IHK-Konjunkturbericht - 3. Quartal 2021

Konjunkturklima in Schleswig-Holstein weiter im Aufwind

Die Stimmung in der schleswig-holsteinischen Wirtschaft hat sich im dritten Quartal 2021 erneut verbessert. Der Konjunkturklimaindex der IHKs Flensburg, Kiel und Lübeck steigt von 111,5 auf 116,4 Punkte. Damit liegt er zum zweiten Mal in Folge über dem langjährigen Durchschnitt von 111,2 Punkten. Allerdings verliert der Aufschwung bereits an Fahrt. „Auch, wenn sich die erfreuliche Erholung fortsetzt, sehen sich unsere Unternehmen mit ernstzunehmenden Risiken konfrontiert. Neben den steigenden Energie- und Rohstoffpreisen bereitet ihnen vor allem wieder die Fachkräftesituation Kopfzerbrechen“, fasst Friederike C. Kühn, Präsidentin der IHK Schleswig-Holstein, zusammen.
Industrie
Im verarbeitenden Gewerbe bleibt das Geschäftsklima nahezu unverändert. Sowohl die Geschäftslage wie auch die Erwartungen sind solide: 42 Prozent der Industrieunternehmen sprechen von einer guten Geschäftslage. Besonders kritisch beobachten die Betriebe jedoch die Entwicklung der Energie- und Rohstoffpreise. Darin sehen aktuell bereits vier von fünf Unternehmen (79 Prozent) ein Geschäftsrisiko.
Baubranche
In der Baubranche ist die aktuelle Geschäftslage gut. Rund die Hälfte der Befragten (54 Prozent) ist mit der aktuellen Lage zufrieden. Allerdings geht die Auftragslage in diesem Quartal leicht zurück. Daher sind die Erwartungen der norddeutschen Baubranche eher zurückhaltend.
Handel
Die aktuelle Lage im Einzelhandel und die Erwartungen in der Branche trüben sich etwas ein. Händler berichten vermehrt von Lieferengpässen und 77 Prozent der Befragten erwarten steigende Preise. Die aktuelle Situation im Großhandel konnte sich dagegen deutlich verbessern und mehr als die Hälfte der Großhändler bewertet ihre aktuelle Lage positiv.
Dienstleistung
In der Dienstleistungsbranche setzt sich der Erholungskurs fort. Vier von zehn Betrieben sind mit der aktuellen Lage zufrieden und bewerten diese als gut. Jedoch ist die Dienstleistungsbranche besonders vom Fachkräftemangel bedroht: 70 Prozent ordnen diesen als Geschäftsrisiko ein.
Wie auch eine Zusatzbefragung zeigt, bleibt der Fachkräftemangel ein beherrschendes Thema. Zwei Drittel der Befragten werten den Mangel an geeigneten Arbeitskräften als wesentliches Geschäftsrisiko. Knapp zwei Drittel können offene Stellen nicht besetzen. Die Unternehmen reagieren mit einem erhöhten Ausbildungsangebot und dem Versuch, ihre Attraktivität als Arbeitgeber zu steigern. Dabei suchen die meisten Betriebe nicht nach geringqualifizierten Angestellten, sondern nach Fach- und Hochschulabsolventen oder Fachwirten. Besonders gefragt sind zudem Absolventen einer Dualen Ausbildung. Kühn: „An diesen Ergebnissen sehen wir schwarz auf weiß, dass kein Weg an der Ausbildung vorbeigeht, wenn wir der demografischen Entwicklung begegnen wollen. Alle Beteiligten müssen die berufliche Bildung noch energischer vorantreiben und den jungen Menschen vermitteln, welche einmaligen Chancen hier auf sie warten.“
Verkehr und Logistik
Im Verkehrsgewerbe hat sich das Geschäftsklima verbessert. Sowohl die aktuelle Lage wie auch die Geschäftsaussichten konnten sich verbessern. Aber auch die Logistikbranche rechnet fest mit steigenden Preisen und steht durch die stark gestiegenen Energiepreise unter Druck.
Das bestätigt Dirk Deinert von der Paul Kempowski GmbH und Co. KG aus Lübeck: „Die gesamte Logistikwirtschaft leidet extrem unter den drastisch gestiegenen Ausgaben für Kraftstoffe und der eingeschränkten Verfügbarkeit von Adblue.“ Darüber hinaus sei eine Situation entstanden, die zum Beispiel den Einsatz von umweltfreundlicheren LNG-Fahrzeugen nach einer Verdopplung der LNG-Preise innerhalb eines Jahres trotz Förderung nicht mehr wirtschaftlich erscheinen lasse. Deinert: „Damit konterkarieren die Marktentwicklungen auch politische Ziele wie zum Beispiel die CO²-Reduktion zum Schaden der Unternehmen. Hier muss die Politik durch Reduzierung oder Erlass von Verbrauchssteuern auf Kraftstoffe gegensteuern.“
Der massive Preisanstieg bei den fossilen Brennstoffen stehe im Fokus vieler Unternehmen, so auch Kühn. Währenddessen gerate die nächste Erhöhung des CO²-Preises zum Jahreswechsel bereits in Sichtweite. Verfügbarkeiten bei vielen Materialien und Vorprodukten sowie teilweise noch immer gestörte Logistikketten drückten die Stimmung weiter. „Wir sind mit der konjunkturellen Lage durchaus zufrieden, die Zukunftsrisiken sind jedoch enorm und wir brauchen Rahmenbedingungen, die das Wirtschaftswachstum nach der Krise nicht gefährden“, so die IHK-Präsidentin.
Für die Konjunkturumfrage wurden rund 3.400 Unternehmen in den Bezirken der Industrie- und Handelskammern zu Flensburg, Kiel und Lübeck angeschrieben. Davon haben sich 790 an der Umfrage beteiligt und ihre Einschätzungen abgegeben. Dies entspricht einer Rücklaufquote von 23 Prozent.
Veröffentlicht am 22. Oktober 2021