IHK Schwaben

Was genau ist KI und welche Technologien scheinen nur "intelligent" zu sein?

Entwicklung der KI

Die Anfänge der KI reichen weit zurück: Bereits 1936 demonstrierte Alan Turing mit seiner Turing-Maschine theoretisch die Möglichkeit, dass Maschinen kognitive Prozesse ausführen könnten. Fast zwei Jahrzehnte später definierte John McCarthy 1955 als erstes den Begriff der Künstlichen Intelligenz: „Ziel der KI ist es, Maschinen zu entwickeln, die sich verhalten, als verfügten sie über Intelligenz“. Seitdem hat das Forschungsfeld der KI rasante Fortschritte gemacht. Und mit der zunehmenden Integration von KI in Unternehmen und Gesellschaft stieg auch der Bedarf an einer präzisen Definition. Der im August 2024 in Kraft getretene EU AI Act, der weltweit erste umfassende Rechtsrahmen für Künstliche Intelligenz, positioniert Europa als Vorreiter in der KI-Regulierung und definiert den Begriff der Künstlichen Intelligenz nun rechtsbindend.

Definition von KI

Obwohl eine einheitliche Definition von Künstlicher Intelligenz im Allgemeinen bislang fehlt, zeichnet sich der AI Act als maßgeblicher Rahmen ab. Durch seine regulatorische Kraft wird er unser Verständnis von KI nachhaltig prägen. Die Definition von KI im AI Act muss dabei den Spagat schaffen, einerseits präzise genug zu sein, um Rechtssicherheit zu schaffen und die gesellschaftliche Akzeptanz zu fördern, andererseits aber auch flexibel genug, um dem rasanten Fortschritt der KI-Technologie Rechnung zu tragen. Der AI Act definiert KI wie folgt:
Künstliche Intelligenz beschreibt ein maschinengestütztes System, das so konzipiert ist, dass es mit unterschiedlichem Grad an Autonomie betrieben werden kann und nach seiner Einführung Anpassungsfähigkeit zeigt, und das für explizite oder implizite Ziele aus den Eingaben, die es erhält, ableitet, wie es Ausgaben wie Vorhersagen, Inhalte, Empfehlungen oder Entscheidungen generieren kann, die physische oder virtuelle Umgebungen beeinflussen können.
Der AI Act definiert demnach das Kernmerkmal von KI-Systemen als ihre Fähigkeit, selbstständig Schlussfolgerungen zu ziehen. Diese Fähigkeit ermöglicht es KI-Systemen, auf Grundlage von vorhandenen Daten Vorhersagen, Inhalte, Empfehlungen oder Entscheidungen zu treffen, die sowohl die reale als auch die digitale Welt beeinflussen können. Dabei lernen KI-Systeme aus den ihnen zur Verfügung gestellten Daten und entwickeln eigene Modelle oder Algorithmen, um zu diesen Ergebnissen zu gelangen.
Dementsprechend gibt es auch Systeme, die auf den zwar ersten Blick “intelligent” erscheinen, aber nach dem AI Act nicht unter den Begriff der KI fallen. Dies ist der Fall bei Systemen, die ausschließlich nach fest vorgegebenen Regeln arbeiten und keine eigene Lernfähigkeit besitzen. Mit anderen Worten: Wenn ein System lediglich Daten nach einem starren Schema verarbeitet, ohne sich an neue Informationen anzupassen, handelt es sich nicht um KI.

KI or not KI

Die folgenden Beispiele veranschaulichen welche intelligent wirkenden Systeme nach dem AI Act als KI definiert sind, und welche nicht.
Künstliche Intelligenz
Keine Künstliche Intelligenz
Sprachassistenten: Sprachassistenten, die maschinelles Lernen verwenden, um aus den Interaktionen mit Nutzern zu lernen und ihre Antworten und Empfehlungen zu verbessern. Sie passen sich an neue Sprachmuster und Benutzerbedürfnisse an.

Empfehlungssysteme: Streaming-Dienste nutzen KI, um auf Basis von Benutzerverhalten und Vorlieben Empfehlungen auszusprechen. Diese Systeme lernen aus dem Verhalten der Nutzer und verbessern kontinuierlich ihre Vorschläge.

Autonomes Fahren: Selbstfahrende Autos nutzen komplexe KI-Algorithmen, um die Umgebung zu analysieren, zu lernen und Entscheidungen in Echtzeit zu treffen, um sicher auf der Straße zu fahren.

Bild- und Spracherkennungssysteme: Bilddatenbanken, die Bilder erkennen und kategorisieren, oder Sprach-zu-Text-Tools, die gesprochene Sprache in Text umwandeln, verwenden KI, um ihre Leistungen kontinuierlich zu verbessern.
Einfache Entscheidungsbäume: Ein Programm, das mit festen Regeln wie „Wenn die Temperatur über 30 Grad liegt, dann schalte die Klimaanlage ein“ funktioniert, zählt nicht als KI. Es folgt klar definierten Anweisungen ohne Lernfähigkeit oder Anpassung.

Brettspiel-Programme: Ein Programm, das z. B. Schach spielt, indem es eine große Anzahl vorprogrammierter Züge und Strategien anwendet, ohne aus den Spielen zu lernen oder seine Taktiken anzupassen.

Automatische E-Mail-Filter: Ein E-Mail-Filter, der Spam-Nachrichten basierend auf einer festen Liste von Schlüsselwörtern erkennt, ohne sich an neue Muster anzupassen oder dazuzulernen.

Statistische Datenanalyse: Ein Programm, das einfache Auswertungen wie Mittelwert, oder Varianz mit vorgegebenen Formeln durchführt. Es analysiert Daten, ohne neue Zusammenhänge zu erkennen oder Vorhersagen zu treffen.

Fazit

KI wird unterschiedlich definiert und von Unternehmen häufig weit gefasst, um eine Vielzahl von Technologien zu beschreiben. Der AI Act schafft jedoch einen Rechtsrahmen und legt klare Verpflichtungen für KI-Anwendungen fest. Für Unternehmen ist es daher wichtig zu verstehen, wann es sich bei Technologien tatsächlich um KI im Sinne des Gesetzestextes handelt und wann sie nur intelligent erscheinen. Zentral ist die Lernfähigkeit der Technologie. Technologien, die ausschließlich nach festen Regeln oder Algorithmen arbeiten, gelten nicht als KI im Sinne des AI Acts.