IHK-Konjunkturbericht - 3. Quartal 2023

Unruhige Zeiten für die Wirtschaft im Norden

In Schleswig-Holstein hat sich das konjunkturelle Stimmungsbild im dritten Quartal 2023 im Vergleich zum Vorquartal spürbar verschlechtert. Der IHK-Konjunkturklimaindex für Schleswig-Holstein sank von 91,9 auf 81,7 Punkte und damit zum zweiten Mal in Folge. Er liegt weiterhin deutlich unter dem langjährigen Mittel von 108,5 Punkten. „Die Unternehmen haben es momentan mit vielen Risiken zu tun: Fachkräftemangel, das ungünstige Zinsumfeld, der schwache Konsum und die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen sorgen für Verunsicherung und Zurückhaltung bei Investitionen“, sagt Hagen Goldbeck, Präsident der IHK Schleswig-Holstein.
Zuletzt waren es vor allem die Geschäftserwartungen, die auf die Stimmung drückten. Jetzt trübt sich erstmals auch die aktuelle Lage spürbar ein: Bei 28 Prozent der an der Umfrage teilnehmenden Unternehmen laufen die aktuellen Geschäfte schlecht (Vorquartal: 20 Prozent). Auch bei den Geschäftserwartungen bleiben die Unternehmen pessimistisch: 43 Prozent erwarten eine Verschlechterung (Vorquartal: 36 Prozent). Die schwache Konjunktur wirkt sich auf alle Branchen aus. „Besonders unter Druck ist immer noch der Handel, aber auch in der Industrie und im Baugewerbe läuft es momentan nicht überall rund. Lediglich im Dienstleistungsbereich und im Gastgewerbe ist die Situation noch zufriedenstellend“, so Goldbeck.
Inlandsnachfrage, Energie- und Rohstoffpreise sowie gestiegene Kosten: Die Risiken für die Unternehmen nehmen zu. Mehr als die Hälfte der Betriebe ist darüber hinaus unzufrieden mit den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen und sieht darin Wettbewerbsnachteile. „Damit unser Standort weiter mithalten kann, müssen wir dringend den Mut aufbringen, uns von steuerlichem und bürokratischem Ballast zu befreien. Das Wachstumschancengesetz ist ein erster wichtiger Schritt. Aber selbst bei vollständiger Anwendung reichen die Regelungen nicht aus, um die akuten und strukturellen Probleme der Wirtschaft hinreichend zu lösen“, sagt Goldbeck.
Zur Fachkräftesituation, dem aus Sicht der Wirtschaft größten Zukunftsrisiko, stellt die IHK einmal im Jahr Zusatzfragen. Das Ergebnis: Mehr als die Hälfte der Unternehmen kann offene Stellen nicht besetzen. Die Mehrbelastung der Belegschaften und die Arbeitskosten nehmen zu. Häufig müssen die Betriebe ihr Angebot einschränken oder einen Auftragsverlust hinnehmen. Intensive Diskussionen gibt es daher über die Gewinnung von Arbeitskräften aus nicht EU-Staaten im Zuge des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes. Dafür sind allerdings wichtige Voraussetzungen zu schaffen, wie verbesserte Sprachangebote, schnellere Verwaltungsverfahren und mehr Wohnraum in Betriebsnähe. „Dem Fachkräftebedarf können wir zukünftig nur durch ein Bündel von Maßnahmen wirksam begegnen. Dazu zählen Wohnraum- und Bildungsangebote, eine systematische Berufsorientierung, eine schlüssige Berufsschulentwicklungsplanung und eine gelingende Integration internationaler Fachkräfte mit ihren Familienangehörigen in Schleswig-Holstein“, erläutert Goldbeck.
Für die Konjunkturumfrage im zweiten Quartal 2023 haben die IHKs Flensburg, Kiel und Lübeck rund 4.100 Unternehmen in ihren Bezirken angesprochen. 1.044 haben sich an der Umfrage beteiligt und ihre Einschätzungen geteilt. Das entspricht einer Rücklaufquote von 25 Prozent.