17. November 2023
Höhere Mehrwertsteuer trifft Gastronomie zur Unzeit
Sinkende Nachfrage, hohe Energiepreise und steigende Arbeitskosten: Die Gastronomie- und Tourismusbetriebe in Bayerisch-Schwaben blicken pessimistisch in die Zukunft. Laut IHK-Konjunkturumfrage rechnen fast 30 Prozent der Unternehmen mit einer Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Lage. „Vor diesem Hintergrund kommt die Entscheidung, die Absenkung der Mehrwertsteuer nicht zu verlängern, zur Unzeit“, sagt Julia Zwicker, Vorsitzende der IHK-Regionalversammlung Kempten/Oberallgäu und Geschäftsführerin der Panoramahotel GmbH in Bad Hindelang.
Um das Geschäft in Restaurants und Cafés während der Corona-Krise wieder anzukurbeln, war der Mehrwertsteuersatz für Speisen in der Gastronomie im Jahr 2020 von 19 Prozent auf sieben Prozent abgesenkt worden. Wegen der enormen Belastungen der Betriebe durch die Energiekrise war die Regelung mehrmals verlängert worden, zuletzt bis Ende 2023. Nun hat sich die Ampel-Koalition auf die Rückkehr zum höheren Mehrwertsteuersatz verständigt. „Für unsere Gastronomiebetriebe bedeutet das faktisch eine Steuererhöhung und damit eine zusätzliche Belastung“, sagt die IHK-Regionalvorsitzende Julia Zwicker. Dabei hat die Branche bereits jetzt mit einer Vielzahl an Problemen zu kämpfen. Das wirkt sich auf die Stimmung der Unternehmen in Bayerisch-Schwaben aus.
Hohe Kosten belasten die Betriebe
Wie die aktuelle IHK-Konjunkturumfrage zeigt, bewerten die Unternehmerinnen und Unternehmer ihre Lage nach dem erfolgreichen Sommergeschäft zwar derzeit noch positiv, mehr als zwei Drittel berichten sogar, voll ausgelastet zu sein. Doch die Erwartungen für die kommenden Monate verschlechtern sich zusehends. 29 Prozent der rund 2.500 Beherbergungs- und 6.000 Gastronomiebetriebe gehen davon aus, dass sich ihre Lage verschlechtern wird – das ist ein Anstieg um zwölf Prozentpunkte im Vergleich zum Frühjahr.
Es sind vor allem die gestiegenen Kosten, die den Betrieben Sorgen bereiten. 79 Prozent der Unternehmen sehen die Energie- und Rohstoffpreise als Risiko für ihre wirtschaftliche Entwicklung. Dazu kommt die hohe Inflation, die einerseits die Nachfrage schwächt – für 43 Prozent der Betriebe ein Risiko – und andererseits die Arbeitskosten nach oben treibt, was 61 Prozent der Unternehmen als Risiko erachten. „Die Ertragslage vieler Tourismus-Unternehmen hat sich zuletzt massiv verschlechtert, obwohl Umsatz- und Übernachtungszahlen fast wieder auf Vor-Corona-Niveau liegen“, berichtet Zwicker.
Zusätzliche Belastung statt Unterstützung
Die IHK-Regionalvorsitzende sieht daher die Politik in der Pflicht. Denn der finanzielle Spielraum für Betriebe wird immer enger. Die erhoffte politische Unterstützung blieb aus ihrer Sicht bisher jedoch aus. So profitieren Gastronomie und Tourismus beispielsweise wie alle anderen Dienstleister und Händler nicht von der beschlossenen Absenkung der Stromsteuer für das produzierende Gewerbe. „Dabei sind auch wir auf bezahlbare Strompreise angewiesen“, so Zwicker. Die Entscheidung, die Absenkung der Mehrwertsteuer nicht zu verlängern, verursacht nun zusätzliche Kosten, die alle Bürger treffen wird, warnt die IHK-Regionalvorsitzende: „Die Gastronomie und Hotellerie sowie auch Schulen, Kindergärten, Kantinen – für sie alle gilt nun der höhere Steuersatz – müssen diese Erhöhung an ihre Kunden weitergeben, um dem hohen Kostendruck entgegenwirken zu können. Die Erhöhung entspricht damit einer allgemeinen Steuererhöhung, die jeden treffen wird. Betriebe, die diesen Weg nicht mitgehen, werden meiner Meinung nach dem Kostendruck in der Zukunft nicht Stand halten können.“
Für Investitionen bleibt kaum noch Spielraum
Zwicker warnt angesichts dessen vor langfristen Folgen. „Die Betriebe haben angesichts kleiner Margen kaum noch Mittel für Investitionen.“ Die sind aber gerade in einer Branche unerlässlich, die unter so großem Konkurrenzdruck steht. „Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass das Allgäu und ganz Bayerisch-Schwaben nach wie vor gefragte Urlaubsdestinationen sind. Wir müssen alles dafür tun, unsere Attraktivität zu erhalten“, sagt Zwicker.