Fokus Wirtschaft

Frauen führen empathisch durch digitale Transformation

Bringt die digitale Transformation Jobverluste mit sich? Dieser Befürchtung widersprachen drei Frauen aus der Praxis in der Veranstaltung „Fokus Wirtschaft“ der IHK zu Lübeck. Zum Thema „Digital Female Leadership“ vertraten Marie-Christin Blume, Head of Software Engineering bei der Drägerwerk AG & Co. KGaA in Lübeck, Anja Pleus, Inhaberin und Geschäftsführerin von TOPMOTIVE in Bargteheide, und Regine Schlicht, Leiterin des Mittelstand-Digital Zentrums Schleswig-Holstein in Kiel, klar die Meinung, dass die Digitalisierung gerade für Frauen große Chancen böte. Zudem würden die Führungsqualitäten von Frauen dazu beitragen, die Veränderungsprozesse positiv zu gestalten.
„Ich empfinde Digitalisierung als positiv. Wir haben bereits 1994 in unserem Unternehmen damit angefangen“, sagte Pleus in der von Professor Dr. Thomas Straubhaar und Professor Dr. Arno Probst moderierten Runde. Die Transformation schaffe mehr Flexibilisierung im Unternehmen. „Durch Corona mussten wir Kollaboration neu denken. Es gab mehr Video-Konferenzen und damit auch weniger Reisen für die Kollegen im Vertrieb.“ Wichtig sei es, den Mitarbeitern zu vertrauen, dass sie auch im Homeoffice viel leisten. Auf die Frage von Probst, ob Frauen eher veränderungsbereiter seien, antwortete die Bargteheiderin: „Sie sind auf jeden Fall kompromissbereiter. Und sie besitzen viel Empathie und gehen auf die Persönlichkeit ihres Gegenübers ein.“
Dem stimmte Blume zu. Sie hat sich durch ihre offene und direkte Art bei Dräger bereits weit nach oben gearbeitet. „Leadership ist immer auch weiblich“, sagte sie. „Viele Eigenschaften sind bei Frauen ausgeprägter als bei Männern, eben auch die Empathie.“ Sie empfahl allerdings, bei der Besetzung offener Stellen nicht zwischen Männern und Frauen zu entscheiden, sondern die Eigenschaften in den Mittelpunkt zu stellen, die im Team fehlen. Grundsätzlich brauche es aber Zeit, bis die Kultur in den Abteilungen sich wandele. „Wir müssen offen und laut darüber reden. Ich sage auch Männern, sie sollten keine Faketermine in ihre Kalender eintragen, wenn sie mit den Kindern während der Arbeitszeit zu einem Termin gehen. Das ist für die Familie wichtig, und dann können wir auch darüber reden.“ Dafür erhielt Blume Applaus von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern.
Regine Schlicht räumte zwar ein, dass die Digitalisierung viele Jobs verändern würde, vor allem Übersetzer wären dank allgemein zugänglicher Software betroffen. „Aber viele Frauen machen es sich noch nicht bewusst: Die Digitalisierung braucht auch neue Jobs, sie bietet viele Facetten und ein unheimliches Potenzial für Frauen. Wir müssen aber neugierig sein und lebenslang lernen“, sagte sie. Pleus und Blume sehen ebenfalls Veränderungen auch auf Programmierer zukommen. Aber diese würden zunächst die Produktivität der Arbeit erhöhen, denn viele Informatiker wären durch bürokratische und Dokumentations-Pflichten stark eingespannt.
Veröffentlicht am 19. Oktober 2023