Unternehmensnachfolge

Unternehmensbewertung und IHK Spezial Unternehmensbewertung

Ihre regionalen Ansprechpartner:
Nordschwaben, Westschwaben: Karin Bräuer
Allgäu: Gerhard Remmele
Wirtschaftsraum Augsburg: Jürgen Wager

Bewertungsverfahren

Im Folgenden werden die in der Praxis wichtigsten Verfahren zur Bewertung kleiner und mittelgroßer Unternehmen in ihren Grundzügen vorgestellt: Die Multiplikatormethode, das Ertragswertverfahren sowie das Substanzwertverfahren.
Ein allgemein gültiges Verfahren gibt es nicht. Die Industrie- und Handelskammern führen keine Unternehmensbewertungen durch. Dennoch besteht die Möglichkeit, im IHK-Sachverständigenverzeichnis nach einem Sachverständigen für eine Bewertung zu suchen.

Multiplikatorenmethode

Die Multiplikatormethode hat als Bezugsgröße
  • den Umsatz oder
  • das operative Betriebsergebnis (EBIT - Gewinn vor Zinsen und Ertragssteuern).
Kalkulatorische Kosten (insbesondere der kalkulatorische Unternehmerlohn) sind zu berücksichtigen.
Bei beiden Varianten wird der Durchschnitt des Umsatzes bzw. des Gewinns aus insgesamt sechs Geschäftsjahren gebildet: Aus den letzten beiden Geschäftsjahren und aus dem prognostizierten Wert des aktuellen Geschäftsjahres sowie der folgenden drei Jahre. Das Ergebnis, der sogenannte nachhaltige Umsatz bzw. der nachhaltige Gewinn, wird dann mit einem Faktor der entsprechenden Branche multipliziert. Unter diesem Link finden Sie eine Übersicht zur Unternehmensbewertung mit Multiple Rechnern. 

Ertragswertverfahren

Das klassische Ertragswertverfahren ist die theoretisch korrekte und bei Rechtstreitigkeiten überwiegend anerkannte Methode. Sie berechnet die Höhe des Kaufpreises unter der Prämisse, dass der erwartete Gewinn eine angemessene Verzinsung darstellt und dass die Erträge zur Deckung aller Zins- und Tilgungszahlungen sowie zur Finanzierung neuer Investitionen ausreichen. Entscheidend ist die zukünftige Ertragskraft.
Beim Ertragswertverfahren nach Unternehmensbewertungsstandard IDW S1 wird zuerst der durchschnittliche und um verschiedene Posten bereinigte Gewinn der letzten Jahre errechnet. Basierend auf dem Betriebsergebnis der Vergangenheit werden dann die Erträge bzw. Cashflows der nächsten Jahre geplant.
Der Unternehmenswert wird durch Diskontierung der zukünftigen Überschüsse bzw. Gewinne ermittelt: Mit Hilfe der Formel der „ewigen Rente“ werden die Überschüsse über den Kapitalisierungszins abgezinst. Dieser wird durch einen Basiszinssatz zuzüglich eines Risikoaufschlags von etwa 2 Prozent bis 20 Prozent gebildet.

Vereinfachtes (steuerliches) Ertragswertverfahren

Mit der zum 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Erbschaft- und Schenkungssteuerreform wurde die Bewertung von Unternehmensbeteiligungen neu geregelt. Für die Berechnung des Ertragswertes ist der zukünftig nachhaltig realisierbare Jahresüberschuss mit einem Kapitalisierungsfaktor
zu multiplizieren. Die Bewertungsgrundlage bildet dabei der durchschnittliche bereinigte Jahresüberschuss der letzten drei Wirtschaftsjahre.
Der Kapitalisierungsfaktor wurde ab 2016 auf 13,75 festgeschrieben.

Unternehmensbewertung mit dem Unternehmenswertrechner der UWD

Der Wert eines Unternehmens setzt sich aus verschiedenen Faktoren zusammen. Grundlage für die Berechnung sind betriebswirtschaftliche Daten. Je detaillierter die Angaben sind, desto genauer ist das Ergebnis. Für die Berechnung werden Ist- und Plandaten benötigt. Der Betrachtungszeitraum beträgt maximal fünf Jahre und berücksichtigt Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Korrekturfaktoren und eine Risikobewertung fließen ebenfalls bei der Ermittlung des Unternehmenswerts ein. Der Unternehmenswertrechner der UWD ist kostenfrei und anonym. 

KMUrechner des EMF-Instituts der HWR Berlin

Eine valide Kaufpreisabschätzung sollte diese drei Elemente – den objektivierten Wert, die Kapitaldienstfähigkeit eines Erwerbers sowie die Gründe für einen möglichen emotionalen Discount - berücksichtigen. Das EMF-Institut der HWR Berlin hat mit dem KMUrechner ein an der Praxis orientiertes wissenschaftliches Tool entwickelt. Der KMUrechner unterstützt bei der Berechnung eines individuellen Unternehmenswertes. Er ist frei zugänglich und in der Basisversion vollständig kostenfrei. 

Substanzwertverfahren

Der Substanzwert bezeichnet den Betrag, den ein Käufer für die Errichtung einer „Kopie“ des Unternehmens aufwenden müsste. Die Substanzwertmethode betrachtet die Wiederbeschaffung, die Variante Liquidationswertmethode die Zerschlagung und sofortige Liquidierung eines Unternehmens.
Teilreproduktionswert
Im ersten Schritt werden die Positionen des betriebsnotwendigen Vermögens (z. B. Warenbestand, Fuhrpark, Maschinen) einzeln und entsprechend ihrer Wiederbeschaffungskosten bewertet. Von dem so ermittelten Wert sind die zu übernehmenden Schulden abzuziehen.
Vollreproduktionswert
Die Inventarliste enthält weder die immateriellen Wirtschaftsgüter (z. B. selbstgeschaffene Patente und Software) noch den Firmenwert (z. B. Kundenstamm, Lieferbeziehungen, Standort, Know-How der Mitarbeiter). Im zweiten Schritt ist daher zu überlegen, welche Aufwendungen erforderlich sind, um die entsprechenden immateriellen Wirtschaftsgüter und den Firmenwert zu rekonstruieren. Hierbei ist man auf Schätzungen angewiesen. Werden zum bereits ermittelten Teilreproduktionswert die immateriellen Werte hinzugerechnet, ergibt sich der Vollreproduktionswert.
Liquidationswert
Bei dieser Variante des Substanzwertverfahrens werden die Vermögensgegenstände laut Inventarliste nicht mit den Wiederbeschaffungskosten sondern mit den am Markt erzielbaren – teilweise deutlich niedrigeren – Verkaufspreisen bewertet. Es wird der Wert ermittelt, der bei der Zerschlagung des Unternehmens erzielt werden kann. Der Liquidationswert markiert damit die Wertuntergrenze.

Unternehmensanalyse: Wert und Preis

Eine umfassende Analyse des Unternehmens ist Grundlage für die Berechnung des Unternehmenswertes.
Bei der Unternehmensanalyse sind die in der Vergangenheit erzielten Zahlen und Daten heranzuziehen und das Ergebnispotenzial der nächsten Jahre einzuschätzen, basierend auf der zukünftigen Umsatz- und Kostenstruktur, den Vermögens- und Schuldenpositionen und der Chancen und Risiken. Komplexe Einflussfaktoren und teilweise konträre Wirkmechanismen sind zu beachten, wie z. B.
  • Aufbauarbeit und „Entlohnung“ des Übergebers
  • Erfolgswahrscheinlichkeit einen Nachfolger zu finden
  • Finanzierbarkeit des Kaufpreises durch den Käufer
  • Übernommene monetäre, rechtliche und moralische Verpflichtungen
  • Persönliche Faktoren von Übergeber und Übernehmer
  • Branchenperspektive
  • Image
Der Wert eines Unternehmens variiert aufgrund der unterschiedlichen Sichtweisen, doch Wert ist nicht gleich Preis! Beim erzielbaren Preis kann es bspw.
  • bei einer familieninternen Nachfolge zu einem „Familiendiscount“ kommen,
  • bei einer Übernahme des Unternehmens durch eigene Mitarbeiter (MBO) kann ein „Loyalitätsdiscount“ oder
  • bei einem Börsengang (IPO) ein „Liquiditätsdiscount“ eine Rolle spielen, wogegen
  • Finanzinvestoren eine „Kontrollprämie“ oder
  • strategische Investoren eine „Synergieprämie“ bereit sind zu bezahlen.
In die Verkaufsverhandlungen fließen neben den objektiven Kriterien auch die subjektiven Wertvorstellungen der Vertragsparteien mit ein. Bei der Kaufpreisermittlung spielen somit nicht nur der Unternehmenswert beziehungsweise die betrieblichen Faktoren eine wichtige Rolle, sondern auch außerbetriebliche Faktoren wie Alter des Veräußerers und des Erwerbers, finanzielle Lage des Veräußerers und des Erwerbers, Risikobereitschaft des Erwerbers und alternative Angebote. 

IHK Spezial: Unternehmensbewertung – Nachfolge – Verkauf – strategische Kooperationen

In unserem IHK Spezial können Sie eine erste Einschätzung und Bewertung Ihres Unternehmens mit den dort vorgestellten Methoden vornehmen.
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