IHK-Konjunkturbericht - 2. Quartal 2023

Schleswig-Holsteins Wirtschaft verlässt Erholungskurs

Die Stimmung unter den Unternehmen in Schleswig-Holstein verschlechtert sich im zweiten Quartal 2023. Der Konjunkturklimaindex der IHK Schleswig-Holstein sinkt von 96,7 auf 91,9 Punkte.
Damit ist die konjunkturelle Erholung vorerst gestoppt, und der Index verbleibt deutlich unter seinem langjährigen Mittel von 108,9 Punkten. „Die weltweite Konjunkturabkühlung und die schwächelnde Inlandsnachfrage bremsen auch die schleswig-holsteinische Wirtschaft. Besonders in der Industrie und Baubranche sind die Auftragseingänge rückläufig. Die lahmende Konsumlaune trifft vor allem den Handel, der weiterhin besonders unter Druck steht“, sagt Hagen Goldbeck, Präsident der IHK Schleswig-Holstein.
Im Vergleich zum Vorquartal geben die Geschäftserwartungen deutlich nach: 36 Prozent der Unternehmen blicken pessimistisch in die Zukunft. Drei Monate zuvor lag dieser Anteil noch bei 28 Prozent. Auch die Exporterwartungen entwickeln sich im zweiten Quartal negativ: 30 Prozent der Befragten erwarten ein schlechtes Exportgeschäft. Jedoch bewerten die Unternehmen die aktuelle Geschäftslage in Summe noch positiv: Ein Drittel beurteilt die aktuelle Lage als gut, jedoch spricht auch ein Fünftel der Unternehmen von einer schlechten Lage. „In einigen Branchen, wie in der Dienstleistungsbranche und im Gastgewerbe, laufen die Geschäfte noch solide“, so Goldbeck.
In der Industrie allgemein ist die Lage trotz negativer Entwicklungen bei den Aufträgen noch stabil. Anders sieht es bei der energieintensiven Industrie aus: Sowohl die aktuelle Lage als auch die Geschäftserwartungen sind sehr negativ und die Auftragslage ist desolat. Auch im Großhandel ist die Situation schwierig: Die Unternehmen schätzen die aktuelle Lage und besonders die Geschäftserwartungen pessimistisch ein. Negative Auswirkungen auf die Investitions- und Beschäftigungsabsichten sind hier bereits deutlich zu spüren. Die Verkehrsbranche erwartet weniger Transportaufträge aufgrund der ungünstigen Entwicklung im verarbeitenden Gewerbe und im Großhandel. Auch die Erwartungen an die Ausweitung der Maut drückt die Stimmung.
Der größte Risikofaktor bleibt weiterhin der Fachkräftemangel. Für 63 Prozent der Unternehmen stellt der Mangel an Arbeitskräften ein Problem dar. Zudem belasten immer noch hohe Kosten die Angebotsseite: Mehr als die Hälfte der Teilnehmer sieht in den Energie- und Rohstoffpreisen ein Geschäftsrisiko. 47 Prozent betrachten die hohen Arbeitskosten mit großer Sorge. Aber auch Nachfragerisiken geraten im zweiten Quartal 2023 wieder verstärkt in den Fokus der Unternehmen: 44 Prozent leiden unter der schwächelnden Inlandsnachfrage. Der Handel ist von der Konsumschwäche besonders stark betroffen: 62 Prozent sehen sich mit diesem Risiko konfrontiert. Zudem rückt die Auslandsnachfrage wieder mehr in den Fokus: Im produzierenden Gewerbe haben es 23 Prozent der Unternehmen mit einer zu schwachen Auslandsnachfrage zu tun.
„Es sind vor allem die Geschäftserwartungen, die den Klimaindikator belasten, denn die Unternehmen berücksichtigen vermehrt die strukturellen Herausforderungen, wie beispielsweise den demografischen Wandel und die Dekarbonisierung der Wirtschaft, bei der Bewertung ihrer zukünftigen Geschäfte. Die Sorgen um die Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland zeigt sich hierbei deutlich“, sagt Hagen Goldbeck.
Für die Konjunkturumfrage im zweiten Quartal 2023 wurden rund 4.100 Unternehmen in den Bezirken der Industrie- und Handelskammern zu Flensburg, Kiel und Lübeck angesprochen. Davon haben sich 962 an der Umfrage beteiligt und ihre Einschätzungen geteilt. Dies entspricht einer Rücklaufquote von 23 Prozent.
Veröffentlicht am 19. Juli 2023