IHK-Konjunkturbericht - 2. Quartal 2020
Erholung der Konjunktur in Schleswig-Holstein
Nach dem historischen Einbruch des Geschäftsklimas im Frühjahr aufgrund der Coronakrise hat sich die Lage der Unternehmen in Schleswig-Holstein etwas entspannt. Im zweiten Quartal kletterte der Konjunkturklimaindex der IHK Schleswig-Holstein von 60,0 auf 84,4 Punkte. Die Verbesserung resultiert dabei aus den positiveren Einschätzungen der zukünftigen Geschäftslage. Damit zeigen die politischen Maßnahmen zur Unterstützung der Wirtschaft erste Wirkung. Auch die gelockerten Auflagen dürften ihren Teil zu dieser Entwicklung beigetragen haben. Dennoch ist die Krise noch nicht überstanden; der Klimaindex liegt weiterhin weit unter seinem langjährigen Durchschnitt von 111,1.
Die aktuelle Geschäftslage schätzen zwei Drittel der Unternehmen als gut oder befriedigend ein, rund 32 Prozent der Befragten jedoch als schlecht. Dies entspricht in etwa den Einschätzungen aus dem Vorquartal. Stark verbessert haben sich allerdings die Erwartungen der Unternehmen: Während im ersten Quartal noch mehr als zwei Drittel eine Verschlechterung befürchteten, sind es jetzt noch 38 Prozent. Inzwischen rechnet eine deutliche Mehrheit mit einer gleichbleibenden (44,5 Prozent) oder sogar günstigeren (17,5 Prozent) Geschäftslage. Ähnlich positiv haben sich die Exporterwartungen entwickelt. Im zweiten Quartal gingen 40,3 Prozent von sinkenden Exporten aus, im ersten Quartal lag dieser Anteil noch bei 57,5 Prozent. Von den Vorjahreswerten sind die Unternehmenserwartungen allerdings nach wie vor noch weit entfernt. "Unsere Unternehmen haben weiterhin mit den Auswirkungen der Krise zu kämpfen. Mit Erleichterung können wir jedoch feststellen, dass sie wieder mit mehr Zuversicht in die Zukunft blicken als noch im letzten Quartal", fasst Friederike C. Kühn, Präsidentin der IHK Schleswig-Holstein, das Ergebnis der aktuellen Konjunkturumfrage zusammen.
Der Konjunkturklimaindex hat sich in allen Branchen verbessert. "Vor allem die Lage im Handel und im Verkehrsgewerbe sieht nicht mehr ganz so düster aus", sagt Kühn. In den ersten drei Monaten 2020 war das Bild in diesen Branchen vor allem von negativen Zukunftsaussichten geprägt: 72 Prozent der Unternehmen im Einzelhandel, 81 Prozent im Großhandel und 88 Prozent im Verkehrsgewerbe erwarteten eine Verschlechterung ihrer Situation. Seit April sind es im Einzelhandel nur noch 35 Prozent, im Großhandel 48 Prozent und im Verkehrsgewerbe 37 Prozent. Auch die aktuelle Lage hat sich verbessert oder ist zumindest stabil geblieben. In der Industrie hingegen drückt nun ein deutlicher Auftragsrückgang die Stimmung. Nach 49 Prozent im ersten Quartal verzeichnen jetzt 62 Prozent der Industrieunternehmen Auftragsrückgänge. Allerdings haben sich auch in dieser Branche die Zukunftsaussichten leicht verbessert. Nur noch 42 Prozent rechnen mit einer Verschlechterung ihrer Situation, im letzten Quartal waren es noch 60 Prozent. Die aktuelle Lage in der Dienstleistungsbranche verändert sich kaum, erfreulich ist allerdings auch hier ein deutlich optimistischerer Blick in die Zukunft: Mittlerweile rechnet ein Fünftel wieder mit einer Verbesserung; zuletzt waren es lediglich 9 Prozent. Als weiterhin stabil erweist sich die Baubranche. Ein Drittel der Unternehmen spricht von einer guten aktuellen Geschäftslage, lediglich 2,7 Prozent bewerten sie als negativ.
"Dass die Krise noch nicht überwunden ist, zeigt sich an den Unternehmensplänen. Sie bleiben trotz leichter Verbesserungen weiterhin verhalten", so Kühn. Fast jedes vierte Unternehmen stellt fallende Beschäftigungszahlen in Aussicht. Immerhin planen zwei Drittel der Befragten, ihr derzeitiges Beschäftigungsniveau beizubehalten. Bei den Investitionsplänen zeichnet sich ein erfreulicher Richtungswechsel ab. Während sich im Frühjahr die Mehrheit der Unternehmen noch für einen Rückgang aussprach, rechnen nun gut 60 Prozent damit, ihr Investitionsniveau mindestens konstant zu halten. Fast 17 Prozent wollen im kommenden Geschäftsjahr sogar mehr investieren. Allerdings hat die Investitionsbereitschaft noch nicht das Vorkrisenniveau erreicht, denn im Vorjahresquartal plante noch jedes vierte Unternehmen, seine Ausgaben in diesem Bereich zu erhöhen.
Die Coronakrise bestimmt auch weiterhin die Risikoeinschätzung der Unternehmer. Das größte Risiko bildet nach wie vor die Inlandsnachfrage (64 Prozent), gefolgt von wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen (54 Prozent). Entgegen der Vorkrisentrends werden Fachkräftemangel, Energie- und Rohstoffpreise sowie Arbeitskosten auch aktuell verhältnismäßig niedrig eingeschätzt. Eine Ausnahme bildet das Produzierende Gewerbe. Hier sehen vier von zehn Unternehmen sowohl in den Energie- und Rohstoffpreisen als auch in der Auslandsnachfrage einen Risikofaktor – etwa doppelt so viele wie in anderen Branchen.
Auch in diesem Quartal gaben die Unternehmen wieder ihre Einschätzung zu den Auswirkungen der Coronakrise ab. Dabei bewerten sie ihre Umsatzentwicklung deutlich positiver als noch im vergangenen Quartal. Der Anteil, der keine Auswirkungen erwartet, hat sich mit 20 Prozent mehr als verdoppelt. Mit einem Umsatzeinbruch von bis zu 10 Prozent rechnet allerdings weiterhin jedes fünfte Unternehmen. Ein Viertel der Befragten vermutet sogar einen Rückgang von 10 bis 25 Prozent. Auf die Frage nach dem Zeitpunkt einer Rückkehr zur Normalität gab knapp jedes vierte Unternehmen an, bereits wieder auf Vorkrisenniveau zu arbeiten, während rund 31 Prozent erst im Laufe des nächsten Jahres wieder mit einer Normalisierung rechnen.
Kühn: "Die Auswirkungen der Coronakrise werden das konjunkturelle Klima auch in den kommenden Monaten beeinflussen. Für uns bedeutet dies: Die Lage ist weiterhin ernst, aber wir sehen auch das Licht am Ende des Tunnels."
Veröffentlicht am 30. Juli 2020