22. Juli 2024

In Bayerisch-Schwaben fehlen 17.500 Arbeitskräfte

Der Arbeitskräftemangel bleibt ein Dauerthema für die Unternehmen in Bayerisch-Schwaben. Aktuell fehlen rund 17.500 Arbeitskräfte. Das geht aus dem IHK-Arbeitsmarktradar Bayern hervor, den das IW Köln jetzt im Auftrag des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags (BIHK) erstellt hat. Bis 2027 wird sich die Lücke auf dem Arbeitsmarkt um weitere zehn Prozent vergrößern. „Wir müssen alles dafür tun, um vorhandene Potenziale besser zu nutzen und Zuzug aus dem Ausland zu fördern“, sagt Reinhold Braun, Präsident der IHK Schwaben. „Für Unternehmen in besonders betroffenen Branchen wird der Arbeitskräftemangel sonst zur Existenzfrage.“
Laut der IHK-Konjunkturumfrage aus dem Frühjahr ist schon heute für mehr als jedes zweite Unternehmen in Bayerisch-Schwaben der Arbeitskräftemangel ein Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung. Die Situation wird sich in den kommenden Jahren verschärfen. Das IW Köln prognostiziert, dass 2027 rund 19.400 Beschäftigte in Bayerisch-Schwaben fehlen werden. Die Lücke an Arbeitskräften ergibt sich aus der Zahl der offenen Stellen abzüglich passend qualifizierter Arbeitsloser. „Für mehr als die Hälfte der offenen Stellen wird es dann in Bayern keine passend qualifizierten Bewerberinnen und Bewerber mehr geben“, berichtet IHK-Präsident Reinhold Braun.
Vom Arbeiter bis zu Experten: In allen Bereichen fehlen Beschäftigte
Die größte Lücke besteht laut dem Arbeitsmarktradar in Bayerisch-Schwaben bei den Fachkräften – und sie wird sich weiter vergrößern: von derzeit 10.500 auf 11.300. Der Bedarf an Geringqualifizierten ist derzeit noch überschaubar, nimmt aber bis 2027 um fast 50 Prozent auf dann rund 1.300 Arbeitskräfte zu. Auch bei sogenannten Spezialisten – das sind Fachkräfte mit Weiterbildung oder Akademiker auf Bachelor-Niveau – klafft eine Lücke von rund 2.900 Beschäftigten. Diese wird bis 2027 auf rund 3.300 anwachsen. Bei den Akademikern mit Master-Niveau wird der nicht zu deckende Arbeitskräftebedarf in der Region von derzeit 3.200 bis 2027 um rund 300 anwachsen. „Der Arbeitskräftemangel zieht sich quer durch alle Qualifizierungsniveaus und betrifft damit nahezu alle Branchen und Unternehmensbereiche“, betont der IHK-Präsident.
Die Folgen des Arbeitskräftemangels sind schon heute spürbar
Die Folgen für die Wirtschaft sind schon heute spürbar: eingeschränkte Serviceangebote oder längere Wartezeiten bei Dienstleistern, verkürzte Öffnungszeiten in der Gastronomie, ausgedünnte Fahrpläne bei Bussen und Bahnen oder komplette Schichten in der Produktion, die personalbedingt ausfallen. Der jährliche volkswirtschaftliche Schaden für Bayerisch-Schwaben, der durch den Arbeitskräftemangel entsteht, wird laut IW Köln im Jahr 2027 rund 1,8 Milliarden Euro betragen. „Zusätzlich müssen wir die langfristigen Folgen mitdenken“, mahnt Braun an. Wenn qualifizierte Experten fehlen, bleiben Innovationen auf der Strecke. Ist die Personaldecke dünn, konzentriert man sich in den Unternehmen eher auf das Tagesgeschäft, für strategische Weichenstellungen bleibt kaum Raum. „Diese Entwicklung wird sich in den kommenden Jahren spürbar bemerkbar machen. Die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft steht auf dem Spiel“, so Braun.
Der Handel ist am stärksten betroffen
Vor allem im Handel werden in Bayerisch-Schwaben künftig Beschäftigte fehlen. Hier wird laut Arbeitsmarktradar die größte Lücke mit fast 1.300 Arbeitskräften klaffen, gefolgt von Post- und Zustelldiensten und der Kinderbetreuung. „Die schwierige Personalsituation in der Kinderbetreuung, aber auch in der Altenpflege, wird den Fachkräftemangel auch in anderen Branchen weiter befeuern“, befürchtet Braun.
Wie sich das Fachkräfteproblem eindämmen ließe
Die Arbeitskräftesicherung wird damit zur wesentlichen Herausforderung der kommenden Jahre. „Es muss uns gelingen, jene Menschen in Beschäftigung zu bringen, die bislang gar nicht oder nur in geringem Umfang am Arbeitsleben teilhaben, und mehr Arbeitskräfte aus dem Ausland zu rekrutieren. Alle Potenziale müssen genutzt werden“, sagt der IHK-Präsident. Dafür bedarf es passender Rahmenbedingungen – sowohl für die Beschäftigten als auch für Unternehmen. Dazu gehören zusätzliche Anreize, die dazu führen, dass Erwerbslose eine Arbeit aufnehmen oder sich qualifizieren. Durch Anpassungen bei der Lohnsteuer – Stichwort Ehegatten-Splitting – oder beim Renteneintrittsalter ließe sich die Erwerbsbeteiligung von Frauen und älteren Menschen erhöhen.
Beschäftigungsaufbau maßgeblich von Zuwanderung getragen
Eine entscheidende Rolle wird die Zuwanderung spielen. Schon heute wird der Beschäftigungsaufbau wesentlich von ausländischen Staatsangehörigen getragen. Laut Arbeitsmarktradar wird der Anteil von Ausländern an den Beschäftigten im Freistaat bis 2027 auf 23 Prozent steigen. 2017 lag diese Quote bei 14 Prozent. „Um die Zuwanderung in unseren Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu erleichtern und Beschäftigungschancen von Migranten zu verbessern, müssen die Anerkennungs- und aufenthaltsrechtlichen Verfahren verbessert und beschleunigt werden“, fordert der IHK-Präsident. Gleichzeitig appelliert er an die Unternehmen, verstärkt in Automatisierung und Digitalisierung zu investieren. „Nur so wird es künftig noch möglich sein, mit weniger Arbeitskräften die Arbeitslast zu stemmen“, so Braun.
Hier finden Sie weitere Informationen zum IHK-Arbeitsmarktradar Bayern und detaillierte Zahlen für Bayerisch-Schwaben.