigem Interesse arbeiten, darunter digitale Konnektivität, künstliche Intelligenz, 5G/6G, Hochleistungsrechnen und Quanteninformatik, Halbleiter, Cloud-Systeme, Cybersicherheit, digitale Kompetenzen und digitale Plattformen.
- Technologie für grüne und saubere Energie: Diese Gruppe wird sich auf grüne Technologien, einschließlich Investitionen und Normen, konzentrieren, wobei der Schwerpunkt auf Forschung und Innovation liegt. Untersucht werden könnten Bereiche wie saubere Energie, Kreislaufwirtschaft, Abfallbewirtschaftung, Plastik- und sonstige Abfälle im Meer. Die Gruppe wird auch die Zusammenarbeit zwischen Gründerzentren, kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und Start-up-Unternehmen in der EU und Indien fördern.
- Handel, Investitionen und widerstandsfähige Wertschöpfungsketten: Diese Gruppe wird sich mit der Widerstandsfähigkeit der Lieferketten und dem Zugang zu kritischen Komponenten, Energie und Rohstoffen befassen. Sie wird auch darauf hinarbeiten, festgestellte Handelshemmnisse und globale Herausforderungen im Handel zu beseitigen, indem sie die Zusammenarbeit in multilateralen Foren fördert. Sie wird auf die Förderung internationaler Standards und die Zusammenarbeit bei der Bewältigung globaler geopolitischer Herausforderungen hinarbeiten.
→ zur Pressemitteilung der EU.