Achtung Steuerfalle
Risiko für deutsche Unternehmen mit US-Geschäftstätigkeit
Seit 2018 müssen sich ausländische Unternehmen auch ohne physische Präsenz in den Vereinigten Staaten mit dem Thema Umsatzsteuer („Sales & Use Tax“) befassen. Bei Nichtbeachtung drohen weitreichende und finanziell kostspielige Konsequenzen für nationale und international agierende Unternehmen. Es besteht oft Unsicherheit bei den betroffenen Unternehmen, welche Erklärungspflichten überhaupt bestehen und welche finanzielle Risiken durch Missachtung drohen.
Die Sales & Use Tax ist nicht mit einem europäischen Mehrwertsteuersystem zu vergleichen. Es gibt keinen Vorsteuerabzug – die Steuer wird zumeist nur beim Verkauf an den Endverbraucher erhoben. Es gibt weder einen einheitlichen Steuersatz noch landeseinheitliche Regeln und Gesetze. Die Sales & Use Tax wird allein auf Ebene der einzelnen Bundesstaaten und Kommunen erhoben. Einige Bundesstaaten haben zwar einen bundesstaatlich einheitlichen Steuersatz, erlauben meist aber auch lokalen Bezirken, zusätzliche Sales & Use Taxes zu erheben. Das Ergebnis sind über 13.000 verschiedene Steuerjurisdiktionen mit eigener Steuererhebungshoheit.
Die wichtigsten drei Faktoren für eine Sales & Use Tax Pflicht:
1. Sales & Tax Pflicht bei Mindestaktivität vor Ort
Unternehmen sollten ihre Geschäftsaktivitäten in den USA analysieren. Die Sales Tax wird durch eine Mindestaktivität („Nexus“) im jeweiligen Bundesstaat ausgelöst, insbesondere durch jegliche physische Präsenz, auch wenn diese nur vorübergehend ist. Wird die Schwelle überschritten, sind auch deutsche Unternehmen dazu verpflichtet, auf steuerbare Verkäufe Sales Tax an den Kunden zu berechnen, einzubehalten und im jeweiligen Staat abzuführen. Die erforderliche physische Präsenz ist zum Beispiel gegeben, wenn Vermögensgegenstände in einem Bundesstaat im Besitz sind oder angemietet werden oder Mitarbeitende im Bundesstaat vor Ort sind. Auch das Erreichen bestimmter Schwellenwerte (in der Regel ab einem Umsatz von 100.000 USD bzw. einer Transaktion im Wert von 200.000 USD) kann die Steuerpflicht auslösen. Eine Prüfung im Einzelfall ist erforderlich, da die Bundesstaaten hierzu individuelle Schwellenwerte vorsehen – entscheidend ist hier das Steuerrecht des Bundesstaates, das den Zielort der Lieferung darstellt.
Nicht betroffen sind Unternehmen, die ihre Produkte in die USA nur über einen Onlinemarktplatz wie Amazon oder Ebay verkaufen. Hintergrund ist, dass Unternehmen, die solche Plattformen betreiben, dazu verpflichtet sind, die Sales Tax auf durch sie abgewickelte Verkäufe selbst abzuführen.
2. Sales & Tax Pflicht je nach Produkt/Dienstleistung
Zusätzlich sollte geprüft werden, ob das verkaufte Produkt an sich überhaupt der Sales Tax unterliegt. Die Regeln der einzelnen Staaten sind hierzu ebenfalls sehr unterschiedlich, trotzdem kann man sich für den Anfang grob nach Folgendem richten: Wenn das Produkt ein physisch greifbarer, beweglicher Gegenstand ist, unterliegt es in aller Regel der Sales Tax. In den meisten Bundesstaaten sind Dienstleistungen von der Sales Tax ausgenommen, es gibt jedoch auch Ausnahmen. Bestimmte Softwareprodukte und digitale Dienstleistungen werden in diesem Zusammenhang oftmals sehr unterschiedlich behandelt.
3. Sales & Tax Pflicht je nach Endverbraucher
Zu guter Letzt stellt sich die Frage, ob der Verkauf tatsächlich an den Endverbraucher erfolgt. Dies kann im US-Steuerverständnis auch ein anderes Unternehmen sein. Kunden, die die gekaufte Ware weiterverkaufen oder weiterverarbeiten, gelten in den allermeisten Fällen nicht als Endnutzer. Wenn dies gegeben ist, muss der Verkäufer vom Kunden ein sogenanntes „Exemption Certificate“ einholen, wodurch dieser bescheinigt, dass die betreffende Transaktion von der Sales Tax befreit ist.
Sonderfall: Use Tax
Obwohl es bisher nur um die Sales Tax ging, sollte der zweite Bestandteil der Thematik nicht vergessen werden: die Use Tax. Use Tax fällt an, wenn ein Endverbraucher ein steuerpflichtiges Produkt erwirbt, der Verkäufer jedoch keine Sales Tax in Rechnung gestellt hat. In diesem Fall ist der Endverbraucher verpflichtet, die Steuer selbst zu veranlagen. Die meisten US-Unternehmen erfüllen diese Verpflichtung zur Besteuerung der Nutzung, allerdings ist die Einhaltung durch private Verbraucher praktisch nicht gegeben.
von Arnold Servo, Managing Partner der internationalen Beraterfirma Rödl & Partner, Houston/USA