Bahn
Der lange Weg zur Flughafenanbindung München
Schwaben fehlt eine leistungsfähige direkte Anbindung auf der Schiene an den Flughafen München (MUC); die IHK Schwaben setzt sich hierfür schon seit mehr als zwei Jahrzehnten ein. Die geplante zweite S-Bahn-Stammstrecke in München eröffnet hierfür eine Perspektive, doch der Tunnel zwischen München Hbf und München-Ost wird voraussichtlich erst in den 2030-er Jahren in Betrieb gehen und die geplante „Express-S-Bahn” nicht gleichwertig einen Fernverkehrsanschluss (ICE) ersetzen. Der Freistaat hat im Frühjahr 2023 neue Überlegungen vorgestellt, den Flughafen über einen Abzweig von einer neu zu bauenden ICE-Strecke Ingolstadt–München anzubinden; der Bund verhält sich hierzu aber reserviert, weil das Projekt nicht im derzeit gültigen Bundesverkehrswegeplan enthalten ist (siehe hier auf Folie 52, Planungsstufe 4). Diese Idee hat eine Realisierungsperspektive allerdings erst weit nach 2030 oder 2040.
Nachdem klar war, dass eine Transrapid-Verbindung zum Flughafen nicht realisiert wird, schlugen mehrere Gutachter Ende 2009 im Auftrag des bayerischen Wirtschafts- und Verkehrsministeriums vor, einen „überregionalen Flughafenexpress" („Üfex") unter anderem ab Ulm, ab Salzburg und ab Regensburg einzusetzen. Die „Üfex”-Linie von Ulm/Augsburg sollte den künftigen zweiten S-Bahn-Stammstreckentunnel nutzen. Eine Linienführung von Zügen zum Flughafen über den „Südring" zwischen Haupt- und Ostbahnhof verwarfen die Gutachter hingegen. Die von den Gutachtern vorgeschlagene „Üfex"-Lösung würde die Fahrzeit von Augsburg zum Terminal von heute im Idealfall ca. 80 Minuten inklusive Umsteigen auf künftig etwa 60 Minuten in einer Direktverbindung verkürzen.
Tatsächlich ist eine erste „Üfex”-Verbindung nach Eröffnung der sogenannten „Neufahrner Gegenkurve” bereits im Dezember 2018 zwischen Regensburg, Landshut und dem Flughafen eröffnet worden. Von Dezember 2024 an wird ein Teil dieser Züge ab Nürnberg über Regensburg zum Flughafen fahren. Der bayerische Verkehrsminister Christian Bernreiter nannte dies einen „Volltreffer" für die bessere Schienenanbindung des Flughafens.
Für weitere „Üfex”-Verbindungen gibt es hingegen weiterhin keine konkreten Zeitplanung. Die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG), die im Auftrag des Freistaats den Bahn-Regionalverkehr organisiert, plant stattdessen auf einigen Linien sogenannte „Express-S-Bahnen” durch die zweite Stammstrecke zum Flughafen. Mit einer solchen Express-Linie (Arbeitstitel: „S 23X”) würde auch Augsburg ins Münchner S-Bahn-Netz einbezogen werden. Ähnliche Überlegungen gibt es für Buchloe.
“Express-S-Bahn” ab Augsburg ist nicht mit Fernverkehr vergleichbar
Verkehrlich stellt eine „Express-S-Bahn” einen Kompromiss aus einem echten „Üfex” oder „Flughafen-Express” und einer klassischen S-Bahn dar. Ein „Üfex” bedient wenige Orte (Städte) mit starkem Punkt-zu-Punkt-Aufkommen zwischen den Zentren in Südbayern und dem Flughafen München (bzw. der Stadtmitte/Hauptbahnhof). Eine S-Bahn und auch „Express-S-Bahn” hat wesentlich mehr Halte und dient vor allem der inneren Erschließung der Metropolregion München bzw. der Flächenerschließung in den umliegenden Landkreisen. Die Fahrzeit einer „Express-S-Bahn” liegt deutlich näher an jener einer S-Bahn als eines Fernverkehrszuges. So könnte den Überlegungen zufolge die „S 23X” zwischen Augsburg und München Hbf voraussichtlich sieben Stopps erhalten, unter anderem in Althegnenberg und Haspelmoor, die dann nicht mehr von den Regionalbahnen (Arverio/ehem. Go-Ahead) bedient werden sollen. Nach damaligen Planungen der BEG soll die „S 23X” zwischen Augsburg und dem Münchner Flughafen rund eineinhalb Stunden benötigen.
Die „S 23X” wäre damit nicht schneller als die heutige Kombination von Regionalexpress oder ICE plus S-Bahn ab München-Pasing oder München Hbf zum Flughafen; Reisende würden sich lediglich den Umstieg samt Reisegepäck ersparen.
IHK-Vollversammlung stellt sich hinter Flughafen-Express
Mit einem einstimmigen Beschluss hat sich die Vollversammlung der IHK Schwaben am 08.05.2024 dafür ausgesprochen, die Region Augsburg/Schwaben mit einem vollwertigen „Flughafen-Express” und nicht nur mit einer „Express-S-Bahn” anzubinden.
Beschluss der IHK-Vollversammlung vom 08.05.2024:
Die Vollversammlung der IHK Schwaben schließt sich dem BIHK-Positionspapier „Schienenanbindung Flughafen München“ an.
Insbesondere setzt sie sich im Interesse Schwabens ein für:
- über das geplante Angebot einer „Regional-S-Bahn“ hinaus für einen „Überregionalen Flughafen-Express“ (ÜFEX) auch in der Relation Ulm–Günzburg–Augsburg–München Hbf–München Ost–Flughafen nach dem Vorbild der bereits seit 2018 bestehenden Verbindung von Regensburg zum Flughafen und analog der Empfehlung des Gutachters des Freistaats für die Strecken ab Nürnberg, ab Salzburg/Mühldorf, ab Passau, ab Memmingen/Oberstdorf/Lindau sowie ab Innsbruck/Rosenheim.
- eine Verlängerung der Fernverkehrslinien von Karlsruhe/Stuttgart sowie von Zürich/Lindau/ Memmingen via München Hbf zum Flughafen, gemäß der Gutachter-Empfehlung für „Stufe 4“.
Bereits 2005 Konzept für eine Übergangslösung via Südring
Ein Gutachten im Auftrag der IHK Schwaben hatte bereits 2005 für eine Anbindung des Wirtschaftsraumes Augsburg eine umsteigefreie Zugverbindung von Augsburg über die Münchner Bahnhöfe direkt zum Münchner Flughafen untersucht. Favorisiert wurde darin ein in Augsburg startender „Airport-Express” (AX) mit nur wenigen Zwischenstopps. Dieser sollte bis zum Münchner Hauptbahnhof die Regionalzuggleise nutzen und anschließend über den Eisenbahn-Südring zum Ostbahnhof und von dort non-stop zum Flughafen fahren. Ein solches Modell würde einerseits die Wirtschaftsräume Augsburg und München mit Ihrer hohen Verflechtungsintensität zum Vorteil der vielen Pendler optimal verbinden, andererseits eine leistungsfähige schnelle Anbindung des Münchner Hauptbahnhofs für die Passagiere aus Fernzügen sowie des Münchner Stadtzentrums an den Flughafen München herstellen. Denkbar wäre eine solche „Airport-Express"-Lösung unter Nutzung des Münchner Südrings auch als Übergangskonzept, bis die erforderliche Infrastruktur wie der zweite S-Bahn-Tunnel und diverse Streckenausbauten für das „Üfex"-Konzept des Freistaats bereitstünde. Tatsächlich war und ist eine Anbindung über den „Südring” nicht Gegenstand aktueller Planungen, weil der Freistaat die Priorität bei der Flughafenanbindung in den 2000er-Jahren zunähst auf den „Transrapid” und später auf die zweite S-Bahn-Stammstrecke legte.