Bayerisch-Schwaben

Flächennutzung in Bayerisch-Schwaben

Die öffentliche Diskussion über die Flächennutzung und ihre Auswirkungen auf Landwirtschaft und Natur wird leidenschaftlich geführt. Fläche ist jedoch nicht nur für den Naturhaushalt wichtig, sondern wird auch für den Wohnungsbau und wirtschaftliche Aktivitäten benötigt. Ein verantwortungsvoller und effizienter Umgang mit dieser Ressource ist selbstverständlich, vor allem aus wirtschaftlichen Gründen. Ein Blick in die Statistik zeigt, dass die Wirtschaft – entgegen der häufigen Darstellung – keine unnötigen Flächen in Anspruch nimmt.

Warum ist Flächennutzung ein wichtiges Thema?

Flächen sind eine wertvolle Ressource – nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch für Umwelt und Gesellschaft. Bayern benötigt ausreichend Gewerbeflächen, um Betriebe anzusiedeln, Arbeitsplätze zu sichern und wirtschaftliches Wachstum zu fördern. Gleichzeitig gilt es, diese Flächen so effizient wie möglich zu nutzen, um auch langfristig attraktiv und wettbewerbsfähig zu bleiben.

Wie wird die Fläche in Bayerisch-Schwaben derzeit genutzt?

“Boden” wird für diverse Nutzungsmöglichkeiten beansprucht. In Bayern sind aktuell 88 Prozent der Gesamtfläche durch Wälder, Vegetation, Gewässer oder landwirtschaftlichen Nutzflächen geprägt. Für Siedlung und Verkehr knapp 13 Prozent genutzt. Insgesamt wird damit nur etwa 1 Prozent der Fläche Bayerisch-Schwabens für Gewerbe, Industrie sowie Handel und Dienstleistungen verwendet.

Was versteht man unter Flächenverbrauch?

Der Begriff “Flächenverbrauch” beschreibt die Umwandlung von unbebauten Flächen – wie landwirtschaftlichen oder naturnahen Böden – in Siedlungs- oder Verkehrsflächen. Diese umfasst neben Flächen für Häuser, Straßen oder Schienen auch Gärten, Parks, Campingplätze, Sport- und Freizeitflächen sowie Friedhöfe. Deshalb ist der "Flächenverbrauch" nicht mit Versiegelung - das heißt Überbauung, Betonierung, Asphaltierung und so weiter - gleich zu setzen.

Wie hoch ist der Flächenverbrauch in Bayerisch-Schwaben?

Laut dem Landesamt für Statistik lag der Wert in Bayerisch-Schwaben im Jahr 2023 bei 1,8 Hektar pro Tag. In den letzten neun Jahren wurden so insgesamt 0,005 Prozent der Fläche des Regierungsbezirks umgenutzt. Das entspricht in etwas der Fläche der Stadt Kempten.
Diese Flächen wurden vor allem für Siedlungs- und Verkehrsfläche in Anspruch genommen. Der Großteil fällt auf drei Nutzungsarten:
  • 39% Wohnraum
  • 23% Gewerbe & Industrie
  • 17% Verkehrsfläche
Die Zahlen verdeutlichen, dass das Bevölkerungswachstum einen erheblichen Einfluss auf die Umnutzung von Flächen hat. Neuer Wohnraum nimmt nicht nur selbst Flächen in Anspruch, sondern durch die notwendige Straßenanbindung wächst auch die Verkehrsfläche.
Um Wirtschaftswachstum zu ermöglichen, sind zusätzliche Flächen für Gewerbe und Industrie notwendig. In den letzten Jahren waren diese Zuwächse jedoch gering, insbesondere im Verhältnis zum stetig steigenden Bruttoinlandsprodukt und der Zahl der Beschäftigten. Dies zeigt, dass die Produktivität pro Hektar Gewerbefläche kontinuierlich steigt.
Flächennutzung Schwaben

Gibt es eine Obergrenze für den Flächenverbrauch?

Bayern hat keine verbindliche Obergrenze für den Flächenverbrauch, sondern eine Richtgröße im Landesplanungsgesetz festgelegt: Bis 2030 sollen maximal fünf Hektar pro Tag neu beansprucht werden. Dieser Richtwert lässt Spielraum für flexible Entscheidungen und ermöglicht es, auf regionale und lokale Bedürfnisse einzugehen. Das ist wichtig, da die Dynamik in den Regionen unterschiedlich ist – etwa zwischen Stadt und Land.
Eine feste Obergrenze würde den Wettbewerb zwischen verschiedenen Nutzungen wie Freizeit, Wirtschaft, Verkehr und Wohnen verschärfen. Diese Nutzungen hängen oft voneinander ab: Ein Haus ist ohne Straßenanbindung kaum nutzbar, und bezahlbarer Wohnraum bleibt ohne ausreichende Flächen unrealistisch.

Welche Rolle spielen Gemeinden und Städte in der Flächennutzung?

Kommunen legen mit Bebauungsplänen fest, wie Flächen genutzt werden. Flexible und zukunftsorientierte Pläne sind entscheidend, um Unternehmen anzusiedeln und bestehende Betriebe zu stärken. Durch enge Zusammenarbeit können Kommunen und Unternehmen maßgeschneiderte Lösungen finden, die Wachstum und Ressourcenschonung verbinden.

Was fordern die bayerischen IHKs?

Ressourcenschonende Flächennutzung durch die Wirtschaft anerkennen

Während die Wirtschaftsleistung und die Zahl der Beschäftigten bisher konstant gewachsen sind, war die Neuausweisung von Gewerbeflächen in den letzten Jahren nur minimal. Dies hat zur Folge, dass die Produktivität je Hektar Gewerbefläche kontinuierlich steigt und Unternehmen somit effizient mit der Ressource Fläche umgehen. Dies muss von Politik und Bürgern deutlich stärker anerkannt werden.

Keine quantitativen Obergrenzen für Flächenausweisungen einführen

Der sorgsame Umgang mit Grund und Boden ist richtig und wichtig. Aber eine rein quantitative Obergrenze für die Neuinanspruchnahme von Flächen ist in Anbetracht von angestrebtem Wirtschaftswachstum und Zuzug nicht zielführend. Angesichts der Komplexität des Themas greift sie viel zu kurz. Eine künstlich konstruierte Obergrenzen mit einer willkürlichen Hektar-Begrenzung pro Tag sind somit kein geeignetes Instrumentarium, um eine nachhaltigere Flächeninanspruchnahme zu erreichen. Bayern benötigt keine Gesetze, die in die Planungshoheit der Kommunen eingreifen und somit die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung beschränken.

Planungshoheit der Kommunen wahren

Die kommunale Selbstverwaltung bezüglich der Bebaubarkeit des Gemeindegebiets darf nicht starr beschnitten werden. Eine gesetzliche Begrenzung auf festgelegte Flächengrößen würde vielfach zu einem faktischen Stillstand kommunaler Planung führen. Dies hätte verheerende Folgen für die Wirtschaft Bayerns, gerade in der derzeitigen schwierigen wirtschaftlichen Lage. Kommunen müssen auch weiterhin die Kompetenzen haben, auf Standortanfragen und insbesondere Erweiterungsabsichten von Unternehmen vor Ort flexibel reagieren und bedarfsgerechte Gewerbeflächen ausweisen zu können.

Gewerbeflächen vorhalten, um Planungssicherheit für Unternehmen zu schaffen

Die bayerischen Unternehmen brauchen Entwicklungsmöglichkeiten an den bestehenden Standorten in ausreichender Größe und Qualität, denn Standortverlagerungen sind nicht der richtige und auch nicht der flächenschonende Weg. Das Sicherstellen von Planungssicherheit und die Wertschätzung des Gewerbes sind elementar, damit kein Rückgang unternehmerischer Investitionen oder Betriebsverlagerungen nach außerhalb von Bayern erfolgen.

Bezahlbaren Wohnraum bereitstellen

Die bayerischen Unternehmen suchen händeringend Fachkräfte, die wiederum auf bezahlbaren Wohnraum angewiesen sind. Daher muss auch dringend ein ausreichendes Angebot an Wohnbauflächen bereitgestellt werden. Die Mobilisierung von Bauland muss dabei im Vordergrund stehen, bevor nachfragesteigernde Maßnahmen, z. B. staatliche Programme zur Wohnbauförderung wie das Baukindergeld, entwickelt werden.

Städtebauliche Funktionstrennung wahren, wo Konflikte drohen

Potenziale der Innenentwicklung müssen ausgeschöpft werden, allerdings muss die städtebauliche Funktionstrennung aufrechterhalten werden, wenn Nutzungskonflikte entstehen. Heranrückende Wohnbebauung und emissionsschutzrechtliche Konflikte in Misch- und Urbanen Gebieten dürfen nicht zur Verdrängung des Gewerbes führen.
Die Nachverdichtungspotenziale, Baulücken und Brachflächen werden aber bei Weitem nicht ausreichen, um das prognostizierte Wachstum in Bayern und den Zuzug befriedigen zu können.

Lockerung des Anbindegebots im LEP verankern

Für verkehrs- und emissionsintensive Unternehmen muss auch eine Flächenentwicklung in weniger integrierten Lagen möglich sein, wo die Belange der Wohnbevölkerung weniger tangiert sind. Daher ist die Lockerung des Anbindegebots für das „klassische“ Gewerbe unbedingt beizubehalten und fest im LEP zu verankern. Einzelhandelsvorhaben sind von der Lockerung des Anbindegebots auszuschließen, um die gewachsenen Versorgungsstrukturen in den Städten und Gemeinden nicht zu gefährden.

Ausgeprägtes Anreizsystem für interkommunale Kooperationen schaffen

Das bislang zu wenig genutzte Potenzial für Flächeneinsparungen durch interkommunale Kooperationen muss gehoben werden. Ideal wäre ein interkommunal abgestimmtes Flächenmanagement, das sich durch eine aktive, bedarfsorientierte und strategische Steuerung der Flächennutzung auszeichnet, die auch die Nutzer der Flächen (Einwohner, Unternehmen, Planer etc.) einbezieht. Denn die Voraussetzung für eine vorausschauende Planung ist, dass sich die Kommunen nicht als „Inseln“ betrachten und gemeinsam mit den Nachbargemeinden in Funktionsräumen denken. Wirtschaft, Gesellschaft und Kommunen benötigen dafür ein ausgeprägtes staatliches Anreizsystem für interkommunale Kooperationen bei Wohnbau- und Gewerbeflächen – auch abseits bestehender Förderbereiche.