Positionspapier für Schleswig-Holstein

Die Zukunft der Häfen in Schleswig-Holstein

Was sind die Zukunftsperspektiven der Häfen in Schleswig-Holstein? Welche Chancen und Herausforderungen erwarten sie in den kommenden Jahren und Jahrzehnten? Energiewende, umweltfreundlicher Transport, Tourismus, die Versorgung von Inseln und Halligen – das sind nur einige großen Themen, die unsere Häfen täglich beschäftigen.

Auf einen Blick

Ohne unsere Häfen in Schleswig-Holstein wären viele Bereiche der Wirtschaft nicht handlungsfähig, denn durch ihre vielfältige und zahlreiche Vernetzung sind die Häfen wichtige Partner der Wirtschaft – regional, national und international. Unsere Häfen bilden eine wichtige Schnittstelle zwischen der Logistik zu Wasser und an Land, sind für unseren Tourismus unverzichtbar und nehmen auch bei Umwelt- und Klimaschutz eine Vorreiterrolle ein.
Die Systemrelevanz der Häfen hat sich in den letzten Jahren – vor allem auch während der Corona-Pandemie – stark verfestigt. Der Fortbestand der Lieferketten und die Versorgungssicherheit wurden durch den durchgängigen Betrieb der Häfen gewährleistet. Die IHK Schleswig-Holstein hat die Bedeutung, die Vielfalt und die Zukunftsperspektiven der schleswig-holsteinischen Häfen gebündelt und stellt sie in einem Positionspapier konsolidiert vor. Neben Herausforderungen und notwendigen Forderungen sind vor allem Chancen und Entwicklungsmöglichkeiten des Hafenstandorts Schleswig-Holstein aufgezeigt.

Zukunftsthemen und Chancen

Energiewende

Für die Häfen bedeutet dies:
  1. die Energiewende der Schifffahrt muss vorangetrieben werden, indem Voraussetzungen für die Bebunkerung mit alternativen Kraftstoffen geschaffen werden;
  2. die Transformation im eigenen Betrieb, bei der vor allem der eigene Fuhrpark von der Umstellung betroffen ist;
  3. die Umsetzung der „großen“ Energiewende, da die Häfen traditionell ein wichtiger Partner bei Energieimporten sind, vor allem bei nicht Pipeline-gebundenen Energieträgern.
Forderungen
  • Unterstützung der Häfen bei der Energiewende, vor allem Beschleunigung von Genehmigungsverfahren
  • Beschleunigung bei der Anpassung von Bunkerverordnungen
  • Entwicklung eines Konzepts im Bereich Offshore-Windenergie
  •  Unterstützung von Pilotprojekten

Digitalisierung

Die see- und landseitigen Aktivitäten können besser miteinander verbunden werden und eröffnen den Häfen die Chance, sich als wichtige maritime Schnittstelle zu positionieren. Die digitale Zulaufsteuerung zu den Häfen und Liegeplätzen verbessert die Organisation und Koordination der Anläufe sowie der vor- und nachgelagerten Verkehre. Digitale Zwillinge ermöglichen effiziente Flächennutzungen, vereinfachen Bauwerksprüfungen sowie Unterwasserinspektionen.
Forderungen
  • Alle Häfen mit Glasfaser ausstatten
  • 5G flächendeckend in den Häfen installieren
  • Erhöhung der nationalen IT-Security-Stellen
  • Unterstützung der Hafen-Betreiber im Bereich IT-Sicherheit
  • Vereinfachung des Fördermittelzugangs

Tourismus

Schleswig-Holsteins Tourismus ist ein wichtiger Treiber der regionalen Wirtschaft, der zunehmend an Bedeutung gewinnt und unausweichlich eng mit dem Meer verzahnt ist. Hier beweisen die Häfen ihre Vielfältigkeit:
  1. Fährtourismus,
  2. Kreuzfahrttourismus,
  3. Marinestützpunkt,
  4. Marinas und
  5. Traditionssegler, Fisch- und Krabbenkutter.
Für viele Menschen stellen die Häfen Wohlfühlzonen dar. Dieser besondere Aufenthalt muss durch attraktive Umfelder der Häfen unterstützt werden.
Forderungen
  • Vermarktung der Häfen als besondere Tourismusorte
  • Schaffung von attraktiven Innenstädten und Ortszentren in der Umgebung der Häfen
  • Verbesserung der Anbindung der Häfen für den Tourismus, vor allem auch bei der Schiene

Herausforderung: Nautische Zufahrten

Für Häfen sind gute wasserseitige – nautische – Zufahrten essenziell. In Schleswig-Holstein ist die Qualität der Zufahrten allerdings sehr unterschiedlich, vor allem an Nord- und Ostsee sowie den Flüssen und Kanälen. Natürliche Sedimentbewegungen und tide- und windabhängige Wasserstände beeinflussen aber nicht nur die Zufahrten in Häfen und Kanälen, sondern auch die Befahrbarkeit der Häfen selbst. Die Verpflichtung, marktgerechte Wassertiefen vorzuhalten bzw. wiederherzustellen, liegt dabei je nach Zuständigkeit bei Bund, Land oder Kommunen.
Forderungen
  • Verhinderung der Verschlickung der Tidehäfen und ihrer Zufahrten durch geeignete Maßnahmen
  • Anpassung Kategorie und Fahrrinne Trave
  • Fortführung und Ausweitung der geplanten Arbeiten am Nord-Ostsee-Kanal
  • Erweiterung der Schleusen und Ausbau des Elbe-Lübeck-Kanals

Herausforderung: Hinterlandanbindungen

Die hohen Mengen an Waren und Passagiere müssen reibungslos zu den Häfen beziehungsweise von diesen zu ihren Zielorten an Land gelangen. Dafür sind hochleistungsfähige, betrieblich verlässliche und sichere Transportwege sowohl auf der Straße als auch der Schiene entscheidend. Dabei ist aber auch zu beachten, dass Verkehrsströme insgesamt effektiver verteilt werden müssen. Um dies zu gewährleisten, sind Anbindungen der Häfen ganzheitlich zu denken. Die notwendige Flexibilität der Erreichbarkeit ist nur über verschiedene Verkehrsträger gewährleistet.
Forderungen
  • Ausreichende Kapazitäten bei den Transportwegen schaffen
  • Anpassung der Straßeninfrastruktur, vor allem: A 1, A 7, A 20, A 21 und B 5
  • Anpassung der Schieneninfrastruktur inkl. Nordkurve in Lübeck
  • Ausreichende Rastmöglichkeiten für Lkw-Fahrpersonal schaffen

Herausforderung: Flächenverfügbarkeit

Die Aufgaben der Häfen haben sich über die Jahrhunderte kontinuierlich verändert. Waren früher große Speicher und Lagerflächen noch unabdinglich, so sind sie heute durch hohe Arbeitsteilung und Just-in-time-Produktion nicht mehr essenziell. Seit Jahren gibt es daher für Hafenflächen und -gebäude neue Nutzungskonzepte. Auch wenn die Neubelebung und Neuschaffung von Stadtteilen eine gewisse Attraktivität nicht abzusprechen ist: Häfen brauchen auch zukünftig ausreichende Flächen, um ihren Aufgaben nachgehen zu können und um somit wettbewerbsfähig zu bleiben. Flächensicherung, -verfügbarkeit und -entwicklungsperspektiven sind daher wichtige Zukunftsaufgaben, die es gemeinsam mit Planern und Politik zu bearbeiten gilt.
Forderungen
  • Hafenstandorte in der Fläche sichern
  • Möglichst Mischgebiete im Übergang von Häfen zu anderen städtischen Raumnutzungen einrichten
  • Flächenentwicklung der Häfen durch übergeordnete Konzepte und integrative Planungsprozesse ermöglichen
  • Abgestimmtes Flächenmanagement

Herausforderung: Fachkräfte

Häfen sind vielseitige Arbeitgeber, die, wie wir aufgezeigt haben, in unserer hochvernetzten Wirtschaft wichtige Funktionen erfüllen. Die Sicherung von Fachkräften ist aber auch hier eine der großen Herausforderungen. Die beiden vorrangigen Handlungsfelder: Nachwuchskräfte durch eine gute Berufsausbildung gewinnen und langjährige Mitarbeitende hochwertig weiterbilden. Neben der klassischen Ausbildung in den Hafenbetrieben selbst, ist auch die Ausbildung an (Fach-)Hochschulen über duale oder klassische Studiengänge ein Weg zur Fachkräftesicherung in den Häfen.
Forderungen
  • Beibehaltung und passender Ausbau der maritimen Ausbildungs- und Studienmöglichkeiten

Herausforderung: Planung und Genehmigung

Das gegenwärtige Verkehrsaufkommen braucht die richtigen Rahmenbedingungen und eine intakte Infrastruktur, um auch zukünftig allen Anforderungen gerecht werden zu können. In den letzten Jahrzehnten lagen die Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur (Straße, Schiene und Wasserstraße) deutlich hinter den Zuwachsraten der Transportbranche. Das Ergebnis ist eine zum Teil marode, zum Teil nicht ausreichend ausgebaute Infrastruktur. Über viele Jahre hinweg wurden die Sanierung und der Ausbau der Infrastruktur mit unzureichenden Mitteln ausgestattet. Hinzu kommen lange Planungs- und Genehmigungszeiten, die auch Entwicklungen der Häfen verzögern oder sogar verhindern.
Forderungen
  • Beschleunigung von Planungsverfahren
  • Verkürzung von Genehmigungsverfahren
  • Bei mehreren Zuständigkeiten: Lösungen gemeinsam erarbeiten
  • Erweiterte Förderung von Hafenanlagen
Veröffentlicht 2022