Neuartige Lebensmittel mit Insekten

Im Landtag Mecklenburg-Vorpommern wurde über den Einsatz und die Kennzeichnung von Lebensmitteln diskutiert. Insbesondere ging es dabei um die Nutzung von "Novel Food", also der EU-Verordnung, die den Einsatz etwa von bestimmten Insekten als Lebensmittel ermöglicht. Wir erklären, was Produzenten und Verbraucher beachten sollen.

Dr. Till Backhaus, Minister für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern dazu:
„Ich kann verstehen, wenn Menschen Vorbehalte gegen verarbeitete Insekten in Lebensmitteln haben. Das ist ein relativ neuer Trend in der Lebensmittelproduktion, mit dem der eine oder andere noch nicht besonders vertraut ist. Aus Sicht des Verbraucherschutzes spricht allerdings nichts gegen die Verarbeitung. Umfangreiche Studien zu möglichen Allergenen und zu der Unbedenklichkeit für den menschlichen Verzehr liegen vor, ebenso wie Regeln für eine klare Produktkennzeichnung – und das europaweit.

Es steht also jedem Menschen frei, diese Produkte zu konsumieren oder eben auch nicht. Niemandem wird irgendetwas untergejubelt. Die pauschale Forderung nach weiteren Kennzeichnungen halte ich deshalb für fachlich unbegründet. Ich halte auch nichts davon, mit diffusen Ängsten zu spielen und würde mir mehr Sachlichkeit in der Debatte wünschen.“
Schon 2021 wurden Larven des Gelben Mehlkäfers (Tenebrio molitor) und Wanderheuschrecken (Locusta migratoria) als neuartige Lebensmittel zugelassen und gelistet sowie nun auch Hausgrillen (Acheta domesticus) und die Larven des Getreideschimmelkäfers (Alphitobius diaperinus). Die Europäische Kommission hat den Verzehr auf Vorschlag der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA als unbedenklich eingestuft.

Drei Fragen an…
Dipl.-Ing. Ronald Paulowitz, Institut für Hygiene und Lebensmittelrecht

Warum können nun auch Insekten in Lebensmitteln enthalten sein?

R. Paulowitz: Das ist das Ergebnis einer sehr langen Diskussion auf EU-Ebene und in den Fachbehörden. Lebensmittel und Zutaten müssen bei der EU registriert und zugelassen sein bevor sie Verbrauchern verkauft werden dürfen. Insekten und Produkte daraus sind in Europa traditionell nur wenig verbreitet – in anderen Regionen der Welt ist der Verzehr von Insekten durchaus verbreitet, sie gelten als wichtige Proteine. Nun hat sich die EU entschieden, dass nach wissenschaftlicher und auch ethischer Diskussion eine Auswahl von Insekten als neue Lebensmittel zugelassen werden. Fachleute sprechen dabei von „Novel Food“.

Können Verbraucher erkennen, wenn solche Insekten verarbeitet wurden?

R. Paulowitz: Es ist so: Produzenten können solche neuen Zutaten einsetzen, sie müssen aber natürlich nicht. Auch sind diese neuen Zutaten deutlich teurer als bisherige Zutaten wie Mehl und Eiweiße. Und natürlich müssen die Zutaten auf der Verpackung oder an der Theke genannt und gekennzeichnet werden. Das ist in der europäischen Lebensmittel-Informationsverordnung 1169/2011 geregelt. Sie gilt seit dem 13. Dezember 2014, beziehungsweise hinsichtlich der Nährwertkennzeichnung seit dem 13. Dezember 2016. Die EU-Verordnungen gelten unmittelbar in allen EU-Mitgliedsstaaten.

Verbraucher können also nicht „aus Versehen“ solche neuen Zutaten zu sich nehmen?

R. Paulowitz: Die EU-Verordnung 1169/2011 sagt sehr deutlich, dass Verbraucher vom Hersteller und Händler in die Lage versetzt werden müssen, beim Kauf von Lebensmitteln eine fundierte Wahl zu treffen. Deshalb werden die Zutaten und die Nährwerte auf die Verpackung gedruckt. Das gilt besonders für unerwartete Zutaten – und dazu würden Insekten ohne Zweifel gehören. Deshalb muss dazu eine Information auf der Verpackung, am Verkaufstresen oder auch auf der Speisekarte zu finden sein – dabei müssen der lateinische und der deutsche Name genannt werden. Zusätzlich muss angegeben werden, in welcher Form das Insekt verwendet wurde, zum Beispiel Pulver oder Paste. Das wird auch von den Behörden kontrolliert.