Höhere Eigenkapitalanforderungen
MITTELSTANDSFINANZIERUNG IM FOKUS
Die Mittelstandsfinanzierung muss in Krisenzeiten aufrecht erhalten bleiben. Die Unternehmen sind auf eine stabile und kostengünstige Finanzierung durch Kreditinstitute und externe Finanzierungspartner angewiesen. Die aktuellen Regulierungsvorhaben zur Finalisierung von Basel III drohen die Kreditvergabespielräume der Banken und Sparkassen stark einzuschränken.
Nachbesserungen gefordert – gemeinsames Positionspapier der bayerischen Wirtschaftsverbände
Investitionen in zukunftsweisende und nachhaltige Projekte erfordern, dass ausreichend Finanzierungsmöglichkeiten offen gehalten werden. Daher sollte im weiteren Gesetzgebungsverfahren an folgenden Stellen nachgebessert werden:
- Eigenkapitalbelastung risikoadäquat und gleichzeitig effektiv abmildern
- Keine Diskriminierung von Unternehmen ohne externes Rating – bankinterne Ratings von KMUs anerkennen
- Nicht beanspruchte Kontokorrentlinien wie bisher nicht auf die Eigenkapitalanforderungen an Banken anrechnen
- Leasing- und Immobilienfinanzierungen in Wachstumsräumen nicht erschweren
- Vergabe von Beteiligungskapital erleichtern
- Proportionalität: Offenlegungspflichten reduzieren statt ausweiten
- Finanzierung des Außenhandels nicht verteuern
Detaillierte Ausführungen finden Sie im gemeinsamen Positionspapier des BIHK mit den HWKs und den bayerischen Bankenverbänden.
Bisher erreicht
Die Europäische Kommission hat in ihrem Bankenpaket 2021 bereits einige zentrale Forderungen der IHK-Organisation aufgegriffen:
- Der praxiserprobte und empirisch fundierte KMU-Faktor wird beibehalten.
- Auf die Einführung eines harten Granularitätskriteriums von 0,2 % des Mengengeschöfts wird verzichtet.
- Das Realkreditsplitting für private und gewerbliche Immobilienfinanzierungen wird beibehalten.
Hintergrund
Mit Basel III haben sich für Banken und Sparkassen deutliche Veränderungen ergeben - diese betreffen auch die Finanzierung mittelständischer Unternehmen
Die Verflechtungen zwischen der Real- und Finanzwirtschaft werden immer enger. Seit der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 wurde dies sehr deutlich. Daher sind Unternehmen von den diversen Regulierungsmaßnahmen mit dem Ziel, Risiken im Finanzsektor besser zu kontrollieren, ebenso betroffen wie ihre Hausbank.
Zentraler Baustein sind die als Basel III bekannten verschärften Eigenkapitalrichtlinien bei der Kreditvergabe sowie neue Liquiditäts- und Finanzierungsregeln für Kreditinstitute. Die Regelungen sind ab 01.01.2014 stufenweise in Kraft getreten. Manche Neuerungen sind noch nicht vollständig eingeführt, da wird in Brüssel bereits über die nächsten grundlegenden Änderungen bei der Kreditvergabe diskutiert.
Zentrale Inhalte von Basel III
Die Basel-Richtlinien haben seit 1992 eine lange Tradition. Heute brauchen Kreditinstitute mehr und besseres Eigenkapital. Beibehalten wurde die Risikogewichtung der Kreditforderungen. Neu ist, dass Kreditinstitute ihr Eigenkapital schrittweise bis 2019 auf mindestens 10,5 % ihrer risikogewichteten Kredite und weiterer Aktivpositionen aufstocken mussten. Gleichzeitig wurden die Anforderungen an die Qualität des Eigenkapitals verschärft. So musste das harte Kernkapital von bisher 2 auf 7 % erhöht werden. Dieses besteht z. B. bei einer Aktiengesellschaft aus dem Grundkapital und den Rücklagen. Es muss also mehr und teureres Eigenkapital vorgehalten werden. Zusätzlich wurde eine Höchstverschuldungsquote eingeführt, mit der die Bilanzsumme unabhängig von der Risikosituation auf das 33-Fache des Kernkapitals begrenzt wird (Leverage Ratio – LR). Zudem müssen die Finanzhäuser neue Standards hinsichtlich der von ihnen vorzuhaltenden Liquidität und ihrer Refinanzierungsquellen erfüllen (Net Stable Funding Ratio – NSFR und Liquidity Coverage Ratio – LCR).
Die Messlatte liegt seither höher
Kreditinstitute haben zwei Möglichkeiten: Sie können weniger Kredite vergeben oder ihre Geschäfte mit dem geforderten höheren Eigenkapital hinterlegen. Die Branche geht bei der Kreditvergabe seither noch selektiver vor und legt die Messlatte bei der Bonitätsbeurteilung ihrer Firmenkunden noch höher. Firmen mit sehr guter Bonität spüren hiervon eher weniger, doch für Unternehmen mit schwächerer Rentabilität und geringen Eigenmitteln ist die Finanzierung tendenziell schwieriger und auch teurer. Dies betrifft auch risikoreichere Finanzierungen (Existenzgründungen, Unternehmensnachfolgen und Innovationen).
In Deutschland nutzen viele Unternehmen die Möglichkeit, sich langfristig und zu festen Zinssätzen zu finanzieren. Gerade in wirtschaftlich schwächeren Zeiten bringt dies Stabilität und Sicherheit für die Planung. Allerdings wird die im deutschen Bankensystem bewährte Fristentransformation – kurzfristige Kundeneinlagen werden zur Finanzierung langfristiger Kredite verwendet – durch die neuen Vorschriften zur Liquidität und Refinanzierung eingeschränkt. Das bedeutet, dass Kreditinstitute langfristige Kredite stärker langfristig und damit teurer refinanzieren müssen.
Handlungsoptionen für Unternehmen
Seit Basel II ist die Höhe des Eigenkapitals, das eine Bank für einen Kredit hinterlegen muss, abhängig von der Bonität des Kreditnehmers, den Sicherheiten und der Laufzeit des Kredits. Basel III hat diesen Effekt verstärkt. Unternehmen können den Eigenkapitalbedarf und damit die Kreditkosten zum Teil selbst beeinflussen. Daher solle man die eigene Bonität und das eigene Rating gut im Blick haben, um seiner Bank oder Sparkasse jederzeit aussagekräftige Fakten präsentieren zu können. Suchen Sie gemeinsam mit Ihrem Bankberater Ansatzpunkte zur Verbesserung der Ratingnote. Dadurch erleichtern Sie sich den Zugang zum Kredit. Durch höhere Sicherheiten lassen sich die zu zahlenden Zinsen verringern. Bei fehlenden Sicherheiten kann eine Bürgschaft der Bürgschaftsbank Bayern bzw. der LfA beantragt werden. Auch flexible Kreditlaufzeiten können die Konditionen positiv beeinflussen.
In jedem Fall sollte die eigene Finanzierung auf Optimierungsmöglichkeiten durchleuchtet werden. Unternehmer sollten einen intensiven Dialog mit ihrem Bankberater pflegen, um angepasste Lösungen zu finden. Wichtig ist dabei auch, die Strategie der eigenen Hausbank zu kennen. In die strategischen Überlegungen zur langfristigen Strukturierung der Finanzierung sollten aber auch alternative Finanzierungsformen einbezogen werden. Wichtig ist hierbei die Eigenkapitalstärke eines Unternehmens. Je höher die Eigenfinanzierung, desto unabhängiger ist es von einer Kreditfinanzierung. Gleichzeitig erleichtert eine höhere Eigenbeteiligung den Zugang zur Fremdfinanzierung und verbessert die Kreditkonditionen. Wenn die eigenen Möglichkeiten nicht ausreichen, lohnt sich die Hinzunahme von Beteiligungskapital.
Gerade für kleine und mittelständische Unternehmen bietet die BayBG (Bayerische Beteiligungsgesellschaft) stille Beteiligungen an. Unternehmen erhalten damit langfristiges Kapital, das bilanztechnisch als wirtschaftliches Eigenkapital zählt, ohne dass Einfluss auf die Geschäftspolitik genommen wird. Auch andere Beteiligungsformen, wie z. B. eine direkte Beteiligung am Gesellschaftskapital und weitere Finanzierungspartner können in Frage kommen.
Wichtige Bausteine für den langfristigen Unternehmenserfolg können außerdem die Förderkredite der KfW und der LfA sein. Hiermit lassen sich z. B. langfristige Investitionen zinsgünstig und laufzeitgerecht finanzieren. Bereits weit verbreitet als Alternative zur Kreditaufnahme ist das Leasing. Mit fest vereinbarten Leasingraten haben Unternehmen eine sichere Kalkulationsbasis.
Das eigene Liquiditätspolster können Unternehmen durch ein aktives Working Capital Management (strengeres Mahnwesen, verkürzte Zahlungsziele, optimierte Lagerhaltung) beeinflussen. Hilfreich können auch Dienstleistungen einer Factoring-Gesellschaft sein, an die Kundenforderungen verkauft werden. Gegen eine Gebühr schreibt sie die Rechnungsbeträge sofort gut und übernimmt das Ausfallrisiko.
Bei höherem Finanzierungsbedarf können die Mittelstandsanleihe und das Schuldscheindarlehen interessante Alternativen sein. Diese Finanzierungsalternative ist an anspruchsvolle Voraussetzungen und längere Vorbereitungszeiten gebunden. Damit lohnt sie sich erst ab einer gewissen Unternehmensgröße und einem Anleihevolumen in zweistelliger Millionenhöhe. Mit einem Schuldscheindarlehen, das von der Struktur ähnlich wie eine Anleihe ist, lassen sich auch etwas geringere Volumina realisieren.
IHK Service
Zu den Möglichkeiten, wie Investitionen und Unternehmenswachstum aber auch Existenzgründungen und Firmenübernahmen mit Förderdarlehen finanziert werden können, beraten wir Unternehmen in Kooperation mit der LfA zweimal jeden Monat in einer Videoberatung. Alle Termine finden Sie hier.