27. August 2024
Liquidität der regionalen Wirtschaft ist weiterhin gut
Die Zahl der bayerisch-schwäbischen Unternehmensinsolvenzen hat sich im ersten Halbjahr 2024 im Vergleich zum Vorjahr kaum verändert. In Bayerisch-Schwaben mussten 168 Unternehmen in den ersten sechs Monaten des Jahres Insolvenz anmelden. 2023 waren es 165 gewesen. Reinhold Braun, Präsident der IHK Schwaben, führt diese Zahlen auf die Weitsichtigkeit der überwiegend durch mittelständische Familienunternehmen geprägten Wirtschaft zurück. „Die bayerisch-schwäbischen Unternehmen verfügen trotz aller wirtschaftlichen Herausforderungen über eine gute Kapitalausstattung, die ihnen bei Bedarf auch den Zugang zu Fremdkapital erleichtert. Dennoch nehmen die Finanzierungsrisiken zu, da immer mehr Unternehmen gezwungen sind auf ihre Rücklagen zuzugreifen.“
Bereits im vergangenen Jahr war die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Bayerisch-Schwaben nach Angaben des statistischen Landesamts auf 335 angestiegen. Schwabenweit lag die Zahl damit erstmals wieder über dem Niveau der Corona-Jahre. Grund zur Panik sieht die IHK Schwaben dennoch nicht. Die Zahlen liegen nach wie vor nur leicht über dem Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre von 318 Unternehmensinsolvenzen und zum Teil deutlich unter dem Niveau der Vor-Corona-Zeit.
Nachholeffekt nach der Corona-Zeit
Laut IHK Schwaben ist der Anstieg unter anderem auf einen Nachholeffekt zurückzuführen. In der Hochphase der Corona-Krise war die Insolvenzantragspflicht sogar ausgesetzt worden, was zu einem rein statistischen Rückgang der Zahlen geführt hat. So reduzierte sich die jährliche Zahl der bayerisch-schwäbischen Unternehmensinsolvenzen auf bis zu 216 in 2022.
Unternehmen verfügen über ausreichend Eigenkapital
Eine Umfrage der IHK-Schwaben zur Kapitalausstattung der regionalen Wirtschaft unterstreicht die überwiegend gute Eigenkapitalausstattung der Unternehmen. 87 Prozent der Unternehmen aus Produktion, Handel und Dienstleistung berichteten im Frühjahr 2024 von einem guten oder befriedigenden Liquiditätsstatus. Lediglich zehn Prozent gaben an, dass ihre Liquidität schlecht sei. Von einer existenzbedrohenden Kapitalausstattung sprachen sogar nur drei Prozent. Damit ist der Liquiditätsstatus der bayerisch-schwäbischen Unternehmen in den vergangenen Jahren konstant geblieben. „Das unterstreicht die krisenresiliente Kapitalausstattung der heimischen Wirtschaft“, betont Braun.
Jedes vierte Unternehmen benötigt kein Fremdkapital
Um fit für die Zukunft und bereit für nötige Investitionen zu sein, sind die Unternehmen zum Teil auf Fremdkapital angewiesen. Laut der IHK-Umfrage ist es für 61 Prozent der bayerisch-schwäbischen Unternehmen kein Problem, eine Fremdfinanzierung zu erhalten. 28 Prozent erklärten, dass sie gar kein Fremdkapital benötigten, weil sie z. B. über ausreichend eigene Mittel verfügten. Lediglich elf Prozent fällt es schwer, fremde Mittel zu akquirieren – wegen zu hoher Zinsen (64 Prozent), fehlender Sicherheiten (61 Prozent) oder zu hohen Eigenkapitalanforderungen (30 Prozent).
Politik muss strukturelle Probleme angehen
Doch all das dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Lage für die Unternehmen in Bayerisch-Schwaben schwieriger wird, betont der IHK-Präsident. „Die regionale Wirtschaft hat mit vielen Herausforderungen zu kämpfen. Unternehmensinsolvenzen sind nur die Spitze des Eisbergs. Die meisten Unternehmen sterben leise, beispielsweise weil es keine Nachfolge gibt“, so Braun. „Ärgerlich ist, dass viele der Probleme, mit denen die Unternehmen zu kämpfen haben, hausgemacht sind.“ So sind die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen laut IHK-Konjunkturumfrage für fast zwei Drittel der Unternehmen das größte Risiko für die weitere wirtschaftliche Entwicklung – noch vor der schwachen Inlandsnachfrage (60 Prozent). „Die Politik muss daher endlich die strukturellen Probleme wahrnehmen und auch lösen.“