Verfahren, Regeln und Kosten

Schiedsgerichtsbarkeit

Die Industrie- und Handelskammern zu Kiel, Flensburg und Lübeck haben keine eigene Schiedsordnung und auch kein stehendes Schiedsgericht. Sie verweisen bei Nachfragen nach zu vereinbarenden Schiedsordnungen in der Regel auf die Schiedsordnung der Handelskammer Hamburg oder auf die DIS (Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e. V.).
Die Schiedsgerichtsbarkeit wurde von der Kaufmannschaft als ein Ihren Interessen besonders entsprechendes Streitklärungs­instrument erfunden. Hier finden Sie Antworten auf häufig gestellte Fragen rund um das Thema "Schiedsgerichtsbarkeit".

Was ist Schiedsgerichtsbarkeit?

Die Schiedsgerichtsbarkeit wurde von der Kaufmannschaft als ein Ihren Interessen besonders entsprechendes Streitklärungsinstrument erfunden. Schiedsgerichte sind private, d.h. nichtstaatliche Gerichte, die über Streitigkeiten abschließend und rechtsverbindlich entscheiden. Da der privaten Schiedsgerichtsbarkeit anders als der ordentlichen Gerichtsbarkeit keine staatliche Macht zukommt, kann ein Schiedsgericht nur dann über eine Streitigkeit richten, wenn sich die Parteien des Streits zuvor darauf geeinigt haben. Solche Einigungen sind zwischen Kaufleuten nicht unüblich.
Ein Schiedsverfahren ähnelt im Ablauf einem “normalen” Gerichtsverfahren: Die Parteien fertigen Schriftsätze, es findet in der Regel eine mündliche Verhandlung statt. Auch können Beweisaufnahmen durchgeführt werden. Am Ende des Verfahrens steht ein verbindlicher Schiedsspruch, der für die Parteien die gleichen Wirkungen hat wie ein Urteil.
Bei aller Ähnlichkeit zum Gerichtsverfahren: Die Schiedsrichter sind in der Verfahrensgestaltung wesentlich freier und flexibler als die Richter eines staatlichen Gerichtes. Auch können die Parteien stärker Einfluss auf das Verfahren nehmen. Zum Beispiel werden sie bei der Auswahl der Schiedsrichter beteiligt oder sie können den Verhandlungsort und die Verfahrenssprache einvernehmlich regeln. Diese Flexibilität kann zu schnellen und preisgünstigen Lösungen führen, die vor einem staatlichen Gericht nicht zu erzielen wären.

Welche Arten von Schiedsgerichten gibt es?

Es gibt zwei Arten von Schiedsgerichten: die sogenannten institutionellen Schiedsgerichte und ad-hoc Schiedsgerichte. Institutionelle Schiedsgerichte sind mit einer Institution, häufig einer Handelskammer oder einem Unternehmensverband, verbunden. Diese stellen eine Verfahrens- und meistens auch eine Kostenordnung bereit und unterstützt die Parteien bei der Einleitung und zum Teil auch während des gesamten Schiedsverfahrens. Ein ad-hoc Verfahren findet ohne die Unterstützung einer Institution statt, die Parteien und die Schiedsrichter führen das Verfahren dann in Eigenregie.

Welche institutionellen Schiedsgerichte gibt es?

Internationale Schiedsgerichte mit Sitz in Hamburg
In Hamburg, Deutschlands „Hauptstadt” der Schiedsgerichtsbarkeit, gibt es über ein Dutzend Schiedsgerichte. Die meisten der Schiedsgerichte sind einem Verband angeschlossen und ausschließlich branchenspezifisch tätig (z.B. das Schiedsgericht des Vereins der Getreidehändler der Hamburger Börse e.V.). Das Schiedsgericht der Handelskammer Hamburg und die Hamburger freundschaftliche Arbitrage sind dagegen "Allrounder", die für nationale und internationale Wirtschaftsstreitigkeiten aller Art vereinbart werden können. Dabei gilt: Keine der Parteien muss aus Hamburg oder auch nur aus Deutschland stammen. Die Hamburger Unternehmerschaft und auch unsere Handelskammer fördern und schätzen die Schiedsgerichtsbarkeit. Auf Wunsch der Branche wurde im Jahr 2006 das "Logistikschiedsgericht an der Handelskammer Hamburg" gegründet. Ebenfalls seit dem Jahr 2006 ist die Geschäftsstelle des "Schiedsgerichts des Deutschen Kaffeeverband e.V." bei unserer Handelskammer angesiedelt.
Die Handelskammer Hamburg sowie der Rechtsstandort Hamburg eV sind institutionelle Mitglieder des Chinese European Arbitration Association eV ( CEAA). Der Verein CEAA ist alleiniger Gesellschafter des im Jahr 2008 gegründeten "Chinese European Arbitration Centre" ( CEAC) in Hamburg. Das Chinese European Arbitration Centre bietet als Schiedsinstitution auf der Grundlage der CEAC Schiedsordnung eine maßgeschneiderte Streitbeilegungslösung für die Ansprüche des Wirtschaftsverkehrs mit Asien. Alle Gremien des CEAC sind international besetzt. Dadurch ist sichergestellt, dass die Gremien neutral sind und keine Partei benachteiligt wird. Das ist ein wichtiges Argument für Unternehmen aus Asien, Europa und anderen Ländern, Streitigkeiten nach den Regeln des CEAC zu klären und Hamburg als Schiedsgerichtsstandort zu vereinbaren.

Für Streitigkeiten mit lateinamerikanischen Geschäftspartnern gibt es in Hamburg das Arbitration Center der European-Latinamerican Arbitration Association (kurz: ELArb). Der gemeinnützige Verein wurde 2014 vom Lateinamerika Verein (LAV) und Rechtsstandort Hamburg e.V. gemeinsam mit anderen Institutionen und Personen gegründet. Das ELArb Arbitration Center arbeitet auf administrativer Ebene zusammen mit der Handelskammer Hamburg, deren Gründung auf das Jahr 1665 zurückgeht, anderen Handelskammern sowie weiteren Organisationen, insbesondere aus den lateinamerikanischen Staaten.

Internationale Schiedsgerichte im Ausland

Neben den Hamburger Schiedsgerichten ist in Deutschland vor allem das der DIS also Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (Köln) zu nennen. Das wohl bekannteste Schiedsgericht in Europa ist das der ICC International Chamber of Commerce (Paris). Bekannte europäische Schiedsgerichte gibt es zum Beispiel auch in der Schweiz, in England, Schweden und Österreich. Den Parteien steht es grundsätzlich frei, sich durch die Aufnahme einer entsprechenden Schiedsklausel in ihrem Vertrag für das Schiedsgericht ihrer Wahl zu entscheiden.
Worin besteht der Unterschied zwischen dem Schiedsgericht der Handelskammer Hamburg und der Hamburger freundschaftlichen Arbitrage?
Das Schiedsgericht der Handelskammer Hamburg, das seit 1884 existiert, administriert Schiedsverfahren nach seiner Schiedsgerichtsordnung (Regulativ der Handelskammer Hamburg). Einigen sich die Parteien eines Vertrages durch eine entsprechende Schiedsklausel darauf, dass das Schiedsgericht der Handelskammer Hamburg im Streitfall über den Konflikt entscheiden soll, so nimmt dieses den Schiedsrichtern und den Parteien die Administration des Verfahrens ab. Beratende Unterstützung erhalten die Schiedsrichter durch den Justiziar unserer Handelskammer, der sich in den Fall einarbeitet und bei kaufmännisch besetzten Schiedsgerichten juristisches Know-how, bei mit Juristen besetzten Schiedsgerichten kaufmännisches und branchenspezifisches Know-how einbringt. Dadurch wird gewährleistet, dass das Verfahren in Übereinstimmung mit Gesetz und Schiedsgerichtsordnung durchgeführt wird und die Entscheidung formell und materiell überzeugt. Ein Stimmrecht kommt ihm allerdings nicht zu.
Entscheiden sich die Parteien dagegen für die Durchführung eines Schiedsverfahrens nach den Regeln der Hamburger freundschaftlichen Arbitrage, so müssen sie und die Schiedsrichter das Verfahren selbst administrieren. Denn die Hamburger freundschaftliche Arbitrage gehört nicht zu unserer Handelskammer oder einer anderen Institution. Es handelt sich dabei um einen Fall eines sogenannten Ad-hoc-Schiedsgerichtes. Dieses wird jeweils neu gebildet, wenn die Parteien Personen als Schiedsrichter für die Klärung ihrer Streitigkeit bestimmen. Für die Hamburger freundschaftliche Arbitrage gibt es keine ausführliche Schiedsordnung, die im einzelnen festlegt, wie das Verfahren auszusehen hat. Es gelten die Regeln der ZPO (§§ 1025 - 1066 ZPO).
Allerdings enthält § 20 der Platzusancen für den hamburgischen Warenhandel einige wenige Sonderregeln zu Benennung und Ablehnung von Schiedsrichtern. Im Zusammenhang mit der Benennung von Zwangsschiedsrichtern kann es zur Mitwirkung unserer Handelskammer kommen. Ein weiterer Bezug dieser Verfahren zu unserer Handelskammer besteht aber nicht! Daher obliegt die Festlegung und Durchführung des Verfahrens den Parteien und Schiedsrichtern nach den Regeln des 10. Buchs der Zivilprozessordnung (§§ 1025-1066).

Worin besteht der Unterschied zu Schlichtung und Mediation?

Anders als bei der Schlichtung und der Mediation entscheidet das Schiedsgericht am Ende des Verfahrens verbindlich über die geltend gemachten Ansprüche. Diese Entscheidung hat für die Parteien die Wirkung eines staatlichen Urteils. Die Schiedsrichter können sich also nicht darauf beschränken, allein oder mit den Parteien eine mögliche Lösung auszuarbeiten und den Parteien vorzuschlagen, sich auf deren Umsetzung zu einigen. Allerdings werden auch die Schiedsrichter ausloten, ob die Chance zu einer gütlichen Einigung besteht.
Bei einer Mediation unterstützt ein neutraler Dritter quasi als Moderator die Parteien dabei, geeignete Konfliktlösungen zu erarbeiten. Hier finden Sie weitere Informationen über Mediation und unsere Hamburger Mediationsstelle für Wirtschaftskonflikte. Im Falle einer Schichtung machen die Schlichter, falls sich die Parteien nicht einigen können, am Ende der Verhandlung einen Einigungsvorschlag, der allerdings nicht verbindlich ist. Falls Sie sich für Schlichtung interessieren, können Sie hier weitere Informationen über unsere Schlichtungsangebote abrufen.

Worin bestehen die Vorteile eines Schiedsverfahrens gegenüber einem Verfahren vor den staatlichen Gerichten?

Die Schiedsgerichtsbarkeit wurde von der Kaufmannschaft als Alternative zu den Verfahren vor den staatlichen Gerichten entwickelt, um die damit mitunter verbundenen Unzulänglichkeiten zu vermeiden.

Schiedsgerichtsbarkeit ist schnell

Die Schiedsrichter sind private Dienstleister, die als solche sofort für die Bearbeitung zur Verfügung stehen (andernfalls sollten sie nicht ausgewählt werden). Daher können Zeitverluste vermieden werden, die bei der Einschaltung der überlasteten staatlichen Gerichte in der Regel unumgänglich sind. Auch das Verfahren selbst kann flexibler und unbürokratischer und daher häufig schneller geführt werden als ein Verfahren vor den ordentlichen Gerichten. Schließlich gibt es bei den meisten Schiedsgerichten weder Berufungs- noch Revisionsinstanz. Mit dem Schiedsspruch der ersten und einzigen Instanz ist der Streit endgültig und verbindlich entschieden. Jahrelange Rechtsstreitigkeiten sind daher in der Schiedsgerichtsbarkeit sehr selten.

Schiedsgerichtsbarkeit ist vertraulich

Das Verfahren ist von Schiedsrichtern und Parteien streng vertraulich zu behandeln. Anders als beim öffentlichen Verfahren vor den ordentlichen Gerichten können vertrauliche Details daher nicht nach außen dringen. Viele Unternehmen sehen dies als einen ganz wesentlichen Vorteil.

Schiedsgerichtsbarkeit kann Geschäftsbeziehungen bewahren

Die Führung eines Schiedsverfahrens wird wegen der kaufmännischen Wurzeln der Schiedsgerichtsbarkeit von vielen Unternehmern als eine adäquate Form der Streitbeilegung angesehen. Nach Abschluss des Schiedsverfahrens, das im übrigen sehr häufig mit einer einvernehmlichen Einigung endet, können die Geschäfte häufig unbelasteter weitergeführt werden, als dies nach Führung eines Gerichtsprozesses der Fall ist.

Schiedsgerichte schaffen im Ausland vollstreckbare Titel

Schiedssprüche sind nach einer Vollstreckbarkeitserklärung durch das zuständige Oberlandesgericht vollstreckbar. Im internationalen Bereich sind Schiedssprüche sehr häufig wesentlich leichter zu vollstrecken als deutsche Urteile. Das liegt daran, dass mehr als 140 Staaten dem sogenannten New Yorker Abkommen von 1958 beigetreten sind, das die Vollstreckung von Schiedssprüchen im Ausland regelt. Hinzukommen weitere entsprechende Abkommen zwischen Deutschland und anderen Staaten. Deutsche Urteile sind dagegen nicht überall auf der Welt vollstreckbar. In China oder Russland zum Beispiel kann grundsätzlich aus einem deutschen Schiedsspruch vollstreckt werden, nicht aber aus einem deutschen Gerichtsurteil.

Nach welchen Regeln bestimmt sich das Schiedsverfahren?

Die Schiedsrichter und Parteien haben stets die §§ 1025-1066 der Zivilprozessordnung zu beachten, die das Recht des Schiedsverfahrens regeln. Die meisten dieser Regelungen können aber einvernehmlich abbedungen, abgeändert oder ergänzt werden. Dies kann entweder durch die Schiedsordnung der jeweiligen Institution geschehen, vor dessen Schiedsgericht der Fall verhandelt wird oder aber durch Vereinbarungen der Parteien.

Was ist eine Schiedsklausel und wie sollte sie formuliert werden?

Ein Schiedsgericht kann nur dann über einen geltend gemachten Anspruch entscheiden, wenn seine Zuständigkeit von den Parteien vereinbart wurde. In aller Regel vereinbaren die Parteien dies bereits bei Abschluss des Vertrages durch die Aufnahme einer Schiedsklausel. Es kommt vor, dass den Parteien bei der Formulierung von Schiedsklauseln Formfehler unterlaufen. Oft wird aus ihnen nicht hinreichend klar, welches Schiedsgericht zuständig sein soll oder es gibt andere rechtliche Probleme. Wir empfehlen deshalb, die von den jeweiligen Institutionen entworfenen Musterklauseln zu verwenden. Dann besteht keine Gefahr, dass die Klausel unwirksam ist und dass Sie sich doch noch an das staatliche Gericht wenden müssen.
Die Musterklausel des Schiedsgerichts der Handelskammer Hamburg lautet:
"Alle Streitigkeiten, die sich in Zusammenhang mit diesem Vertrag (genaue Bezeichnung des Vertrages) oder über seine Gültigkeit ergeben, werden durch das Schiedsgericht der Handelskammer Hamburg unter Ausschluss der ordentlichen Gerichte endgültig entschieden. Auf den Inhalt des Rechtsstreits ist ...... Recht anzuwenden."
Die englische Fassung lautet: "Any dispute arising in connection with the present contract [exact description of the Contract] or with respect to its validity shall be finally settled by the Court of Arbitration of the Hamburg Chamber of Commerce, to the exclusion of the ordinary courts of law. The substantive law of ––– shall be applicable to such dispute."

Was kostet ein Schiedsverfahren?

Was ein Schiedsverfahren kostet, ist je nach Schiedsgerichtsinstitution sehr unterschiedlich geregelt. § 25 der Schiedsgerichtsordnung der Handelskammer Hamburg enthält die entsprechenden Regeln für dieses Schiedsgericht. Die Kosten setzen sich aus Verfahrensgebühren, die zwischen den Schiedsrichtern und unserer Handelskammer verteilt werden und einer Verwaltungspauschale für die durch die Administration verursachten Kosten zusammen. Das Schiedsgericht der Handelskammer Hamburg ist, wenn man es mit den Schiedsgerichten der DIS und der ICC vergleicht, ausgesprochen preiswert. Die voraussichtlichen Kosten eines Schiedsverfahrens vor dem Schiedsgericht der Handelskammer Hamburg können Sie mit unserem Gebührenrechner feststellen.
Hinsichtlich der Hamburger freundschaftlichen Arbitrage gibt es keine verbindlichen Gebührensätze. Bei entsprechenden Verfahren sollte daher unbedingt im Vorfeld eine entsprechende Vereinbarung mit den Schiedsrichtern getroffen werden. Das gleiche gilt für andere Ad-hoc Schiedsgerichtsverfahren.
Wenn man die Gesamtkosten eines Schiedsverfahrens mit den Gesamtkosten eines Gerichtsprozesses (inklusive der Anwaltsgebühren), der durch mehrere Instanzen geführt wird, vergleicht, so rechnet sich die Anrufung des Schiedsgerichtes häufig. Insbesondere bei Verfahren mit geringen Streitwerten, die meistens nicht in die 2. Instanz gehen, kann ein Gerichtsverfahren eventuell günstiger sein.

Wo kann ich nach bestimmten Schiedssprüchen recherchieren?

Unsere Handelskammer gibt seit 1974 eine Sammlung von Schiedssprüchen heraus, in der anonymisierte Schiedssprüche der norddeutschen Schiedsgerichte enthalten sind. Mittlerweile sind sechs Bände in Buchform erschienen, die über unsere Handelskammer bestellt werden können. Seit 2002 sind wir dabei, eine Datenbank aufzubauen, die auf unserer Website kostenlos zur Recherche verwendet werden kann. Wir sind dazu auch weiterhin auf die Zusendung von Schiedssprüchen angewiesen und sind daher für die Übermittlung entsprechender Schiedssprüche dankbar.