IHK-Konjunkturbericht - 1. Quartal 2020

Coronakrise dämpft Konjunktur in Schleswig-Holstein

Konjunkturbericht

Die Coronakrise beeinträchtigt die Stimmung der Unternehmen in Schleswig-Holstein im ersten Quartal massiv. Der Konjunkturklimaindex der IHK Schleswig-Holstein sinkt von 111,5 Punkten im Vorquartal auf seinen historischen Tiefststand von 60,0 Punkten – in der Finanzkrise 2008/2009 lag er bei 69,7 Punkten. Aktuelle Ergebnisse einer Blitzumfrage der IHK Schleswig-Holstein bestätigen das Bild.
"Mit voller Wucht hat die Coronakrise unsere Unternehmen getroffen, und auch der Blick in die Zukunft fällt pessimistisch aus. Daher benötigen wir dringend eine Zukunftsperspektive für unsere Wirtschaft", fasst Friederike C. Kühn, Präsidentin der IHK Schleswig-Holstein, die Ergebnisse zusammen. Den Konjunkturklimaindex (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 395 KB) erhebt die IHK einmal im Quartal, die Blitzumfragen spiegeln zusätzlich die aktuelle Betroffenheit der Unternehmen in Schleswig-Holstein und die Wirkung der Hilfsprogramme.
Im Vergleich zum vierten Quartal 2019 hat sich der Konjunkturklimaindex fast halbiert. Ende März bewerteten rund 35 Prozent der Befragten ihre gegenwärtige Geschäftslage als schlecht; im Vorquartal waren lediglich 10,3 Prozent mit ihrer aktuellen Situation nicht zufrieden. Zwar schätzen im ersten Quartal 2020 immerhin noch zwei Drittel der Unternehmen ihre aktuelle Geschäftslage als gut oder befriedigend ein, aber nur ein Drittel der Firmen erwartet keine Verschlechterung.
Branchenübergreifend zeigen sich Unterschiede. So äußert sich die Baubranche vergleichsweise zufrieden; jedoch erwarten auch hier fast 60 Prozent der Betriebe eine Verschlechterung ihrer Geschäftsbedingungen. In der Industrie schätzen 68 Prozent der Unternehmen ihre derzeitige Lage als gut oder befriedigend ein und haben weniger pessimistische Erwartungen. Immerhin fast zwei Drittel der Dienstleistungsbetriebe berichten noch von einer guten oder zumindest befriedigenden Lage, blicken jedoch ebenfalls sorgenvoll in die Zukunft: Rund 65 Prozent erwarten eine Verschlechterung ihrer Geschäftslage.
Recht ausgeglichen zeigt sich die Lage im Großhandel, allerdings erwarten 81 Prozent der Betriebe zukünftig schlechtere Bedingungen. Der Einzelhandel ist durch die Coronakrise massiv beeinträchtigt: Zwei Drittel der Einzelhändler bewerten die Geschäftslage als aktuell schlecht, nur rund vier Prozent rechnen mit einer Verbesserung. Ertrags- und Umsatzlage drücken auch die Stimmung in der Transport- und Logistikbranche. Die Hälfte der Logistiker berichten von einer schlechten Geschäftssituation und erwarten zu 88 Prozent eine weitere Zuspitzung.
Branchenübergreifend verlieren die bisherigen Top-Risiken Fachkräftemangel und steigende Arbeitskosten an Bedeutung, ebenso wie steigende Energie- und Rohstoffpreise. Vielmehr sehen aktuell 65 Prozent der Befragten in der sinkenden Inlandsnachfrage die größte Bedrohung. "Unsere Unternehmen sind momentan stark auf gezielte und unbürokratische Unterstützungsmaßnahmen angewiesen, um die Krise zu überstehen", sagt Kühn. Die meisten Betriebe erwarten durch die Einschränkungen im Zuge der Coronakrise starke Umsatzrückgänge. Etwa ein Drittel schätzt den Einbruch auf 10 bis 25 Prozent. Allerdings gaben auch 28 Prozent an, das Ausmaß der Krise derzeit nicht einschätzen zu können.
"Zurzeit passen die Unternehmen ihre Pläne an, um gut durch die Krise zu kommen", so Kühn. Ein Drittel von ihnen geht bereits von sinkenden Beschäftigungszahlen aus. Noch größer ist die Zurückhaltung bei den Investitionen. Etwa die Hälfte der Unternehmer will im kommenden Geschäftsjahr weniger investieren, nur noch rund 15 Prozent planen höhere Investitionen. Auch die Erwartungen an das Exportgeschäft verschlechtern sich im Vergleich zum Vorquartal; nur noch 13 Prozent rechnen mit zunehmenden Ausfuhren, im vierten Quartal 2019 waren es noch 26 Prozent.
Positiv bewertet die IHK Schleswig-Holstein, dass 58,2 Prozent der Unternehmen derzeit noch keine Liquiditätsengpässe verzeichnen und lediglich bei 3,6 Prozent bereits finanzielle Engpässe eingetreten sind. Kühn: "Hier hat die Politik in den vergangenen Wochen geliefert und wichtige Hilfspakete auf Bundes- und Landesebene auf den Weg gebracht. Wie schnell wir die Krise überwinden und eine konjunkturelle Erholung eintritt, ist weiterhin stark vom weiteren Verlauf und den Reaktionen der Politik abhängig. Es ist daher wichtig, Hilfen weiter an die Gegebenheiten anzupassen", fasst Friederike C. Kühn zusammen. Sie kündigte zudem Vorschläge der norddeutschen Kammern für ein länderübergreifendes Konjunkturpaket an.

Dritte IHK-Blitzumfrage: Kleine Betriebe am stärksten betroffen

Eine erneute Blitzumfrage, die die IHK Schleswig-Holstein gemeinsam mit dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und weiteren IHKs durchgeführt hat, deckt sich bei den Antworten der Unternehmen in Schleswig-Holstein mit der Konjunkturumfrage. Sie zeigt zudem, dass bei einem Drittel der Unternehmen, die sich an der Umfrage beteiligt haben, die Kundenzahl deutlich gesunken ist. 16 Prozent der Betriebe gab sogar an, derzeit gar keine Kunden mehr zu haben. Laufende Kosten schlagen weiterhin zu Buche; laut 71 Prozent der Betriebe haben sie sich in der Krise kaum oder überhaupt nicht reduziert.
Reagiert wird auf die Situation vor allem dadurch, dass die Betriebe ihre Geschäftskonzepte anpassen und verstärkt auf Digitalisierung setzen. Auf die Frage nach der Einschätzung darüber, wann wieder ein normaler Betrieb erwartet wird, zeigt sich ein zweigeteiltes Bild: Die Hälfte der Unternehmen rechnet damit, im laufendem Jahr 2020 wieder zur Normalität zurückzukehren, während die andere Hälfte frühestens mit einer Normalisierung ab 2021 rechnet oder die Folgen noch nicht abschätzen kann. An der Umfrage hatten sich bis 6. Mai 2020 1.402 Unternehmen aus Schleswig-Holstein beteiligt.
Hier stellen wir Ihnen einige Umfrageergebnisse zur Verfügung:

Veröffentlicht am 7. Mai 2020