Recht und Steuern
Grundsteuerreform
Die Grundsteuer-Novelle tritt 2025 in Kraft, doch eine gute Vorbereitung ist schon jetzt für Betriebe notwendig. Vom 1. Juli 2022 bis 31. Januar 2023 sind Steuererklärungen abzugeben. In Schleswig-Holstein werden Immobilieneigentümer künftig nach dem sogenannten Bundesmodell besteuert.
Die künftige Höhe der individuellen Grundsteuer kann heute noch nicht benannt werden, da zunächst die Werte von circa 36 Millionen wirtschaftlichen Grundstücken und statistische Miethöhen festgestellt werden müssen. Es wird nach Aussage des Bundesfinanzministeriums (BMF) vermutlich noch einige Jahre dauern, bis die konkrete Höhe der jeweiligen künftigen Grundsteuer feststeht. Für die Umsetzung der Neubewertung durch alle Länder gilt eine Frist bis Ende 2024. Dann muss alle sieben Jahre eine Neubewertung aller Grundstücke vorgenommen werden.
Die erste Hauptfeststellung der neuen Grundsteuerwerte erfolgt auf den 1. Januar 2022. Je nach Größe des Grundstücksbestandes kann insbesondere die dafür notwendige Datenaufbereitung Kosten verursachen. Für Betriebe besteht bereits jetzt Handlungsbedarf, Daten wie Grundbuchauszüge und Grundstückspläne, die bisher oft nur in Papierform existieren, sinnvoll aufbereiten.
Wichtig: Die Aufforderung zur Abgabe der Feststellungserklärung erfolgt seit Ende März 2022 durch öffentliche Bekanntmachung. Die elektronisch abzugebenden Feststellungserklärungen können ab dem 1. Juli 2022 kostenfrei über die Steuer-Onlineplattform "ELSTER" eingereicht werden. Hierfür wird ein Benutzerkonto benötigt. Falls Sie bereits ein Benutzerkonto, zum Beispiel aufgrund Ihrer Einkommensteuererklärung besitzen, können Sie dieses auch für die Übermittlung Ihrer Feststellungserklärung nutzen. Andernfalls können Sie das Benutzerkonto bereits jetzt unter www.elster.de beantragen.
Die IHK-Organisation hatte bereits im Vorfeld im Rahmen einer Stellungnahme mit Nachdruck die konsequente Digitalisierung des gesamten Prozesses von der Erklärung bis zur Bescheiderteilung angeregt. Denn jeder Medienbruch in dem Verfahren führt zu zusätzlichen Kosten bei den Unternehmen und der Verwaltung. Darüber hinaus sollte es eine pauschale Umrechnungsmöglichkeit für den Fall geben, dass keine Bruttogrundflächen bei den Gebäuden vorhanden sind. Gerade bei älteren Immobilien ist dies oft der Fall.
Das Bundesmodell - die Grundzüge der Reform
In Zukunft erfolgt die Bewertung in Schleswig-Holstein grundsätzlich nach dem wertabhängigen Modell. Hierzu sind zur Bewertung des Grundbesitzes für die Grundsteuer ab 1. Januar 2022 koordinierte Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 9. November 2021 ergangen (BStBl. 2021 I S.2334).
Des Weiteren wurden Vordrucke und Ausfüllanleitungen für die Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts auf den 1. Januar 2022 am 24. Dezember 2021 im Bundessteuerblatt veröffentlicht. Die im Bundessteuerblatt abgedruckten Vordrucke (BStBl. 2021 I S.2391) können jedoch nicht zur Erklärungsabgabe verwendet werden. Vordrucke, die für die Erklärung verwendet werden können, werden vom zuständigen Finanzamt zur Verfügung gestellt, wenn die Finanzbehörde auf Antrag zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine elektronische Übermittlung der Feststellungserklärung durch Datenfernübertragung verzichtet. Grundsätzlich ist jedoch eine elektronische Erklärungsabgabe vorgesehen.
Die zukünftige Berechnung der Grundsteuer soll auch zukünftig in 3 Schritten berechnet werden: Wert x Steuermesszahl x Hebesatz.
1. Schritt - Wert
Berechnung der Grundbesitzwerte: Wesentliche Faktoren sind der jeweilige Wert des Bodens (Bodenrichtwert) und die Höhe der statistisch ermittelten Nettokaltmiete, die unter anderem von der sogenannten Mietniveaustufe der jeweiligen Gemeinde abhängt (je höher die Mietniveaustufe, desto höher ist tendenziell die Miete in einer Gemeinde). Für Ein- und Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke und Wohnungseigentum wird der Mietwert anhand einer fiktiven Nettokaltmiete in Abhängigkeit der Lage des Grundstücks typisierend angenommen. Weitere Faktoren sind die Grundstücksfläche, Immobilienart und das Alter des Gebäudes. Die Einordnung der Gemeinden in Mietniveaustufen wird vom BMF auf Basis von Daten des Statistischen Bundesamtes über die Durchschnittsmieten in allen 16 Bundesländern erfolgen. In 15 von 16 Bundesländern sind die Einzelfaktoren über das sog. System "BORIS" bereits einsehbar. In Schleswig-Holstein ist die Datenbank über den folgenden Link erreichbar.
2. Schritt - Steuermesszahl
Ausgleich der Wertsteigerungen, die im Vergleich von den aktuellen zu den seit 1935 bzw. 1964 nicht mehr aktualisierten Werten entstanden sind: Dazu wird die Steuermesszahl von 0,35 Prozent auf 0,034 Prozent gesenkt. Außerdem soll der soziale Wohnungsbau sowie kommunales und genossenschaftliches Wohnen weiter, auch über die Grundsteuer, gefördert werden. Deshalb wird für Gesellschaften, die günstiges Wohnen möglich machen, ein zusätzlicher Abschlag bei der Steuermesszahl um 25 Prozent vorgesehen, der sich steuermindernd auswirkt.
3. Schritt - Hebesatz
Anpassen der Hebesätze durch die Kommunen: Sollte sich in einzelnen Kommunen das Grundsteueraufkommen wegen der Neubewertung dennoch verändern, besteht für die jeweilige Kommune die Möglichkeit, ihre Hebesätze so anzupassen, dass sie insgesamt nicht mehr Grundsteuer einnimmt als vor der Reform.
Besonderheiten bei Geschäftsgrundstücken
Bei Geschäftsgrundstücken soll sich die Grundsteuer am vereinfachten Sachwertverfahren orientieren, das für die Wertermittlung auf die gewöhnlichen Herstellungskosten für die jeweilige Gebäudeart und den Bodenrichtwert abstellt. Weiter Hinweise hat das Finanzministerium Schleswig-Holstein auf der Internetseite veröffentlicht.
Wichtig: Für eine fristgerechte Abgabe der Steuererklärung besteht bereits jetzt Handlungsbedarf! Die für die Ermittlung der Grundsteuer relevanten Informationen sind zusammenzustellen, weitere Unterlagen und Daten, wie beispielsweise Bruttogrundflächen sind zu beschaffen oder zu ermitteln. Bei der Ermittlung der Bruttogrundfläche müssen eventuell entsprechende Experten wie zum Beispiel Architekten hinzugezogen werden. Bei älteren Gebäuden, für die keine oder nur wenige Unterlagen verfügbar sind, ist die Ermittlung der Bruttogrundfläche vermutlich besonders aufwändig.
Aufbereitung der Daten für die Steuererklärung
Alle Immobilieneigentümer müssen bis zum 31. Januar 2023 eine Grundsteuererklärung abgeben. Sämtliche Daten werden vom Steuerpflichtigen zunächst selbst zusammenzustellen sein; eine vorausgefüllte Steuererklärung wird zeitnah nicht bereitgestellt werden.
Die vorliegenden Vordrucke der zu befüllenden Steuererklärungen im Bundesmodell zeigen, dass eine große Anzahl von immobilienspezifischen Daten anzugeben ist. Schon jetzt ist absehbar, dass bestimmte Berechnungsparameter bspw. rund um Normalherstellungskosten, Umrechnungskoeffizienten oder Vervielfältiger nicht jedem Steuerpflichtigen einhellig bekannt sein dürften. Bislang oft nur in Papierform existierende Daten wie Grundbuchauszüge und Grundstückspläne, sollten bereits jetzt sinnvoll aufbereitet und dafür möglichst ein klar definierter Prozess aufgesetzt werden.
Nach Verlautbarung des Schleswig-Holsteinischen Finanzministeriums soll es zur Erklärungsabgabe im Internet zur Verfügung gestellt werden. Bislang allerdings existiert diese Plattform nicht.
Die Ableitung der Bodenrichtwerte ist Aufgabe der Gutachterausschüsse für Grundstückswerte im Sinne des § 192 Baugesetzbuch. Die Bodenrichtwerte können regelmäßig kostenfrei über die Bodenrichtwertinformationssysteme (BORIS) der Länder online abgefragt werden.
Die elektronische Abgabe der Feststellungerklärung wird jedenfalls von den Ländern durch weitere Informationen unterstützt werden. Spezifische Informationen zur Verfahrensweise finden Sie bereits in den FAQs der Schleswig-Holsteinischen Finanzverwaltung (Inhalte - Häufige Fragen zur Grundsteuerreform - schleswig-holstein.de). Ein Steuer-Chatbot, der Fragen rund um die Reform der Grundsteuer beantwortet, ist bereits unter www.steuerchatbot.de und unter www.elster.de freigeschaltet und von allen Interessierten nutzbar.
Anzeigepflicht
Darüber hinaus sind Steuerpflichtige gem. § 228 BewG bereits ab dem 1. Januar 2022 in der Pflicht, alle sich ergebenden Änderungen, die sich u. a. auf die Höhe des Grundsteuerwerts auswirken könnten, wie zum Beispiel Neubauten, An- und Umbauten oder Nutzungsänderungen, dem Finanzamt jeweils bis zum 31. Januar des Folgejahres elektronisch anzuzeigen.
Option: Grundsteuer C
Künftig sollen Gemeinden außerdem für baureife, aber unbebaute Grundstücke einen höheren Hebesatz festlegen können, wenn auf diesen keine Bebauung erfolgt. Diese Grundsteuer C verteuert damit die Spekulation und soll finanzielle Anreize setzen, auf baureifen Grundstücken tatsächlich auch Wohnraum zu schaffen. Der Bundestag hat beschlossen, den Anwendungsbereich über Gebiete mit Wohnungsmangel hinaus zu erweitern.
Forderungen der Wirtschaft
Aus Sicht der Wirtschaft ist es wichtig, dass die Umsetzung der Reform unter dem Grundsatz der Aufkommensneutralität angegangen wird. Insbesondere vom Land Schleswig-Holstein erwartet die IHK Schleswig-Holstein, dass es sich für ein weitestgehend bürokratiearmes und automatisiertes Erhebungsverfahren einsetzt.