Verkehrsmarkt Ostsee

claus rodenberg waldkontor gmbh und claus rodenberg port logistic gmbh

Bitte stellen Sie uns doch einmal kurz das Unternehmen claus rodenberg waldkontor gmbh vor.
Wir sind ein inhabergeführtes Unternehmen, das als unabhängiger Dienstleister für die Wald- und Holzwirtschaft die gesamte Lieferkette mit eigenen Ressourcen sichert. Mit rund 300 Mitarbeitern in der Unternehmensgruppe bieten wir ganzheitliche Komplettlösungen für Waldbesitzer und die holzverarbeitende Industrie. Dies erfolgt von der Holzernte bis zur Lieferung frei Werk – mit Lkw, Bahn, See- und Binnenschiff. Mittlerweile sind wir weltweit in über 20 Ländern tätig, sind aber stark in Norddeutschland verankert.
In Lübeck sind Sie am Konstinkai tätig – welche Bedeutung hat der Hafen Lübeck für Ihr Unternehmen?
Die Häfen sind wir für uns Dreh- und Angelpunkt unserer Aktivitäten. Denn der beste Weg für Holz über lange Distanzen ist immer noch der über Wasser. Das ermöglicht die gebündelte Verlagerung großer Mengen und ist zudem auch noch günstig und umweltschonend. Aus diesem Grund betreibt die 2011 gegründete Tochterfirma claus rodenberg port logistic gmbh am Konstinkai Lübeck ein eigenes Hafenumschlagsterminal mit ca. 30.000 m² Umschlags- und Lagerflächen.

Durch die Nähe zur Zentrale in Kastorf ist die enge Zusammenarbeit mit den Kollegen aller Abteilungen gewährleistet, welche maßgeschneiderte Logistiklösungen ermöglicht. Insbesondere für den Umschlag von Rundholz ist die Kombination der kainahen Lagerflächen am Konstinkai, die ganzzugfähigen Verladegleise entlang der Kaikante, sowie die gute Hinterlandanbindung an das Autobahn-, Schienen- und das Binnenwasserstraßennetz optimal.
Welche Leistungen rund um das Thema Hafen und Schifffahrt bietet Ihr Unternehmen an?
In der Schifffahrt bieten wir Dienstleistungen im Bereich Bereederung, Operating, Befrachtung der eigenen Flotte mit eigenen und Fremdladungen an. Außerdem auch Agenturdienstleistungen in den norddeutschen Seehäfen sowie Dienstleistungen in den Bereichen Hafenumschlag und Lagerhaltung von Gütern im Im- und Export.

Hauptumschlaggüter sind neben Rundholz, Holzhackschnitzeln und Sägenebenpro­dukten auch diverse Bulkgüter. Die Ladungsströme, die über den Konstinkai geroutet werden, bewegen sich vorwiegend zwischen Nordeuropa und dem mitteleuropäischen Binnenland.
Mit welcher Flotte und auf welche hauptsächlichen Relationen fahren Sie innerhalb der Ostsee?
Wir betreiben eine Flotte von vier eigenen Küstenmotorschiffen mit einer Tragfähigkeit von 4.500 bis 6.000 Tonnen und bedienen uns zusätzlich auf dem Spot-Markt mit circa zehn eingecharterten Schiffen pro Monat innerhalb der Nordsee, Ostsee und dem Atlantik.
Welchen Einfluss hatten die verschiedenen Krisen der vergangenen Jahre auf Ihr Geschäft und auf den Standort Lübeck?
In den letzten Jahren haben wir unterschiedliche Herausforderungen erlebt, die unser Geschäft eingehend verändert haben. Zu denen gehören die angespannte geopolitische Lage, hohe Energiepreise und nicht zu vergessen die in Deutschland und Europa weiterhin anhaltenden Kalamitäten, insbesondere in den Fichtenbeständen. All das hat die Warenströme der europäischen Holzmärkte und die damit verbundenen Logistikketten unserer Kerngeschäfte verändert.

Aufgrund der weiterhin vorherrschenden Unsicherheiten in den Märkten fahren wir mit unseren Kunden und den entsprechenden Ladungspaketen auf Sicht. Langfristige Vereinbarungen mit großen Umschlagsmengen sind aktuell eher selten. Dafür fokus­sieren wir uns vermehrt auf die Bereitstellung kurzfristig angefragter und kleinerer Spot-Mengen, die schnell und flexibel abgearbeitet werden müssen. Flexible Um­schlags- und Logistiklösungen sind das Gebot der Stunde.
Welche Herausforderungen sind in den kommenden Jahren zu meistern?
Der Lübecker Hafen muss sich mit all seinen Akteuren weiter so ausrichten, dass man auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereitet ist. Dazu gehören unter anderem Konzepte für die effizientere und flexiblere Nutzung der begrenzten Hafenflächen und das Image vom Fährhafen zum Multi-Purpose-Hafen mit einer großen Breite an Fähigkeiten und Expertise zu wandeln. Zudem müssen die bestehenden Hinterland­anbindungen gestärkt werden. Dazu zählt auch die Sicherung der Weiternutzung des Elbe-Lübeck-Kanals (ELK) mit konkreten Konzepten, um die Ladungsmengen bei den eingeschränkten Verhältnissen des Kanals intensiver nutzen zu können. Neue Ansätze wie autonome Barges wären nur ein Beispiel dafür.

Wichtig ist auch, die Bevölkerung vor Ort wieder an ihren Hafen heranzuführen. Leider merken wir immer häufiger, wie wenig Rückhalt und auch Interesse es seitens der Lü­becker Bevölkerung gibt. Immerhin ist der Hafen zentraler Bestandteil der Hansestadt Lübeck. Dieses Interesse wird auch dringend benötigt, wenn es um die Ausbildung und Suche neuer Fachkräfte im Bereich des Hafens geht. Des Weiteren muss es einen Bü­rokratieabbau geben, zum Beispiel was Auflagen und Bearbeitungszeiten bei behörd­lichen Genehmigungsverfahren betrifft. Hier dauert es leider zu lange und macht die Umsetzung bestimmter Geschäfte zum Teil unmöglich.

Alle Akteure müssen hier an einem Strang ziehen, um ein zukunftsfähiges Konzept zu etablieren, welches die Wirtschaft, die Umwelt und auch die Bevölkerung im Groß­raum Lübeck mit einbindet. Für uns bedeutet das eine Effizienzsteigerung und verbes­serte Flächenauslastungen auf unseren Hafenflächen am Konstinkai, Investitionen in moderne und sparsamere Umschlagtechnologien und die konstante Ausbildung von Hafenfachkräften. Allgemein bedarf es in den nächsten Jahren großer Anstrengungen, um ausreichend Fachkräfte für die Häfen, aber auch Lkw-Fahrer, Lokführer und Bin­nenschiffer für die vor- und nachgelagerten Verkehre auszubilden und zu halten.
Welche Bedeutung hat speziell der Elbe-Lübeck-Kanal für Ihr Unternehmen?
Holztransporte und Binnenschiffe passen perfekt zusammen. Gern würden wir öfter Lübeck, bei Möglichkeit auch den ELK, in unsere Logistiklösungen einbauen. Doch lei­der ist in den letzten Jahren die Leistungsfähigkeit des Kanals immer weiter gesunken. Zudem verschwinden die kleinen Binnenschiffe, die der Kanal noch aufnehmen kann, immer weiter aus dem Tagesgeschäft. Das teils hohe Alter der für die Hauptstrecken zu kleinen Binnenschiffe sowie die allgegenwärtige Nachwuchsproblematik machen sich hier bereits bemerkbar.

Hier muss an neuen Lösungskonzepten gearbeitet werden. Der Leitspruch „Güter von der Straße auf die Schiene“ ist grundsätzlich sinnvoll. Wenn allerdings selbst die Schie­nentrassen überlastet sind und wir vor umfangreichen Generalsanierungen stehen, ist dies aktuell nicht umsetzbar. Eine funktionierende Binnenwasserstraßenanbindung als zusätzliche Alternative wäre für einen Hafen wie Lübeck ein essenzieller Wettbewerbs­vorteil.
Welche Rolle spielen Themen wie Digitalisierung, Nachhaltigkeit (zum Beispiel alternative Antriebe) oder auch Automatisierung für Ihr Unternehmen?
Digitalisierung und Nachhaltigkeit spielen eine große Rolle in unserem Tagesgeschäft, sie sind Grundlagen für ein zukunftsorientiertes und wettbewerbsfähiges Unterneh­men. Durch die Digitalisierung können wir sämtliche Betriebsabläufe effizienter, si­cherer und kostengünstiger gestalten. Die digitale Vernetzung ist wie für jedes andere Unternehmen ein wichtiges Element der Unternehmenssteuerung. Beim Thema Nach­haltigkeit arbeiten wir verstärkt an ressourcenschonenden Lösungen und alternativen Antrieben. Diese umfasst zum Beispiel einen Schiffsneubau mit optimierten Linien im Rumpfdesign, diesel-elektrischem Antrieb und Wind-Hilfsantrieb zur Reduzierung von Emissionen.
Wo sehen Sie den Port of Lübeck in zehn beziehungsweise 20 Jahren?
Für die Zukunft sehen wir den Port of Lübeck als leistungsstarken, flexiblen und mo­dernen Hafenstandort an, der ein wichtiges Standbein für eine multimodale Logistik­gestaltung sein wird. Die künftigen Ansprüche an Nachhaltigkeit und die Sicherung von Nachwuchsfachkräften werden dabei über motivierte und gut ausgebildete Mitarbeiter sowie einen starken Rückhalt durch die Politik und die Lübecker Bevölke­rung gewährleistet.