7. Februar 2023
IHK Schwaben stellt die Ergebnisse der Konjunkturumfrage im Winter vor
Die Stimmung in der bayerisch-schwäbischen Wirtschaft hellt sich zum Jahresbeginn 2023 spürbar auf. Sowohl die aktuelle Geschäftslage als auch die Erwartungen haben sich verbessert. Der IHK-Konjunkturindex steigt im Vergleich zum Herbst 2022 spürbar um 23 auf 108 Punkte. „Der Stimmungsblues des letzten Jahres ist vorläufig gestoppt, auch wenn der IHK-Konjunkturindex noch immer deutlich hinter seinem zehnjährigen Durchschnitt zurückbleibt“, stellt Dr. Marc Lucassen, Hauptgeschäftsführer der IHK Schwaben, bei der Vorstellung der aktuellen IHK-Konjunkturumfrage fest. Das größte Risiko der wirtschaftlichen Entwicklung bleiben die Energie- und Rohstoffpreise. „Die Preisbremsen für Strom und Gas wirken. Doch die Unternehmen in Deutschland zahlen noch immer die höchsten Energiepreise im internationalen Vergleich. Die Politik ist gefordert, die strukturellen Probleme zu lösen, da ansonsten ein schleichender Verlust der wirtschaftlichen Substanz droht.“
- Die Lage bleibt stabil, die Erwartungen hellen sich auf
- Das Auf und Ab im Reise- und Gastgewerbe setzt sich fort
- Die Industrie wartet vergeblich auf positive Impulse aus dem Ausland
- Hohe Energiekosten, fehlende Arbeitskräfte und eine geringe Inlandsnachfrage belasten die Investitionsbereitschaft im Inland
- Wettbewerbsfähigkeit erhalten: Energiekrise meistern, Fachkräfte sichern und Bürokratie abbauen
Vom 9. bis zum 20. Januar 2023 hat die IHK Schwaben einen repräsentativen Querschnitt ihrer Mitgliedsunternehmen aus Produktion, Handel und Dienstleistungen zur aktuellen Lage, den Erwartungen und den größten konjunkturellen Risiken befragt. Annähernd 800 Unternehmen haben geantwortet, was einer repräsentativen Stichprobe entspricht.
Die Lage bleibt stabil, die Erwartungen hellen sich auf
Die aktuelle gesamtwirtschaftliche Lage ist robust, die Zahl der Unternehmen mit einer derzeit schlechten Geschäftslage sinkt. Lucassen: „Der Energieverbrauch der Wirtschaft sinkt und die Zahl der betrieblichen Ausbildungsplätze steigt. Das sind zwei Beispiele, die zeigen, wie sich die Unternehmen erfolgreich gegen die Krisen stemmen.“ So beurteilen nur noch elf Prozent der Unternehmen ihre aktuelle Geschäftslage als schlecht, dagegen 89 Prozent als gut oder befriedigend. „Erfreulich ist, dass der Pessimismus langsam schwindet. So erwartet zwischenzeitlich nur noch jedes vierte Unternehmen, dass sich die Geschäftslage verschlechtern wird. Vor wenigen Monaten war dieser Wert noch doppelt so hoch“, erklärt der IHK-Hauptgeschäftsführer den spürbaren Anstieg des IHK-Konjunkturindex über die Wachstumsschwelle von 100 Punkten.
Das Auf und Ab im Reise- und Gastgewerbe setzt sich fort
Die branchenspezifischen Konjunkturindizes und damit die Beurteilungen der aktuellen Geschäftslage und der Erwartungen nähern sich an. Dennoch bleiben deutliche Unterschiede zwischen den Branchen bestehen. An der Spitze stehen die Dienstleistungen für Unternehmen mit einem Konjunkturindex von 123 Punkten, am Ende stehen das Baugewerbe mit 96 Punkten sowie das Transportgewerbe mit 92 Punkten. Den größten Sprung nach oben macht seit Herbst 2022 das Reise- und Gastgewerbe mit einem Zuwachs von 38 auf jetzt 102 Punkte. Ebenfalls deutlich verbessert ist das Niveau in der Industrie mit 108 Punkten und im Einzelhandel mit 105 Punkten.
Die Industrie wartet vergeblich auf positive Impulse aus dem Ausland
„Die Industrie ist besonders stark vom Auslandsgeschäft abhängig. Umso schwieriger ist es, dass sich die Wirtschaftsregionen der Welt nach wie vor sehr uneinheitlich entwickeln“, so Lucassen. Zwar hat sich das Auftragsvolumen aus Nordamerika und China im Vergleich zum Herbst 2022 etwas erhöht, doch gleichzeitig sind die Aufträge aus der Euro-Zone und dem sonstigen westlichen Europa gesunken. Lucassen dazu: „Ob und in welchem Umfang die Industrie vom erwarteten Wachstum der Weltwirtschaft in 2023 profitieren wird, ist noch offen. Die geopolitischen Krisen verschärfen sich weiter. So wartet die heimische Wirtschaft noch immer auf eine erfolgversprechende Antwort Europas auf den Inflation Reduction Act der US-Regierung.“
Hohe Energiekosten, fehlende Arbeitskräfte und eine geringe Inlandsnachfrage belasten die Investitionsbereitschaft im Inland
Die wirtschaftlichen Risiken bleiben ungelöst. Die größten Risiken sind quer über alle Branchen hinweg die Energie- und Rohstoffpreise (71 Prozent), der Arbeits- und Fachkräftemangel (60 Prozent) sowie die Inlandsnachfrage (52 Prozent). „Die Energie- und Rohstoffpreise haben zwar etwas an Bedeutung verloren, dennoch bleiben sie vor dem Arbeits- und Fachkräftemangel das größte Risiko für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung. Hinzu kommt die schwache Inlandsnachfrage, von der besonders der Einzelhandel betroffen ist“, erläutert Braun. Die weiterhin hohe Inflationsrate drückt auf die Kauflaune der Endverbraucher und belastet zudem die laufenden Tarifverhandlungen. Es besteht das Risiko stark steigender Arbeitskosten. In Folge dessen könnten Unternehmen verstärkt im Ausland und weniger im Inland investieren. Gerade Investitionen in Kapazitätserweiterungen oder in Produktinnovationen hierzulande würden zunehmend ausbleiben.
Wettbewerbsfähigkeit erhalten: Energiekrise meistern, Fachkräfte sichern und Bürokratie abbauen
„Die vordinglichste Aufgabe der Politik bleibt es, wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen für die heimische Wirtschaft zu gewährleisten. Dazu gehört, dass die Energiepreise auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau sinken müssen. Die Preisbremsen für Gas und Strom sind kurzfristig richtig, mittel- und langfristig allerdings weder sinnvoll noch ausreichend“, stellt Braun fest. Die Vollversammlung der IHK Schwaben hat sich daher bereits im Dezember 2022 mit einem breit gefächerten Maßnahmenpaket positioniert. So fordert die heimische Wirtschaft mehr Tempo beim Ausbau regenerativer Energieträger und des Stromnetzes sowie den Weiterbetrieb der grundlastfähigen Kernkraftwerke über das Frühjahr 2023 hinaus. Mehr Tempo und weniger bürokratische Hürden erwartet sich die Wirtschaft auch beim Zuzug von Menschen aus Drittstaaten in den heimischen Ausbildungs- und Arbeitsmarkt, da der Bedarf aufgrund des demographischen Wandels nicht aus dem Inland und den europäischen Nachbarstaaten alleine gedeckt werden kann. Braun abschließend: „Der Wirtschaftsstandort Bayerisch-Schwaben verliert schleichend an Substanz. Das vollzieht sich nicht in Form einer Insolvenzwelle, sondern indem die Unternehmen ihren Geschäftsbetrieb entweder reduzieren oder Investitionen in wettbewerbsfähigere Standorte im Ausland verlagern. Solange wir hierzulande unsere strukturellen Probleme nicht lösen, nimmt diese unheilvolle Entwicklung ungehindert ihren Lauf.“