Ladendiebstahl im Einzelhandel

Diebstahl beschäftigt den Einzelhandel schon so lange, wie es ihn gibt. Mit Maßnahmen aus baulichen, organisatorischen, technischen und personellen Mitteln können Händlerinnen und Händler Diebstahl erschweren oder auch ganz verhindern.
Ladendiebstahl ist ein ernstzunehmendes Problem für den Einzelhandel. Laut Handelsverband Deutschland (HDE) beliefen sich die Inventurdifferenzen im Jahr 2024 auf rund 4,8 Milliarden Euro. Allein in Bayern entstand 2023 ein Schaden von 360 Millionen Euro, ein Anstieg um fast 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Insbesondere der organisierte und gewerbsmäßige Ladendiebstahl hat dem Einzelhandel in den vergangenen Jahren teils immense Verluste beschert. Dieser macht bereits ein Viertel aller Delikte ausmacht (Quelle: HDE, Polizeiliche Kriminalstatistik 2023).
Ein Paket aus personellen, organisatorischen, technischen und baulichen Maßnahmen erschwert Ladendiebstahl und schützt Kundschaft und Mitarbeitende.

1. Prävention durch Mitarbeitende

Aufmerksame, geschulte Mitarbeitende sind die wirkungsvollste Maßnahme gegen Ladendiebstahl. Neben technischer Unterstützung ist das Verhalten des Personals entscheidend:
  • Beobachten, ohne zu provozieren.
  • Kunden begrüßen – das erzeugt sozialen Druck.
  • Freundlich Hilfe anbieten – Diebe fühlen sich „entdeckt“.
  • Mitarbeitende sollten verdächtige Kleidungsmuster erkennen (z. B. weite Kleidung, gleichartige Taschen).
  • Schulungen zu Verhaltensbeobachtung, Rechtslage und Verhalten im Ernstfall regelmäßig durchführen.

2. Bauliche Maßnahmen – Sicherheit durch Gestaltung

Ein durchdachter Verkaufsraum verhindert unbeobachtete Gelegenheiten:
  • Übersichtliche Raumgestaltung: Keine Nischen, Raumteiler oder hohen Regale (max. 1,70 m).
  • Helle Beleuchtung: Der gesamte Verkaufsbereich sollte gut einsehbar sein.
  • Spiegel gezielt einsetzen, insbesondere zur Kontrolle von Bereichen hinter Regalen oder in Kabinen.
  • Kassenzone und Büro erhöht anlegen, idealerweise mit verspiegelten Fenstern.
  • Nur einen Kunden-Ein-/Ausgang schaffen, der stets überwacht wird.
  • Trennung von Warenannahme und Lagerbereich, um Diebstähle durch Lieferanten zu verhindern.
  • Wühltische vermeiden – diese laden zum „unbemerkten Zugreifen“ ein.
  • Hochwertige Ware in verschlossenen Vitrinen präsentieren.
  • Hüllen statt Originalware für Artikel wie CDs oder Parfüms ins Regal stellen.

3. Umkleidekabinen – sensible Schwachstellen entschärfen

Gerade hier kommt es häufig zu Diebstählen. Daher:
  • Kabinen gut einsehbar und regelmäßig kontrollieren.
  • Keine Mülleimer oder losen Teppiche – keine Versteckmöglichkeiten.
  • Spalten und Fugen mit Silikon verschließen, Spiegel und Sitzgelegenheiten fest montieren.
  • Vorhänge sollten 15–20 cm über dem Boden enden, alternativ Schwingtüren verwenden.
  • Kein Rückzugsort, sondern transparente Gestaltung mit Kontrollmöglichkeit.

4. Organisatorische Maßnahmen – klare Regeln, weniger Risiken

Ein gut durchdachter Ablauf senkt das Diebstahlrisiko spürbar:
  • Hinweisschilder im Laden: „Jeder Diebstahl wird zur Anzeige gebracht“.
  • Ware mit hohem Risiko nicht im Selbstbedienungsbereich anbieten.
  • Sichtbare Kennzeichnung und Sicherung bereits im Eingangsbereich und in Umkleiden.
  • Durchführung von Hohlkörperkontrollen: Überprüfen von Verpackungen auf versteckte Ware.
  • Verwendung von vorgefertigten Preisetiketten mit Firmenaufdruck, verklebt auf festen, nicht austauschbaren Teilen der Ware.
  • Entsorgung von Kassenbons unmittelbar nach dem Kaufvorgang, um Manipulation zu verhindern.
  • Interne Kommunikationssysteme mit Nachbargeschäften (z. B. Telefonwarnsysteme) nutzen.
  • Einsatz professioneller Sicherheitsdienste nur bei hoher Gefährdungslage – hohe Kosten beachten.

5. Technische Maßnahmen – Unterstützung durch Technik

Technik wirkt nur im Zusammenspiel mit geschultem Personal:
  • Videoüberwachung: Wirkt abschreckend, verlangt jedoch Datenschutzkonformität (DSGVO).
  • Elektronische Artikelsicherung (EAS): Löst beim Verlassen ohne Deaktivierung Alarm aus.
  • Farbsicherungen: Ruinieren bei unsachgemäßem Entfernen die Ware – zusätzlicher Schutzmechanismus.
  • RFID-Technik: Ermöglicht eine intelligente Warenverfolgung, besonders bei höherpreisigen Artikeln.
  • Sicherungsdetektoren am Ein-/Ausgang nur mit Überwachungspersonal wirksam.

6. Verhalten nach einem Diebstahl – richtig reagieren

Ein professionelles und rechtskonformes Vorgehen ist unerlässlich:
  • Täter diskret beobachten und verfolgen, ohne körperliche Konfrontation.
  • Ladenaufsicht informieren – gemeinsam handeln.
  • Verdächtige höflich bitten, ins Büro zu kommen – keine direkten Vorwürfe („Dieb“, „Diebstahl“ vermeiden).
  • Nie körperlich festhalten oder durchsuchen! Nur mit Einwilligung.
  • Taschenkontrollen oder körperliche Maßnahmen ausschließlich durch Polizei.
  • Alarmknopf oder Telefon im Büro bereit halten.
  • Nur dann vorläufig festnehmen, wenn keine Personalien bekannt sind – Polizei sofort verständigen.
  • Zeugen hinzuziehen.
  • Herausgabe der Ware freundlich fordern – Gewalt nur im Rahmen der zivilrechtlichen Selbsthilfe (§§ 859, 860 BGB).
  • Nach erfolgreicher Herausgabe: Tat protokollieren, Anzeige erstatten, ggf. Hausverbot aussprechen.
  • Bei Minderjährigen (unter 14 Jahren): Eltern kontaktieren, bei Nichterreichbarkeit Polizei benachrichtigen.
  • Jeder Diebstahl – auch der Versuch – sollte konsequent angezeigt werden.

Fazit:
Ladendiebstahl lässt sich nicht vollständig verhindern – aber mit einem umfassenden, mehrschichtigen Sicherheitskonzept lässt sich das Risiko deutlich verringern.
Die Polizei bietet praxisnahe Beratung: Polizeiliche Kriminalprävention des Bundes und der Länder